Wann werden wir substantielle Rezensionen über Improtheater-Shows erleben?
Theater-Journalisten bräuchten ein geschultes „Impro-Auge“ und ein entsprechendes Vokabular. Der typische positive Artikel einer deutschen Zeitung beschreibt meist eine Performance eines Improtheaters, und dann ist für diese Zeitung das Thema erst mal mindestens ein Jahr lang tot. Es geht ihnen also nicht um die konkrete Aufführung, sondern um Impro an sich, das abgehandelt wird. („Eine fliegende Untertasse vor dem Roten Rathaus als Musical! Diese Spontaneität muss den Imprototypen erst mal einer nachmachen.“
Die wenigen Journalisten, die sich häufiger Improtheater ansehen, erkennen oft nicht, warum eine Szene versagt und eine andere gelingt.
Natürlich ist die Kunstpresse überhaupt eher werk-orientiert als prozessorientiert. Eine konventionelle Inszenierung kann man sich schließlich noch mal anschauen. Eine gestern rezensierte Improshow sagt noch nicht viel über die Improshow nächste Woche. (Selbst bei den „gescripteten“ Shows der Berliner Lesebühnen gibt es keine Rezensionen, sondern nur Berichte über das Phänomen.)
Nun gibt es auch im Internet hier und da Versuche, Impro sozusagen „von innen“ zu rezensieren. Improspieler, so glaube ich inzwischen, sollten davon die Finger lassen. Schließlich muss der Rezensent auch die Möglichkeit haben können, harte Worte zu finden. Aber diese als Impro-Spieler  zu äußern, hat nicht nur den Charme von Nestbeschmutzung, sondern von Treten-nach-Kollegen.
Und schließlich, das muss man auch sagen, ist die Improtheaterszene immer noch nicht anspruchsvoll und groß genug, um sich gute Rezensionen verdient zu haben.
In Berlin findet man meist die einzigen journalistischen Beiträge zum Thema Improtheater kurz vor dem internationalen Festival der Gorillas. (Als Vorankündigung, nicht als Rezension!) Der Text lässt sich per Copy & Paste fast jedes Mal wiederholen. Aber vielleicht hat das die Berliner Szene auch noch nicht anders verdient?
Was wir brauchen: Rezensierenswerte Performances und sachkundige Journalisten.

Die Inspiration für diesen Artikel habe ich von der großartigen Jill Bernard, der ich hoffentlich noch in diesem Leben mal begegnen werde.
http://www.hugetheater.com/2012/the-difficulty-of-reviewing-improv/

Improtheater rezensieren
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Ein Kommentar zu „Improtheater rezensieren

  • 2012-08-16 um 08:21 Uhr
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    Ich finde, im Gegenteil, dass Improspieler auf gar keinen Fall die Finger von Kritiken lassen sollten. Ebenso wie Sportler Sport und Literaturwissenschaftler Literatur kritisieren. Nur, dass dieser Luxus in kleinen Kulturseiten, wo Impro üblicherweise versteckt bleibt, natürlich kaum möglich oder gegeben ist.

    Problematisch wird es natürlich, wenn der Kritiker in einer Klasse mit den Krtitisierten spielt (dazu womöglich persönliche Bekanntschaft). Aber auch hier ist es wie bei den Sport- oder Literaturjournalisten: Die ideale Kombination bleibt eine hohe, aber nichtprofessionelle Kenntnis des Faches, einfach nur um ein Auge für das Sujet ausbilden zu können.

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