+90jährige, Arena, Januar 2021 (Corona 20)

8 Uhr 10. Es ist soweit.
Ärzte stehn auch schon bereit,
um Menschen (die mit Rollatoren)
Spritzen in den Arm zu bohren.

Taxis spucken dicht am Haus
Hunderte von Greisen aus.
Bulle fuchtelt, Fahrer schimpft.
Heut wird 90-Plus geimpft.

Besucher harr’n im Wind allein,
dürfen leider nicht hinein.
Im Regen warten sie auf Kohlen,
um ihren Opa abzuholen.
Nach einer Stunde wolln wir gehen,
hab’n den Opa nicht gesehn.
Ach, man tut halt, was man kann.
Bald sind wir ja selber dran.

Damals im November

Früh bin ich heut aufgestanden,
und mein Kummer war noch da.
Dein Geruch im Bett vorhanden,
auch wenn ich dich nicht mehr sah.
Seit gestern schläfst du nicht mehr hier.
Jetzt ist Ich, was damals Wir.

Die Frühe heut war sternenlos.
Niemand sah mich weinen.
Keiner hört’ mein Klagen.

Ich ahne, deine Freud’ ist groß,
bist ja bei dem Einen.
Musst es mir nicht sagen.

Minus 1 Grad (Corona 17)

Anstatt zu klagen wollt spazieren ich. Von wegen!
Zur Trübsal hat das trübe Wetter sich gesellt.
Und so verengt sich enger noch die enge Welt,
in der wir Halbversperrten uns noch halb bewegen.

Kaum schrieb ich was, könnt ich ins Bett mich wieder legen.
Zum Frühstück Brötchen und zum Mittag Bohnen.
Gleich einem fetten Kater fress ich die Portionen.
Ein kurzer Blick zum Fenster: Wind und Schnee und Regen.

Voll Selbstmitleid. Dabei könnt ich die Bude fegen.
Adrenalin durch Horror-News aus Übersee.
Die vierte Tasse (fair gehandelter) Kaffee.
Ich geb zum Jammern mir den jämmerlichen Segen.

Grauer Tag

Starr sind heute die Wolken
da oben festgedübelt.
Starr mein Gemüt, und ich hoffe,
dass keiner mir es verübelt,
wenn ich mich heute nur wenig bewege
und mich vom Ruhen zur Ruhe lege.
Starr’ aus dem Fenster, ich habe
noch lang nicht genug gegrübelt.

Sport (Corona 14)

Am Spielplatz der Jugend – ein ranziger Ort
– da stehen drei Menschen und treiben Sport.

Ein Kind, sein Vater und dessen Frau.
Tischtennis spieln sie, dabei schneit es wie Sau.

Der Ball springt zu flach, der Ball springt quer.
Nach zwanzig Minuten wolln sie nicht mehr.

Sie spielen täglich seit Corona begann.
Das Kind, seine Mutter und deren Mann.

Wohltemperiertes Klavier

Es Moll Adagio Präludium.
Seit dreieinhalb Jahren treibt es mich um.
Ich greif oft ins Schwarze, denn sechsmal ein B
verleiht diesem Stück den besonderen Dreh.
Bisweilen ein Triller den Oberton ziert.
Das Klavier (wie gewünscht) ist wohltemperiert.
Ich scheitre meist dreimal an diesen Stellen,
dabei sind das nicht mal die überaus schnellen.
Das Ende in Dur (die Picardische Terz)
belebet den Geist und erleichtert das Herz.
Dass man so etwas Schönes spielen kann
Dank dafür Johann Sebastian.

Weihnachtsende

Heut ist sechster Januar.
Weihnachten vorbei,
Hatten so wie jedes Jahr
einen Baum dabei.

Weihnachten – der letzte Hauch.
Bäumchen (ohne Schmuck und Zeug)
fliegt, so will’s der Neujahrsbrauch
auf den Bürgersteig.

Schon vorbei, man glaubt es kaum,
ist nun die Saison.
Heben auf vom Weihnachtsbaum
zwölf Zweiglein fürn Balkon.

Drei Regeln des Duos Joko & Klaas

(Vorbemerkung: Ich werde anscheinend immer mehr bei Medien und Technik zum Spät-Adaptierer. Um Podcasts habe ich immer einen großen Bogen gemacht, und nun bin ich ganz gefangen von Baywatch Berlin, ein Podcast den ich rückwärts höre. Inzwischen bin ich beim Oktober 2020 angekommen. Er ist wunderbar improvisiert, mit genau dem richtigen Mix aus Fokus und Abgedrehtheit, den wir in den besten Momenten auch bei der Chaussee der Enthusiasten hatten. Ende der Vorbemerkung)

Klaas verrät die drei Regeln des Duos Joko & Klaas:
1. Ein-Mann-Veto: Man macht nichts gemeinsam, was einer nicht will.
2. „Alabama“: Das Safe-Word für abgefahrene Aktionen.
3. Keine Verbesserungsvorschläge. Diese Regel bezieht sich, wenn ich es richtig verstanden habe, darauf, sich bei Fernsehproduktionen auf die Rolle des Performers zu beschränken und sich nicht in die Arbeitsbereiche einzumischen, die andere professionell betreuen, selbst wenn man genau sieht, dass man das beim nächsten Mal des besseren Effekts halber anders aufziehen müsste.