Arbeit an Band 9 – Streichen, streichen, streichen

Bearbeite das nächste Buch. “Improvisationstheater. Band 9: Impro-Shows”
Einer meiner Lektoren sagte zu den ersten zwei Büchern, sie seien interessant, weil ich meine persönliche Perspektive und meine Erfahrungen einfließen ließe. Andere meinten, die Anekdötchen würden das Erklärte lediglich illustrieren. Und so musste ich immer wieder abwägen zwischen Streichen und Drinlassen. So auch in diesem Buch. Momentan im radikalen Streich-Modus. Zirka fünfzehn Prozent des Textes werden nicht im Buch erscheinen.
Hier eine gestrichene Anekdote:
“In der ersten Hälfte der Literaturshow Kantinenlesen, die ich moderierte, bemerkte ich wie seitlich von der Bühne im Dunkeln ein Zuhörer zu schnarchen begann. Ich ließ das unkommentiert und nahm an, dass er die Pause nutzen würde, um nach Hause zu gehen. Und so wunderte ich mich, dass er zu Beginn des zweiten Teils – ich war gerade zwanzig Sekunden in meiner Anmoderation – schon wieder schnarchte. In der Absicht, den Herrn zu bitten, sich doch zu Hause auszuschlafen, bat ich das Publikum um absolute Stille. Ich wandte mich der Seite des Schnarchers zu und glücklicherweise, bevor ich noch etwas sagen konnte, erkannte ich, dass der alte Mann mitnichten schlief, sondern einfach ein Atemproblem hatte. Im Schrecken, jemanden beinahe bloßgestellt zu haben, wandte ich mich ab und mit schlechtem Timing ging ich im Programm weiter.”

Deutsche Demokratische Lektionen

An meinem ersten Poetry Slam nahm ich mit neun Jahren teil. 1978 in der DDR. Um sich zum „Rezitatorenwettstreit“ der Schule zu qualifizieren, mussten erst mal zwei von unserer Lehrerin ausgesuchte Schüler ein Gedicht vortragen. Ich weiß nicht, woher ihre Laune kam, aber Frau Held entschied 1978, die Klasse über den besten Rezitator abstimmen zu lassen. Den Kindern waren die Gedichte piepegal. Und daher ich ging mit achtzig Prozent der Stimmen als Sieger hervor, da ich in der Klasse mehr Verbündete hatte als Anke. Doch nun geschah etwas Seltsames. Frau Held meinte, das sei ja alles schön und gut, aber besser vorgetragen habe ja nun mal Anke, die somit qualifiziert sei. Das war eine meiner wichtigsten Lektionen in Sachen Demokratie – nämlich, dass sie in der DDR nur eine ornamentale Floskel war.
An diese Episode musste ich denken, als ich vom Poetry Slam in Speyer las. Unter dem Motto „Zivilcourage“ sollten Jugendliche Texte vortragen, und man erhoffte sich einen Wir-sind-mehr-Gänsehaut-Effekt. Der Schuss ging nur leider nach hinten los, denn eine Teilnehmerin, die Tochter einer AfD-Bundestags-Abgeordneten begann mit: „Multikulti-Tralala, hurra die ganze Welt ist da“. Sie kam in die zweite Runde und legte nach mit „Der Neger ist kein Neger mehr“. Die Lösungen der Veranstalter für dieses Dilemma: Erst wird der Lautsprecher abgeschaltet. Dann wird sie von der Veranstaltung ausgeschlossen, da sie provozieren wolle und ihre Texte nichts mit dem Thema zu tun gehabt hätten.
Man mache sich nichts vor: Dieser Poetry Slam hatte nicht nur den Zweck, das Wir-sind-mehr-Kuschel-Gefühl herzustellen, sondern er war pädagogisch gemeint: Steht auf und zeigt Zivil-Courage. Was aber haben die vierzehnjährige Ida-Marie Müller und ihre Freundinnen bei dieser Veranstaltung gelernt? Genau das, was ihnen ihre Eltern wahrscheinlich andauernd predigen: Dass die Demokratie in Deutschland eine Farce sei bzw. von den Linken nur instrumentell eingesetzt würde. Dass Dissens nicht erwünscht ist. Dass die, die wirklich mutig sind und gegen eine Mehrheit stellen, selbst auf einer Veranstaltung, die sich Courage zum Thema macht, ausgegrenzt werden.
Und so widerwärtig die Gedichte sein mögen: Entweder du spielst Demokratie und Poetry Slam oder du spielst Diktatur, so wie Frau Held 1978 und gibst den AfD-Anhängern indirekt Recht.

Wie ich mal interviewt wurde

Die bezaubernde Claudia Hoppe lud mich zu einem Gespräch bei Kaffee und Mikrofon ein.

Podcast Nr. 18 – Dan Richter über Impro, Lesebühnen und seinen Blog

Unter anderem zu folgenden Themen:

00:01:14 Prokrastinieren 3:21
00:04:35 Wie kam Dan zum Impro? 5:48
00:10:23 Dan über Impro-Gruppen-Chemie 10:52
00:21:15 Dans persönlicher Werdegang 2:50
00:24:05 Foxy Freestyle Shows & Formate 14:57
00:39:02 Über die Häufigkeit von Proben und Auftritten 3:21
00:42:23 Kleidung beim Impro 2:26
00:44:49 Dan über Theatersport 5:33
00:50:22 Über Lesebühnen 10:39
01:01:01 Lesebühnen & Impro 3:43
01:04:44 Lesebühnen & Comedy 5:09
01:09:53 Dans Impro-Blog 4:38
01:14:31 Arbeitsroutinen von Künstlern 3:47
01:18:18 Dans Buchveröffentlichungen 3:03

Publikums-Irritationen

In einem Hildebrandt-Nachruf der heutigen taz verweist der Autor auf den Kabarett-Theoretiker Henningsen, der Kabarett so definiert: “Kabarett [ist das] Spiel mit dem erworbenen Wissenszusammenhang des Publikums.” (Henningsen, Theorie des Kabaretts 1967)
Im Grunde lässt sich das auch auf die Lesebühnen-Texte anwenden. (Obwohl es bei vielen Lesebühnen einen Anti-Kabarett-Reflex gibt, richtet sich der eher gegen das prätentiös-theatrale Element des Kabaretts, in ihrer Form müssen die Lesebühnen im Grunde wohl dazugerechnet werden.)
Und doch wird in viel zu vielen Texten von viel zu vielen Autoren mit dem Publikum gekungelt, der billige, auf Äußerlichkeiten oder Vorurteilen beruhende Witz wird mitgenommen. (Da reicht’s schon, wenn man “Merkel” sagt oder den Zusammenhang “Latte Machiato – Prenzlauer Berg” herstellt.
Meine Lieblings-Ausnahmen: Jochen Schmidt, Ahne, und der vor inzwischen sechs Jahren verstorbene Michael Stein.

(Ich könnte sicherlich noch 5-10 Namen nennen, aber dann wäre meine Liste weniger knackig, und die Leserin dieser Zeilen hätte weniger Gelegenheit, darüber zu spekulieren, wer diese anderen 5-10 sind.

Arbeitsroutinen von Künstlern XIII – Familie

Fortsetzung der Lektüre Daily Rituals. How Great Minds Make Time, Find Inspiration, and Get To Work

Wenn man sich die mit den Routinen einhergehenden Lebensweisen der Künstler betrachtet, fällt auf, in welch krasser Distanz einige Künstler zu ihren Familien leben: Thomas Manns Anweisung, die Kinder dürften nicht im Haus trappeln, Marx’ Vernachlässigung von Frau und Kinder und Inkaufnahme von Krankheiten und Tod, die Zurückgezogenheit oder gar der Verzicht auf Familienleben, vor allem bei Schriftstellern erscheint, je nach Perspektive, romantisch oder erschreckend.
Das Problem scheint mir oft, dass man als Schriftsteller nicht ins Büro, ins Atelier oder ins Studio muss. Theoretisch kann man einfach am Küchentisch schreiben. Aber wer das mal versucht hat, weiß, wie schwierig das ist. Selbst das von Woolf geforderte “eigene Zimmer” ist möglicherweise nicht genug, wenn man nicht die Möglichkeit hat, es abzuschließen, wenn die Kinder hereingepoltert kommen, wenn das Baby schreit oder auch nur die liebende Gattin fragt, wann man Mittag zu essen gedenke. Vor diesem Hintergrund erscheint die Lösung einiger Autoren, sich tatsächlich einen einfachen Büro-Job zu suchen und dann in den Mittagspausen zu schreiben, gar nicht mal so absurd. Einige Lesebühnen-Kollegen haben sich ein Büro gemietet, das sie mit anderen teilten. Ich habe aber noch nie gehört, dass in diesen Büros etwas längeres als eine Lesebühnen-Geschichte oder eine Kurz-Szene für einen Comedy-Sketch entstanden wäre. Denn andere schreibende Kollegen können einen genauso nervös machen wie die Frau. Wenn Büro, dann allein. Im letzten Winter hatte ich das Glück, in den Zeiten, da meine Frau das Kleinkind betreute, eine leerstehende Wohnung, in der es kaum etwas gab als ein Bett, einen Tisch und einen Stuhl gratis nutzen zu dürfen, ein Quasi-Teilzeit-Büro – leider mit WLAN-Verbindung.
So einsam aber die Tätigkeit des Schriftstellers ist, so verrät uns doch die Lektüre, dass sie nicht unbedingt familienfeindlich ist, da man viel mehr als 3-5 Stunden dieser produktiven Einsamkeit dann doch nicht braucht. (Vergleichen wir dies mit Film-Regisseuren, die durch die Gegend fahren müssen oder Musikern, die ständig an anderen Orten auftreten.) Viel beschäftigter als ein Büro-Angestellter ist man dann auch nicht. Und dass einsame Arbeiten zu Workoholismus verführen, ist bekannt.

Louis I. Kahn (1901-1974)
Unterricht an der Uni, nachmittags nach Hause. Abends wieder ins Büro, wo seine Arbeit an Entwürfen begann. Oft schlief er gleich dort.

George Gershwin (1898-1937)
Anfallsartiges Arbeiten, das meist am späten Vormittag begann und sich dann bis in den Abend zog.
Bemerkenswert: Auch er wartete nicht auf Inspiration, sondern arbeitete in der Hoffnung, dass einige Werke inspirierter sein würden als andere.

Joseph Heller (1923-1999)
Heller schrieb sein berühmtes “Catch 22” in den Abendstunden nach der Arbeit. Er konnte sich keinen besseren Zeitvertreib vorstellen: “Ich kann mir nicht vorstellen, was Amerikaner abends taten, wenn sie keine Romane schrieben.”
Sehr langsamer Entstehungsprozess. Als er seinen Job aufgegeben hatte, lag er manchmal nachmittags im Bett und dachte stundenlang über den Roman nach.
Beim Schreiben hörte er Musik, vor allem Bach. (Eine Marotte, die wir hier bisher noch nicht gefunden haben. Wie konnte er sich dabei konzentrieren?)

James Dickey (1923-1997)
Arbeitete lange Zeit bei einer Werbe-Agentur, seine Gedichte schrieb er zwischendurch, bis sie ihn schließlich feuerten (trotz seiner guten Arbeit).

Nikola Tesla (1856-1943)
Als er für Edison tätig war, arbeitete er von 10:30 morgens bis 5 Uhr am nächsten Morgen. Später arbeitete er auch tagsüber mit runtergezogenen Jalousien.
Obsessionen: Sein Dinner im Waldorf-Astoria musste bestimmten Ansprüchen genügen, wie dem, dass stets 18 Stoff-Servietten bereit lagen, die er alle benutzte und deren Volumen er beim Aufstapeln berechnete.

Glenn Gould (1932-1982)
Hypochonder.
Verschloss sich oft und lange in seiner Wohnung. Machte zu seiner Hauptwachzeit, nämlich nachts, Telefonanrufe bei Freunden, die er zutextete.
Maximal 1 Stunde pro Tag üben.

Louise Bourgeois (1911-2010!!)
Ihr Leben, aber auch ihr Schaffen war von Schlaflosigkeit geprägt: Wenn sie nachts nicht schlafen konnte, stand sie auf und zeichnete auf Karton. Tagsüber arbeitete sie hart, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu erreichen.

Chester Himes (1909-1984)
Früh aufstehen, großes Frühstück. Dann bis zum Mittag arbeiten. Danach Post. Wenn es gute Nachrichten sind, dann weiterarbeiten.
Keine Wörterbücher o.ä.
Zigaretten, Whisky, Fleisch.

Flannery O’Connor (1925-1964)
Im Alter von 26 Jahren wurde bei ihr die Erbkrankheit Lupus diagnostiziert. Ein regulärer Tagesablauf wurde für sie zur Überlebensstrategie.
6 Uhr aufstehen, Beten, Frühstück, Heilige Messe.
9 -12 Uhr schreiben.
21 Uhr Schlafen.

William Styron (1925-2006)
Schlafen bis Mittag. Denken bis 13:30 Uhr. Dann Mittagessen.
Besorgungen und Post am Nachmittag, womit er sich langsam in einen Arbeitsmodus begab.
Kein Alkohol beim Schreiben. Aber doch ab und zu, “um den Geist zu lockern”.

Arbeitsroutinen von Künstlern IV – Orte der Kreativität

Fortsetzung Daily Rituals. How Great Minds Make Time, Find Inspiration, and Get To Work.
Fast alle Schreibenden brauchen “Ein eigenes Zimmer”, wie Virginia Woolf bemerkt, die aus der Perspektive der bürgerlichen Frau des beginnenden 20. Jahrhunderts schreibt. Wie bereits gestern hier schon bemerkt, gehörte Jane Austen zu den Ausnahmen, die so multitaskingfähig waren, einerseits zu schreiben und dabei die offene Tür im Blick zu behalten, um etwaige Störer rechtzeitig zu erspähen. Ähnlich ist die Situation beim Schreiben in der Bahn und in Cafés. Ein Kollege berichtete, er würde sogar beim Fernsehen schreiben (ob er dann mehr als nur Tagebuchnotizen schrieb, weiß ich allerdings nicht).
Für mich ist es schwierig zu schreiben, wenn ich menschliche oder maschinelle Geräusche höre. Cafés kommen insofern für mich nur dann infrage, wenn keine Musik läuft und das Gebrabbel der anderen Gäste und des Personals so leise ist, dass ich sie durch Ohrstöpsel ausblenden kann. Im Moment z.B. sitze ich in einem kleinen Kaufhallen-Café, das vom Rest des Markts separiert ist, aber während ich diesen Satz schreibe, kommt ein älterer jovialer Typ herein, der sich nur rufend zu verständigen vermag. Die Konzentration leidet. Allerdings hält sich die künstlerische Kreativität, die dieser Text benötigt, auch in Grenzen. Prosa, Drama oder Lyrik wären in der Situation kaum möglich. Zuhause kann ich schreiben, wenn das Kind schläft oder nicht da ist. Selbst wenn die Gattin sich um es kümmert, ist mein Gedanke dann doch bei ihm, vor allem wenn es jammert oder weint.
Im Park oder Wald zu schreiben, ist mir im Sommer manchmal möglich, wenn es irgendeine Art von Tisch gibt. Auf Knien bringe ich nur Notizen zustande.

Joan Miró (1893-1983)
Um sich vor Depressionen zu bewahren, trieb Miró exzessiv Sport: Boxen, Seilspringen, Schwedische Gymnastik, Laufen, Schwimmen. Im Sommer floh er die Stadt.
6 Uhr aufstehen und frühstücken. Von 7-12 Arbeiten. Leichtes Mittag. Sport. “Mediterranes Yoga”. 5 Minuten Nickerchen. 14 Uhr Freunde, Briefe, 15-20 Uhr Arbeiten.
Er hasste soziale Ereignisse. “Scheiße! Ich verabscheue diese Eröffnungen und Parties total! Sie sind kommerziell, politisch, und alle reden viel zu viel. Sie gehen mir auf die Titten!”

(Können Maler länger als Schriftsteller? Oder anders gefragt: Erfordert das Schreiben eine höhere Konzentration?)

Gertrude Stein (1874-1946)
Aufstehen gegen 10 Uhr. Schreiben oft im Freien. Kaum mehr als eine halbe Stunde pro Tag.

Ernest Hemingway (1899-1961)
Aufstehen zwischen 5:30 und 6 Uhr, auch nach starkem Trinken. Danach gleich Schreiben bis mittags. Danach sei man “leer und wird wieder gefüllt”.
Hemingway führte eine Liste über seinen Wörter-Output.
Die Geschichte mit den 20 gespitzten Stiften ist eine Legende. “Ich glaube nicht, dass ich je zwanzig Stifte besessen habe.”

Henry Miller (1891-1980)
Als junger Mann schrieb er von Mitternacht bis zum Morgen. Das änderte er in den 30ern in Paris.
Später meinte er, alles, was am Nachmittag geschrieben würde, sei unnötig und kontraproduktiv.
“Ich denke, man sollte von der Schreibmaschine aufstehen und immer noch was zu sagen haben.”

F.Scott Fitzgerald (1896-1940)
Ähnlich wie Austen versteckte Fitzgerald sein Schreiben während seiner Armeezeit hinter einem Buch “Small Problems for Infantry“. Als das aufflog, schrieb er an Wochenenden. Danach schrieb er eher undizipliniert, auf Inspirationen wartend. Romane produzierte er in Schreibanfällen.
Droge: Gin, die ihn letztlich zerstörte.

William Faulkner (1897-1962)
Unterschiedliche Tagespläne. Meist morgens. Aber während seiner Zeit als Nachtschicht-Kraftwerksaufseher an der Uni, schrieb er nachmittags.
Er schrieb gern in der Bibliothek und da diese keinen Schlüssel hatte, entfernte er jedes Mal den Türknauf und nahm ihn mit sich.
Droge: Whiskey am Abend. Widersprüchliche Angaben, ob er beim Schreiben trank.

Arthur Miller (1915-2005)
Meistens morgens, aber ohne echte Routine. Das Geschriebene wird hinterher zerrissen. Es sei denn, es bleibt wirklich etwas hängen. Er sah sich wie ein Mann, der mit einem Eisenstab durch einen Sturm voller Blitze spaziert. (Die Blitze sollen wohl die Eingebungen sein, nicht die Zerreiß-Prozeduren.)

Benjamin Britten (1913-1976)
Arbeitsbeginn 9 Uhr bis Mittag. Nachmittags Briefe oder Spaziergänge, dabei Pläne machen, was als nächstes gearbeitet werden soll.
Morgens kaltes Bad, abends warmes Bad.

Die Zuschauer? Nein – DER Zuschauer

“Forget your generalized audience. In the first place, the nameless, faceless audience will scare you to death and in the second place, unlike the theater, it doesn’t exist. In writing, your audience is one single reader. I have found that sometimes it helps to pick out one person—a real person you know, or an imagined person and write to that one.” (John Steinbeck)

Improtheater rezensieren

Wann werden wir substantielle Rezensionen über Improtheater-Shows erleben?
Theater-Journalisten bräuchten ein geschultes “Impro-Auge” und ein entsprechendes Vokabular. Der typische positive Artikel einer deutschen Zeitung beschreibt meist eine Performance eines Improtheaters, und dann ist für diese Zeitung das Thema erst mal mindestens ein Jahr lang tot. Es geht ihnen also nicht um die konkrete Aufführung, sondern um Impro an sich, das abgehandelt wird. (“Eine fliegende Untertasse vor dem Roten Rathaus als Musical! Diese Spontaneität muss den Imprototypen erst mal einer nachmachen.”
Die wenigen Journalisten, die sich häufiger Improtheater ansehen, erkennen oft nicht, warum eine Szene versagt und eine andere gelingt.
Natürlich ist die Kunstpresse überhaupt eher werk-orientiert als prozessorientiert. Eine konventionelle Inszenierung kann man sich schließlich noch mal anschauen. Eine gestern rezensierte Improshow sagt noch nicht viel über die Improshow nächste Woche. (Selbst bei den “gescripteten” Shows der Berliner Lesebühnen gibt es keine Rezensionen, sondern nur Berichte über das Phänomen.)
Nun gibt es auch im Internet hier und da Versuche, Impro sozusagen “von innen” zu rezensieren. Improspieler, so glaube ich inzwischen, sollten davon die Finger lassen. Schließlich muss der Rezensent auch die Möglichkeit haben können, harte Worte zu finden. Aber diese als Impro-Spieler  zu äußern, hat nicht nur den Charme von Nestbeschmutzung, sondern von Treten-nach-Kollegen.
Und schließlich, das muss man auch sagen, ist die Improtheaterszene immer noch nicht anspruchsvoll und groß genug, um sich gute Rezensionen verdient zu haben.
In Berlin findet man meist die einzigen journalistischen Beiträge zum Thema Improtheater kurz vor dem internationalen Festival der Gorillas. (Als Vorankündigung, nicht als Rezension!) Der Text lässt sich per Copy & Paste fast jedes Mal wiederholen. Aber vielleicht hat das die Berliner Szene auch noch nicht anders verdient?
Was wir brauchen: Rezensierenswerte Performances und sachkundige Journalisten.

Die Inspiration für diesen Artikel habe ich von der großartigen Jill Bernard, der ich hoffentlich noch in diesem Leben mal begegnen werde.
http://www.hugetheater.com/2012/the-difficulty-of-reviewing-improv/

Erklärung der Berliner Lesebühnen zum Schokoladen

Berliner Lesebühnen fordern:

Schokoladen schließen!
Klappt die Bürgersteige hoch!
Der Letzte macht das Licht aus!

Seit 1989 sind in Berlin Dutzende von Lesebühnen entstanden: Ensembles von Autorinnen und Autoren, die in Kneipen und Clubs ihre neuen Geschichten vorlesen.

Berlin schmückt sich gern mit diesen Veranstaltungen, die jedes Jahr von Tausenden von Berlinern und Touristen besucht werden und die inzwischen etliche namhafte Kabarettisten und Schriftsteller hervorgebracht haben.

Leider interessiert sich die Berliner Politik nicht dafür, was für die Entstehung einer solchen lebendigen Szene notwendig ist: Cafés, in denen die Getränkepreise so niedrig sein können wie der Eintritt. Kneipen, in denen Künstlerinnen und Künstler einfach etwas ausprobieren können, ohne dass es Geld abwerfen muss. Clubs, deren Betreiber sich nicht ständig sorgen müssen, wie sie die grotesken Renditen für die Hausbesitzer erwirtschaften können.
Nun soll auch der Schokoladen schließen und von der Polizei geräumt werden.

Ohne Orte wie den Schokoladen wären die Berliner Lesebühnen nie entstanden!

Bis vor wenigen Jahren konnten wir uns leicht trösten, wenn wieder einer dieser Orte schließen musste. Es gab ja noch andere. Das war einmal. Heute gibt es praktisch keine Orte mehr, an denen noch etwas entstehen könnte.

Die östliche Innenstadt nähert sich einem Zustand der Stagnation.

Wir können an dieser Stelle nicht ausführlich auf den Prozess der Gentrifizierung eingehen, den wir ohne es zu wollen selbst mit angestoßen haben. Dazu haben sich andere bereits fundierter geäußert, als wir es könnten. Doch wir sehen mit Wut, wie das allgemeine und für alle Bevölkerungsschichten geltende “Recht auf Stadt” immer mehr zum Privileg der Gut- und Besser- und Bestverdiener zu werden droht.

Die Berliner Lesebühnen und ihre Freunde beteiligen sich an den Aktionen zur Rettung des Schokoladens. Und wir bitten alle, die uns kennen, uns dabei zu unterstützen.

-> Kommt zur Demo gegen die Räumung des Schokoladens:
Dienstag 21. Februar, 17.30 Uhr
Klub der Republik, Pappelallee 81
(U-Bhf. Eberswalder Str.)

-> Stellt euch der Räumung in den Weg:
Mittwoch 22. Februar, 8 Uhr
Schokoladen, Ackerstrasse 169
(U-Bhf. Rosenthaler Platz)

Unterzeichner/innen

Einzelpersonen

Ahne
Andreas “Spider” Krenzke
Andreas Gläser
Andreas Jeromin
Andreas Kampa
Andreas Scheffler
Anselm Neft
Bov Bjerg
Clint Lukas
Dan Richter
Daniela Böhle
Elis
Falko Hennig
Felix Jentsch
Frank Sorge
Frédéric Valin
Hans Duschke
Heiko Werning
Hinark Husen
Horst Evers
Ingolf Penderak
Ivo Smolak aka Ivo Lotion
Jacinta Nandi
Jakob Hein
Jochen Schmidt
Judith Hermann
Jürgen Witte
Karsten Krampitz
Kirsten Fuchs
Konrad Endler
Lea Streisand
Lt. Surf
Manfred Maurenbrecher
Martin “Gotti” Gottschild
Micha Ebeling
Paul Bokowski
Robert Naumann
Robert Rescue
Robert Weber
Sarah Bosetti
Sarah Schmidt
Sebastian Krämer
Stephan Serin
Sven van Thom
Thilo Bock
Tilman Birr
Tobias “Tube” Herre
Udo Tiffert
Uli Hannemann
Volker Strübing
Volker Surmann
Wladimir Kaminer

Lesebühnen

Brauseboys
Chaussee der Enthusiasten
Der Frühschoppen
Kantinenlesen
Liebe statt Drogen
Lokalrunde – die Show mit Weltniveau
Radio Hochsee
Rakete2000
Reformbühne Heim & Welt
Surfpoeten
Texte im Untergrund
Tiere streicheln Menschen
Lesebühne Vision & Wahn
Periplaneta Verlag
Marion Alexa Müller
Thomas Mangold

Bühnenmagie

Was erzeugt die Magie der Bühne, was zerstört sie? Mit Bestimmtheit kann ich es noch nicht genau sagen. Hilfreich ist sicherlich ein klarer Bühnenfokus. Scheinwerfer, die sich bestenfalls auch verschiedenen Stimmungen anpassen oder diese erzeugen, helfen auf jeden Fall. Neulich wollte bei einem Gala-Auftritt keine rechte Stimmung aufkommen. Ein Grund war sicherlich, dass wir unter diffusem Licht spielen mussten. Was das Licht betrifft, war bisher die Scheinbar in Berlin sicherlich mein Lieblings-Impro-Ort. Dem Fokus hilft es aber auch, wenn das Publikum nicht verstreut oder an Tischen sitzt. Wenn andere optische Eindrücke ablenken, verliert das Bühnengeschehen an Bedeutung. Ein überfüllter Raum ist zwiespältig, da stehende oder auf dem Boden hockende Zuschauer an der mangelnden Bequemlichkeit leiden, aber fast immer entsteht bei solchen Veranstaltungen ein Publikums-Gefühl, hier geschehe gerade etwas ganz besonderes. Intensiv habe ich das als Zuschauer bei den Veranstaltungen der Reformbühne im Schokoladen erlebt. Später in extremster Form bei der Chaussee der Enthusiasten, als Zuschauer sogar noch Eintritt bezahlen wollten, um auf der Kellertreppe sitzen zu dürfen, wo sie nur einen vagen akustischen Eindruck dessen erhaschen konnten, was die meist halb-defekte Box noch in den Hinterraum herüberließ. Sehen konnte uns oft gerade mal die Hälfte der Zuschauer. Nebengeräusche sind vor allem für sanfte Passagen ungemein störend. Ich habe es nie verstanden, warum es sich einige Lesebühnen gefallen ließen, dass während der Veranstaltung an der Bar gequatscht wurde. Beim Improtheater sind solche akustischen Störungen sanfter Szenen natürlich noch schlimmer. Man wird aus der Phantasie der etablierten Welt herausgerissen. Plötzlich sehen wir nicht mehr zwei Gangster in einem Krankenhaus, sondern zwei Pantomimen, die auf einer Bühne so tun als ob. Angenehme Bühnen versprühen Charme und inspirieren die Schauspieler, schwierige Bühnen banalisieren die Darstellung.

Vergraulung eines zwischenrufenden Legionärs-Nazi durch Tempodrosselung

Gegen Ende des ersten Teils der Lesung höre ich, wie aus der hinteren Ecke des Zuschauerraums jemand halblaute Kommentare abgibt. Erfahre in der Pause, es könnte ein Nazi sein, aber aus Angst wagt keiner, ihn rauszuwerfen. Schaue ihn mir in der Pause vor der Tür an, wie er Zehntel-Witze macht und nebenbei fallenlässt, er habe gerade drei Männer zusammengeschlagen. Außerdem berichtet er glaubwürdig, in der Fremdenlegion gewesen zu sein. Bevor man die Polizei ruft, müsste man ihn selber bitten zu gehen. Keiner traut sich. Ich auch nicht.
Denke, wenn wir weiterlesen, lernt er vielleicht sogar noch etwas. Im schlimmsten Fall machen wir eben noch eine zweite Pause. Ich bin mit der Anmoderation nicht mal fertig, da ruft er wieder rein. Ich bitte, all jene zu applaudieren, die diesen Gag lustig fanden. Niemand klatscht. Ich schweige und lasse die Stimmung in den Keller sinken. Mache zwischen meinen wenigen Sätzen enorme Pausen. Es funktioniert: Er zieht gelangweilt ab.

Zuschauer in der ersten Reihe

Ich glaube inzwischen, es hilft, Zuschauer in der ersten Reihe, wenn nicht zu ignorieren, so doch weitgehend auszublenden. Wenn sie gut drauf sind besteht die Gefahr, dass man den Fokus auf sie richtet. Sind sie schlecht drauf, versprühen sie ihre schlechte Laune.
Beim Kantinenlesen habe ich es am häufigsten erlebt: Ein eingefleischter Fan bringt einen Freund mit, der für den Rest des Abends uns stonefaced anstarrt und mit seinem ganzen Körper kommuniziert: “Was soll die Scheiße?”
Beim Improvisieren ignoriere ich glücklicherweise oft die erste Reihe mehr als alle anderen. Einmal sogar meine Schwester übersehen. Gestern eine beschwipste Vierergruppe. Darunter zwei Zuspätkommer, die sich dann auch noch ausführlich Küsschenlinksküsschenrechts verteilen mussten und in den ersten kürzeren Szenen ständig demonstrativ lachten, aber an Stellen und in einer Weise, dass man merkte: Die haben nichts verstanden. (Immer wieder gern genommen: Der Echo-Lacher, der das letzte Wort, das auf der Bühne fiel, wiederholt und dann angestrengt lacht.)
Den zweiten Teil – eine Collage. die beim Publikum insgesamt sehr gut ankam – haben sie enfach nicht begriffen. Vermutlich wären sie im politischen Kabarett besser aufgehoben gewesen, wo schon die Nennung des Namens “Westerwelle” für Lacher sorgt.
Meine Kollegen waren irritiert, als der Herr immer nur missbilligend den Kopf schüttelte, ber da habe ich die Truppe glücklicherweise schon übersehen.

271. Nacht b)

Kantinenlesen-Essen mit Uli Hannemann Ahne, Hans Duschke, Jakob Hein, Anselm Neft, Stefanie Winny, Falko Hennig, Robert Rescue, Frank Sorge, Bohni, Micha Ebeling, Volker Strübing, Volker Surmann, Ivo Smolak und Kirsten, Lea Streisand, Kirsten Fuchs, Daniela Böhle, Paul Bokowski. Heiko Werning, Thilo Bock, Michael-André Werner, Sarah Schmidt, Manfred Maurenbrecher. Im persischen Restaurant Sufissimo. Gutes Essen, nette Bedienung, ein wenig Slowfood-Tradition, durchaus empfehlenswert. Kein einziger Wein wurde verkauft. Im letzten Jahr noch mehr Freundinnen dabei. Die Kellnerinnen tun einem leid, weil bei uns reflexartig jeder zu seiner Bestellung noch einen lustigen Spruch glaubt machen zu müssen oder an der eigenen Entscheidungsunfähigkeit (es gibt nur 4 Gerichte) scheitert. Aber Mascha verliert den ganzen Abend über ihr Lächeln nicht. Mit einigen kommt man dann doch nicht ins Gespräch. Aber ich habe mir abgewöhnt, bei solchen Feiern mich verpflichtet zu fühlen.
Ein Lesebühnen-Gruppenfoto kommt nicht zustande. Ein bis auf zwei Autoren fast komplettes hätten wir auf Steins Beerdigung schießen können, selbst aus alten Zeiten waren noch Kollegen da. Die Chance gibt es wahrscheinlich (oder sollte man sagen "Hoffentlich"?) nicht so schnell wieder.

Ingeborg Junge-Reyer ist der Name jener Sozialdemokratin, deren Aufgabe es ist, für eine angemessene Stadtentwicklung in Berlin zu sorgen. Zum Thema Gentrifizierung fällt ihr allerdings nur ein, dass es doch gut sei, wenn in ein Haus, in dem sonst nur Arbeitslose wohnen, jemand einzieht, der einen Job hat. Anscheinend bezieht die Dame ihr Wissen über das Thema aus einer halbseitigen Zusammenfassung, die ihr ein Referent auf den Schreibtisch gelegt hat. Fazit: Man kann sowieso nichts machen.
Natürlich ist es begrüßenswert, wenn die Qualität der Häuser verbessert wird, wenn in einen armen Bezirk auch Wohlhabende ziehen, wenn es neben Eckkneipen auch Cafés gibt usw., aber ab einem bestimmten Punkt kippt es. Die Prognosen des guten alten Häußermann haben sich in dem Punkt bisher ziemlich bewahrheitet: Mietenexplosion in Mitte und Prenzlauer Berg. Massive Verdrängung der lange dort wohnenden Bevölkerung, teilweise sogar mit Gewalt. Aber von brennenden Dachstühlen, verstopften Schornsteinen, vermauerten Türen, abgestelltem Wasser lässt sich weniger knackig schreiben als von brennenden Autos.
Soviel zur Tagespolitik.

*

Es folgen: Zimmer aus Gold, Silber, Edelsteinen, köstliche Mahlzeiten, Sängerinnen, Tänzerinnen, Polster und

Kissen, die aus Stickperlen und altpersichen Geweben gearbeitet waren,

Gäste, Sklavinnen usw.

Sechs Monate flossen ihm so im Feenlande dahin, neben Perî Banû, der er in so zärtlicher Liebe zugetan war, dass er es auch nicht einen Augenblick ertragen konnte, sie nicht zu sehen. (…)
Doch nach einer Weile erwachte sein Gedächtnis aus dem Schlummer, und bisweilen ertappte er sich dabei, wie er sich danach sehnte, seinen Vater wiederzusehen.

Die großzügige Prinzessin gestattet ihm die Reise, obwohl sie vor Sorge vergeht. Unterdessen grämte sich natürlich Ahmeds Vater, und wie so oft kooperieren ein böser Wesir, der dem Herrscher einen Floh ins Ohr setzt, der Sohn könne etwas gegen ihn im Schilde führen und eine alte Zauberin, die sich zum Werkzeug des Bösen machen lässt. Sie findet zunächst heraus, dass Ahmed noch lebt. Cut! Unterdessen nimmt Perî Banû ihrem Gatten das Versprechen ab,

"dass du mit aller erdenklichen Eile hierher zurückkehren willst, und dass du mir nicht durch langes Fernsein schmerzliche Sehnsucht und banges Warten auf deine sichere Heimkehr verursachen wirst."

Natürlich darf er nichts vom Feenland erzählen. Sie gibt ihm noch zwanzig Ritter mit, und der grandiose Einzug in die Hauptstadt ist garantiert.

Dort ward er mit so lautem Jubel empfangen, wie man ihn noch nie zuvor im Lande vernommen hatte.

Als er sich seinem Vater nähert gibt er ihm ein redundantes Verlaufsprotokoll der Ereignisse, das wir uns hier sparen. Der Sultan bittet nun seinen Sohn, ihn einmal pro Monat zu besuchen. Als Ahmed nach vier Tagen zu Perî Banû zurückkehrt, gewährt sie ihm von nun an bedingungslose Reisefreiheit.
Als Ahmed zum zweiten Mal seinen Vater besucht, wird der Neid des Wesirs angestachelt:

"Niemand vermag zu sagen, woher der Prinz kommt und auf welche Art er sich solch ein prächtiges Gefolge verschafft hat."

Und wie es in dieser Art von Geschichten eben geht: Die Charaktere bleiben konstant. Psychologisierung oder gar Soziale Konditionierung entfällt. Er ist neidisch = er war neidisch = er wird immer neidisch sein.

Der König wird nervös und beauftragt die Zauberin, herauszufinden, wo Ahmed immer verschwindet, doch die Tür zum Feenpalast bleibt dem menschlichen Auge verborgen, also muss sie eine List anwenden und verkleidet sich als alte, kranke Bettlerin. Prinz Ahmed erbarmt sich ihrer und nimmt sie mit zur Pflege in den Palast.

Wieder einmal das Motiv der listigen Alten, die sich verkleidet einnistet. Fehlte nur noch, dass sie die Fromme mimt und alleingelassen werden will. Doch das bleibt uns diesmal erspart.

Perî Banû entdeckt den Schmu:

"Diese Frau ist nicht so krank, wie sie sich stellt, nein, sie übt Betrug an dir, und mir ahnt, dass irgendein Neider gegen dich und mich Arges im Schilde führt."

Mit einem Trunk aus der allheilenden Löwenquelle wird die Alte wieder auf die Beine gebracht und entlassen. Am Tor sieht sie sich um und findet den Eingang nicht mehr. Dem Sultan berichtet sie alles und stachelt ihn auf:

"Wer weiß, ob er nicht mithilfe von Perî Banû Zwietracht und Zwiespalt im Reiche hervorrufen wird? Hüte dich vor den Listen und der Tücke der Frauen."

Der letzte Satz entfaltet natürlich seine Ironie, wenn er von einer listigen und tückischen Frau ausgesprochen wird.

Den Rat seines Ministers, den Sohn hinrichten zu lassen, verwirft er, lieber will er ihn in den Kerker werfen lassen, aber die Zauberin rät ihm ab, da die Knappen von Prinz Ahmed schließlich Dämonen sind. Lieber möge er seinen Sohn "auf die Probe stellen" und ihn ein Zelt besorgen lassen, dass den ganzen Hofstaat aufnehmen könne. Daraufhin würde sie sich eine weitere Probe ausdenken, usw., bis er am Ende seiner Kräfte sei und endlich gedemütigt und beschämt sich nicht mehr in die Hauptstadt wagen.

Weiterschmoekern

Und welches Buechlein darf’s den jetzt sein? Schiebe die 1001 Naechte weiter vor mir her. Aber will ich in die Grube fahren, ohne sie gelesen zu haben? Aber fuer meinen jetzigen Fokus: Wie sind Romane konzipiert?, Wie haelt der Autor den Suspense, wie werden Charaktere erschaffen usw., passt das nun ganz und gar nicht. Trotzdem schleppe ich den 2. Band mit mir durch die USA. Bei meiner ersten Reise hierher, das war im April/Mai 1997 hatte ich denselben Band dabei und bin dann ausgestiegen nach dem ewig langen Teil-Roman “Die Geschichte des Königs Omar ibn en-Numân und seiner Söhne Scharkân und Dau el-Makân und dessen, was ihnen widerfuhr an Merkwürdigkeiten und seltsamen Begebenheiten”.
Ich habe also mitgenommen:

  • Theodor Storm: “Erzaehlungen”. In jedem Urlaub macht sich eine Novelle vom Storm gut.
  • “Die Erzaehlungen aus Tausendundein Naechten Band 2”
  • Lonely Planet: “New York City. City Guide” Aus naheliegenden Gruenden.
  • Elizabeth Gilbert: “Eat, Pray, Love” (auf dem Flughafen Amsterdam gekauft)
  • Mick Napier: “Improvise. Scene From Inside Out”. Um etwas theoretisches Futter fuers Chicago Improfestival zu bekommen.
  • Harlan Coben: “Hold Tight”. Auf Verdacht gekauft. Wirkt auf den ersten Blick wie ein guter Thriller.
  • William Shakespeare: “Macbeth” deutsch. Reclam DDR-Ausgabe fuer 1,-M
  • William Shakespeare: “Macbeth” englisch. Reclam BRD-Ausgabe fuer 4,40 Euro = 8,80 DM = 35,- Ostmark.

Und schon am ersten Tag kann ich nicht an mich halten und laufe in den Border’s Buchladen, wo ich vor sechs Jahren all die inspirierenden Buecher ueber Impro gekauft habe, vor allem natuerlich Stephen’s “Free Play”, in das ich mich so verliebte, dass ich es uebersetzte.
Ich zahle 77,00 Dollar (inklusive einer Illinois-Steuer) fuer

  • John Wright: “Why is that so funny? A practical Exploration of Physical Comedy”
  • Barack Obama: The Audacity of Hope. Thoughts on Reclaiming the American Dream”
  • Firoozeh Dumas: “Laughing Without an Accent”
  • Andy Goldberg: “Improv Comedy”

Auf dem Flug hat es mir Elizabeth Gilbert angetan, auch wenn ich mich immer wieder ueber sie aergere. Soll man einer wohlhabenden Anfangdreissigerin beim Reisen und der Sinnsuche zuschauen? Sie braucht die Sinnsuche, als sie feststellt, dass sie nun doch nicht verheiratet sein will und keine Kinder moechte. Und so unkorrekt der Gedanke auch ist, so schiebt er sich immer wieder ein: Wenn du, liebe Elizabeth, Kinder haettest und fuer sie Verantwortung uebernehmen wuerdest, kaemst du gar nicht auf die Idee, nach Eat Pray Love zu fragen, diese Dinge haetten dann schon ihre Wirkung aus dem Tun heraus. Aber man liest natuerlich weiter. Dafuer ist es dann doch flockig und geschickt genug geschrieben. Immer wieder huebsche kleine Metaphern, ein bisschen Selbstironie, unprotzige Minidemonstrationen ihrer Intelligenz. Bis Seite 54 bin ich anstrengungslos gekommen. Der lockere Stil der Kolumnistin, der nie ermuedet, weil er nie zu grosse Boegen wagt, wahrscheinlich waere sie auf den Lesebuehnen perfekt.
Vielleicht aber kommt es einem auch nur zu abgeschmackt vor, wenn man gerade “Die Lebenden und die Toten” von Simonow hinter sich hat, in der SInzow auf der ersten Seite vomKriegsausbruch ueberrascht wird, versucht, sich nach Grodno durchzuschlagen, in deutsche Kessel geraet, in Gefangenschaft, dann ausbricht, um ihn sterben Kameraden, Vorgesetzte, Untergebene. Und die Parteibuerokratie haelt ihn fuer einen Verdaechtigen, weil er sein Parteibuch verloren hat. Gleich stuerzt er sich wieder in die Schlacht vor Moskau, das Blatt wendet sich, und das Buch endet damit, dass er, der Nichtraucher, sich nun eine Zigarette anzuendet, da er den Gedanken erst mal verdauen muesse, dass der ganze Krieg nun erst vor ihm laege.

Nicht nur die Bühne ist Platz des Künstlers

Den eigenen Arbeitsplatz mindestens so wertschätzen wie die Bühne. Die Arbeit des Schreibens so wertschätzen wie das Auftreten. Wie das aussehen kann, beschreibt Volker Strübing hier.

“…wenn man feststeckt, tippt man den Ertrag besserer Stunden ab. Klingt nach doppelter Arbeit, das ist es aber nicht. Weil das Abtippen gleichzeitig der erste Korrekturdurchgang ist und man viele kleine und größere Fehlerchen beseitigt. Rechtschreibfehler, Inhaltsfehler, Ausdrucksfehler, all solches Zeugs.
Inzwischen gebe ich ziemlich viel Geld aus, wenn ich mir ein neues Schreibgerät oder ein neues Heft kaufe. Ich muss damit ja auch eine ziemlich enge Bindung eingehen, wir werden einiges zusammen erleben. Vorbei sind die Zeiten als ich mit Lotto-Kulis in Hefte aus Connys Container geschrieben habe. Geht auch, klar, wenns sein muss mach ich das auch wieder, aber schöner ist es mit gutem Arbeitsgerät.
Ich arbeite und schreibe viel, es gibt Zeitdruck, aber keinen Stress. Ich habe den schönsten Beruf der Welt. Zumindest, wenn es so gut läuft, wie im Moment. Morgens (wenn ich es morgens schon aus dem Bett schaffe), wird abgetippt, Mittags gehe ich für zwei Stunden in ein Café schreiben, dann wird wieder daheim getippt und Krempel erledigt, abends gehe ich noch einmal für zwei oder drei Stunden schreiben, dann eher in die Kneipe als ins Café. So schön kann Arbeit sein. “

Radio-Impro mit Stephan Zeisig

Mit Stephan gelingt das unmittelbare Phantasieren sogar noch mehr als die Rollen-Dialoge:
Intro: Die Bevorzugung des rechten Arms durch Stephan Zeisig
Outro: Gewichtheben und Was Kaufhallen im Wege steht
Aber die Interviews haben auch Spaß gemacht:
Lutz Schnauz – der Betreiber des größten Karussells der Welt
Dieter Nussbach von der GdpKiVBB (Gewerkschaft der prekären Kontrolleure im Verkehrsverbund Berlin)
Mr. Salzmann – Books about books about book writing

257. Nacht – Lager Kalinin und Lesebühnen-Berufe

Kränkliche Kinder aus dem durch Tschernobyl verstrahlten Teil Weißrusslands werden von einer Privatorganisation nach Deutschland geholt. Passiert gern, oft, immer wieder. Löblich. Meist lernen sie nette Gastfamilien kennen, deutsches Futter, deutsches Fernsehen, deutsches Streiten und Vertragen, deutsche Musik.
Oder die Kinder werden abgeladen. Im ehemaligen Pionierlager Kalinin und sich und ihrer weißrussischen Betreuerin selbst überlassen. Achso, Spielzeug gibt’s natürlich auch: Ein Paar Stelzen.

In diesem Lager war ich auch, und zwar genau zwei Mal: 1983 und 1985. Weitere spätere Lesebühnenautoren dort: Jakob Hein, Andreas Kampa und Jochen Schmidt.

Typische Berufe und Studienrichtungen Berliner Lesebühnenautoren:

  • Germanistik (Fast die gesamte Frühschoppen-Crew hat ihr Germanistik-Studium abgebrochen, Thilo Bock, Jochen Schmidt, Ivo Smolak, Frank Sorge)

  • Taxifahrer (Micha Ebeling, Uli Hannemann)

  • Drucker (Ahne, Falko Hennig, Robert Naumann, Michael Stein†)

  • Informatik (Tube, Andreas Kampa, Jochen Schmidt)

***

Zubaida gibt Alâ ed-Dîn ein wenig Geld, damit dieser Kadi und Zeugen so bestechen kann, dass sie ihm wenigstens Aufschub gewähren.
Tatsächlich entscheidet der Kadi:

“Die Scheidung durch Zwang ist nach keiner muslimischen Rechtslehre erlaubt.”

Doch gesteht er dem Brautvater zu, die Morgengabe in Höhe von zehntausend Dinaren einzufordern.
Am Abend gesellt sich Alâ ed-Dîn wieder zu seiner neuen Braut und lässt sich von ihr Lieder vorsingen, zu denen sie sich auf der Laute begleitet, als vier Derwische an die Tür klopfen. Diese bitten wider Erwarten nicht um Essen, sondern nur darum, der Musik lauschen zu dürfen:

Wir wünschen nur, in Gesellschaft zu sein;
Denn am Essen erkennt man das Vieh allein.

Als sie vom Schicksal Alâ ed-Dîns erfahren, beschwichtigt ihn einer der Derwische, er sei Scheich des Klosters und könne durch eine Sammlung bei seinen Mönchen die geforderten zehntausend Dinare auftreiben.

Jene vier Derwische aber waren der Kalif Harûn er-Raschîd, der Wesir Dscha’far der Barmekide, Abu Nuwâs el-Hasan ibn Hâni 257 und Masrûr, der Träger des Schwertes der Rache.

Der Kalif legt, bevor sie sich verabschieden, hundert Dinar unter den Gebetsteppich. Zubaida findet sie am nächsten Morgen und kauft davon ein. Dasselbe wiederholt sich in den folgenden neun Nächten, und Alâ ed-Dîn gibt die Hoffnung auf den großen Batzen fast auf.

257 Abu Nuwâs wird an dieser Stelle zum ersten Mal in den Tausendundein Nächten als Begleiter er-Raschîds erwähnt.

246. Nacht – Obama, McCain, Hilton, Günter Gaus und Jochen Schmidt

Auch wenn ich mich hier vor kurzem etwas enttäuscht über die Berliner Rede Obamas geäußert habe, ist doch seltsam, wie grundlos jetzt auf ihn eingedroschen wird. Die Reporter Michael Jach, Henning Krumrey und Rainer Pörtner vom FOCUS sind sich nicht zu blöde, zu behaupten, in der ersten Reihe hätten Amerikaner mit Sonderausweis gestanden. Kompletter Quatsch! In den ersten Reihen standen zwar viele Amerikaner, aber ebenso Deutsche, Afrikaner, Europäer, Latinos usw. usf.. Alle mussten die gleichen Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen, mit Ausnahme der Reihe, in der ich stand: Wie in der Kaufhalle hatte ich den dümmsten Security-Mann erwischt, der behauptete, man dürfe keine Taschen mit reinnehmen. Der Hinweis, alle anderen Sicherheitsleute würden das anders handhaben und bei einer Taschenkontrolle belassen, wirkten nichts, der Mann drehte sich nicht einmal zur Seite um, um unsere Behauptung zu kontrollieren. Erst sein Chef, der nach 10 Minuten ankam, musste ihn erweichen. Und so kam ich, obwohl ich einer der ersten 50 war, nicht in die erste, sondern nur in die dritte Reihe.
Hübsch auch: Nachdem Britney Spears und Paris Hilton von McCain für eine Unter-die-Gürtellinie-Kampagne eingesetzt wurden, schießt Paris Hilton mit erstaunlich viel Selbstironie zurück.

Das Original von McCain:

Paris Hiltons Antwort

**

Die pseudofiktive Geschichte der Schwester des Kalifen endet damit, dass der König das Liebespaar hinrichten lässt. Der Kalif antwortet darauf, dass jener König doch hätte Gnade walten lassen sollen, denn
1. das Paar liebte einander
2. sie genossen Gastrecht

3. muss der König sein Urteil über Untertanen mit Überlegung fällen – wieviel mehr aber in einer Sache, die ihn selber angeht.

Bindung des Herrschers an das Recht ist also in einer Despotie nur über die Tugend des Herrschers zu haben.
Diskussion vor 2 Wochen mit Ivo, Robert Weber, Jochen Schmidt über Demokratie. Jochen führt Günter Gaus ins Feld, der ein Jahr vor seinem Tod sich von der Demokratie lossagte. Die Haltung kennen wir von der Frankfurter Schule: Sich ins Elfenbeintürmchen zurückziehen und über die Welt den Kopf schütteln. Gaus bleibt aber die Antwort schuldig, was er denn sonst ist, wenn nicht Demokrat. Natürlich ist es bedenklich, wenn politische Stimmungen bei Anne Will (oder damals Christiansen) erzeugt werden, wenn das Fernsehen einem das politische Denken abnimmt. Aber die ästhetische Widerwärtigkeit dieser Veranstaltungen zeigt uns noch keine Alternative. Und wenn man Gaus’ Artikel genau liest, kann man herauslesen, dass er zu sehr Demokrat ist, um heute Demokrat zu sein.

Die Schwester klärt ihn auf, und der Kalif “schenkt” die Liebenden einander, den Perser aber ernennt er zu seinem Vertrauten.

Ob hier Bahrâm bereits mit seiner Geschichte selbst auf ein Pöstchen spekuliert?

Nach einer Woche Feierns kehren die beiden Liebenden nach Kufa zurück und leben dort glücklich,

bis Der zu ihnen kam, der die Freuden schweigen heißt und die Freundesbande zerreißt.… Weiterlesen

Radio-Impro mit Uli Hannemann

Ohne Improvisation kommt gutes Radio kaum aus. Hier meine Versuche mit Uli Hannemann

Die Prophetin vom Treptower Berg – Dialoge aus der Nachkriegszeit
4.8.08 mit Uli Hannemann, Radio Funkwelle 92,5
Intro/Der unglückliche Casinobetreiber Lutz Schmödling
Oberprofessor Falko Wernig und der Wermolch
Martin Sülz – Kanalbetreiber
Hanspeter Schmidt – Der Kotzomat

**

155. Nacht

Die Sklavin lässt Abu el-Hassan und Ali ibn-Bakkâr am anderen Ufer zurück, und die beiden tauchen bei einem Freund el-Hassans unter, der in dieser Gegend wohnt und dem sie mit einer Ausrede die Gastfreundschaft abtrotzen.
Am nächsten Tag kehren sie zurück und Abu el-Hassan versucht, seinen Freund mit Wein, Weib und Gesang aufzuheitern, doch das kann natürlich nur schiefgehen.

Wie ihnen nun so wohl war, griff die Sängerin zur Laute und begann zu singen:

Ich ward vom Schicksal getroffen mit dem Geschoss eines Blickes,
Der warf mich nieder. Ich hab vom Liebsten Abschied genommen.
Das Schicksal ward mir feind, und meine Geduld versagte.
Doch ahnte ich zuvor, es müsse also kommen.

Der aufmerksame Leser ahnt, was folgt: Ali ibn-Bakkâr sinkt in Ohnmacht. Als er sich erholt, begleitet ihn Abu nach Hause.

***

(22. April – Shanghai – Nanjing)
Wer je mit Jochen Schmidt verreiste, wird sein periodisch auftauchendes Bedürfnis, sämtliche externen Eindrücke von sich abzuschirmen, nicht vergessen.

Schlafforscher warnen übrigens vor ständiger Benutzung dieser Hilfsmittel.

Anpassung

Show mit “The Crumbs” am 14. Mai 2008
Angenehme Atmosphäre, RAW-Tempel fast so voll wie bei der Chaussee, je zur Hälfte Foxy-Fans und Crumbs-Fans, auch Lesebühnen-Kollegen.
Die geringste Herausforderung war anscheinend die Sprache, oder anders gesagt: Die Lücken und Fehler haben das Bühnengeschehen eher produktiv beeinflusst.
Schwieriger empfand ich eher die Herausforderung, ein gemeinsames Gefühl für Timimg, Körperlichkeit, Bögen usw. zu entwickeln. Dies ist ja öfters der Fall, wenn man mit anderen Gruppen spielt. Nach der ersten, von der Story eher stotterigen, vom Publikum aber dennoch geliebten Szene, bekamen wir langsam Boden unter den Füßen. Man passt sich einander an: Wir werden verbal schneller, die Crumbs physischer.
Gegenseitige Inspiration, aber auch gegenseitiges Abschleifen, aber für kommende Shows überwiegt doch die dauerhafte Inspiration.

China-Reise – Nanjing

(Lektüre-Pause)
Reise mit Volker Strübing und Jochen Schmidt
Der Chines glaubt, das Unglück stecke in der Vier, das Glück wiederum müsse mit einem Stein vor der Tür eingesperrt werden. Wenn man diese beiden Daumenregeln des Lebens beachtet, kommt man im Lande des Lächelns gut über die Runden und niemand wird am Sterbebett von einem behaupten, man habe sich ungebührlich verhalten. Allerdings steckt auch der chinesische Teufel im Detail, wie jeder Chines, der schon einmal ein 52stöckiges Hotel errichtet hat, weiß. Die Stockwerke an deren Ende sich eine Vier befindet, sind von vornherein ausgemerzt worden, denn hier zu wohnen löckte den Tod herbei. Das fünfte Stockwerk, wird also auf das dritte draufgepackt. Wie er dann die Etagen abzählt, verrät der Chines den europäischen Forschungsreisenden nicht. Er ist auf klischeehafte Weise verstockt. Dagegen nimmt sich die Stein-vor-der-Tür-Regel wie ein Kinderspiel aus. Jeder Chines besitzt ja bekanntlich einen nach komplizierten Feng-Shui-Regeln angelegten, weitläufigen Garten, in dem die Panda-Bären Einkriegezeck spielen. Der im Durchmesser etwa 1,80 Meter große Stein wird nach unmittelbar nach Inbetriebnahme des Gartens etwa drei Schritte hinter dem großen Torbogen hingekullert und das Glück bleibt drinnen, vorausgesetzt, es war schon da.

Chinesischer Garten. Im Hintergrund: Pandabären

***

Um einen der letzten erhaltenen alten Gärten in Shanghai wurde eine riesige Touristenfalle gebaut – eine Art China-Town in China. “Watchas, Teeshart, Bagges” werden einem angeboten. Der Herr im obigen Video präsentiert eine Art dramatischen Lichtbildervortrag. Das ältere Ehepaar wird offenbar an seine Kindheit erinnert.

Pennerhaftigkeit

Eine ältliche Musikertruppe zu Gast bei der Chaussee der Enthusiasten. Einerseits kommen sie in sympathischer hemdsärmeliger Lockerheit daher und bringen ihren eigenen Bierkasten mit, den sie im Laufe des ersten Drittels bereits leeren. Der Alkoholpegel steigt und parallel dazu das unkollegiale Verhalten der Musiker: demonstratives Desinteresse (in Wirklichkeit können sie nicht mehr folgen) und Altherren-Sprüche.
So kann’s kommen, denke ich. Gut dass sie da waren, so wird es einem klar vor Augen geführt, was geschieht, wenn man sich gehen lässt und wie man dann auf andere wirkt.