The great example in „The Wire“
Joe Bill & Patti Stiles
Die beiden verbreiten bei ihrer Show so viel Liebe auf der Bühne, dass sie ins Publikum brodelt. Will nie wieder etwas anderes machen.
Die Blockaden der Fortgeschrittenen
Habe hier ab und zu schon das Problem thematisiert, dass fast alle Spieler, nach dem sie sich 1-2 Jahre mit Improtheater beschäftigt haben, an einen Punkt kommen, wo sie lahm werden. Sie haben den Anspruch „Geschichten zu erzählen“, anspruchsvolle Szenen zu spielen. Sie wissen bereits enorm viel, aber die eigenen Fähigkeiten bleiben dahinter zurück. Das Wissen um „die Regeln“ beginnt, sie zu hemmen.
Wie geht man dieses Problem an? Auf lange Sicht natürlich durch Übung und Geduld. Andererseits können sich diese Blockaden zu einem regelrechten Leidensdruck auswachsen: Es kommt zu Frustration, Streit in den Gruppen, Zweifel am Sinn von Improvisation usw.
Auf der Bühne drückt sich das am sinnfälligsten durch eine erstaunliche Langsamkeit aus. Dieses kuriose Phänomen habe ich am deutlichsten bei den Sommerfesten der Gorillas kennengelernt. Je „fortgeschrittener“ die Schüler waren, umso langsamer wirkten sie auf der Bühne.
Wahrscheinlich hilft auf Dauer nur Wiederholung von Basics: Tempo, den Zensor ausschalten, radikales Akzeptieren, leichte Euphorie beim Spiel. Ich lehre inzwischen „Unhöflichkeit“. Die Spieler sind oft zu nett zueinander, wollen einander in den Szenen nicht unterbrechen, selbst wenn das (wie beim Reigen) Teil des Games ist. Oder ihre Angebote sind „zu lieb“. Wenn die Gruppe atmosphärisch gut funktioniert, kann man Frechheiten trainieren.
Neues
Seltsamer Satz eines Improvisierers: „Ich spiele schon seit 10 Jahren Improtheater. Ich brauche keine Experimente mehr.“
Start-Angebot in einer freien Szene
Das erste Angebot in einer freien Szene ist nicht nur inhaltlich zu verstehen, sondern setzt vor allem auch stilistisch bzw. genremäßig die Grenzen. Gerade dafür braucht man als Mitspieler ein sehr offenes Ohr.
„Die Nacht naht bald heran, Sir John, ihr seht,
die Türen Eures Schicksals sind geöffnet.“
„Okay, dann gucken wir doch einfach mal rein, oder wat?“
Ethik-Code für Theaterdarsteller 1945
(http://www.lastagetimes.com/2009/08/a-1945-code-of-ethics-for-theatre-workers-surfaces/)
1. I shall never miss a performance.
2. I shall play every performance with energy, enthusiasm and to the best of my ability regardless of size of audience, personal illness, bad weather, accident, or even death in my family.
3. I shall forego all social activities which interfere with rehearsals or any other scheduled work at the theatre, and I shall always be on time.
4. I shall never make a curtain late by my failure to be ready on time.
5. I shall never miss an entrance.
6. I shall never leave the theatre building or the stage area until I have completed my performance, unless I am specifically excused by the stage manager; curtain calls are a part of the show.
7. I shall not let the comments of friends, relatives or critics change any phase of my work without proper consultation; I shall not change lines, business, lights, properties, settings or costumes or any phase of the production without consultation with and permission of my director or producer or their agents, and I shall inform all people concerned.
8. I shall forego the gratification of my ego for the demands of the play.
9. I shall remember my business is to create illusion; therefore, I shall not break the illusion by appearing in costume and makeup off-stage or outside the theatre.
10. I shall accept my director’s and producer’s advice and counsel in the spirit in which it is given, for they can see the production as a whole and my work from the front.
11. I shall never “put on an act” while viewing other artists’ work as a member of an audience, nor shall I make caustic criticism from jealousy or for the sake of being smart.
12. I shall respect the play and the playwright and, remembering that “a work of art is not a work of art until it is finished,” I shall not condemn a play while it is in rehearsal.
13. I shall not spread rumor or gossip which is malicious and tends to reflect discredit on my show, the theatre, or any personnel connected with them-either to people inside or outside the group.
14. Since I respect the theatre in which I work, I shall do my best to keep it looking clean, orderly and attractive regardless of whether I am specifically assigned to such work or not.
15. I shall handle stage properties and costumes with care for I know they are part of the tools of my trade and are a vital part of the physical production.
16. I shall follow rules of courtesy, deportment and common decency applicable in all walks of life (and especially in a business in close contact with the public) when I am in the theatre, and I shall observe the rules and regulations of any specific theatre where I work.
17. I shall never lose my enthusiasm for theatre because of disappointments.
In addition, the document continued:
“I understand that membership in the Circle Theatre entitles me to the privilege of working, when I am so assigned, in any of the phases of a production, including: props, lights, sound, construction, house management, box office, publicity and stage managing-as well as acting. I realize it is possible I may not be cast in a part for many months, but I will not allow this to dampen my enthusiasm or desire to work, since I realize without my willingness to do all other phases of theatre work, there would be no theatre for me to act in.”
All members of the Circle Theatre were required to sign this document. And they must have-because the theatre, and the group into which it evolved, was successful for many years.
Was die Zuschauer erwarten…
DIE ZUSCHAUER WISSEN NICHT, WAS SIE WOLLEN.
Wie fühlt sich das Genre an
In unserem Sommer-Experiment näherten wir uns in den Proben den Genres (auf die wir uns natürlich zuhause bereits vorbereitet hatten), über typische Szenen. Kurze Assoziationsrunden – Wie könnten typische Shakespeare- oder Tschechow-Szenen aussehen? Kurz anspielen, nächste Szene. Wie sprechen die Figuren miteinander? Was sind typische Figuren, und in welchen Problemen und szenischen Settings finden wir sie? Die einzige Ausnahme, bei der das nicht so funktionierte, war wohl, wie ich bereits berichtete, Brecht, da bei ihm das Faszinierende eher ist: Wie bringt er seine Themen auf die Bühne, welche Mittel und Parabeln benutzt er, was will der Mann überhaupt?
Man könnte auch sagen, dass wir uns den Stilen und Genres vom Faszinosum her genähert haben. Sehr sinnfällig wurde es bei der Probe zu Tschechow. Im Grunde wussten wir nicht so recht, was wir damit anfangen sollten: Figuren, die aneinander vorbeireden, die nur reden und nichts tun. „OK. Dann probieren wir doch mal genau das.“ Und damit war die Nuss geknackt.
Die Probe zum Genre Surrealismus hingegen war einerseits sehr leicht: Wir alle hatten unsere Freude an der Verspieltheit und am Zulassen von seltsamer Symbolik und von Traumwelten – die Freilassung sämtlicher Impro-Spinnereien. Die Schwierigkeit bestand vielmehr darin, wie sich das Ganze so eindämmen lässt, dass am Ende doch eine aufführbare und anssehenswerte Form entsteht.
(Im Übrigen haben wir uns bei den Proben gar nicht erst mit irgendwelchen Warm Ups aufgehalten, sondern sind sofort zur Sache gekommen. Und man kann nicht sagen, dass das geschadet hätte.)