411. Nacht

Man begräbt die beiden, und der Erzähler berichtet, die Jungfrau sei seine Tochter und der Jüngling sein Neffe gewesen. Auf die Frage, warum er sie nicht vermählt habe, antwortete er:

"Ich fürchtete mich vor Schimpf und Schande; und jetzt bin ich beidem verfallen."

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Die Geschichte von dem irrsinnigen Liebhaber

Abu el-Abbâs el-Murrabâd erzählt von einer Reise nach el-Barîd. Er macht eine Pause in Hesekiel an dem berühmten Kloster, und er hört, darin lebten Irre.
Er betritt das Kloster, und drinnen sitzt ein "Irrer", der die ganze Zeit in Versen von seiner verlorenen Liebe klagt.
Abu el-Abbâs el-Murrabâd meint kalt:

"Sie ist gestorben." Da verfärbte sich sein Antlitz, er sprang auf und rief: "Woher weißt du, dass sie tot ist?" Ich antwortete: "Wenn sie noch lebte, so hätte sie dich nicht so allein gelassen."

Das sieht der Irre ein, legt sich hin und stirbt. Voller Schrecken begräbt man ihn.

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412. Nacht

Als Abu el-Abbâs el-Murrabâd nach Bagdad zurückkehrt, berichtet er die Geschichte dem Kalifen el-Mutawakkil.

Und er sprach zu mir: "Was hat dich dazu bewogen? Bei Allah, wenn ich nicht wüsste, dass du um ihn trauerst, so würde ich dich um seinetwillen strafen!" Und er trauerte um ihn den ganzen Tag über.

El Mutawakkil war ein Kalif aus dem 9. Jahrhundert n.Chr., von dem es auch ein Hunde- und Falkenbuch gibt, das man noch heute erwerben kann. Abu el-Abbâs el-Murrabâd ein damaliger Sprachgelehrter aus Basra.

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Die Geschichte von dem Prior, der Muslim wurde

Abu Bakr Mohammed ibn el-Anbari ist ebenfalls in christlichen Regionen unterwegs. Er rastet beim Lichterkloster nahe Ammûrija. Die Mönche dort sind äußerst gastfreundlich, er wird vom Prior Abd el-Massih empfangen.

Abd el-Massih = "Knecht des Messias"

Am nächsten Tage verließ ich sie, nachdem ich bei ihnen solche Eifer in der Andacht und solche Frömmigkeit gesehen hatte wie sonst noch nie.

Im Jahr darauf trifft er den Prior bei der Pilgerfahrt in Mekka. Dieser berichtet ihm, was zu seiner Konversion geführt hat:
Im Dorf verliebte sich ein muslimischer Jüngling in eine christliche Jungfrau, der immer an derselben Stätte sitzenblieb, um sie sehen zu können. Die Christen

hetzten die Dorfbuben wider ihn, und die warfen so lange mit Steinen auf ihn, bis sie ihm die Rippen zerbrochen und den Kopf eingeschlagen hatten.

Der Prior nimmt sich seiner an und pflegt ihn.

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413. Nacht

Nachdem die Jungfrau ihn so sieht, bekommt sie doch Mitleid mit ihm:

"Willst du nicht meinen Glauben annehmen, auf dass ich dich mit dir vermähle?" Doch er reif: "Allah verhüte, dass ich den Glauben an die Einheit ablege und mich der Vielgötterei ergebe." Da sprach sie: "So komm zu mir herein, tu mit mir, was du willst, und geh dann in Frieden deiner Wege!" "Nein", erwiderte er, "ich will nicht zwölf Jahre der Anbetung zunichte machen durch die Lust eines einzigen Augenblicks." Darauf sagte sie: "So geh alsbald von mir fort!" Doch er entgegnete: "Das erlaubt mir mein Herz nicht."

Das ist sozusagen der Kern der Geschichte: Der Bursche hält alle Arten von Demütigungen und Schmerzen um der Liebe willen aus. Aber sein Glaube geht ihm noch darüber.

Bei ihrer nächsten Aktion töten ihn die "Dorfbuben".
Die Jungfrau, von schlechtem Gewissen geplagt, träumt nun, dass ihr der Weg ins Paradies versperrt würde, und man gibt ihr im Traum zwei Äpfel.

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414. Nacht

Einen isst sie, den zweiten findet man bei ihr am nächsten Morgen.

Von nun ab enthielt sie sich des Essens und des Trinkens, und als die fünfte Nacht kam, erhob sie sich von ihrem Lager und wanderte zu dem Grab jenes Muslims. Dort warf sie sich nieder und starb.

Es entsteht ein Streit darüber, ob die Christen oder die Muslime sie bestatten dürfen, und als vierzig Mönche es nicht vermögen, ihre Leiche vom Grab des Jünglings fortzuziehen, einer der muslimischen Scheiche die dann liebevoll mit einem Leichentuch fortträgt, sind die Christen konvertiert:

"Fürwahr, die Wahrheit verdient es, dass man ihr folge."

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Die Geschichte der Liebe von Abu Isa zu Kurrat el-Ain

Abu Isa, Sohn von Harûn el-Raschîd, verliebte sich in die Sklavin Kurrat el-Ain und diese sich in ihn. Beide tun ihr Geheimnis nicht kund.

Das tat er, weil er stolz und von hohem Ehrgefühl beseelt war, denn er hatte sich die größte Mühe gegeben, sie von ihrem Herrn zu erwerben, aber es war ihm nicht gelungen.

So entschließt er sich zu einer List: Er überredet den Kalifen el-Mamûn dazu, seine Befehlshaber auf die Probe zu stellen,

"so würdest du erkennen, wer eine edle Gesinnung hat und wer nicht."

411., 412., 413., 414. Nacht
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Ein Kommentar zu „411., 412., 413., 414. Nacht

  • 2014-01-17 um 16:37 Uhr
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    413. Nacht: eine interessante Methode der christlichen Missionierung. Vielleicht sollten die Katholiken doch in Betracht ziehen, eine junge, hübsche Dame zur Päbstin zu machen. Dann würden sich vielleicht wieder mehr Leute bekehren lassen.

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