Ein wenig umständlich und vorhersagbar trudelt die Geschichte aus: Der König tötet die Hexe mit dem Schwert und reist mit dem vormals versteinerten Prinzen und einem Begleittrupp von fünfzig Mamluken zurück in sein Land, das sich nun, nachdem der Spuk vorbei ist, eine Jahresreise entfernt vom Orte des Geschehens befindet. Der Fischer wird mit einer Palette Ehrenkleider belohnt, und damit die Geschichte auch sexualpolitisch aufgeht, stellt sich nun heraus, dass er zwei Töchter hat, die mit den Königen vermählt werden können. Sein Sohn wird Schatzmeister, was, so vermute ich, auch der Grund dafür ist, dass

Der Fischer aber der reichste Mann seiner Zeit wurde.

Die Position des reichsten Mannes unserer Zeit machen sich ja nun seit einigen Jahren abwechselnd die Gründer von Microsoft und IKEA gegenseitig streitig. Beiden Firmen stehe ich doch etwas ambivalent gegenüber. An IKEA kommt man kaum vorbei, wenn man für ein halbwegs ansehnliches Bücherregal kein Vermögen ausgeben will und Gott einen nicht mit Handwerkerfingern gesegnet hat. Und so werde ich wohl am kommenden Sabbat wohl wieder zur Reichtumsvermehrung jenes Herren beitragen. Ich weiß allerdings schon jetzt, dass ich mir das Angeduze nicht gefallen lassen werde. In den Katalogtexten scheinen die Texter ja schon einen internen Wettbewerb auszutragen: Wer bringt die meisten deklinierten Formen von "Du" unter.
Die Produkte von Microsoft waren mir eigentlich schon immer etwas sympathischer als die des Konkurrenten mit dem angebissenen Obst, die einem immer ein wenig schnickischnacki vorkommen. Nur die Hardware ist so unrobust. Während ich dese Zeilen tippe, flackert mein weißseinsollender Bildschirmhintergrund hellblau-orange.
In Deutschland sind die reichsten Leute diejenigen, die einem am erfolgreichsten ihren Billigscheiß aufschwatzen: Die Aldi-Brüder und Schlecker. Liegt das an diesen Cleverles oder an den auf Ramschkauf bedachten Deutschen?
Die Geschichte vom Fischer und dem Dämon ist nicht wunderbarer als

Die Geschichte des Lastträgers und der drei Damen

Ein unverheirateter Lastträger in Baghdad wird von einer wunderschönen Dame gebeten, einen Korb für sie zu tragen. Bei einem Christen kauft sie eine grüne Flasche. (Wir können uns schon denken, was die Christen den Moslems so in Flaschen verkaufen.) Aber dies ist erst der Anfang. Es geht weiter zu verschiedenen Händlern. Ich nenne hier jeden fünften Artikel:

  • Wasserlilien aus Syrien

  • Tamarinden

  • weiße Heckenrosen

  • in ein Bananenblatt gewickeltes Fleisch

  • Törtchen mit Moschus zubereitet

  • Kämme der Zainab, aus Zuckerguss zubereitet

  • Weidenblütenwasser

  • alexandrinische Kerzen

Es stellt sich heraus, dass die Dame mit ihren beiden Schwestern wohnt. Alle drei gar anmutig. Die zweite z.B.:

Es war eine Dame von stattlichem Wuchs, etwa fünf Fuß hoch, mit schwellendem Busen, von Schönheit und Anmut, vollkommenem Liebreiz und ebenmäßiger Gestalt. Ihre Stirn war blütenweiß, ihre Wangen helrot wie die Anemone, ihre Augen wie die einer wilden Färse oder der Gazelle, und ihre Brauen wie der Neumond des gesegneten Fastenmonats; ihr Mund war wie der Ring Salomos, ihre Lippen korallenrot und ihre Zähne wie eine Schnur von Perlen oder wie Blätter der Chrysanthemumblüte. Ihr Hals glich der einer Antilope, ihr Busen einem Marmorbecken, und ihre Brüste glichen zwei Granatäpfeln; ihr Leib war weich wie Samt, und die Höhle ihre Nabels hätte eine Unze Benzoesalbe gefasst.

Erstaunlich, dass die Tiefe des Nabels als erwähnenswertes Schönheitsmerkmal gilt.
Aber nicht nur die Damen, auch das Haus der Schwestern ist von großer Schönheit. Man beachte nur das

Lager aus Wacholderholz, mit Edelsteinen besetzt, über dem ein Baldachin schwebte aus rotem Atlas, der mit Perlen aufgesteckt war, so groß wie Haselnüsse und größer noch.

Ich vermute, nach sowas werde ich bei IKEA lange suchen können. Und wenn es das gäbe, würde mich sein IKEA-Name Wachöldö abschrecken.
Nachdem er abgeladen hat, belohnen die Schwestern ihn mit zwei Dinar, und schicken ihn heim, aber zu Recht giert er nach mehr:

"Ihr wisst doch, dass der Turm der Moschee nur auf vier Grundmauern stehen kann; aber euch fehlt der vierte!"

Gut gesprochen, sie laden ihn ein, an ihren Lustbarkeiten teilzunehmen, unter der Bedingung, Schweigen darüber zu wahren.

Nach 8 Tagen 1001-Nacht-Schulung vermutet man hinter diesen Damen sicherlich Dämonen oder Metzen, noch aber zeigt sich nichts dergleichen: Die vier betrinken sich, wie es sich eigentlich nicht gehört, und vor lauter Begeisterung improvisiert der Lastenträger die folgenden Zeilen:

Der Becher wird nur getrunken mit dem vertrauten Freund,
Dem Manne von edler Abkunft und altem Geschlechte vereint.
Der Wein ist wie der Wind: wenn er über Düfte weht,
So duftet er; doch er stinkt, wenn er über Leichen geht.

Die letzte Zeile würde mich ja eher abtörnen, aber die vier gehen nun zur Sache: Sie tändeln, küssen, beißen, streicheln

und er war bei ihnen in höchster Wonne, wie wenn er im Paradiese bei den schwarzäugigen Jungfrauen säße.

Die drei Damen steigen ins Bassin und er soll die Namen ihrer Geschlechtsteile raten. Falsch liegt er mit

rahim, fardsch, kuss, zumbûr, mudûl

Richtig dagegen:

  1. Krauseminze des Kühnen,

  2. Der enthülste Sesam,

  3. Die Herberge des Abu Mansûr.

Als sie hingegen den Namen seines Gliedes erraten sollen,

bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in ihrer verstatteten Rede an.

9. Nacht
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