„They [TJ & Dave] are theater that is comedic. They are playing for truth first, comedy second. […] The comedy is a consequence, not a goal.“
Aus Pamela Victors Interview Blog
Lober und Tadler
Gewissermaßen ein Nachtrag zum gestrigen Eintrag:
„Man muss immer gegen seine innere Bereitschaft ankämpfen, unbefugtes Lob für berechtigter zu halten als unbefugten Tadel.“ (Max Goldt in „Die Chefin verzichtet“, S. 42)
Feedback des Publikums
Zuschauer-Feedback wird von vielen meiner Kollegen entweder ignoriert oder völlig überbewertet.
Die Ignorierer halten die Meinung des Publikums ohnehin für irrelevant. Jede Kritik wird als persönliche Feindseligkeit aufgenommen.
Die Überbewerter springen direkt nach der Show zum Gästebuch – nicht um zu sehen, wie die Show wahrgenommen wurde, sondern ob etwas über sie persönlich drinstand. Und die Bemerkungen lösen dann entweder totale Euphorie oder tagelange Niedergeschlagenheit aus.
Aber es ist eine Kunst für sich, Gästebücher richtig zu lesen.
Zunächst: Das Feedback eines Zuschauers steht nicht für die Wahrnehmung des Publikums als Ganzem. Wenn etwa jemand schreibt: „X ist der lustigste Impro-Spieler, den ihr habt“, dann kann X sich erst mal nur darüber sicher sein, dass genau ein Zuschauer ihn lustig fand. Und er kann sich zweitens darüber Gedanken machen, wieviel es ihm bedeutet als „lustig“ wahrgenommen zu werden. Die Mitspieler von X könnten umgekehrt während der Show bemerkt haben, dass er durch Gagging die Szenen zerstört. Aber auch sie können ja das Lob im Gästebuch entsprechend einordnen.
Ich empfinde Gästebuch-Einträge eigentlich nur interessant, wenn sie spezifisches Lob oder spezifische Kritik beinhalten. Das kann völlig pragmatisch sein, wie etwa: „Eure Mikros sind übersteuert.“ oder „In der zweiten Szene seid ihr wunderbar aufeinander eingegangen.“ Aber auch als Geschmacksurteil: „Findet ihr nicht, dass ihr in der zweiten Szene die Grenzen des guten Geschmacks überschritten habt?“
Ich kann so eine Anregung annehmen oder ablehnen, aber ich brauche mich nicht darüber zu ärgern oder daran aufzugeilen.
Side Coaching
Als Lehrer gehört Side Coaching zu den schwierigsten Aufgaben überhaupt. Manche Impro-Lehrer lassen es gleich ganz bleiben, sondern beschränken sich (wenn überhaupt) auf anschließende Kommentare.
- Das Side Coaching sollte kurz sein. Manche Lehrer unterbrechen die Szene, diskutieren das bereits Geschehene und fordern einen dann auf weiterzuspielen. Aber der Flow ist zerstört, es wird nun schwierig, wieder in die Figur zu kommen, den emotionalen Gehalt wieder aufzunehmen.
- Die Anweisung sollte klar sein. Man vermeide Impro-Slang. Also statt „Verbalisiere den Konflikt!“, lieber „Sag ihm, was du denkst.“
- Wie in diesem Beispiel schon sichtbar: Der Coach sollte sich nach Möglichkeit an die Figur statt an den Spieler wenden. Der Flow wird somit weniger gestört, da der Spieler weniger anfängt, über das nachzudenken, was er gerade tut, sondern weiter spielt.