Lied des Gleichmütigen

Trotz eures Hasses Glut
hab ich den Blick zum Wölkchen mir bewahrt.
Trotz eurer kreischen Wut
bleibt meine Stimme, wenn ich spreche, zart.

Im allerbeißten Schmerz
weiß ich, dass leise sie am Himmel zieht.
Geh ich schon höllenwärts,
so singt in mir doch tröstlich weich ihr Lied.

So bös ihr’s mit mir meint,
ich selber doch nichts böse meinen darf.
Und hab ich auch geweint,
ich weiß, die Sonne küsst das Schwebeschaf.

(Danke, Danke, Danke)

Danke, danke, danke!
Meine Lieb nie wanke.
Hast getröstet mich, gepflegt
und begleitet unentwegt.
Auf dem allerhöchsten Thron:
Unsre Kooperation,
die nur der begreifen kann,
der sie selber hat getan.

Danke, danke, sei bedankt.
Meine Lieb hat nie gewankt.
Wen auch immer man befragt,
jeder Gutes von uns sagt.
Liebe dich von A bis Z,
und jetzt komm zu mir ins Bett.

Marathontraining

Ich renne, fast brenne, am Ende ich hechle.
Nun sinke und trinke und sachte nur fächle
ich Kühle und fühle den High und ich lächle.
Am Ende des Walds
da brennt mir der Hals.
Vom Schweiß bleibt das Salz.
Alleine die Beine will ich heut noch pflegen.
Nach Hause zur Brause muss ich mich bewegen.
Bin schäbig, was gäb ich für’n klein wenig Regen.

Korruption

Ich bin die Makrele
und du ein toller Hecht.
Wenn ich von dir was stehle,
bekommst du freilich Recht.

Und hast du Recht bekommen,
dann machst du einen drauf,
bist rasch hierher geschwommen,
frisst meine Schwestern auf.

Du kräftig, wir gebrechlich,
du Massenmörder, du!
Der Richter ist bestechlich
und drückt ein Auge zu.

Das Urteil voller Löcher.
Ich rief: „Mein lieber Specht!
Der Richter – ein Verbrecher –
der war wohl auch ein Hecht.“

(Makrelen gibt’s in Meeren.
Der Hecht lebt gern im Fluss.
Er kann sie nicht verzehren.
Der Reim doch bleiben muss.)

Die Pumper

Die Fäuste fleischig und der Trizeps prall,
als ihr die eignen Körper gründlich wuscht:
Als kämen sie aus einem noblen Stall,
so wurden sie behutsam abgeduscht.
Gegelt und eingecremt, trainiert und fit
glicht ihr den Göttern, die sich selber schufen.
Ich ging mit euch noch bis zur Treppe mit,

ihr keuchtet nach nur einundzwanzig Stufen.

Entsagung

Beim großen Dharma-Haus am Teich,
da traf ich ihn und sprach sogleich:
„Bin gewiss nicht der Erste, der zu fragen wagt:
Warum hast du all dem Schönen entsagt?
Den Frauen, dem Spielen, dem Trinken, dem Tanz?“

„Das Ganze wird halb, und das Halbe wird ganz.“

Dann schwieg er. Ach ja, man weiß ja, wie’s ist,
erwartet man Antworten von ’nem Buddhist.
Das ist nun schon viele Jahre her.
Zu verstehn, was er meinte, fällt mir immer noch schwer.
Und wenn ich kurz glaube, ich wüsste Bescheid,
verfliegt mein Verstehen hinweg in die Zeit.

Lachen

Ich habe gelacht
mit früheren Freunden, die heute mir ferne,
mit denen, die heute mir nah und teuer.
Ich habe gelacht.

Ich habe gelacht
über den Unsinn des Daseins und unser Streben,
das Scheitern des Starken, den Stolz des Dummen.
Ich habe gelacht.

Wenn ich mal sterbe,
und mein Existieren verkürzt auf bebende Schlacke,
so sei mein letztes Atmen
ein Lachen.

Wahrheit

Aus sich verziehndem Nebel taucht’ sie auf so klar,
mit plattem Fahrrad, in orangnem Kleide.
Und ihr Gesicht bezeugte pure Freude
– so ungetrübt, so scharf und ungeheuer wahr.

Ein Blick – als läs sie die behüteten Gedanken.
Spräch ich sie an, so wärn wir bald ein Paar,
denn solch Vertrautheit nie auf Erden war.
Sie bricht des Zweifels und des Hochmuts feste Schranken.

Ich sah die Wünsche, sah die heimlichen Gebete.
Das Lächeln ist ein Feuer, das nicht raucht.
Ich dank dem Gotte täglich, der sie zu mir wehte.

In Liebe will man nicht auf seine Rechte pochen.
Bescheidnes Nehmen, Geben, wie man’s braucht.
Bleibt festzustelln: Ich habe sie nicht angesprochen.

Game: Angebots-Knopf / Angebots-Karte

Ein einfaches, mir bisher unbekanntes Übungs-Spiel fand ich inWill Hines‘ Buch „How to be the greatest improviser on earth“. Es geht einerseits um Angebote, aber im Grunde trainiert es Aufmerksamkeit füreinander. Und so funktioniert es:
Zwei Spieler auf der Bühne. Einer hat eine Karte in der Hand. Eine kleine Vorgabe, dann geht’s los. Die Szene kann jeder der beiden beginnen. Aber das erste größere Angebot kommt vom Spieler mit der Karte. Sobald er das Angebot gemacht hat, gibt er dem anderen die Karte. Der Andere muss das Angebot annehmen und gibt die Karte zurück, sobald er ein neues Angebot gemacht hat.

Anmerkungen:
1) Blinde Angebote und das rein emotionale Akzeptieren des Angebots gelten hier noch nicht als neues Angebot. Es muss eine substantielle neue Information hinzugefügt werden.
2) Im Workshop-Raum fand ich einen dicken roten Mantelknopf. Den fand ich hübscher und geeigneter. Und jetzt heißt das Spiel eben „Angebots-Knopf“.

Hunger

Nichts als der Hunger aufeinander,
dabei war’n wir schon voll von des andern Schweiß.
Gehüllt im Wäscheduft: Oleander.
Fauchender Atem, von Gier so heiß.

Als hätte man uns etwas vorenthalten,
als kennten nur wir den wahren Preis.
Jedes Haar, alle Narben, jeder Blick, alle Falten,
bald weißt du von mir mehr, als ich von mir weiß.

Erschöpft in der Küche, die Fenster verhangen,
als ob ein Stück Stoff je den Hunger verbirgt.
Gesättigt und doch ein ewig Verlangen.

Zwei Nächte, ein Tag, was sollte uns Zeit?
Hätt’s länger gewährt, hätten wir uns erwürgt.
Am Ende – zweisame Einsamkeit.

Hey! Ho! Let’s Go! Improv theater and punk rock – Amateurishness and elegance (1)

In the seventies pop music made a huge artistic leap. Instrumentalists no longer had to shy away from comparison with their classical colleagues. The masses looked up enthusiastically to the masters like Led Zeppelin, Yes, Pink Floyd and so on. But with that, rock’n’roll had lost its grassroots commitment. Suddenly a couple of kids took some cheap electric guitars: „We can’t play, you say? We do. Almost three chords. Hey! Ho! Let’s go!“

We as improvisers can draw a lot from the nonchalant approach of punk rock. We know that failure is always an option in our game. But we will not be deterred. And just as the Ramones, in the face of their many fans, shrugged off some critics who accused them of musical simplicity, we also know that improv theater can develop and has developed its own aesthetic. This aesthetic may sometimes overlap with that of conventional theater, cinema, poetry slam, modern dance theater or sketch comedy. But it can also go completely new ways. As an improv activist you don’t have to be misled, if you are criticized for not meeting some external criteria, as long as you yourself enjoy the cause and can inspire an audience.
Punk rock is largely based on the attitude „We can’t do it, but we’ll do it anyway.“ Squinting for the great masters can blind us to the creativity that unfolds here and now. Playing improv has always its limits. You may be a good actor and singer, but then you may have your weaknesses in storytelling or dancing. Hardly anyone succeeds in producing lines of such dramatic and lyrical density as Shakespeare, Goethe or Tarantino live on stage for only three minutes. And the few who are capable of doing so have their weaknesses in other areas. But what we do have is the creative power to let our improvisation flow in order to create magical moments that connect us with the audience.
Because of its proximity to failure, improvisational theater is therefore very close to the amateur theater in many places in the world. The boundaries between learners and teachers, between actors and potentially on-stage audience blur sometimes so far that the only remaining perceptible difference is left: “The guys up there are doing something I might be able to do as well, but they are actually doing it.”

Zeit

Ja, auf Schönes in der Ferne
freuet sich ein jeder gerne.
Doch auch in vergangnen Tagen
schwelgt man doch mit viel Behagen.
Unsre Gegenwart indessen
können wir sehr leicht vergessen.

Hast dich prima abgelenkt
und die Zeit betrogen.
Wenn man nur an andres denkt,
ist das Jetzt verflogen.

Der Mensch

Den größten Teil des Lebens meint
der Mensch, er blieb vom Tod verschont,
da doch die Hoffnung in ihm wohnt,
dass nichts so übel ist, wie’s scheint.

Der Eine glaubt, man würd ja sehn:
Gott hilft uns schon beim Auferstehn.
Der Andre meint, es würd bald geben
’ne Medizin, um fortzuleben.

Doch unser Leben währt am längsten,
wenn wir uns lösen von den Ängsten.
Drum atme und genieß dein Brot.
Am Ende bist du mausetot.

Armut

Ganz langsam kroch die Armut in die Stadt.
Mach einer fror, manch einer wurd’ nicht satt.
Bald schliefen viele unter Brücken,
die Augen müd, die Körper matt.
Und Rücken wärmte sich an Rücken.

Ganz langsam kroch die Armut in die Hirne.
Die Sorge zeigte sich auf jeder Stirne.
Der Hass entflammt. Das Wir verbrennt.
Das Herz wird hart und dumm die Birne,
wenn keiner was dem andern gönnt.