Hjalmar Söderberg: Doktor Glas

Hjalmar Söderberg: Doktor Glas

Zur Zeit lasse ich mich zu schnell von Belletristik entmutigen. Es muss eine neue Challenge her. Hier ist sie: Bis zu meinem Lebensende ein Buch aus jedem Land lesen. Möglichst eines, das als nationaler literarischer Klassiker angesehen wird. Möglichst Prosa, keine mehrbändigen Werke, keine Fragmente, mindestens 30 Jahre alt.
Warum ich nun ausgerechnet mit Schweden angefangen habe, weiß ich nicht. Denn ein paar schwedische Werke hab ich ja schon auf dem Lektürebuckel, wenn auch keines, das meinen Kriterien entspricht.
Doktor Glas, das ich nun auf den langen ÖPNV-Fahrten recht flott durchlas, ist ein guter Einstieg. Ein tagebuchartig geplanter Mord, ohne dass die Story, wie etwa bei Agatha Christie, als Krimi aufgezogen wird. Stellenweise wirkt die Figur des Doktor Glas regelrecht modern – sein Mitleid für die Bedrängtheit der Frauen, seine kühle Analyse der Moderne, die er durch seine Stockholmer Perspektive nur leidlich wahrnimmt.
Zwischendurch frage ich mich, ob Glas ein abgespeckter “Schuld und Sühne” ist, kurz danach reflektiert Glas über Raskolnikow.
Die soziale Analyse verschränkt sich mit der ins Psychopathische lappenden Selbstgerechtigkeit, der Glaube, im Wissen um das Gute, über Gut und Böse zu stehen.
Extra-Sternchen für die Beschreibung Stockholms.