(Ergänzung: Diese Gedanken habe ich bearbeitet und weiter ausgeführt im Buch “Improvisationstheater. Band 8: Gruppen, Geld und Management


Über kaum eine Frage wird so hitzig und verzweifelt diskutiert wie über den Gruppen-Namen. Bands sind über dieser Frage zerbrochen, bevor sie ihren ersten Auftritt hatten. Einen Namen für eine Band oder eine Impro-Gruppe zu finden ist meistens schwerer als der Name fürs eigene Kind.
In den meisten mir bekannten Fällen zermartern sich die Mitglieder einen Monat lang den Kopf, schreiben dann die Namen auf eine Liste und streichen dann sukzessive die kontroversen raus, um sich schließlich auf das geringste Übel zu einigen.
Die allermeisten Namen von Impro-Gruppen sind nicht nur erwartbar, sondern zweifellos extrem uncool. Das fiel mir noch einmal auf, als ich vor einer Weile in Berlin an einer Mauer vorbeilief, die völlig zuplakatiert war mit Ankündigungen für Hiphop- und Techno-Partys. Ich kannte kaum einen der Namen von ihnen auch nur vom Hörensagen, aber jeder einzelne machte neugierig. In Gedanken tauschte ich ein paar von ihnen aus mit Namen von Improgruppen, und schon war der Zauber dahin.
Über Gruppennamen zu reden, ist natürlich auch schwierig, weil man niemandem sagen will, dass sein Baby hässlich ist. Auch wenn man einen blinden Fleck haben mag, was die eigene Gruppe betrifft: Hier ist der nominale Schrecken versammelt:
http://improwiki.com/de/liste_improgruppen_aus/deutschland/de
Ich habe vor einer Weile mal zum Vergleich den Zufalls-Knopf auf der deutschen Wikipedia-Seite genutzt. Dies waren ungefiltert die ersten zehn Treffer:
  • Ulmeneule
  • Trimble
  • Ragang
  • Wortbildung
  • Carter
  • Werfenweng
  • Aalberse
  • Ukrainische Eishockeyliga 1997/98
  • Rezaei
  • DX

Ich würde jeden dieser Namen einer Wortspielkombi mit “Impro” im Titel vorziehen. Trimble, Ragang, Werfenweng, Carter, Aalberse und DX halte ich sogar für ziemlich gute Band-Namen.
Hier meine Namensfindungs-Regeln
  1. Seid nicht zu witzig
    Der Impuls liegt nahe, mit dem Namen schon zu suggerieren, dass den Zuschauer etwas Lustiges erwartet. Das Problem ist nur, dass sich die Witzigkeit abnutzt, wenn man den Namen ein paar Mal gehört hat. Was beim vierten Bier in der Kneipe todlustig gewirkt hat, hört sich für Außenstehende, die sich überlegen, ob sie ins Improtheater oder doch lieber ins Kino gehen wollen, oft nur albern. 
  2. Geht behutsam mit Wortspielen um.
    Der Schritt in die Wortspielhölle ist schnell getan. Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Wortspiele , aber wenn man sie überhaupt im Namen nutzen will, dann bitte subtil. Schlimmer als Wortspiele sind Wortspiele mit „Impro“ im Namen. Ich bitte hiermit all die hundert Gruppen, die das betrifft, um Entschuldigung, aber allein die Tatsache, dass es in Deutschland über hundert sind, sollte neuen Gruppen zu denken geben.
    Spielt mit Wörtern, die Assoziationen hervorrufen, die nicht zu eindeutig und nicht zu platt sind.
  3. Macht nicht zu viel Sinn
  4. Prüft, ob es euren Namen schon irgendwo gibt.
    Es kommt doch tatsächlich vor, dass sich Gruppen denselben Namen wählen. Das ist nicht weiter verwunderlich. Oft entstehen Namen, weil eine Gruppe, die es als solche noch gar nicht richtig gibt, für ihren ersten Workshop.Auftritt schnell einen braucht. Hat man sich erst mal provisorisch auf einen geeinigt, wird man ihn schwer wieder los.  
  5. In den 30er Jahren gründeten Erika und Klaus Mann das Kabarett „Die Pfeffermühle“. Seitdem gibt es diese Zwangsneurose von Kabarett und Comedy, sich irgendwie „scharf“ nennen zu wollen. Tappt nicht in diese Falle. Ihr werdet sofort mit angestaubtem Sozialdemokraten-Kabarett assoziiert.
    Namen von Impro-Gruppen wimmeln außerdem von Assoziationen mit Maschinen und Tempo. Kann man machen, muss man nicht. Wenn ich eine Black-Metal-Band gründen würde, müsste ich mir ja auch überlegen, ob ich die zweimillionste mit dem Wort “Death” im Namen sein will.
  6. Fragt euch, ob ihr zu einer Vorstellung einer Gruppe mit diesem Namen gehen würdet.
Viel Glück bei der Namenssuche! Und schlag euch nicht die Köpfe ein.
Namen von Improgruppen. Dein Baby ist hässlich
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2 Kommentare zu „Namen von Improgruppen. Dein Baby ist hässlich

  • 2016-03-18 um 16:26 Uhr
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    Ich als einer der uncoolen Improbanden kenne das sehr gut, habe aber auch einige positive Seiten des Namens mit Impro und Wortspiel über die Zeit erfahren. Zum einen ist der Erklärungsbedarf deutlich geringer, es läßt sich gut in Sätze einbauen (der Artikel-Fetisch in Namen bleibt unbeleuchtet in dem Artikel) und ist relativ kurz (denn es gibt auch Bandwurmnamen). Ebenso genieße ich bei Namensdiskussionen mit fremden improspielern und dem schnell geäußerten "Niemals was mit Impro drin" das betretene Entschuldigen wenn ich unseren Namen preisgebe. Und da wir "die mit den Pillen im Logo" sind, können sich doch einige an den Namen von uns erinnern.

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