Und ist das alles improvisiert?

Die Frage, ob auch wirklich alles improvisiert ist oder ob es nicht doch heimliche Plot- oder gar Text-Absprachen gibt, wird wohl nie verschwinden. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn die Frage in aller Unschuld nach einer Show gestellt wird. Aber es gibt eben auch die ewig skeptischen Zuschauer, die während der ganzen Show nach “dem Trick” suchen. Oder Zuschauer, die einem einfach nicht glauben. Vor einem Monat spielten wir ein komplett improvisiertes zweistündiges Stück im Stil von Tennessee Williams. Einziger Ausgangspunkt war der vom Publikum vorgeschlagene Titel. Vier Tage später die Internet-Rezension: Das Stück sei überzeugend vorgetragen worden. Aber “zu Beginn der Aufführung sollten die Zuschauer den Namen des Stückes bestimmen. Das war es dann auch mit dem Improvisationstheater.” Denn wenn das alles improvisiert sein sollte, dann hätten ja die Spieler genial sein müssen.
So geschmeichelt man sich dabei auch fühlen mag, es ist doch erstaunlich, dass diese Art von Zuschauern es der Show nicht gönnen können, “genial” zu sein. Und sich selbst den Genuss nicht gönnen, etwas Großartigem beizuwohnen.
Aber wir sollten nicht in de Falle tappen, den Zuschauern durch Extra-Gimmicks “beweisen” zu wollen, dass alles improvisiert ist; denn erstens verwässert man dann die eigene Show für sich und die Mehrheit der Zuschauer und zweitens, das zeigt die Erfahrung, werden die Skeptiker stets Skeptiker bleiben.

Pantomime im Improtheater

Gute Impro-Schauspieler haben auch immer eine gewisse pantomimische Kraft. Andererseits unterscheidet sich die Pantomime, die wir auf der Impro-Bühne brauchen doch von der clownesken Form, die sich im 20. Jahrhundert etabliert hat. Jeder hat den prototypischen wandabtastenden, auf dem Boden gleitenden Clown vor Augen, der mit dem Einsatz des gesamten Körpers imaginäre Türen öffnet, Ballons aufbläst und Rosen pflückt. Dieser Stil ist für unsere Zwecke einen Tick zu groß. Er thematisiert das Mimen zu sehr. Die Präsentation des physischen Darstellens ist ja bei uns meist nur ein Aspekt unter vielen. Da wir aber auch körperlich deutlich machen müssen, was wir tun, ohne es zu benennen, (Türen öffnen, Gegenstände tragen, Kleidung aus- und anziehen usw.) gehen wir einen Mittelweg zwischen dem Großmachen des Marcel-Marceau-Stils und dem theatralen Minimalismus, der keine Pantomime braucht, weil sämtliche Requisiten vorhanden sind.

Think inside the box

“Everybody says: ‘Think outside the box’. If you think outside the box, other improvisers can’t work with you. So I teach people to think inside the box, that we can work with them. But the fashion goes otherwise nowadays.”


Die Frage ist natürlich, ob meine Box und deine Box dasselbe sind. Meine Offensichtlichkeit verträgt sich vielleicht nicht mit deiner und umgekehrt. Das heißt, dann ist wieder radikales Akzeptieren gefragt. Aber natürlich hat Johnstone hier Recht: Originell sein wollen, witzig oder geistreich erscheinen wollen wegen der Bewunderung oder des schnellen Lachers sind der Tod der Szene.… Weiterlesen

Interview Keith Johnstone

“Often the improvisers only know how to accept ideas. That’s not good enough. You have to know what the other person wants. You have to be good at giving them what they want, because if you do it’s the same with the audience.”
“If you do short term improvisation, and if the third or fourth scene isn’t a disaster, you’re in trouble, because the audience starts looking at it like show business and they expect it getting better and better. Biut it’s not like that. You’re performing risky actions in search for a miracle. You don’t get miracles if it’s all safe. (…) Show business covers all the tracks, it hides the faults.”
“In a really good game the best improvisers sometimes lose. And then it’s unpredictable, it’s fun to see it.”
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