“Trust Us! This is all made up” (TJ & Dave)

Dave: „All of it is based on faith and trust, that they’re fine without me. […]We have this trust that, No matter what I say to you, you’re going to be fine. You’re really good. And there’s no way I can hurt you. You’re that good. And that allows for us to give each other the best.“

TJ: „We together have trust in the evening, that if we just stay out of its way, it will be just fine. […] It’s as though it’s going on before we even get there. We just kind of jump into it for an hour and then get out of it.“

Dave: „Both of our mind set is: Oh what is this, that’s already happening? […] We might find out what time of day it is and we might find out what the event is. what the event is Slowly we find out what has been happening all along.“

TJ: „Everything that corrupts it comes from fear. Fear is the root. It brings that ego to the forefront of How am I doing? How is it going?“

Dave: „If we force our ideas into it, then the rest of the time is spent justifying that, which is not exploring anymore. It’s just justifying. Why we try to relax is to walk out kind of empty to be available to whatever might be there, rather than ‘my great ideas’.“

TJ: „We believe that there’s the show is already going on. It is already in process. And we pickt it up at a moment, somewhere within this progression but that the show itself started a long time ago. We didn’t know it. And we don’t know which show we’re about to join already in progress. So we get to live it or physically represent it for 50-some-odd minutes. And then we leave it but it keeps on going. The people that were represented for that amount of time go on to have marriages and divorces and children and buy property and maybe die a natural death a long time in the future or die in some horrible accident soon after we see them. And there’s just millions and millions and billions of its all going on. And we end up, hopefully, getting lucky enough to be in a good one that’s chosen for us by this moment that happens at the beginning.“

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Langform in eine Match-Show einbauen

Moderiere anlässlich des Berliner Improfestivals im Bühnenrausch einen Micetro. Als ich den Spielern in der Pause eröffne, dass ich vorhabe, sie eine Langform spielen zu lassen, fallen sie aus allen Wolken. Das könne man zu diesem Zeitpunkt nicht machen, und nicht bei dem Publikum (30% Kinder). Ich erbitte mir kurze Bedenkzeit, und Entscheidungsfreiheit und sage zu, dass ich ihre Skepsis berücksichtige. Wäge ab und lasse sie dann doch einen Harold spielen.
Wer hätte das gedacht – der zweite Teil wird mindetens so gut wie der Erste, wenn nicht gar besser. Die Spieler (vielleicht auch im Bewusstsein, dass es sich um eine herausforderungsvolle Form handelt), spielen sehr konzentriert und hingebungsvoll.

Höfliche Improvisierer

Höfliche Spieler tendieren dazu, sich selbst zu sehr zurückzuhalten, da sie die Ideen der anderen nicht zerstören wollen.
“Warum hast du deiner Mitspielerin keine Angebote gemacht?”
“Ich weiß ja nicht, was sie vorhatte.”
Die “höflichen” Improvisierer glauben, ihre Mitspieler hätten einen Plan, der durch eigene Angebote zerstört werden könnte. (Und im Grunde ist der höfliche Improvisierer das Gegenstück zum Rambo-Spieler, der tatsächlich versucht, seinen Plan durchzuboxen.)
Egal, wie smart das Angebot deines Mitspielers erscheint: Es gibt keinen Plan. Und wenn, dann hat dein Mitspieler Pech gehabt und sollte schließlich mal zu improvisieren anfangen. Ein guter Improvisierer wird von einem überraschenden Angebot inspiriert sein.
Sei nicht höflich.

Impro und Verhaltenstherapie

Ich vermute, dass es eine Verwandschaft gibt zwischen der Praxis der Improtheater-Workshops und der Verhaltenstherapie: Als Teilnehmer eines Anfänger-Workshops fängt man sehr niedrigschwellig mit einfachen kinderspielartigen Übungen an und verliert so die Hemmungen sowie die Angst vor dem Unbekannten, die Angst vor dem Beurteilt-Werden. Wir fragen als Lehrer erst gar nicht, wo diese Angst herkommen mag, wie es vielleicht die Tiefenpsychologe tun würde, sondern wir tun so, als hättest du diese Angst nicht, und vertrauen darauf, dass du sie daraufhin verlierst.
Fake it til you make it.
Sicherlich hat jeder andere Formen von Hemmnissen zu überwinden, aber ich habe bisher noch niemanden erlebt, bei dem diese Methode noch nicht funktioniert hat.

Kreative Angst

Ungeheuer kreativ werden Impro-Anfänger, wenn sie sich Rechtfertigungen fürs Nichthandeln ausdenken:
– “Ich weiß doch auch nicht, wie es in einem Bademeisterturm aussieht.”
– “Ich musste ja erstmal den Esel wegschicken und verschnaufen, bevor ich den Text aus dem [imaginären] Buch vorlese.”
– “Das Spiel XY kann ich nicht so gut.”
– “Ich weiß nicht, wie man Setzlinge pflanzt.” (Meine eigene schändliche Rechtfertigung damals im Anfängerkurs, um meine hingewurschtelte Pantomime zu begründen. Aber mordende Gangster, Piloten, Chirurgen, Karusselbetreiber – die konnte ich ohne zu fragen spielen.)

Als Anfänger nimmt man die Ausweichmanöver, die das in Panik vorm Unbekannten geratene Unterbewusstsein da mit einem treibt, gar nicht wahr. Der Verstand, so Eckhart von Hirschhausen, gleicht dem Regierungssprecher – er ist der Letzte, der erfährt, was beschlossen wurde, und muss es nach außen rechtfertigen.
Es gilt also, den Mut zu trainieren, das gegen die Alltagsrationalität gerichtete Ja-Sagen.

Magic Moments: Er ist ein Maulwurf

Einer jener seltenen magischen Momente entstand bei der zweiten Show von Foxy Freestyle in der Alten Kantine. Die Schluss-Szene einer zwar witzigen, aber doch recht verwickelten Geschichte mündet in ein Abschluss-Lied zwischen Matze Fluhrer und mir.
Die letzte Zeile singen wir gemeinsam, ohne uns anzuschauen: Gleicher Text, gleiche Melodie. Das Video ist wie immer lediglich ein müder Abklatsch, aber die Zuschauer sind von diesem besonderen Moment auch begeistert.
Ich denke, die Chance, solche Momente zu erleben, erhöht sich, wenn wir nicht nur aufmerksam sind, sondern vor allem auch mutige Entscheidungen treffen.

Der Song startet ca. bei Minute 3:30… Weiterlesen

szenisch gerechtfertigte Angst

Manchmal wird des Spielers Angst vor dem Unbekannten augenfällig in die Szene überführt. Neulich, als wir spontan einen Sänger und Schauspieler, der aber relativ wenig Erfahrungen mit Improtheater hatte, spontan zu einer Szene einluden. War seine Antwort auf das erste Angebot: “Ich wollte mich doch erst mal umbringen!”
Übersetzt: “Ich würde am liebsten abhauen.”
Umgekehrt lieben wir als Zuschauer natürlich Figuren, deren Mut sich aus dem Mut der Spieler speist.

Intelligenz wirken lassen

Man lasse seine Intelligenz und sein Wissen in die Improvisation einfließen. Die Figur sollte das, was sie tut, gut beherrschen. Also statt den trottligen Zahnarzt, einen guten Zahnarzt usw. Trottligkeit ist eben auch ur für einen schnellen Lacher gut. Aber auch das eigene Wissen wirklich einbringen. Warum sollen z.B. nicht zwei Truckfahrer in eine moralphilosophische Diskussion abdriften? Viele Improspieler halten mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten hinterm Berg. Ein großartiger Spieler, den ich kannte, hielt sich lange Zeit für “zu ungebildet” (weil er der Jüngste war), bis ihm seine Teamkollegen vor Augen führten, das er am längsten von allen Theater spielte, sowohl ein abgeschlossenes Studium als auch ene Berufsausbildung hatte, einen Sportsverein leitete und diverse Instrumente spielte. Allmählich ließ er dann davon einiges in seine Bühnenfiguren einfließen, und er wurde brillant.
Als Zuschauer will man ja nicht nur oberflächlich spannendes (“Sie haben mit meiner Frau geschlafen, Herr Pfarrer”), sondern eben auch Interessantes. Man halte die Augen offen. Ein Improspieler muss eigentlich ein Hans Dampf in allen Gassen sein – kein Thema, was ihn nicht interessiert, egal ob Politik, Philoophie, Naturwissenschaft, Psychlogie usw. Man erkenne Pros und Contras und beziehe auf der Bühne Position – als Figur kann das natürlich eine andere Position sein als die eigene.

Auf der anderen Seite: Doofe Figuren zu spielen, wie Betrunkene, Kleinkinder, geistig Behinderte, demente Greise usw. ist oft auch eine Wahl der Angst. Den diese Figuren brauchen die Folgen ihres Handelns nicht zu tragen, sie sind sozusagen per se amoralisch, da sie nicht für die Folgen ihres Handelns verantwortlich sind. Das heißt wiederum nicht, dass man kein Kind und keinen Betrukenen spielen solle. Es gehört aber ein waches Auge dazu und ein Blick für die Fallstricke. Besoffene und Kinder sind in der Regel höchstens als Passenger gut.

Nach der verlorenen Angst

Ich habe hier schon mehrfach beschrieben, wie sich Angst, je nach Persönlichkeitstyp und je nach Trainingsstand verschiedene Kanäle sucht: Blockieren, Negativ sein, Kneifen, Szene dominieren, Blödeln, Szenen verlachen usw. (Schön auch noch mal bei Johnstone nachzulesen.)

Soll das aber heißen, wenn die Angst überwunden ist, wäre alles in Butter? Seltsam, dass man manchmal Profi-Shows sieht, die einen irgendwie langweilen, obwohl alles ordentlich abgespult wird.
Ich glaube, dass einigen Spielern irgendwann der Wille ausgeht, sich auf der Bühne auszudrücken, wirklich etwas Substanzielles einzubringen, als nur stur nach Lehrbuch zu akzeptieren, Storys fortzuführen usw.
Der Wille zur Kunst und zur Kreativität (und sei es auch Klamauk) ist schon notwendig, um den Funken überspringen zu lassen.

Obszoenitaeten

In New York heute die fuenfte Impro-Show in Folge gesehen, die mit ekelhaften Obszoenitaeten begann. Man fragt sich: Warum? Wir spielen ja manchmal auch mit Zweideutigkeiten oder ueberschreiten mal gezielt eine Grenze, aber hier scheint es, gerade fuer Anfaengergruppen, typisch zu sein, ueber das Fallenlassen von Obszoenitaeten, Lacher zu erzielen. Masturbieren, Vagina, Analsex, Vergewaltigung, Unterleibskrebs, usw. usf. Natuerlich kann jedes dieser Themen Inhalt einer guten Improszene sein, aber hier hat man jedes mal das Gefuehl, einer besoffenen College-WG zuzuschauen.
Strukturell ist es ja nichts anderes als das Name-Dropping im politischen Kabarett. Schon das Wort “Merkel” garantiert Lacher. Interessant ist aber, dass dieses Phaenomen des Obszoenitaetendropping in Deutschland so gut wie gar nicht auftaucht.
Psychologisch koennte man es vielleicht so deuten wie Keith Johnstone es angedeutet hat: Die Anfaenger-Spieler versuchen, ihre Grenzen zu ueberschreiten. Sie beginnen mit Stammelei, dann kommen die Obszoenitaeten, dann die depressive Phase. Und erst wenn all das durchschritten ist, lernen die Spieler zu “tanzen”.

Lebensvermeidung

Obama ueber den Zwang, bei politischen Wahlen nicht nur gewinnen zu muessen, sondern auch nicht verlieren zu duerfen:
“No matter how convincingly you attribute your loss to bad timing or bad luck or lack of money – it’s impossible not to feel at some level (…) that you don’t quite have what it takes, and that everywhere you go the word “loser” is flashing through peoples’ minds. They’re the sort of feelings that most people haven’t experienced since high school (…), the kind of feelings that most adults wisely organize their lives to avoid.”
Nicht nur als Politiker, sondern auch als Kuenstler sind wir einem Bewertungsdruck ausgesetzt. Ca. die Haelfte aller Impro-Anfaenger muessen eine gewisse Scheu des Sich-Blamierens ablegen. Aber es trifft eben nicht nur die Improspieler, sondern auch Kuenstler aus anderen Bereichen. Brando galt Anfang der 70er als Kassengift. Man kann das Publikum nicht ignorieren, denn diese sind ja die Rezipienten der Kunst, vor allem aber muss die Kunst einen Wert fuer den Kuenstler selber haben. Ich brauche als Kuenstler Ellenbogenfreiheit, um mich kuenstlerisch bewegen zu koennen. Natuerlich gibt es den Leser, den Zuschauer, das Publikum, das meine Kunst geniesst oder ablehnt, aber ich kann nicht jede meiner Bewegungen von den Amplituden der Konsumenten oder Kritiker abhaengig machen.

Angst, nicht ernstgenommen zu werden

Aus der immerwiederkehrenden Betonung des Professionalismus bei Schauspielern scheint die Angst zu sprechen, nicht ernstgenommen zu werden. Vielleicht erwarten sie instinktiv doch noch, dass jemand faules Obst werfen oder den Dilettanten hinter der Maske erkennen könnte. Dazu Jaecki Schwarz in der taz:
Frage: Anna Maria Mühe, die Tochter Ihrer damaligen Filmpartnerin Jenny Gröllmann, sagt, dass sie sich selbst noch nicht als Schauspielerin bezeichnen würde, weil sie noch am Beginn dieses Berufs stehe …
Antwort: Ich finde diese Einstellung bewundernswert, weil sie so selten ist. Wenn man die Schauspielschule verlässt, ist man noch kein Schauspieler, und deshalb sind Laien, die in Serien und Soaps auftreten, für mich auch keine Schauspieler. Der Beruf ist nicht geschützt – jeder, der einmal vor drei Menschen auf einem Nudelbrett gestanden oder in einem Film eine Wurze gespielt hat, kann sich Schauspieler nennen. Ich bin der festen Überzeugung, dass man in diesem Beruf nie ganz fertig ist, man lernt ein Leben lang. Und gerade das finde ich schön, weil es kein fest vorgegebenes Ende gibt.

Intelligent oder doof spielen

Ein schneller Lacher, wenn man doof spielt: Der Pilot, der nicht weiß, wie das Flugzeug zu starten ist, der Zahnarzt, der mit einer Bohrmaschine seinen Patienten malträtiert usw. Nichts gegen schnelle Lacher, aber wir bringen uns um eine echte Fallhöhe, wenn wir die Figuren gleich zu Beginn scheitern lassen.
Es sind nicht nur Zahnärzte und Piloten, es sind häufig auch alltägliche Handlungen, die inkompetent ausgeführt werden: Ein Ei braten. Nicht wissen, wo sich Gegenstände befinden, nicht wissen, wie jemand heißt usw. Die Vermutung liegt nahe, dass wir es wieder mit Angst zu tun haben. Ich vermeide als Spieler spezifisch zu sein und bleibe im Bereich des Sicheren.

Spiele nicht dümmer als du bist. Behaupte, bescheid zu wissen, auch wenn es um die technische Ausrüstung eines AKW oder um komplizierte Finanztransaktionen handelt.

Stottern: Linkshändigkeit, Singen, Tiere, “Selbstvertrauen”

Linkshänder stottern anscheinend häufiger (s. Obama), was wohl oft damit zu tun hat, dass sie ihre Impulse unterdrücken sollen, da sie “falsch” sind.
Stotterer stottern seltener (ein schöner Satzbeginn für Stotterer), wenn sie singen: Der Fokus liegt dann nicht auf dem “richtigen” Formulieren.
Stotterer stottern seltener wenn sie mit Tieren reden.
Im Hypnoseforum wendet der User Chippie ein: “ich vermute, dass das eher daran liegt, dass man sich nicht mehr aufs sprechen konzentriert, sondern auf die vorstellung. das lenkt ab, macht aber nicht sicher. ich glaube eher, dass es was mit selbstvertrauen zu tun hat.” Und das ist aber der springende Punkt, den wir auch vom Impro und kreativen Prozessen kennen: Wir konzentrieren uns auf das Wie, auf ein schönes Detail, und nicht auf das “Richtig” oder “Falsch”, und dann kommt schon was Schönes zustande.

Kreativ Kreativität lehren

Oftmals mag es genügen, im Unterricht bestimmte Spiele zu spielen, die sozusagen selbst-lehrend sind. Aber die meisten Übungen, Spiele und Szenen bedürfen auch einer hohen kreativen Wachsamkeit des Lehrers. (Das betrifft wahrscheinlich das Lehren überhaupt, nicht nur das Lehren von Impro.) Es wird immer wieder einen Schüler geben, der die Aufgabe nicht umsetzen kann oder der nicht einmal kapiert, worum es geht. Wichtig hier: Immer wieder neue Bilder zu finden, sich in den Schüler hineinzuversetzen und eine Sprache zu finden, mit der er etwas anfangen kann. Aber andererseits sollte man die Schüler auch nicht unterfordern. “Ich kann das nicht” sollte (abgesehen von echten physischen Beschränkungen abgesehen) nicht als Entschuldigung durchgehen. Natürlich “können sie das nicht”. Aber um es zu lernen, sind sie ja da.
Sicherlich – oft haben die Schüler ein bestimmtes Bild davon, was sie erwartet und was sie selbst erwarten. Sie wollen z.B. Improtheater nutzen, um in der Uni spontaner zu sein und besser rüberzukommen. Sie haben Spontaneität bereits mit einem bestimmten Bild von Spontaneität belegt, z.B. verbal schlagferig zu sein. Sie bewundern spontane Impro-Schauspieler, aber scheuen sich, den Schritt der emotionalen Verkörperung mitzugehen und begründen das damit, dass sie das nicht können, und dass es ihnen um etwas anderes gehe. Ihnen über Umwege zu zeigen, dass auch das, was sie nicht verstehen, hilfreich sein könnte, ihnen Ängste zu nehmen, das ist die schwierige Aufgabe des Lehrers.

Open Stage

Interessante Situation wieder mal bei der Foxy Open Stage im RAW: Erste Hälfte Harold mit den Peperonis. Zweite Hälfte Open Stage Games für Zuschauer.
Es mag seltsam wirken, aber tatsächlich kam die zweite Hälfte wesentlich besser an.
Vielleicht lag es am Harold, aber ich vermute viel eher, es lag daran, dass Foxys und Peperonis versucht haben, sehr “höflich” zu spielen. Alles wird hübsch akzeptiert, aber es gibt keine Hürden, stattdessen Smalltalk. Acht Spieler, davon drei kranke, die nichts falsch machen wollen.
Bei allem Chaos und allerlei Geschmacklosigkeiten muss man doch sagen, dass in der zweiten Hälfte von den Zuschauern wesentlich mehr gewagt wurde. Und das ist es letztlich (habe ich das hier neulich schon gesagt), was man als Zuschauer bewundert.

Selbstfesselung durch Rollen

Die Spielerin Y. tendierte dazu, geh- und sehbehinderte Omas zu spielen. Auch eine Form der Selbstfesselung. Der Blick- und Bewegungsradius wird eingeschränkt. Offenbar versucht unsere Körper-Seele-Apparat auf diese Weise Sicherheit zu erlangen. Für die Impro nicht gerade förderlich, werden doch auf diese Weise die Möglichkeiten beachtlich reduziert. (Die Ironie der Geschichte: Y. warf ihren Mitspielern vor, diese würden sie ständig als Oma etablieren.)

Erfreuliche Improvisation

Ich glaube, ein großer Teil der Freude, die wir aus Improvisation und besonders aus improvisiertem Theater ziehen, liegt in der Bewunderung für mutige Entscheidungen, die einen in unerwartete und ungewöhnliche Situationen bringen.
Deshalb ist es auch oft schöner, einer unbefangenen Anfängertruppe zuzuschauen als einem fortgeschrittenen Ensemble, das nur dabei ist, alles “richtig” machen zu wollen.
Das ist natürlich kein Plädoyer gegen das Lernen, sondern dafür, das Lernen und die weitere künstlerische und improvisatorische Entwicklung spielerisch zu gestalten.

Fahr zur Hölle / Drop dead Keith

In “Theaterspiele” (“Impro for Storytellers”) beschreibt Keith Johnstone die seltsame Angewohnheit einiger Spieler, sich durch Blickkontakt zum Lehrer immer wieder abzusichern. Er empfiehlt dafür, den Schüler “Drop dead, Keith!” sagen zu lassen. Ich hab es ein paar Mal versucht. Ohne Erfolg. Vielleicht sollte ich länger auf diesem Trick bestehen, andererseits funktioniert er möglicherweise auch nur für Johnstone.
Eine Schülerin suchte permanent Augenkontakt – nicht nur zu mir, dem Workshopleiter, sondern auch ständig zu den Mitspielern auf der Bühne und zu Zuschauern im Publikum. Wenn man sie bat, über die Zuschauer hinwegzusehen und diese gleichermaßen mit einzubeziehen, ging ihr Blick wie nach innen. Die vorübergehende Lösung: emotionale Beschäftigung der Spielerin.

Regelfetischismus

Viel zu oft vertiefen sich Impro-Spieler in die Regeln einzelner Games, in die Regeln der Improvisation usw. Auch dies kann man in gewissem Maße als Angst auffassen – Angst vor der Freiheit.
Beispiel: Die Regel “Stell keine Fragen!” hat natürlich ihren Sinn: Nämlich den, nicht die Verantwortung an den Mitspieler abzugeben. Dennoch wäre es purer Regelfetischismus, keine Fragen auf der Bühne zuzulassen. Johnstone selbst führt die Regeln ein, um sie sogleich in einem Spiel konstruktiv ad absurdum zu führen: “Stelle nur Fragen!” (Ähnlich sein Spiel “Beide blockieren!”)
Mit anderen Worten, wir können die Regeln beiseite legen, wenn wir bereit sind, zu spielen, uns kreativ einzubringen, miteinander zu spielen.
Und doch wollen wir die Regeln nicht völlig verdammen, wie es etwa Mick Napier tut. Sie können uns daran erinnern, wor an es liegen könnte wenn wir am Ende sind.

Ruhe und Lampenfieber

Seltsam, wie viele Bühnenmenschen vor dem Auftritt ihre Angst mit Übersprungshandlungen zu kaschieren zu versuchen. Ich kenne mindestens drei Kleinkünstler, die sich vor und zwischen den Auftritten immer und immer wieder nachschminken. Andere rauchen, fressen, gehen mehrere Male auf die Toilette. Ich selbst bin in den ersten Jahren der Chaussee immer wieder zwischen Technik, Einlass und Bühne herumgesprungen: Pseudo-Organisation als Übersprungshandlung.
In der Ruhe liegt die Kraft.