Handaufleger, Homöopathen,Wunderheiler aller Arten.Tibet-Salze, Wasser-Schwingung.Nur der Glaube ist Bedingung. Schicksals-Lenkung durch die Sterne.Böse Pharmazie-Konzerne.Lieber Zuckerkugeln schluckenals denen Geld in’ Rachen spucken. Wi-Wa-Wunder bitte sehr.Ick wunder mir über jar nischt mehr.Quacksalbern das Ohr geliehn,die aus der Tasche Geld dir ziehn.
An den Kaffee
Komm, Kaffee, belebedie Geister in mir.’s ist Morgen. Ick strebeso dankbar zu dir. Gemahlene Bohne,schon lockt mich dein Duft– die heilige Zoneder Vorfrühstücksluft. Gepflückt und geröstetbezahlt und gebrüht.Ick sing dir mein bestetdreistrophiget Lied.
Appell
Lächeln macht die Menschen weich.Fort fliegt rasch der Kummer.Ob du arm bist oder reich,schlauer oder dummer.Daher lasst uns täglich grinsen.Auf die Happiness gibt’s Zinsenund ein bisschen Herzgewummer.
Klage einer Vierzehnjährigen
So ungerecht sind alle heut zu mir.Ach, „heut“! Schon immer!Mit jedem Tag, den ich erleb, wird’s schlimmer.Ich bin so wie ich bin. Was kann ich denn dafür?Wenn ich an morgen denke, wird mir schlecht.Ihr alle seid so furchtbar ungerecht.
Nobles Schweigen
Es geht auf Neun. Die Sangha schweigt.Die Stille wird zum edlen Band.Gemeinschaft sich verbunden zeigtmit jedem einzelnen Verstand. Die Glocke ruft uns aus dem Schlaf.Bis nach dem Frühstück bleibt man still,teils weil man nicht sprechen darf,teils weil man nicht sprechen
Begegnung am Bahnhof Zoo
Zum Bahnsteig hoch! Mir schmerzten schon die Beine,so rannte ich. Die Türen gingen zu.Der Zug fuhr fort, doch ich war nicht alleine.Am andern Ende dieses Bahnsteigs: Du. Ein Lächeln, so als kennte man sich ewig.Drei Stunden, und dann kommt die
Mahnung zur Geduld
Ungeduldig wart ich auf das Resultat.Lächelnd mahnst du: Nur was hier ist, findet statt.
Auf der Suche nach dem Glück
Klar: Wir können unser Glück nicht halten.Glücklich werden können wir versuchen.Glück ist flüchtig. Und bald ist’s beim Alten:Dass wir jedem unsrer Tage fluchen. Weiser scheint’s, mit Glücklichsein zu starten.Denn das Werden ist im Sein bereits verborgen.Vorteil: Ich muss gar nicht
Richtig popichtig
Fein geblasen die Oboe!Stolz neigt sich der Oboist.Kein Verriss ihm heute drohe,weil’s so hübsch geraten ist. Und der Kritiker nückt wüchtig:„Sein Spiel war heute ziemlich gut.Jeder Ton präzis und richtig,wie man’s mit Oboen tut.“ Doch war Richtigkeit im Grundenie des
Der Beamte
Tief scheint der Schmerz zu sitzen. Umklammerstsorgsam das sorglose Leben. Und heiter leistestdu dir ein Lächeln – nach der Pensionierung
Aller Anfang?
Fragst du dich: „Wie nur beginnen?“,wird der Anfang schon zur Last.Das Werk wird seine Form gewinnen,ist der Schöpferschwung zu Gast.
Jemandem ins Poesie-Album schreiben
Glaubst du, dass man dem Edlen unddem Makellosen huldigt?Nur der ist übler als ein Hund,der sich niemals entschuldigt.
Neuanfang
Das Unrecht schlug zu.Rasch. Unerwartet.Der Dinge Lauf – duhast ihn gestartet. Vorbei. Verlorn.Jetzt heißt’s warten.Aus dem Zartenwird Neues gebor’n. Und die Kraftbald schon erstehtaus der Quelle des Herzens.Unrecht verweht.
Ausgebremster Schwung
Wochenbeginn. Ich fühl mich erneuertvoll gutem Willen, der mich befeuert:„Liebe und Arbeite. Mach dir ’nen Plan.Ehrliches Schaffen sei Ziel deines Strebens.“Schon nach acht Tagen ist alles vergebens.Könnt ich mich bessern, hätt ich’s schon getan.
Nach Hause
Lange Zeit war ich verreist.Nun fahr ich nach Haus.Fremde Nahrung, fremde Nasen,bald bin ich zuhaus.Doch im Grunde weiß ich klar,dass mit jedem Schritt,den ich wach und achtsam ging,stets zuhaus ich war.
Der Erfahrungssammler
Wieviel darf ich aus dem reichen Leben kosten?Tausend Früchte werden überall serviert.Ja, was ist schon Leben, wenn man’s nicht verziert?Muss mich ganz trainieren, will ich nicht verrosten. Bereist die Welt – den Norden, Süden, Westen, Osten.Erfahrung auf Erfahrung hab ich
Wannisanmannanmann
(Später Nachtrag zu H. Grönemeyers Reflexionen) Bist ein Mann, wenn ohne Zagendu erträgst des Tages Plagen? Schlägt ein Mann, wenn’s sein muss, frischdie Faust recht laut mal auf den Tisch? Oder gilt dem Manne Achtung,der sich still übt in Betrachtung?
O du heilige Antike
Wenn die Griechen Felder pflügten,sind sie da in Togen rumgeeiert?Wurden Gladiatoren angefeuert?Im alten Rom? Auch wenn sie nicht siegten? Jeder zweite Römer war ein Krieger,jeder zweite Grieche Philosoph.Für die Zivilisation schön doof:Am Ende blieben die Barbaren Sieger. Jerusalem, Athen und
Wahn des Liebenden
Wie froh bin ich, dem Wahn verfalln zu sein,ich könnt allein nicht leben.Ich brauche keinen Therapeuten,die Heilung würde ich ihm nicht verzeihn. Im Irrenhaus hab ich’s mir eingerichtet,die Schlüssel weggeworfen.Und du bist meine Wärterin,die treu mir von der Außenwelt berichtet.
Erzähler und Lächlerin
Im Restaurant, da sitzt ein Typ,der hat sich selbst am liebsten lieb.Die Frau, die mit am Tische sitzt,recht höflich ihre Ohren spitzt.Doch bald schon lächelt sie gequält,da er ja nur von sich erzählt.Wie er einmal beim Attaché…Sie rührt gelangweilt im
Nachhall der um 9:15 Uhr geschlagenen Glocke
Die Brüder halten inne,umfasst vom heil’gen Dröhnen.Der Klang ermahnt die Sinne,sich an Klarheit zu gewöhnen. Der Ton hallt nach im Geiste,in der Gedanken Flug.Still grinst der Tempelmeister,der hier die Glocke schlug.
Spielplatz April Ungemütlich
Eine kühle Brise weht durch den Spielplatz.Im feuchten Sand ein verlornes Muschelförmchen.Lustlos wird die Babyschaukel ausprobiert.Die Hose eingesaut beim Rutschen,was der Mutter egal ist,weil ihr alles egal ist,weil sie müde ist,keine Türkin.Ein Zweijähriger hackt auf die Buddelumrandung.„4. Dezember 19..“ Granit.Friedhofsschrott.Musste
Ein feines Mahl
Sanfter Dampf dem Barschfilet entweicht.Schwarzgrün schlängelt sich die Algenpasta.Ein 12er Sauvignon passt fast ins Raster,wenn man gleich vor dem Barsch ihn reicht. Die Nudeln weich, der Wein wirkt heut recht leicht,den Gaumen kitzelt’s wie ein böses Laster.Mango-Mousse in Schal’n aus
An den Narren
Woher kommt die Zuversicht?Woher kommt die Blindheit?Alt, und kennst das Leben nicht,steckst du in der Kindheit. Mutig sollen wir dich nennenund wir täten’s auch,könnten wir nur mal erkennen:Geist führt deinen Bauch. Dumme Taten schaden doppelt,wenn ein Mächtiger sie tut.Kopf und
Verzweiflung eines jungen Mannes
Zorn ohne ZielMut ohne MaßGeil ohne GriffWut ohne was. Liebe als RauschWille als WahnAngst vor BanalemOhne Sinn der Spaß. Resignationund Ungeduld. Und tief drinnenwill die frierende Kinderseelezugedeckt werden.
Schnurzgedicht
für Andrés Atala Quezada Ich kannte mal ein Mädchen,das war so schlau und schön,aus einem Schweizer Städtchen.Wer könnt da widerstehn. So stilvoll und bescheiden,so herzlich und so nett.Und jeder konnt sie leidenund wollt mit ihr ins Bett. Dann lernte sie
Nach einem schlimmen Freitag
Wenn ich mich sehr betrunken hab,geht’s mir wie Jesus in dem Grab.Man sieht mich wieder nach zwölf Stunden,bestaunt noch meine Freitagswunden,ist froh, dass ich noch bin vorhanden:„Ach! Der Herr ist aufgestanden.“
Bewunderung einer Schauspielerin
Ich weiß, wo sich des Schreitens Anmutpaart mit irrem Spieldrang hellen Geistes.Sie mimt, die Kartoffeln zu wässern auf leerer Bühne– Greisin im Garten, gehasst vom Sohn.Wo lockend lächelnd die kindhafte Dameihr Recht aufs Paradies zu erwirken sucht,dann auf dem U-Bahn-Sitz
Einer
Ach, könnt’ mein Auge lächeln mit der Welt.Die Tränen rinnen.Und nichts, nichts kann ichheute beginnen. Ach, graden Rückens lief ich gern durchs Leben.Ich wandre gebeugt.Von Gram und Schwächlichkeitmein Gehen zeugt. Ach, könnt ich freien Herzens singen.Ich bleibe stille.Und so auch
Kleines Lied
Wüssten Christen von verpassten Lüsten,küssten Esten den verwaisten Posten.Rosten Kostenposten aus Ost-Boston?Schluss denn mit verhasstem Hasten. Was denn?Gestressten Reste-Gästen aus dem Westen fast’n Fest verpesten!