Zur Orientierung:

Schehrezâd
—————-> Fischer und Dämon (= nunmehr Fische und König)

Nach dem Wesir schaut sich nun auch der König das
Schauspiel an, welches die farbigen Fische liefern, wenn sie gebraten werden,
nur das diesmal ein schwarzer Sklave aus dem Mauervorsprung heraustritt.

Stellt sich natürlich die Frage, woran man erkennt, dass es ein Sklave
ist, aber vermutlich, hatte man als Dunkelhäutiger zu jener Zeit in jener Gegend
keine große Auswahl in Bezug auf die gesellschaftliche Schicht.

Den bescheuerten an Knusperknäuschen gemahnende Vers, den die Fische aufsagen,
muss ich hier wohl doch wiedergeben, da er vermutlich noch eine Rolle spielen
wird.

Kehrst du um, so kehren wir um, und bist du treu, so bleiben wir treu.

Sagst du aber dich los, so sind wir des Versprechens frei.

Der König ruft seine Truppen zusammen und lässt
sich von dem Fischer den See und die Wüste zeigen, die keine halbe Stunde vom
Palast entfernt liegen, die er aber noch nie gesehen hat. Ob das glaubwürdig
ist? Hellersdorf liegt ja auch nur eine knappe halbe Autostunde von Mitte
entfernt, aber ob ein Regierender Bürgermeister diese Betonwüste je zu Gesicht
bekam?

Seltsamerweise bleibt er jedoch nicht am See, sondern reitet verkleidet weiter
durch die Wüste, wo er nach zwei Tagen einen verlassenen Palast findet, in
welchem ein bis zur Hüfte versteinerter Prinz hockt, der in Prosareim
beschrieben wird:

Es war ein Jüngling wunderschön, von Gestalt lieblich anzusehn, mit einer Stimme glockenrein, einer Stirne zart und fein, einer Wange von rotem Schein, und einem Male mitten auf seiner Wange, wie ein Ambrakügelchen klein.

Dieser berichtet dem König von seinem Schicksal:

Die Geschichte des versteinerten Prinzen

Der Prinz, Herrscher der Schwarzen Inseln, war mit
seiner lieblichen Base verheiratet. Inzwischen kann man den Braten schon
riechen: Wenn die Ehe als glücklich geschildert wird, ist die Gattin am Ende
doch eine Metze.

Und tatsächlich, als er einmal den von ihr als Abendtrunk servierten Wein nicht
austrinkt, wird er Zeuge, wie sie sich aus dem Palast stiehlt und sich von einem
(wie könnte es anders sein) schwarzen Sklaven demütigen lässt,

dessen eine Lippe wie ein Topfdeckel und dessen andere Lippe wie eine Schuhsohle war; ja seine Lippe war so lang, dass er mit ihr den Sand vom Kiesflur der Hütte hätte auflesen können. Er war aussätzig und lag auf einer Streu vom Abfall des Zuckerrohrs, gehüllt in ein altes Laken und in Lumpen und Fetzen.

Da sie zu spät kommt, herrscht er sie an:

„Nun schwöre ich einen Eid bei der Ehre der Mohren – und glaube nicht, unser Ehrgefühl sei so gering wie das Ehrgefühl der Weißen! -, wenn du von heute an noch einmal bis zu dieser Zeit ausbleibst, so will ich nicht mehr mit dir Gesellschaft pflegen, noch will ich meinen Leib an dich kleben, du Verfluchte!“

Es scheint, je widerwärtiger der Nebenbuhler beschrieben wird, umso größer die Schmach des Betrogenen. Und natürlich wird
sich auch der Prinz die gute alte Frage gestellt haben: „Was hat er, was ich
nicht habe?“ Oder – schlimmer noch – die quälende Frage jedes aufgeklärten
Mannes, der der Emanzipation der Frau wohlwollend gegenübersteht: „Will meine
Frau gedemütigt werden, und ich war zu nett zu ihr?“

Naheliegenderweise will der Prinz ein frühes Ableben der beiden herbeiprovozieren, wozu ihm das Schwert seiner Frau ein willkommenes Werkzeug zu sein scheint:

„Zuerst führte ich einen Hieb nach dem Nacken
des Sklaven und glaubte, dass es um ihn geschehen sei!“

Da bemerkte Schehrezâd, das Mainzelmännchen unter den Geschichtenerzählern, dass der Morgen begann und sie hielt in der verstatteten Rede an.

*****

Unappetitliches Gericht: Knochen von gekochten Mäusen mit Bierresten.

7. Nacht
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