Fortsetzung der Lektüre Daily Rituals. How Great Minds Make Time, Find Inspiration, and Get To Work
Im Zug zu schreiben ist für mich quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Ich weiß nicht, wie es in einem stillen 1.-Klasse-Abteil mit vernünftigem Tisch wäre. Aber auch in der Mitropa kann ich mich nicht konzentrieren. Bestenfalls Notizen für einen Text, manchmal Tagebuch-Einträge, was aber auch schwierig ist, weil man die Schriftart kleinhalten muss, um Mitlesern keine Chance zu geben. Tatsächlich starrte mal ein Business-Typ immer wieder von der Seite ungeniert auf meinen Bildschirm und schaute, fast genervt, weg, als ich ihn anschaute, nur um 5 Minuten später wieder meine E-Mails zu begutachten. Was blieb mir übrig, als ein Word-Dokument anzulegen, Schriftgröße 20 einzustellen und zu beginnen:
Lieber Django!
Neben mir sitzt ein Business-Rotzlöffel, der seine Neugier-Impulse nicht unter Kontrolle hat und nach Ei riecht.

Nichtsdestotrotz arbeite ich im Zug. E-Mails beantworten, Dateien sortieren, Websites aktualisieren. Das geht alles auch offline und erfordert weniger Konzentration.

Pablo Picasso (1881-1973)
Spät ins Bett, spät aufstehen.
Arbeiten ab 14 Uhr bis zur Abenddämmerung.
Bei Mahlzeiten, auch wenn Freunde anwesend waren, sprach er oft wenig und war in Gedanken noch bei seiner Arbeit, auch wenn er sich bemühte, sie zu unterhalten.

Jean Paul Sartre (1905-1980)
“Man kann auch fruchtbar sein, wenn man nicht zu viel arbeitet. (…) Drei Stunden morgens, drei Stunden am Abend. Das ist meine einzige Regel.”
Diese sechs Stunden variierten nach seinen sozialen Bedürfnissen und Verpflichtungen. Meist bis 1:30 Uhr Arbeiten, dann 2 Stunden Mittag mit 1/4 l Rotwein. 15:30 Uhr noch einmal drei Stunden Arbeit, oft mit Simone de Beauvoir.
Drogen: zwei Packungen Zigaretten, dazu Pfeifentabak, Barbiturate, Corydrane (con dem er die zehnfache Menge nahm), Kaffee, Tee, reichhaltiges Essen, Wein, Whisky, Bier, Wodka, Aspirin.

T.S. Eliot (1888-1965)
Für acht Jahre arbeitete Eliot Vollzeit in London in Lloyds Bank, was er gern tat, um sich andere Brotjobs vom Leibe zu halten. Später hasste er diese Arbeit. Später schufen Freunde von ihm einen Fonds über Abonnenten, um ihm ein jährliches Einkommen zu sichern.

Dmitri Schostakowitsch (1906-1975)
Schostakowitsch schien nie zu arbeiten. Er schuf seine Musik im Kopf, probierte sie nur selten am Klavier aus, sondern schrieb sie einfach auf und spielte sie danach auf dem Klavier.
Sport: Fußball.

Henry Green (1905-1973)
Ein seltsamer Tagesablauf.
Als Adliger schrieb er unter Pseudonym und ging außerdem ohne Not einem Brotwerwerb nach, um geistig gesund zu bleiben und Erfahrungen zu sammeln.
10 Uhr im Büro. Start mit einem Gin! Durchs Büro Spazieren und mit Sekretären schwatzen. 11:30 Uhr in den Pub. Ein paar Bier, dann wieder Gin.
Nachmittags im Büro ein bis zwei Seiten.
Abends Freunde und Bekannte treffen.
Nachts lange wach und Ideen ins Notizbuch schreiben.

Agatha Christie (1890-1976)
Christie hatte nach ihrem Erfolg Schwierigkeiten, Journalisten ihren Schreibtisch zu zeigen, da sie keinen hatte. Sie schrieb, wo es gerade möglich war. Sie zog sich irgendwann im Laufe des Tages von Familie oder Freunden zurück um eine oder eine halbe Stunde zu schreiben.

Arbeitsroutinen von Künstlern IX – Im Zug
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