Nun also endlich weiter an den 1001 Nächten. Nach über einem Jahr Pause. Die Lektüre führt, so muss ich mir eingestehen, schnell zu Übersättigung. Nur weil ich weiß, dass es weiter hinten noch ein paar hübsche Perlen gibt, lese ich weiter. Aber der Rhythmus ewiger Wiederholungen, redundanter Beschreibungen und flacher Charaktere ermüdet schnell. Hätte man sich nicht doch etwas wie Luhmanns "… der Gesellschaft"-Werke oder Shakespeares Dramen herauspicken können? Aber die Orient-Faszination lässt mich nicht los, selbst wenn es der Galland-gefälschte Orient ist. Als Kind haben mich diese Pluderhosen-und-Turban-Träger aus den Digedag-Comics schon mehr fasziniert als beispielsweise Indianer. Hauff, der mit den 1001-Nacht-Elementen sowieso viel erzählerischer spielt, hatte es mir dann schon angetan, sobald ich lesen konnte. Mein Vater hatte Gott sei Dank ein großes Vertrauen in meine psychische Stabilität. Wer gibt sonst seinem sechsjährigen Kind eine Story wie "Die abgehauene Hand" zu lesen? Meine erster Horror-Erzählung, die ja eigentlich in Florenz spielt, aber aus Sicht eines Griechen berichtet wird, und zwar in einem Zelt einer Karawane.

Ungeordnet ein paar Ereignisse seit meiner letzten Lektüre der 1001 Nächte

– Schmidt-liest-Proust-Lektüre
– Impro-Reisen nach Halle/Saale und Chicago
– Auszug mit der Chaussee erst aus dem Ambulatorium, dann aus der Stenzerhalle
– Umzug von Foxy Freestyle aus dem Edelweiss in die Alte Kantine
– Geburt von Kirstens Kind
– Ich wurde 40.
– Facebookmitgliedschaft
– Silvester in Matzes Theater
– Obama wird Präsident
– Westerwelle wird wohl Außenminister
– Das Görlitzer Kantinenlesen etabliert sich
– Pinguin-Impro-Show im Zebrano
– sieben Workshop-Serien unterrichtet, an einem einzigen teilgenommen
– Juror bei der deutschen Theatersport-Meisterschaft
– 2 Mal in Buckow
– 152 Artikel bei Ebay verkauft
– Keinen Baum gepflanzt
– Kein Kind gezeugt
– Kein Haus gebaut.
– Kein Buch geschrieben
– In Amerika ein wirkungsvolles Mittel gegen Laktose-Intoleranz gefunden.

***

Als Alâ ed-Dîns Mutter ihm die Edelsteine überreicht, sagt der König:

Wahrlich, wer mir solche Juwelen schenkt, der verdient es, der Gemahl meiner Tochter zu werden; denn soweit ich sehe, ist keiner würdiger als er."

Aber wie auch schon in der Erzählung von Nûr ed-Dîn ‘Alî und Enîs el-Dschelîs ist es ein neidischer Wesir, der hier die Pläne zu vereiteln sucht,

weil der König ihm versprochen hatte, er wolle seine Tochter mit seinem Sohne vermählen.

Der entscheidungsunfreudige Sultan gewährt drei Monate Aufschub. Alâ ed-Dîn wartet zwei Monate ab, bevor seine Mutter wieder auf den Basar begibt, wo er erkennt, dass die Stadt zu einer Feier geschmückt ist – der Hochzeit zwischen Sultanstochter und Wesirssohn.

"Mein Sohn, ich will dir eine Kunde melden; aber der Kummer, den sie dir bereitet, wird schwer auf mir lasten."

Hoffentlich nicht so schwer, wie der Kummer des Dorfpfarrers in "Das weiße Band", den dieser erleidet, als er sich gezwungen sieht, seine Kinder mit der Rute zu züchtigen.

Wie Alâ ed-Dîn das hören musste, erfasste ihn ein Fieberanfall vor Kummer; aber gleich darauf dachte er an die Lampe, und erfreut sprach er zu seiner Mutter "Bei deinem Leben, liebe Mutter, ich glaube, der Sohn des Wesirs wird sich ihrer nicht so erfreuen, wie du denkst. Doch lass uns jetzt davon schweigen! Setze das Abendessen vor, auf dass wir speisen."

Die unmittelbare Wirkung psychosomathischer Phänomene ist erstaunlich. Andererseits aber auch, dass niemand auf die Idee zu kommen scheint, dies bewusst zu nutzen. Zumindest bis hier wird nicht einmal dem Gebet eine solche Wirkung zugesprochen Dabei denke ich Inzwischen, dass das islamische Gebet gesundheitlich außerordentlich wirkungsvoll sein muss:
– Die Waschung zuvor ist ja nicht nur rituell, sondern auch ein tatsächliches Waschen.
– Um gültig zu sein, muss das Gebet in völliger Demut erfolgen. Und so erleichtert es das innere Loslassen von Sorgen, Problemen usw. erleichtert psychisch.
– Die Positionen erinnern teilweise an den Sonnengruß im Yoga. Die geöffneten Hände öffnen sich aufs neue der Welt, statt sie dominieren zu wollen.
– Und schließlich ist der Ablauf eine gute Dehnung der Bänder und Muskeln, der Ablauf kann sogar als Gymnastik empfunden werden.

In der Hochzeitsnacht lässt Alâ ed-Dîn den Wesirssohn von seinem Lampengeist auf den Abort schaffen und legt sich selbst neben die Prinzessin,

Geklautes Motiv aus der Geschichte von den drei Äpfeln

legte ein Schwert zwischen sich und sie und ruhte an ihrer Seite auf demselben Lager, ohne etwas Schmähliches zu tun.

Das Motiv, das Schwert als Trennlinie zwischen zwei züchtig Ruhenden zu verwenden, ist weit bekannt und verbreitet, etwa Ring des Nibelungen oder auch im Grimms-Märchen "Die zwei Brüder". Galland hat sich also ordentlich bedienen können. Fragt sich nur: Woher hat der arme Alâ ed-Dîn auf einmal ein Schwert?

Die Verstörung der Prinzessin erklärt die Königin dem Sultan am nächsten Morgen:

"… das ist so bei Neuvermählten; am Tage nach der Hochzeitsnacht schämen sie sich und zieren sich ein wenig."

Die Hochzeitsfeiern gehen weiter und Alâ ed-Dîn wiederholt das Spiel in der folgenden Nacht. Prinzessin und Wesirssohn berichten das Vorgefallene ihren Eltern und annullieren die Ehe.

269. Nacht f)
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