Vor Kurzem wurde ich wieder einmal von einer Impro-Spielerin gefragt, wie man es denn vermeiden könne, von den Mitspielern immer nur in weiblichen Klischee-Rollen, also vor allem Geliebte, Ehefrau und Mutter, angespielt zu werden.
Die Frage ist komplexer als es scheint. Zunächst einmal zum Problem selber: Die dramatische Literatur, und das geht bis hin zu heutigen Drehbüchern, vernachlässigt Frauenfiguren. Wenn denn Frauen in herausgehobenen Rollen auftauchen, die nicht allein durch ihr Verhältnis zu einem Mann definiert ist, dann ist oft diese Herausgehobenheit das Thema. Die Comic-Autorin Alison Bechdel formulierte einmal den Bechdel-Test für Kinofilme. In einem annehmbaren Film müssten danach

  1. zwei Frauen mitspielen, die
  2. miteinander sprechen, und zwar
  3. nicht über Männer.

Und jetzt mach mal den Test selber. Wieviele Hollywoodfilme fallen dir ein, die diesen Test bestehen. 20 Sekunden hast du Zeit. Uuuund los!
Unser Bild der Frau im Drama ist durch die Anhäufung der Stereotype verzerrt. In der Konsequenz spielen männliche Improspieler ihre Bühnenpartnerinnen eben immer wieder in den genannten Rollen an. Und andererseits schnappen sich Frauen leider immer wieder diese Rollen. Die oben erwähnte Spielerin war völlig aus dem Konzept, als sie nach immer wiederkehrenden Mäuschen-Rollen auf einmal aus heiterem Himmel von ihrem Partner als Chefin definiert wurde.
Die zwei derzeit bekanntesten Improspielerinnen, nämlich Amy Poehler und Tina Fey, haben diese Falle rechtzeitig erkannt und haben genügend Techniken gefunden, um sie zu umgehen.
Wenn Frauen auf der Impro-Bühne komplexe Rollen bekommen wollen, müssen sie sie sich schnappen. Und Männer sollten ein bisschen mehr Phantasie aufbringen, als sie immer nur als Mutti oder Weibchen anzuspielen.

Frauen auf der Impro-Bühne – Der Bechdel-Test
Markiert in:     

2 Kommentare zu „Frauen auf der Impro-Bühne – Der Bechdel-Test

  • 2015-01-11 um 01:16 Uhr
    Permalink

    Auf der Improbühne sehe ich viele Shows, die den Bechdel-Test bestehen. Ich bin aber auch in der glücklichen Lage, in einer 50% Frauen /50% Männer besetzten Gruppe zu spielen (leider keine Geschlechter dazwisch oder außerhalb davon). Deshalb vermute ich eher ein Problem davor, also in der Zusammensetzung als denn im Anspielen. Ein Mann in der Szene hilft eh nicht beim Bechdel-Test.

    Antworten
  • 2015-01-11 um 12:58 Uhr
    Permalink

    Lieber Macro,
    nichts für ungut, auch wenn es bei euch funktionieren mag, sehe ich das anders. Selbst in Shows und Ensembles mit überwiegend Frauen tauchen diese Probleme auf. Ich habe sogar reine Frauen-Shows gesehen, die den Bechdel-Test nicht bestanden hätten.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert