469., 470., 471., 472. Nacht – Pullach, Sonnenblumen, Chi und Che

Pullach, Sonnenblumen, Chi und Che

Und wieder muss ich eine Nachricht in die Rubrik „Meldungen, die ich nicht verstehe“ einordnen. „BND-Mann spioniert für CIA“. Ja, dachten denn die Chefs des BND, der junge Mann würde seinem Verein in Pullach bei München treu bleiben, nur weil er dort das Spionage-Handwerk einst erlernte? Ein Blick in die Welt des Fußballs hätte geholfen zu verstehen, dass man als Profi seit den späten 70ern dem Verein dient, der einem am meisten bietet. Für die Fußballer sind das Real Madrid, AC Mailand, Arsenal London, FC Barcelona und Bayern München. Für die Spione die CIA und die NSA. Auch hier fallen nach und nach die traditionellen psychologischen Grenzen altmodisch-patriotischer Treue.
Und so fordert der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff: Ab heute wird zurückspioniert. Schockenhoff, der Spionage-Experte, weiß als Alkoholsüchtiger, wie man schummelt. Nach einer Auto-Scooter-mäßigen Schlängellinien-Fahrt in seinem Mercedes, rammte er mehrere Fahrzeuge und beging Fahrerflucht. Als man ihn später zuhause aufsuchte und seinen Blutalkohol maß, stellte der Blutalkoholtester eine Konzentration von 2,3 Promille fest. Schockendorf, der Schlaue, wie man ihn seither vermutlich nennt, behauptete, höchstens ein Glas Weißwein vorher getrunken und eine Flasche Rotwein entkorkt zu haben. Zuhause aber habe er sich nach seinem Schnee-Schnee-Schnee-Schnee-Walzer-Drive vor lauter Scham sinnlos besoffen.
Im Juristendeutsch nennt man dieses schamlose Schutzverhalten „Nachtrunk“. Nachtrunk kann man beispielsweise auch anwenden, wenn man in betrunkenem Zustand von der Polizei herausgewunken wird: Man greift in die Jackentasche, holt den Flachmann raus und grüßt: „Guten Abend, Herr Wachtmeister, ich wollte hier sowieso parken. Und Prost übrigens.“ Dann leert man die halbvolle Flasche und behauptet später, sie sei voll gewesen. Man kommt bei solch einem Verhalten mit einer leichten Ordnungsstrafe weg. Und ich wette, dass spätestens wenn Kloppsköppe wie Schockenhoff dies tun, jeder noch so liberal gesinnte Richter das Prinzip „in dubio pro reo“ verfluchen wird.
Das Verfahren, mit dem man – ehrliche Angaben vorausgesetzt – den Nachtrunk abziehen und den Alkoholgehalt im Blut feststellen kann, wurde von Professor Erik Widmark entwickelt, der die nach ihm benannte Widmarkformel

aufstellte.
Sein ganzes Berufsleben widmete sich Widmark der Erforschung dieses Themas, und diese Formel bringt sein Lebenswerk auf den Punkt, so wie Einsteins E= m*c2 , die ja als die Krönung aller Formeln gilt und angeblich schwer zu verstehen. Wobei ich behaupte, dass sie mir doch irgendwie einleuchtender vorkommt als das bereits erwähnte
.
Wenn man Widmarks Werk angemessen ehren will, sollte man sich nicht mit solchen Advokaten-Tricks wie „Nachtrunk“ und „Im Zweifel für den Angeklagten“ herausreden können. Und ehren muss man diesen schwedischen Chemiker auf jeden Fall, wird doch seine Biografie durch zwei unschöne Jahreszahlen umklammert; denn genau wie Hitler wurde er 1889 geboren und starb im Jahr 1945 sogar am selben Tag wie dieser Nichttrinker, der im FAZ-Magazin-Fragebogen unter „Welche historische Persönlichkeit verachten Sie am meisten“ von den meisten Promi-Ausfüllenden mit vorhersehbarer Regelmäßigkeit genannt wurde, nämlich am 30. April.
Überhaupt lag im April 1889 nicht nur Hitlers Mutter in den Wehen, sondern auch die vom späteren Mini-Schnurrbarerfinder Charlie Chaplin und den Nazis Glücks und Salazar.
Geboren wurde 1889 im Übrigen auch der Eiffelturm in Paris, wenn mir die Freiheit gelassen wird, die Fertigstellung eines Gebäudes als Geburt zu bezeichnen. Die Pariser waren über das Monstrum entsetzter als die Berliner über die Bebauungspläne des Tempelhofer Feldes. Sie starteten eine Unterschriftenkampagne, um das damals höchste Gebäude der Welt wieder abreißen zu lassen. Und wenn die Franzosen es mit der Demokratie genau nähmen, müsste man den Eiffelturm im Nachhinein abreißen, aus Respekt für den plebiszitären Willen der Ururgroßeltern. Vielleicht lässt man ihn ja nur deshalb stehen, weil sonst sämtliche in Paris spielenden Liebesfilme neu gedreht werden müssten.
An seinen im Jahr 1888 gemalten Bildern „Fünf Sonnenblumen in der Vase“, „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“ und „Drei Sonnenblumen in der Vase“, hatte sich Vincent Van Gogh offenbar dermaßen aufgegeilt, dass er im Sommer 1889 noch einmal „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“, dann „Zwölf Sonnenblumen in der Vase“ und noch ein letztes Mal „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“ hinterherschob. Der finanzielle Erfolg gab ihm leider erst post mortem recht.
Obwohl ich dem Spätimpressionismus gegenüber durchaus aufgeschlossen gegenüber stehe, fällt bei mir eine mentale Klappe, sobald Van Gogh seinen Tuschkasten öffnet. Ich könnte sagen, dass mich dieser Kommapointilismus in den Wahnsinn triebe, in Wirklichkeit hat es wahrscheinlich mit einem frühkindlichen Trauma zu tun. Als ich drei Jahre alt war, hing das deprimierende „Caféterrasse am Abend“ schräg gegenüber meinem Kinderbett. Allenthalben heißt es, das Ölgemälde zeige die Verlorenheit des Individuums in der nur scheinbar warmen Gesellschaft – wollten mich meine Eltern schon so früh auf die Kälte der Gesellschaft vorbereiten? Merci, Papa et Maman.

Warum aber stürzte sich Vincent ausgerechnet auf Sonnenblumen? Waren sie für den armen Maler billiger zu haben als etwa Tulpen? Oder hatte er selbst einen kleinen Sonnenblumengarten, um zum Beispiel Sonnenblumenöl zu pressen, welches einerseits sehr mild und schmackhaft ist, aber andererseits wegen seines niedrigen Siede- und Rauchpunkts nicht zum Frittieren benutzt werden darf. Unwahrscheinlich hingegen, dass er von der im ostslawischen Raum praktizierten Sonnenblumenölkur gehört hatte, welche heutzutage in gesundheits-esoterischen Kreisen ein Schattendasein unter den Entschlackungskuren fristet.
Den aus der Metallurgie und der Dampflok-Technologie stammende Begriff der Entschlackung führte übrigens Otto Buchinger nach dem Ersten Weltkrieg in die Ernährungsphysiologie ein und verschwurbelt damit noch nach seinem Tod bis heute die Köpfe vieler sich um ihr Gedärm Sorgender. Vielleicht war ihm die Verschwurbeltheit sozusagen in die Wiege gelegt, so war er erst ein großer Kriegsbefürworter und wurde später zu einem der wenigen deutschen Quaker, einer zwar pazifistischen aber ansonsten recht wirren US-amerikanischen Sekte, deren zweitgrößte Community übrigens in Bolivien beheimatet ist.
Nach Bolivien exportierten die Nordamerikaner aber nicht nur ihre kuriosen Religionen, sondern auch Putsche und Konterrevolution, und im Jahr 1969 ließ die CIA im bolivianischen Dschungel den Guerillero Che Guevara ermorden. Was hätten sie mit dem BND-Mann gemacht, wenn er sich geweigert hätte?

***

469. Nacht

Als der fromme Jude, den die Muslimin verführen will, ihre Absichten mitbekommt, geht er aufs Dach (angeblich um zu beten) und stürzt sich von dort in die Tiefe. Aber Engel halten seinen Fall, und ihm geschieht nichts Böses.

470. Nacht

Die Frau des treuen Mannes wird für seine Gottesfurcht mit von Allah herbeigezaubertem Brot im Ofen und einem plötzlich durchs Dach des Hauses fallenden Rubin belohnt. Im Traum sieht sie den Sessel ihres Mannes im Paradies, dem der Rubin fehlt. Und sie sagt ihrem Mann:

„Lieber Mann, bete zu deinem Herrn, er möge diesen Rubin an seinen Ort zurückkehren lassen; es ist leichter, in den wenigen Tagen auf Erden Hunger und Armut ertragen zu müssen, als ein Loch in deinem Sessel unter den Gerechten zu wissen.“

Nach dem Gebet des Mannes steigt der Rubin wieder zum Himmel auf.

Reduktion Allahs auf eine Art Weihnachtsmann, der den artigen Erwachsenen ihre Wünsche erfüllt.

*

Die Geschichte von El-Haddschâdsch und dem frommen Manne

El-Haddschâdsch ibn Jûsuf eth-Thakafi lässt „einen von den Vornehmen“ in einen Kerker sperren.

Wer "die Vornehmen" sein sollen, bleibt unklar.

Anscheinend will El-Haddschâdsch ihn verhungern lassen, doch der Gefangene betet zu Gott, und am nächsten Tag ist die Zelle leer. Der Kerkermeister in Angst, nun zum Tode verurteilt zu werden, nimmt von seinen Angehörigen Abschied, legt sich Spezereien auf, nimmt ein Leichentuch unter den Arm und tritt vor El-Haddschâdsch.

*

471. Nacht

El-Haddschâdsch klärt den Kerkermeister auf:

„Weißt du denn nicht, dass Der, den er nannte, als du anwesend warst, ihn befreite, während du abwesend warst?“

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Die Geschichte von dem Schmied, der das Feuer anfassen konnte

Ein frommer Mann hört von einem Schmied, der das Feuer anfassen kann und sucht diesen auf. Er beobachtet ihn und bittet ihn, über Nacht bleiben zu dürfen.
Da aber der Gast den Wirt nicht zum Gebete aufstehen sah, noch sonst irgendein Zeichen besonderer Frömmigkeit auf ihm bemerkte, so sagte er sich: „Vielleicht verbirgt er sich vor mir.“
Als er ihn auch an den folgenden Tagen keine außergewöhnlichen, sondern nur die „verdienstlichen“ Handlungen ausführen sieht, stellt er ihn zur Rede, und der Schmied berichtet, dass er einst eine Frau zu verführen versuchte, diese aber keusch blieb. Auch als sie Hunger litt und er sie mit Essen zu erpressen versuchte, blieb sie standhaft.

„Der Tod ist besser für mich als die Strafe Allahs des Erhabenen.“

Heißt das, Allah würde sie strafen, wenn sie vor Hunger sich prostituieren würde?

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472. Nacht

Nach mehreren Tagen kommt der Schmied zur Besinnung, und ihm wird klar, was er getan hat. Er bereut im Gebet und gibt der Frau die Speise.
Als die Frau sein Reuegebet hört, betet sie:

„O, mein Gott, wenn dieser die Wahrheit spricht, so lasse das Feuer in dieser Welt und im Jenseits ihm nichts anhaben. Denn du hast über alle Dinge Macht, und wenn du erhören willst, so ist es vollbracht.“

Am selben Tag fällt ihm eine brennende Kohle auf den Leib, und sie konnte ihm nichts anhaben.

Michael Hartmann, Kranzgeld und ASV-Trainingsanzüge, 467.-468. Nacht

Michael Hartmann, Kranzgeld und ASV-Trainingsanzüge

In die seltene Rubrik „Nachrichten, die ich nicht verstehe“, ordnete ich am dritten Juli unwillig die Meldung ein, beim SPD-Bundestags-Abgeordneten Michael Hartmann sei nach einer Hausdurchsuchung kein Crystal Meth gefunden. Sie liest sich wie eine Fake-Nachricht. „Hausdurchsuchung in Kindertagesstätte: Keine chemischen Kampfstoffe gefunden.“ oder eine Nicht-Nachricht: „Angela Merkel schon wieder nicht schwarzgefahren.“
Die Hartmann-Meldungen sind lang, die Hartmann-Meldungen sind breit, warum auch nicht, der Leser hat Zeit, möchte ich einen alten Klospruch abwandeln; aber trotz Länge und Breite erfährt der willige Medienrezipient nicht, warum man sich von einer Wohnungsdurchsuchung bei SPD-Bundestags-Abgeordneten verspricht, Crystal Meth zu finden? War Hartmanns Haut durch die mit dem Konsum dieser Droge einhergehenen Talgdrüsenentzündung auffallend picklig geworden? Hat man bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert und vermutet nun, dass er dem Beispiel des Antihelden Walter White folgen und diese Droge zuhause produzieren würde, um für die Nachkommen vorzusorgen?
Ausgerechnet Michael Hartmann, der für einen harten Kurs gegenüber selbst weichen Drogen eintritt, wie man erfährt, wenn man gugelt, um etwas über einen Abgeordneten zu erfahren, von dem man noch nie etwas gehört hat. Jetzt hat Michael Hartmann seine Warholschen fifteen minutes of fame, aber nicht durch etwas Spektakuläres wie ein Crystal Meth Labor, sondern durch das Nichtvorhandensein eines solchen. Schwer zu sagen, welche Art von Ruhm einem da lieber wäre.
Hartmann ist, wie man lesen muss, auch Mitglied des Stiftungsrats des Hohen Doms zu Mainz, einem derart alten Dom, dass sich niemand mehr erinnern kann, wann er gebaut wurde und dessen neun Glocken nur dann gleichzeitig läuten, wenn katholische Mega-Events wie Pontifikalämter und Hochfeste anstehen. Bei Pontifikalrequien hingegen läuten die ersten acht Glocken, bei Pontifkalvespern die Glocken 1, 3, 5, 6, 7 und 8.
Vermutlich werden sich außer mir viele Nicht-Katholiken und eventuell sogar eine ganze Reihe Katholiken fragen, was denn ein Pontifikalamt sei, wem es dient, ob man es essen kann und ob man seine Straßenschuhe anbehalten darf. Ich muss erfahren, dass dieser Begriff in der katholischen Kirche eine Heilige Messe bezeichnet, der ein Priester vorsteht, der zum Tragen der Pontifikalien berechtigt ist. Vielen Dank für diese Definition, liebe Wikipedianer. Sie erinnert mich an die Tautologien mathematischer Definitionen, die mich in meiner Teenagerzeit, von der Wahnvorstellung, einmal Mathematiker zu werden, kurierten, etwa: „Ein Vektor ist ein Element eines Vektorraums, das zu anderen Vektoren addiert und mit Zahlen, die als Skalare bezeichnet werden, multipliziert werden kann.“
Aber ich bin nicht faul und binge auch noch „Pontifikalienträger“. Dieser darf, im Gegensatz zu uns gewöhnlichen Sterblichen, die keine Pontifikalien tragen, zum Beispiel Jungfrauen weihen, die geweiht werden, weil sie Jungfrauen bleiben, und zwar nicht weil sie keinen abgekriegt haben, sondern weil sie ihre Jungfräulichkeit der Kirche gewidmet haben.
Die Jungfräulichkeit hat bekanntlich in Deutschland im Laufe der letzten 1.000 Jahre immer mehr an sozialer Relevanz verloren, und das sollte man begrüßen, wenn nicht sogar in unregelmäßigen Abständen zelebrieren. Einen Meilenstein der lobenswerten Jungfräulichkeitsprofanisierung setzte die rotgrüne Koalition unter Gerhard Schröder. Eigentlich kann und sollte man die Täter und Mitläufer dieser Bande für all das politische Übel, das sie angerichtet hat, immer wieder schelten und sie scheeler Blicke würdigen, wenn sie sich einem auf Sichtweite nähern. Doch bei aller Scheel-Blick-Würdigung darf man nicht vergessen, dass erst diese Regierung es im Jahr 1998 fertiggebracht hat, den Paragraph 1300 des BGB zu streichen, nach welchem Männern, die ihre Verlobte deflorierten, sie dann aber nicht heirateten, die Zahlung eines sogenannten Kranzgeldes drohte. Wie, so frage ich mich, lief in einem solchen Prozess eigentlich die Beweisführung, wenn etwa der Deflorierer seine Beteiligung an der Hymenzerstörung abstritt und seiner Widersacherin unterstellte, die Deflorierung unter Zuhilfenahme eines Massagestabes, eines Mittelfingers oder einer handelsüblichen Gurke selbst vorgenommen zu haben?
In Sachen sexueller Revolution war ja die DDR dem Westen oft voraus. Der laxe Umgang in Sachen Nudismus, die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und Homosexualität sowie die Freiheit der Frauen, ihren Gatten nicht um Erlaubnis fragen zu müssen, wenn sie eine Erwerbsarbeit aufnehmen wollten, können als Beispiele ebenso herhalten wie der Umstand, dass der Kranzgeld-Paragraph bereits 1957 gestrichen wurde.
Ein ereignisreiches Jahr für den ersten Arbeiter- und Bauernstaat. (Ich habe mich übrigens immer wieder gefragt, was der entscheidende Unterschied zwischen einem Arbeiterstaat und einem Bauernstaat sei, bzw. zu welchen Anteilen die beiden Komponenten Arbeiter und Bauer die DDR zu einem Arbeiter- und Bauernstaat werden ließen. Ist das wie bei Nuss-Nougat-Creme? Die Nüsse sind die Hauptzutat, und dann erst das Nougat? Die ikonografische Glorifizierung des an der Maschine mit groben Fäusten werkelnden Proleten, der auch am 1. Mai stolz seine Stahlgießerschürze trägt, und dagegen das eher Peinlich-Berührtsein vor dem Auftreten eines Schweinestallbauern spricht für diese Reihenfolge. Aber auch in der Nuss-Nougat-Creme ist der Hauptanteil eigentlich Zucker, so wie im Politbüro dann auch die Bürokraten das Heft in der Hand hielten. Der einzige Bauer war eigentlich der sich als Dachdecker ausgebende Honecker. Exkurs Ende.)
Nicht nur wurde 1957 der Kranzgeldparagraph in der DDR abgeschafft, der Osten schlug der BRD eine Konföderation vor, und am 28. April wurde der Deutsche Turn- und Sportbund gegründet, der in 17 Bezirks-Unterorganisationen untergliedert war, obwohl die DDR eigentlich nur 15 Bezirke hatte. Die restlichen beiden waren der Stasi-eigene Club Dynamo und der Armee-Sportverein dessen ekelhaft-braune Trainingsjacken uns noch heute auf der Straße begrüßen, wenn sich hirnlose Hipster dieses Kleidungsstück, welches einst in der Freizeit überambitionierten NVA-Majoren oder resignierten Sportlehrern vorbehalten war, überziehen, und dessen extreme Hässlichkeit sich geschmeidig in die ansonstene Uneleganz des gemeinen Hipsters einfügt, dessen Anziehsachen-Beschaffung folgenden sich Prinzipien unterwirft:
– Farben müssen sich möglichst beißen und das Ugliest oft he last 100 years versammeln, etwa Neongrün, Stuhlgangsbraun und Rentnerbeige.
– Jacken, Hosen, Taschen alles drei Nummern zu klein, und mindestens so, dass man sich nicht mehr bequem darin bewegen kann.
– Alles, was man der Körper selbst produziert oder man am Körper manipulieren kann – Haare, Fingernägel, Bart, Tätowierungen und Ohrlöcher – so entsetzlich groß, dass Anfassen sich von selbst verbietet.
Ein Ohrloch zu einem Riesen-Fleischtunnel auszuweiten, bedarf einer Menge Geduld, da man pro Monat immer nur ein bis zwei Millimeter erweitern darf. Wenn ich einen Mann mit Kleinstfleischtunnel erblicke, möchte ich ihm zurufen: „Halte ein! Du wirst das Ausmaß des Fremdschämens, das deine Kinder beim Erreichen der Pubertät einst ohnehin in deiner Gegenwart verspüren werden, verachtfachen. Und wenn dir das als Argument nicht genügt, so sei dir gesagt, dass sich die unangenehme Geruchsbildung der sich im Ohrloch bildenden Talgdrüsen mit jedem Millimeter Durchmesser verschärft und, wenn man einschlägigen Berichten Glauben schenken darf, sehr an Untenrum erinnert. Verklebte Talgdrüsen und damit einhergehender Geruch – ein Problem, das wir notabene auch bei Crystal-Meth-Konsumenten beobachten können. Brachte Hartmann die Polizisten vielleicht durch fortwährende Müffelei auf seine Spur?

***

467. Nacht

Zu ihrem Unglück schwimmt einer der Seeleute zu ihrer Planke und bedrängt sie:

„Bei Allah, schon als du noch auf dem Schiffe warst, gelüstete mich nach dir; jetzt aber, wo ich bei dir bin, lass mich meinen Willen an dir tun, sonst werfe ich dich allhier ins Meer.“

Schließlich wirft er nicht sie, sondern das Kind ins Meer. Auf ein Stoßgebet hin, erscheint ein Ungeheuer, das ihn von der Planke mitreißt.
Nach einem Tag trifft sie auf ein Schiff, das sie aufnimmt und dessen Besatzung auch das Kind vom Rücken des Ungeheuers geborgen hat.

Der Erzähler berichtet, er habe der Frau, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, Geld geben wollen.

Aber sie rief: „Weg damit, du Tor! Sagte ich dir nicht, wie Er gnädig spendet und in seiner Huld alles zum Guten wendet? Soll ich Wohltaten von jemand anders annehmen als von Ihm?“

Sehr eigenwillig. Wie erhält sie Nahrung, wenn nicht von Menschen oder eigener Arbeit? Gott als eine Art Weihnachtsmann?

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Die Geschichte von dem frommen Negersklaven

Mâlik ibn Dinâr berichtet, in Basra sei einst der Regen ausgeblieben, und er und seine Gefährten gingen zu einer Gebetskapelle, wo sie einen Schwarzen mit seltsamen Körperlichen Merkmalen beten sehen. Er

betete zwei Rak’as, und beide Male war seine Haltung beim Stehen und Verneigen genau die gleiche.

Ist das erstrebenswert im Islam?

Nachdem der Schwarze Gott „bei deiner Liebe zu mir“ um Regen gebeten hat, fängt es an zu strömen

wie aus offenen Wasserschläuchen.

*

468. Nacht

Mâlik ibn Dinâr wirft dem Schwarzen Überheblichkeit vor:

„Du hast gesagt: Bei deiner Liebe zu mir. Woher weißt du denn, dass Allah dich liebt.

Der entgegnet:

„Wende dich hinweg von mir, o du, dem sein Seelenheil nichts gilt! Wo war ich etwa, als Er mir die Kraft gab, Seine Einheit zu bekennen, und mich mit der Kenntnis Seines Wesens begnadete? Meinst du vielleicht, er hätte mir die Kraft dazu verliehen, wenn Er mich nicht liebte?“

So sehr das Ganze auf eine weitere Frömmelei-Geschichte hinausläuft, so ist doch dieser Punkt bemerkenswert: Ein missgestalteter schwarzer Sklave wirft Mâlik ibn Dinâr, einem direkten Jünger Mohammeds fehlendes Vertrauen in Gott vor und beschämt ihn so.

Am nächsten Tag geht Mâlik ibn Dinâr zum Sklavenhändler, um den Sklaven zu kaufen, da er von ihm begeistert ist. Der Händler überlässt ihn für zwanzig Dinare mit der Bemerkung, er sei

„ein unseliger, unbrauchbarer Bursche, der die ganze Nacht hindurch nichts anderes tut als weinen und bei Tage nichts als bereuen.“

Mâlik ibn Dinâr eröffnet ihm:

„Nur deshalb habe ich dich gekauft, damit ich selber dir diene.“

Der Sklave jammert, dass nun sein inniges Verhältnis zu Gott bloßgestellt sei und wünscht sich den Tod, der auch sofort eintritt.

„Als ich in sein Antlitz schaute, lächelte er. Da war auch die schwarze Farbe der weißen gewichen, und sein Antlitz erstrahlte und wurde hell.“

*

Die Geschichte vom frommen Manne unter den Kindern Israel

Ein Jude und seine Frau fristen ihr armes Leben mit Korbflechten. Abends zieht er los, um die geflochtenen Fächer und Tablette zu verhökern.

Da kam er bei der Tür eines der Kinder dieser Welt, eines wohlhabenden und angesehenen Mannes vorbei.

Mit "dieser Welt" ist, so muss man wohl annehmen, die muslimische Welt gemeint.

Die Bewohnerin des Hauses aber verliebt sich in ihren Mann, und da ihr Gatte nicht da ist, versucht sie, ihn mit List zu sich hereinzulocken.

Sharing Economy – Eine Verteidigung – 466. Nacht

Erwiderung zu Tilman Baumgärtels „Teile und verdiene“

In der ZEIT vom 26.6.2014 nimmt Tilman Baumgärtel Unternehmen und Apps der „Sharing Economy“ unter die Lupe. Der allgemeinen Begeisterung von Nachhaltigkeit, partizipativem Wirtschaften und neuen Beziehungen stellt er sieben grundlegende Kritikpunkte gegenüber. Grundsätzlich kritisiert Baumgärtel, dass die neuen Produkte ihre Versprechen nicht halten, vielmehr unterliefen sie Rechtsvorschriften, kämen nur Reichen zugute und seien auch sonst irgendwie unmoralisch.
Eine Erwiderung Punkt für Punkt.
1. „Unternehmen unterlaufen Arbeitsstandards und Rechtsvorschriften“. Baumgärtel beschreibt das Problem am Beispiel von Mitfahr-Apps, deren Fahrer keinen Personenbeförderungsschein haben und deren rechtliche Konstruktion irgendwie fragwürdig sei. Baumgärtel scheint es entgangen zu sein, dass es Mitfahrzentralen schon seit Jahrzehnten gibt, und sogar eine ausgefeilte Rechtsprechung zur Problematik. Mitfahrgelegenheiten unterliegen rechtlichen Vorschriften. Dasselbe gilt für Ich-koche-für-dich-mit-Apps und Ich-leih-dir-meine-Bohrmaschine-Angeboten. Selbst wenn es Rechtslücken geben sollte (was bei der Fülle der Angebote durchaus anzunehmen ist), warum sollte man warten, bis die Lücke vom Gesetzgeber geschlossen würde? Das Internet selber ist in Rechtslücken gewachsen. Nach dieser Logik hätten wir in Deutschland immer noch kein Internet.
2. „Firmen bereichern sich an dem, was andere anbieten“
Formal gesehen hat Baumgärtel recht, aber wie sollte es anders gehen? Auch ein App-Entwickler muss bezahlt werden. Es stimmt, dass einige Unternehmen enorm gewachsen sind. (Letztlich kann man Ebay als einen der ersten Shared-Economy-Giganten bezeichnen.) Und es steht ja auch jedem frei, diese Vermittlungsdienste gratis anzubieten. Aber damit ist eben auch ein gewisser organisatorischer Aufwand und ein unternehmerisches Risiko verbunden.
3. „Es entsteht ein neues Prekariat aus Tagelöhnern“
Ich könnte Baumgärtel zumindest in seiner semantischen Kritik zustimmen, dass die Bezeichnung „Micro Entrepeneur“, den TaskRabbit für die Ikea-Regal-Zusammenschrauber und Einkäufe-Besorger gefunden hat, ein unangenehmer Euphemismus ist. Aber entsteht hier wirklich ein „neues Prekariat“? Dafür müsste man sich natürlich genauer anschauen, wer hier seine Dienste anbietet. Baumgärtel vermutet hier wahrscheinlich nicht zu Unrecht Arbeitslose, Studenten, Rentner und Hausfrauen, die er „bemitleidenswert“ nennt. Nehmen wir die Studenten. Als Student wäre ich in gewissen Zeiten froh gewesen, zu den Umzugs-Jobs der studentischen Arbeitsvermittlung eine Alternative gehabt zu haben. Ist denn die Lage irgendeines Arbeitslosen oder eines Studenten dadurch weniger prekär, dass sie dem um die Ecke wohnenden Lehrer mit zwei linken Händen das Ikea-Bett nicht zusammenschrauben? Aber Baumgärtel bezeichnet dieses Prekariat als „neu“. Sollte also ein Prekariat entstehen, wo vorher noch keines war? Wie soll man sich das vorstellen? Ikea muss seine im teuren Montage-Service angestellten Beschäftigten entlassen, die sich nun mit TaskRabbit über Wasser halten müssen? Vielmehr wird es doch wohl so sein, dass den prekär sich durchwurschtelnden Studenten, Künstlern, Rentnern ein paar Optionen mehr als bisher zur Verfügung stehen. Und wenn eine Rentner (was haben eigentlich die Hausfrauen in dieser Aufzählung verloren?) einen nützlichen Zusatz-Job findet – warum nicht? Bringt ihn das in die prekäre Situation? Und wenn wir schon bei Service sind – schlechter als einer Friseurin in einem „echten“ Angestellten-Verhältnis kann es einem ja kaum noch gehen. Es entstünde, so Baumgärtel am Beispiel von Putzkräften, „eine Schattenwirtschaft, die wenig mit dem ursprünglichen Ziel der Sharing Economy zu tun hat, ungenutzte Ressourcen durch gleichberechtigten Tausch zwischen Anbietern produktiv zu machen“. Das klingt wie das Jammern eines Fans, der die alten Platten seiner Band besser findet. Wer sagt denn, was das „ursprüngliche“ Ziel gewesen sei? Wer wirklich einen Tausch im Sinne von „Ich streiche deine Wände, wenn du auf mein Kind aufpasst“, im Kopf hat, begibt sich in Phantasie-Welten, die nicht einmal in der familiären Wirklichkeit Anschluss finden. Wenn das böse Geld zu irgendwas Nutze ist, dann ja wohl dafür, dass man nicht mit seinem geernteten Apfel warten muss, bis jemand vorbeikommt, der das begehrte Ei anbietet.
4. „Die Tauschwirtschaft nützt vor allem jenen, die selbst haben und besitzen.“
Am Beispiel der befristeten Wohnungs-Untervermietung zeigt Baumgärtel, dass in den USA ausgerechnet diejenigen mehr verdienen, die bessere Wohnungen anbieten (können). Und das findet er „verblüffend“. Aber was genau ist daran verblüffend? Wäre es nicht umgekehrt erstaunlich, wenn der Vermieter einer runtergekommenen Einraumwohnung in einer Gegend mit hoher Kriminalität mehr Geld verdienen würde als sein Pendant im Nobel-Viertel. Man kann und soll Segregation von Stadtvierteln kritisieren und bekämpfen. Aber in der Sharing Economy ist wohl der falsche Platz dafür. Wundert sich Baumgärtel auch darüber, dass er in Hotels und Herbergen der Londoner Innenstadt mehr zahlen muss als in Hackney oder Acton?
5. „Aus idealistischen Ideen wurden renditeorientierte Geschäftsmodelle“. Der fiese Google-Konzern habe gezeigt, dass „idealistische Ideen“ ins Böse kippen können. Und das drohe nun auch Plattformen wie couchsurfing.org. Tatsächlich ist aus couchsurfing.org ein großes Unternehmen geworden. Aber kurioserweise erzielt gerade diese Plattform bislang noch gar keine Einnahmen.
Tatsächlich erwähnt Baumgärtel auch die eigentliche Streitfrage, nämlich wem eigentlich die Rechte an den Quellcodes gehören, die gemeinschaftlich erschaffen wurden. Tatsächlich nähern wir uns da den Problemen des Übergangs zu einem renditeorientierten Unternehmen. Die Frage ist aber dennoch, ob dieser Übergang schlecht sein muss. Wer sagt, dass die „idealistischen Ideale“ auch eine bessere Wirklichkeit erzeugen? Auch Google, das von Anfang an gewinnorientiert arbeitete, hat sein hübsches Motto „Sei nicht böse!“ bis heute nicht aufgegeben.
Als sich Mitte der 90er Jahre die Mitfahrzentralen langsam durchsetzten, sank die Bereitschaft der Autofahrer drastisch, Anhalter mitzunehmen. Wie habe ich mich geärgert! Aber ich musste doch einsehen, dass ich für wenig Geld doch recht viel gewann: Nämlich die Planbarkeit der Reise und die Sicherheit zu wissen, zu wem man ins Auto steigt.
6. „Vertrauen wird ersetzt durch Kontrolle“
Baumgärtel beklagt hier, dass „die kommunitaristischen Werte, die die Sharing Economy propagierte“ im Schwinden begriffen ist, da Bewertungssysteme eingeführt würden, Haftpflichtversicherungen notwendig werden usw. Ja wie nun? Einerseits wird das Unterlaufen rechtlicher Bestimmungen beklagt, solange der Branchenzweig noch klein ist, und andererseits will man die rechtliche Absicherung auch nicht haben? Der Blick auf die krassen Einzelfälle (Betrug bei Handelsplattformen, Gewalt bei Mitwohngelegenheiten), die ja gerade erst zu rechtlichen Anpassungen führten, versperrt aber auch den Blick darauf, dass z.B. eine Plattform wie Ebay (die Baumgärtel seltsamerweise überhaupt nicht als erfolgreichstes Beispiel der Sharing Economy erwähnt) nach wie vor in großem Maße auf einer guten Balance von Vertrauen und Kontrolle beruht.
7. „Menschliche Beziehungen werden zur Ware“
„Die Tauschwirtschaft“, so schreibt Baumgärtel, „ermutigt uns dazu unser ganzes Leben als Kapital zu betrachten. (…) Aktivitäten, die auch einem guten Zweck dienen könnten – Handarbeiten für den Adventsbasar der Kirchengemeinde, Einkaufen für die gehbehinderte Nachbarin -, erscheinen in der Sharing Economy auf einmal als unrentabler Zeitvertreib.“
Was für Beispiele! Sollte der Adventsbasar der Kirche nicht einmal Geld einbringen? Ist nicht die Handarbeit für den Basar schon Handeln im Sinne ökonomisierter Rationalität? (Die sich allerdings teilweise traditionell dermaßen verselbständigt hat, dass niemand mehr fragt, ob jemand die in stundenlanger Arbeit gehäkelten Topflappen oder die ollen Bücher vom Dachboden jemand auch kauft.) Wer seiner gehbehinderten Nachbarin hilft, wird doch von den Optionen der Sharing Economy nicht davon abgehalten. Eher ist anzunehmen, dass hilfsbereite Menschen eben mehr in der Sharing Economy aktiv sind, als die, denen das nur als Kokolores erscheint.

466. Nacht

Der Bruder, der die fromme Frau des Juden hatte steinigen lassen, wird vom Krebs im Gesicht befallen;

die Frau, die sie geschlagen hatte, erkrankte am Aussatz, und der Schelm ward vom Siechtum heimgesucht.

Dem Richter wird nach seiner Rückkehr erzählt, seine Frau sei verstorben. Sie ist aber inzwischen ist in ihrer Zelle zu einer berühmten frommen Weisen geworden, bei der man um Rat sucht. Den drei Erkrankten wird ebenfalls geraten, sich an sie zu wenden.
Als die drei vor sie treten, sagt sie zu ihnen:

„Ihr Leute da, ihr werdet nicht eher von euren Leiden erlöst werden, als bis ihr eure Sünden bekennt.“

Erwartungsgemäß tun sie das auch.

Und alsbald ließ Gott, der Allgewaltige und Glorreiche, sie genesen.

Auch ihr Mann erkennt sie wieder.

Der Bruder des Richters aber und der Schelm und die Frau baten um Vergebung; und nachdem sie ihnen verziehen hatte, widmeten sich alle an jener Stätte dort der Anbetung Gottes und dem Dienst der frommen Frau, bis der Tod sie schied.

Diese Geschichte ist doch recht bemerkenswert, da die Juden hier nicht verächtlich gemacht, sondern sogar als fromm und gottesfürchtig beschrieben werden.

*

Die Geschichte von dem schiffsbrüchigen Weibe

Einer von den Nachkommen des Propheten erzählte

Durch diese Rahmung soll der Geschichte wohl mehr Glaubwürdigkeit verliehen werden.

Er trifft eines Nachts beim Spaziergang um die Kaaba eine klagende Frau, neben der ein schlafender Knabe liegt. Sie berichtet, dass sie vor einer Weile an diesen Ort wallfahren wollte und schwanger war. Das Schiff, auf dem sie sich befand, geriet aber in einen Sturm, und sie rettet sich auf eine Schiffsplanke, auf der sie das Kind gebiert.

„Als es nun auf meinem Schoße lag und die Wellen mich peitschten“ –,
Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann und hielt in der verstatteten Rede an.

440., 441., 442. Nacht

Versteher

In diesem Blog war vor knapp zwei Wochen von „Russland-Verstehern“ die Rede. Gemeint waren Journalisten und Politiker, die – vor allem durch fleißiges Benutzen des historischen Zettelkastens – Russlands Völkerrechtsbruch so sehr verstehen wollten, das aus dem Verständnis eine Entschuldigung wurde. Am Abend des Tages, an dem ich den Text geschrieben hatte, schlug ich die ZEIT auf, und da schrie mich das Wort „Russlandversteher“ schon in der Überschrift an. Und nun ist es omnipräsent. Ich wünsche mir im Nachhinein, es nicht benutzt zu haben. Natürlich wäre es leicht, den Blog-Eintrag zu umzuformulieren. Aber es sträubt sich in mir die Aufrichtigkeit gegenüber dem bereits Geschriebenen.
Ja, man muss Russland verstehen, im Sinne von „kapieren“, „begreifen“. Und letztlich habe auch ich das so geschrieben. Die außenpolitischen Husarenstücke von USA und Nato nach der europäischen Zeitenwende 89/90 haben das Völkerrecht zum Spielball willkürlicher Akte werden lassen – man nutzt es, wie es einem passt. Und auch die Anwesenheit von McCain und Westerwelle auf dem Maidan war keine diplomatisch sensible Geste.
Verstehen, aber nicht Entschuldigen. Und Jahreszahlen im Zettelkasten liegenlassen.

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440. Nacht

Die Sklavin Tawaddud wird weiter zu religiösen Themen befragt, u.a.: Gebet, Waschung, Glaube, Vertrauen.

„Wenn er [der Gläubige] aber Allah, den Allgewaltigen und Glorreichen, beim Beginne der Waschung nicht anruft und schweigt, so gewinnen die Teufel Gewalt über ihn, und die Engel wenden sich von ihm; dann flüstern die Teufel ihm arge Gedanken ein, so dass er dem Zweifel verfällt und den Wert der Waschung zunichte macht.“

Interessant doch, wie in der eigentlich monotheistischen Religion der Glaube an Engel, Geister, Teufel soweit hervorlugt, dass man meinen könnte, sie seien in der Vorstellung des Gläubigen ebenbürtige Rivalen Allahs.

„Denn der Prophet – Allah segne ihn und gebe ihm Heil! – hat gesagt: Eine fehlerlose Waschung treibt den Teufel von dannen und vermag die Grausamkeit des Sultans zu bannen.“

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441. Nacht

Weitere Themen, zu denen die Sklavin Tawaddud Fragen beantworten muss: Waschung mit Sand, Bedingungen und Handlungen des Gebets und Armensteuer. Letztere muss entrichtet werden

„von Gold, Silber, Kamelen, Rindern, Schafen, Weizen, Gerste, Hirse, Durra, Bohnen, Kichererbsen, Reis, Rosinen und Datteln.“

Zahlten die Kalifen auch Sekât?

Ein weites Feld eröffnet sich: Das Fasten und seine Gebote.

„Der Gebrauch von Salben und Augenschminke, der Staub der Straße, das Verschlucken des Speichels, der Erguss im Traume oder beim Anblick einer fremden Frau, der Aderlass und das Schröpfen; all das macht das Fasten nicht ungültig.“

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442. Nacht

Das Verhör geht weiter zu den Themen: Gebete der Nacht, Pilgerfahrt. Sie beantwortet alle Fragen ausführlich.

Als der Gelehrte ihre Worte vernommen und dadurch erkannt hatte, dass sie scharfsinnig, einsichtig und von durchdringendem Verstande war und wohlbewandert in der Rechtskunde, der Tradition, der Koran-Auslegung und vielen anderen Dingen, da sprach er bei sich selber: ‚Ich muss sie überlisten, so dass ich sie in der Versammlung vor dem Beherrscher der Gläubigen besiege.‘

Und so fragt er sie nach den wörtlichen Bedeutungen von wudû, salât, ghusl, saum, zakât, haddsch und dschihâd. Als auch dies alles richtig beantwortet wird,

waren die Überführungsversuche des Gelehrten zu Ende.

411., 412., 413., 414. Nacht

411. Nacht

Man begräbt die beiden, und der Erzähler berichtet, die Jungfrau sei seine Tochter und der Jüngling sein Neffe gewesen. Auf die Frage, warum er sie nicht vermählt habe, antwortete er:

"Ich fürchtete mich vor Schimpf und Schande; und jetzt bin ich beidem verfallen."

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Die Geschichte von dem irrsinnigen Liebhaber

Abu el-Abbâs el-Murrabâd erzählt von einer Reise nach el-Barîd. Er macht eine Pause in Hesekiel an dem berühmten Kloster, und er hört, darin lebten Irre.
Er betritt das Kloster, und drinnen sitzt ein "Irrer", der die ganze Zeit in Versen von seiner verlorenen Liebe klagt.
Abu el-Abbâs el-Murrabâd meint kalt:

"Sie ist gestorben." Da verfärbte sich sein Antlitz, er sprang auf und rief: "Woher weißt du, dass sie tot ist?" Ich antwortete: "Wenn sie noch lebte, so hätte sie dich nicht so allein gelassen."

Das sieht der Irre ein, legt sich hin und stirbt. Voller Schrecken begräbt man ihn.

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412. Nacht

Als Abu el-Abbâs el-Murrabâd nach Bagdad zurückkehrt, berichtet er die Geschichte dem Kalifen el-Mutawakkil.

Und er sprach zu mir: "Was hat dich dazu bewogen? Bei Allah, wenn ich nicht wüsste, dass du um ihn trauerst, so würde ich dich um seinetwillen strafen!" Und er trauerte um ihn den ganzen Tag über.

El Mutawakkil war ein Kalif aus dem 9. Jahrhundert n.Chr., von dem es auch ein Hunde- und Falkenbuch gibt, das man noch heute erwerben kann. Abu el-Abbâs el-Murrabâd ein damaliger Sprachgelehrter aus Basra.

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Die Geschichte von dem Prior, der Muslim wurde

Abu Bakr Mohammed ibn el-Anbari ist ebenfalls in christlichen Regionen unterwegs. Er rastet beim Lichterkloster nahe Ammûrija. Die Mönche dort sind äußerst gastfreundlich, er wird vom Prior Abd el-Massih empfangen.

Abd el-Massih = "Knecht des Messias"

Am nächsten Tage verließ ich sie, nachdem ich bei ihnen solche Eifer in der Andacht und solche Frömmigkeit gesehen hatte wie sonst noch nie.

Im Jahr darauf trifft er den Prior bei der Pilgerfahrt in Mekka. Dieser berichtet ihm, was zu seiner Konversion geführt hat:
Im Dorf verliebte sich ein muslimischer Jüngling in eine christliche Jungfrau, der immer an derselben Stätte sitzenblieb, um sie sehen zu können. Die Christen

hetzten die Dorfbuben wider ihn, und die warfen so lange mit Steinen auf ihn, bis sie ihm die Rippen zerbrochen und den Kopf eingeschlagen hatten.

Der Prior nimmt sich seiner an und pflegt ihn.

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413. Nacht

Nachdem die Jungfrau ihn so sieht, bekommt sie doch Mitleid mit ihm:

"Willst du nicht meinen Glauben annehmen, auf dass ich dich mit dir vermähle?" Doch er reif: "Allah verhüte, dass ich den Glauben an die Einheit ablege und mich der Vielgötterei ergebe." Da sprach sie: "So komm zu mir herein, tu mit mir, was du willst, und geh dann in Frieden deiner Wege!" "Nein", erwiderte er, "ich will nicht zwölf Jahre der Anbetung zunichte machen durch die Lust eines einzigen Augenblicks." Darauf sagte sie: "So geh alsbald von mir fort!" Doch er entgegnete: "Das erlaubt mir mein Herz nicht."

Das ist sozusagen der Kern der Geschichte: Der Bursche hält alle Arten von Demütigungen und Schmerzen um der Liebe willen aus. Aber sein Glaube geht ihm noch darüber.

Bei ihrer nächsten Aktion töten ihn die "Dorfbuben".
Die Jungfrau, von schlechtem Gewissen geplagt, träumt nun, dass ihr der Weg ins Paradies versperrt würde, und man gibt ihr im Traum zwei Äpfel.

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414. Nacht

Einen isst sie, den zweiten findet man bei ihr am nächsten Morgen.

Von nun ab enthielt sie sich des Essens und des Trinkens, und als die fünfte Nacht kam, erhob sie sich von ihrem Lager und wanderte zu dem Grab jenes Muslims. Dort warf sie sich nieder und starb.

Es entsteht ein Streit darüber, ob die Christen oder die Muslime sie bestatten dürfen, und als vierzig Mönche es nicht vermögen, ihre Leiche vom Grab des Jünglings fortzuziehen, einer der muslimischen Scheiche die dann liebevoll mit einem Leichentuch fortträgt, sind die Christen konvertiert:

"Fürwahr, die Wahrheit verdient es, dass man ihr folge."

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Die Geschichte der Liebe von Abu Isa zu Kurrat el-Ain

Abu Isa, Sohn von Harûn el-Raschîd, verliebte sich in die Sklavin Kurrat el-Ain und diese sich in ihn. Beide tun ihr Geheimnis nicht kund.

Das tat er, weil er stolz und von hohem Ehrgefühl beseelt war, denn er hatte sich die größte Mühe gegeben, sie von ihrem Herrn zu erwerben, aber es war ihm nicht gelungen.

So entschließt er sich zu einer List: Er überredet den Kalifen el-Mamûn dazu, seine Befehlshaber auf die Probe zu stellen,

"so würdest du erkennen, wer eine edle Gesinnung hat und wer nicht."

397. Nacht – Studierendenfutter

Wenn ich mal eine Liste "Bücher, die ich nach langem Hin-und-Her-Überlegen dann doch nicht gekauft oder gelesen habe" anlegen sollte, steht gewiss auch Bernhard Lassahns "Frau ohne Welt" drin. Dabei behandelt er ein Thema, das mir täglich Schmerzen bereitet – die angeblich "geschlechtergerechte Sprache". In den 90ern hatte ich manchmal noch gedacht, das "Innen" wäre als kleine Provokation ganz gut. Dann blieb es. Und dann wurde langsam klar, dass man es nicht aussprechen konnte. Was über Umwege wie die noch beschmunzelnswerten Komplett-Idiotien "Krankenschwesterinnen" führte, erreichte schließlich einen kollektiven Verblödungsschwung, so dass Wörter wie "Student" anscheinend kurz davor sind auszusterben, da der Anpassungsdruck zu hoch und das Sprachgefühl der Abiturienten verkümmert ist. (Studierendenfutter, Professierende)
Rechtsnormen waren wohl schon immer der Kreißsaal sprachlicher Zumutungen, aber die Arroganz, mit der die neue StVO in die Sprache pfuscht, schlägt dem Fass den Boden aus. "Zu Fuß Gehende", "Rad Fahrende" – aus einem Status wird eine permanente Tätigkeit. Die Chuzpe, dann auch die Fußgängerzone zur "Zu-Fuß-Gehenden-Zone" zu machen, brachten die Autoren dann doch nicht auf.
Das Argument der feministischen Sprachkritikerinnen ist immer wieder, mit Sprache würde Macht ausgeübt. Der Fehlschluss besteht darin, dass man eine Inklusion erzeugen will, die die Sprache nicht zu leisten imstande ist. Die Uneindeutigkeiten bleiben. Hörer würden sich, so heißt es, wenn von "Professoren" die Rede ist, sich hauptsächlich Männer vorstellen. Aber liegt das an der Sprache oder an den sozialen Tatsachen, den Diskriminierungen, die zu bekämpfen etwas mehr Anstrengung erfordert als ein Binnen-I zu schreiben?
Und dann kommt Bernhard Lassahn und schreibt "Frau ohne Welt". In der Buchbeschreibung des Verlags heißt es:

"Das feministische Ziel ist längst nicht mehr die Gleichberechtigung der Frau, sondern die Überwindung des Mannes als etwas Vorzeitlichem. Der Feminismus wendet sich gegen Mann und Mutterschaft und damit gegen die Familie. Wer den Feminismus gutheißt, schickt die Frau in eine kinderlose Weltfremdheit, die keine Zukunft hat. Er schadet allen."

Lassahn holt sich bei der Präsentation in unserem guten alten Zebrano-Theater Schützenhilfe ausgerechnet bei Arnulf Baring, Andreas Krause Landt und Monika Ebeling. Wenn man die Hand so weit nach rechts ausstrecken muss, um Gleichgesinnte zu finden, muss ich’s nicht lesen.

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397. Nacht

Wie zu erwarten war, bleibt der Jüngling auch in der dritten Nacht fern und die Jünglinge wollen ihre Blutrache an Abu Dharr vollstrecken,

"was das Gesetz des Islams vorschreibt."

Man bietet ihnen Wergeld an, aber das lehnen sie ab. Doch im letzten Moment trifft der Jüngling ein:

Wisset ihr nicht, dass keiner dem Tode, wenn er sich einstellt, entrinnen kann? Ich habe mein Wort gehalten, auf dass es nicht heiße, die Treue sein unter den Menschen geschwunden."

Und auch das Ende erinnert uns an Schillers "Bürgschaft", die freilich auch nur eine Bearbeitung der sizilianischen Legende von Damon und Phintias ist.

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Die Geschichte von dem Kalifen El-Mamûn und den Pyramiden

El-Mamûn, der Sohn des Kalifen Harûn er-Raschîd, reist nach Kairo, um dort die Pyramiden einzureißen und an die in ihnen verborgenen Schätze zu gelangen.

Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann und hielt in der verstatteten Rede an.

396. Nacht – Österreichische Bäuerin als Tom Sawyer und die Geißel der Menschheit

Die Nachrichtenagentur dpa meldet heute, eine pekuniär klamme österreichische Bäuerin habe sich als Domina zwei Sklaven gehalten, die nackt und in Gummimasken für sie schuften mussten und dafür auch noch bezahlten. "Bis einer der Sklaven Betrug witterte und sie bei der Polizei anzeigte."
Nicht aus Schadenfreude hält sich unser Mitleid für diese beiden Arbeiter wider Willen in Grenzen, sondern vielmehr weil sich in diesem skurril-bizarren Fall die Janusköpfigkeit der Arbeit zeigt. Eigentlich kennen wir es schon von Tante Pollys berühmtem Zaun, um dessen Weißung sich Tom Sawyers Freunde reißen, nachdem er es ihnen als reine Freude darstellte. Arbeit ist eben doch ein Bedürfnis, solange es nicht in "Arbeit" ausartet. Und "Arbeit" ist die mühevolle, sinnentleerte Lohnarbeit, man könnte mit dem jungen Marx auch sagen "entfremdete Arbeit". An der Tätigkeit selber hatten die beiden Nudisten und gummiliebhabenden Masochisten offenbar gar nichts auszusetzen, sie verschaffte ihnen sogar Lustgewinn. Dieser ist so groß, dass die beiden bereit sind, so wie Toms Freunde, auch noch zu zahlen, um die Arbeit erledigen zu können.
Diese kleine Episode ist doch ein schönes Argument für uns Kämpfer ums Bedingungslose Grundeinkommen: Das Bedürfnis sich tätig zu entfalten, kann ja hier überhaupt nicht geleugnet werden. Es kommt nur auf die Vorzeichen an. In diesem speziellen Falle ärgerte sich wohl der Nackerte, dass die Dame seines Herzens das Ganze nicht auch als sexuelles Lust-Spielchen ansah, sondern praktisch die Meta-Spielregel änderte und das Ganze für sich zur Lohnarbeit umdefinierte, wobei der Lohn ja de facto ein negativer war.
Vielleicht wäre es mal ein Experiment wert: Würden mehr Menschen dafür zahlen, arbeiten zu dürfen, wenn sie dies nackt erledigen können?
Aber eigentlich haben wir es mit einem ernsten Problem zu tun: Arbeit wird doch der Mehrheit der Bevölkerung als etwas Furchtbares dargestellt, man müsse sich zusammenreißen, sich den ganzen Tag über mit eintönigem, sinnlosem Geracker quälen. Wenn’s Spaß macht, steht die Tätigkeit auch irgendwie im Verdacht, keine richtige Arbeit zu sein. Grob gesprochen, will am Ende keiner arbeiten aber jeder will einen Job.
Und dann zeigt man mit dem Finger auf verblödete Unterschicht-Familien, die sich vorm Fernseher auf der Couch breitmachen und überhaupt keine Lust haben, noch arbeiten zu gehen.
Bedingungsloses Grundeinkommen würde dieses Verhältnis ändern. Nicht von heute auf morgen. Aber es wäre die Grundlage dafür, dass Arbeit nicht mehr als Geißel der Menschheit betrachtet wird.

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Der Jüngling gesteht, den Vater der beiden anderen jungen Männer erschlagen zu haben, bittet aber der Kalifen Omar, seine Geschichte erzählen zu können.

Wisse denn, o Beherrscher der Gläubigen, ich bin ein echter Vollblutaraber Kind, von denen, die unter dem Himmel die edelsten sind.

Beide Gerichtsparteien sind übrigens die ganze Zeit am Reimen, was vielleicht eine schöne Pflicht in heutigen Strafprozessen wäre.

Der Jüngling berichtet, wie einer seiner Kamelhengste sich über die Mauer eines Gartens beugte, um dort zu fressen, woraufhin der Besitzer des Gartens das wertvolle Kamel erschlug, was den Jüngling so sehr erzürnte, dass er den Kameltöter nun selbst umbringt. Kalif Omar meint, dieses Geständnis schütze ihn nicht vor einem harten Urteil. Der Jüngling ist bereit, das Urteil anzunehmen, bittet aber um drei Tage Zeit, um seinem minderjährigen Bruder das Erbe, das er irgendwo vergraben habe, auszuhändigen. Er würde auch einen Bürgen dalassen.

Das kommt uns doch recht bekannt vor:
"Und willst du mir geben drei Tage Zeit,
bis ich die Schwester dem Gatten gefreit.
Ich lasse den Freund dir als Bürgen.
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen."

Als Bürge soll ausgerechnet Abu Dharr einstehen.

Abu Dharr gilt als einer der ersten vier Muslime und seine Tugend wurde von Mohammed mit der Jesu verglichen.

387. – 388. Nacht

387. Nacht

In der Nacht, als Mus’ab zu ihr einging, ließ er erst nach der siebenten Umarmung von ihr ab.

Man lobt ihn dafür. Eine andere tadelt Aischa bint Talha dafür, zu stöhnen, sich zu bewegen und regen, wenn er sie nach der Heimkehr umarmt. Sie darauf:

"Eine Frau soll ihrem Mannes alles bringen, was sie vermag, an Erregungen und an wunderbaren Bewegungen." Ich erwiderte: "Es wäre mir lieber, wenn das des Nachts geschieht." Doch sie sagte: "Das ist so bei Tage; bei Nacht tue ich noch mehr. Denn wenn er mich sieht, so wird seine Begierde erregt, und er wird von Verlangen bewegt."

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Die Verse des Abu el Aswad

Abu el-Aswad 387 kauft sich eine schielende Sklavin, und die Leute reden bei ihm schlecht über sie. Er darauf:

Man tadelt sie bei mir; doch ist an ihr kein Tadel,
Nur dass in ihren Augen vielleicht ein Flecken liegt.
Wenn auch in ihren Augen ein Tadel ist, so ziert sie
Ein schlanker Leib, der sich auf schweren Hüften wiegt.

387 Der Dichter Abu el-Aswad ed-Du’ali gilt als Begründer der arabischen Grammatik. Man schreibt ihm auch die Hilfs- und Vokalisierungszeichen zu.

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Die Geschichte von Harûn er-Raschîd und den beiden Sklavinnen

Der Beherrscher der Gläubigen ruht zwischen zwei Sklavinnen aus Kufa und Medina, die ihm Hände und Füße kneten,

so dass seine Ware sich aufrichtete.

Sie streiten anhand überlieferter Propheten-Aussagen darüber, wer darüber nun verfügen dürfe. Die Medinerin zitiert:

"Wenn jemand einen Sterbenden ins Leben zurückruft, so gehört der ihm und seinen Nachkommen."

Die Kufierin:

"Das Wild gehört dem, der es fängt, nicht dem, der es aufstört."

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Die Geschichte von Harûn er-Raschîd und den drei Sklavinnen

Die folgende Geschichte ist im Grunde eine Wiederholung des Motivs, die die vorige zu überbieten sucht.

Diesmal stammen die Sklavinnen aus Mekka, Medina und dem Irak.

Da streckte die Medinerin die Hand nach der Rute aus und brachte sie dazu, dass sie sich erhob.

Die Medinerin rechtfertigt sich mit einer über drei Ecken überlieferten Aussage Mohammeds:

"Wer totes Land lebendig macht, dem gehört es."

Die Mekkanerin zitiert den Spruch aus der vorigen Geschichte:

"Das Wild gehört dem, der es fängt, nicht dem, der es aufstört."
Da stieß die Irakerin beide weg und rief: "Dies gehört mir, bis euer Streit entschieden ist."

Bemerkenswert, dass hier Harûn er-Raschîd überhaupt nichts zu melden hat. Derart derbe wurde in den Erzählungen die Überlieferung der Prophetenaussagen auch nicht verspottet.

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Die Geschichte vom Müller und seinem Weibe

Ein Müller besitzt einen Esel und eine Mühle. Er liebt sein Weib, das ihn hasst. Sie wiederum liebt den Nachbarn, der sich jedoch von ihr fernhält. Dem Müller wird eines Nachts im Traum verkündet, unter einer Stelle im Geleise des Esels sei ein Schatz vergraben.

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388. Nacht

Die Frau des Müllers verrät jedoch das Geheimnis an den Nachbarn. Gemeinsam graben sie und finden tatsächlich den Schatz, können sich aus Misstrauen nicht einigen, wie sie ihn aufteilen wollen. Schließlich erschlägt der Nachbar die Müllersfrau, kommt aber nicht mehr dazu, sie zu verbergen, so bleibt sie halb verscharrt in der Schatzgrube.
Am nächsten Tag mahlt der Müller, doch der Esel sträubt sich immer an einer Stelle im Geleise, und so sticht ihn der Müller mit dem Messer, bis er umfällt und stirbt.
Er findet dort nun die Leiche seiner Frau in der Schatzgrube. Frau tot, Esel tot, Schatz fort.

All das geschah nur deshalb, weil er seinem Weibe sein Geheimnis verraten und es nicht für sich behalten hatte.

Seltsam, wie die Geschichte aus einem Beziehungsdrama in eine Kriminalgeschichte und dann in eine bloße Lehr-Anekdote rüberschliddert.

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Die Geschichte von dem Dummkopf und dem Schelm

Zwei Schelme beobachten einen Dummkopf, der mit einem Esel seines Wegs dahingeht. Einer stiehlt den Esel, der andere steckt den eigenen Kopf in die Schlinge. Und als der Dummkopf sich umdreht, erzählt er ihm die Geschichte, seine Mutter habe ihn wegen Ungehorsam und Trunkenheit vor Jahren verflucht und Allah ihn daraufhin in einen Esel verwandelt.

"Heute jedoch hat meine Mutter sich meiner erinnert, und da ihr Herz von Sehnsucht nach mir erfüllt ist, so hat sie für mich gebetet, und Allah hat mich wieder zu einem menschlichen Wesen gemacht, so wie ich es früher war."

Aus Barmherzigkeit lässt ihn der Dummkopf frei:

"Um Gottes willen, mein Bruder, sprich mich von den Sünden frei, die ich an dir begangen habe durch das Reiten und alles andere."

Nach langer Zeit der nichtstuenden Reue begibt sich der Dummkopf zum Markt, um sich einen neuen Esel zu kaufen. Zufällig steht sein eigener wieder zum Verkauf. Er flüstert ihm ins Ohr:

"Weh dir, Unseliger, du bist wohl, wieder trunken nach Hause gekommen und hast deine Mutter geschlagen! Aber, bei Allah, ich kaufe dich nie wieder!"

Eine Anekdote, die mir bekannt vorkommt. Haben wir sie mal im Schul-Unterricht behandelt?

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Die Geschichte von dem Kadi Abu Jûsuf und der Herrin Zubaida

Harûn er-Raschîd findet auf seinem Ruhelager ein

frisches Gerinnsel

und verdächtigt seine Hauptfrau Zubaida des Ehebruchs. Kadi Abu Jûsuf soll es richten. Der entdeckt ein Fledermausnest an der Decke:

"O Beherrscher der Gläubigen, die Fledermaus hat die gleiche Flüssigkeit wie der Mensch; dies da ist die Flüssigkeit einer Fledermaus."

285. Nacht

Von seiner Kammer aus beobachtet der Abortreiniger, dass sich der Gatte der jungen Herrin mit dieser versöhnt und so

ruhte er die Nacht bei ihr über.

Es ist, wie zu erwarten war, der Gatte, der am nächsten Tag verschwindet. Die Schöne gesteht dem Abortreiniger, dass sie sich mit ihrem Mann gestritten hatte: Die beiden saßen im Garten, der Gatte steht auf, um sich kurz zu entfernen, bleibt aber verschwunden.

"Schließlich wurde ich es müde, auf ihn zu warten, und da ich mir sagte, dass er wohl im Aborte sei, so begab ich mich zu dem stillen Örtchen, fand ihn aber nicht dort. Darauf ging ich in die Küche, und als ich dort eine Sklavin sah, fragte ich sie nach ihm. Die zeigte ihn mir, wie er bei den Küchenmägden lag. Nun schwor ich einen feierlichen Eid, ich wolle mit dem schmutzigsten, ekelhaftesten Manne Ehebruch treiben. Und an dem Tage, an dem der Eunuch dich festnahm, war ich schon vier Tage lang in der Stadt umhergezogen auf der Suche nach einem solchen Kerl; doch ich fand niemanden, der schmutziger und ekelhafter gewesen wäre als du. (…) Wenn mein Gatte sich noch einmal der Magd naht und bei ihr liegt, so will ich dir wiederum gewähren, was du bei mir genossen hast."

Diese Spannung zwischen höchstem Genuss und Aufstieg einerseits und extremster Demütigung andererseits haben wir wohl so bisher in diesen Erzählungen noch nicht gefunden.

Dem Abortreiniger fließen die Tränen, und anzüglich antwortet er in Versen:

Gewähre mir zehn Küsse auf deine Linke Hand,
Der noch mehr Ehre als der rechten Hand gebührt!
Denn deine Linke hat ja noch vor kurzer Zeit,
Als du dich säubertest, an dein Gesäß gerührt.

Einen spontan dichtenden Klomann würde ich auch gern mal erleben.

Als der Emir des Pilgerzuges die Geschichte jenes Mannes vernommen hatte, ließ er ihn frei und sprach zu den Umherstehenden: "Um Allahs willen, betet für ihn; denn er ist entschuldbar!"

Ferner wird erzählt

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Die Geschichte von Harûn er-Raschîd und dem falschen Kalifen

Wieder einmal geht der Kalif Harûn er-Raschîd des Nachts in Begleitung seines Wesirs Dscha’far und seines Schwertträgers Masrûr – alle drei verkleidet als Kaufleute – durch die Stadt Bagdad.
Als sie an das Ufer des Tigris kommen, bieten sie einem Alten einen Dinar für eine Lustfahrt.

282. Nacht

Wiki-Wissen per Zufall Nummer 2:

1. Die einfachste Formel der Formelsammlung der analytischen Geometrie – Der Einheitskreis – lässt sich so darstellen:, aber ich könnte nicht behaupten, ihn zu verstehen, obwohl ich fünf Tage Mathematik studiert habe.

2. Am Kaiserslautern-Saarbrücken Computer Science Cluster arbeiten mehr als 800 Mitarbeiter.

3. Der 1958 bei Marxen in Niedersachsen entstandene und in den 1970ern zunehmend linksradikale Ring Bündischer Jugend zerstritt sich mit dem Ring deutscher Pfadfinderverbände.

4. Das Cournot-Oligopol wurde von Antoine-Augustin Cournot 1838 beschrieben: Wie zwei Anbieter der gleichen Ware zu einem Preis finden, dessen Änderung – egal in welche Richtung für beide ökonomisch unvorteilhaft wäre.

5. Der in Platons sokratischen Dialogen als jugendlicher Heißsporn geschilderte Polos, hat mehrere Werke verfasst, darunter einen Schiffskatalog

6. Der konservative britische Schattenminister der Tories David Freud ist ein Urenkel von Sigmund Freud.

7. Die regionale Verwaltung einer Bahai-Gemeinde innerhalb eines Landes heißt Regionaler Geistiger Rat.

8. Dem englische Schauspieler Bob Peck gelang 1993 der Durchbruch mit Jurassic Park. 6 Jahre später starb er.

9. Les Friques in der Schweiz ist nicht an den öffentlichen Verkehr angebunden.

10. Millikan ist ein Einschlagkrater auf der nördlichen Hemisphäre des Mondes.

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Wie zu erwarten war, ist der Kalif nicht amüsiert über die unerlaubte Abwesenheit Ishâks:

"Bedeutet dies, dass du mir den Gehorsam verweigerst?"

Die Freundschaft der Mächtigen, so haben wir hier nun mehrfach gelernt, ist ein zweischneidig Ding. So leichtfertig wie die Kalifen Ehrenkleider, Jahressolde und Ämter verleihen, so locker lassen sie einen auch köpfen. Ishâk muss also eine gute Rechtfertigung in der Tasche haben.

Unter vier Augen berichtet er dem Kalifen von seinem Erlebnis, und dieser ist begeistert. Sie verkleiden sich wieder als Kaufleute, gehen zu besagter Stelle.

Aber nun fanden wir zwei Körbe, setzten uns hinein und wurden zu der gewohnten Stätte emporgezogen.

Bisher ist völlig unklar:
1. Warum geht Ishâk nicht durch die Tür, die er ja schon kennt?
2. Warum hängt die Maid überhaupt Körbe aus dem Fenster? Um sich einen Mann zu angeln? Hätte sie auch jeden anderen genommen?

Wieder wird gegessen und getrunken, erzählt und gesungen, bis beide Herren ihre Konspiration vergessen.

Als el-Mamûn drei Maß getrunken hatte, kam Fröhlichkeit und Weinseligkeit über ihn und er rief: "Je Ishâk!" Ich antwortete: "Zu Diensten, o Beherrscher der Gläubigen!"

Und schwupps verschwindet die Maid. Ishâk sucht den Besitzer des Hauses, es ist el-Hasan ibn Sahl, der Bruder des Wesirs Fadl ibn Sahl. Für eine Hochzeitsgabe von 30.000 Dinaren heiratet der Kalif die Maid, deren Namen Chadîdscha wir nun endlich erfahren. Ishâk wird zu Stillschweigen verpflichtet. Und er beendet die Geschichte mit der Bemerkung:

Kein Mensch hat jemals so viel Glück erlebt wie ich es in jenen vier Tagen genossen habe, als ich tagsüber mit el-Mamûn und des Nachts mit Chadîdscha zusammensein durfte. Bei Allah, ich habe nie einen Mann gleich el-Mamûn gesehen und nie eine Frau gleich Chadîdscha kennen gelernt, ja nicht einmal eine, die ihr an Klugheit, Verstand und feiner Rede auch nur nahegekommen wäre. Doch Allah weiß es am besten.

Man fragt sich, ob es wirklich bei Wein und Gesang geblieben war. Wenn nicht, hätte der Kalif keine Jungfrau geheiratet. Und warum preist Ishâk immer noch diesen Kalifen, der ihm doch die Braut vor der Nase wegschnappt?
Über den Vater der Braut weiß Wikipedia zu berichten, dass dieser infolge seiner Intrigen am Hofe el-Mamûns inhaftiert wurde.

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Die Geschichte von dem Schlachthausreiniger und der vornehmen Dame

Während der Wallfahrt ergreift ein Mann den Vorhang des heiligen Hauses und schreit:

"Ich flehe dich an, o Allah, lass sie wieder ihrem Gatten zürnen, damit ich mich mit ihr vereinigen kann!"

Die Pilger verprügeln ihn und schleppen ihn vor den Emir des Pilgerzugs, der ihn zur Rede stellt. Darauf berichtet der Mann:

Ich bin Abortreiniger und ich arbeite in den Schafschlächtereien, ich schaffe das Blut und den Unrat zu den Misthaufen.

Als er eines Tages mit seinem mistbeladenen Esel durch die Straßen geht, sieht er einen Haufen Leute weglaufen, di ihn warnen:

"Bieg in die Gasse dort ein, damit man dich nicht totchlägt! (…) Die Frau eines vornehmen Mannes kommt dort, und die Eunuchen treiben das Volk aus dem Wege; sie schlagen alle Leute, ohne Rücksicht auf irgendeinen zu nehmen" Ich bog also mit dem Esel in eine Seitengasse ein.

Auch hier fällt es nicht schwer, den Fortgang zu erraten. Das Motiv "Schöne Frau sucht einen Mann – und zwar irgendeinen" taucht in den 1001 Nächten immer wieder auf.

 

83. Nacht

Der Wesir Dandân fährt fort, Dau el-Makân davon zu berichten, wie die fünfte der hochbrüstigen Jungfrauen dem König Omar ibn en-Nu’mân durch Anekdoten ihre Weisheit unter Beweis stellt.
Sie berichtet die Geschichte Moses, wie sie nach der Sure 28,27 berichtet wird.

Eine Sure, in der Mohammed sich als nicht ganz bibelfest erweist: Er vermischt die Geschichte Moses mit der Jakobs.

Weitere Anekdoten mit zäher Moral über

Nun trat das fünfte Mädchen zurück, und die Alte trat hervor.

Etwas merkwürdig: Aus welchem Grunde sollte die Alte noch mit ihrem Wissen prahlen?

Die von ihr berichteten Anekdoten sind im Wesentlichen Berichte über die Gottesfurcht der Gottesfürchtigen.

 

 

83 Ein Tauber, der antwortet, wenn man ihn fragt!

53. Nacht

Während König Hardûb dem Rat der Alten folgt und Dutzende Mädchen ausbilden lässt, gewahrt König Omar ibn en-Nu’mân das Verschwinden von Abrîza, und lässt nun die Tore der Stadt noch stärker bewachen. Seinen drei Kindern lässt er nun alle Liebe angedeihen, was Scharkân zu immer größerer Eifersucht aufstachelt:

"Ich fürchte, sie wird in mir so stark werden, dass ich sie umbringe und dass du aus Rache mich erschlägst. Dies ist also der Grund, warum meine Farbe bleich ist."

Um diesem Schicksal zu entgehen, lässt sich Scharkân als Statthalter von Damaskus einsetzen. Er reist dorthin, und nimmt den Wesir Dandân mit sich.
Kaum ist Scharkân abgereist, so erhält der König die Kunde, dass die anderen beiden Kinder voll ausgebildet sind. Vor allem der Sohn Dau el-Makân

widmete sich der Frömmigkeit und dem Gottesdienste; denn er liebte die Armen, die Gelehrten und Männer des Korans, so dass ihn alles Volk von Bagdad liebgewann, Männer wie Frauen.

Als eines Tages nun eine nach Mekka reisende Pilgerschar durch Bagdad kommt, bittet Dau el-Makân seinen Vater, mitreisen zu dürfen, was dieser ihm verweigert. So beschließen er und seine Schwester sich heimlich dem Zug anzuschließen.

So erreichten sie das hochheilige Mekka, verweilten am Berge Arafât und vollzogen alle Pilgerpflichten. Dann gingen sie nach Medina zum Grabe des Propheten.


Mekka heutzutage während der Hadsch

Schließlich gelüstet es Dau el-Makân, auch nach Jerusalem zu reisen. Doch auf der Reise erkrankt erst Nuzhat ez-Zamân, die wieder gesund wird, aber ihren Bruder ansteckt, der, als sie Jerusalem erreichen, völlig am Ende ist. Seine Schwester pflegt ihn, aber das Geld geht ihnen aus. Als der Dau el-Makân wieder bei Besinnung ist, erbittet er sich etwas Fleisch.

"Bei Gott, lieber Bruder (…) ich habe nicht die Stirn zum Betteln; aber morgen will ich in das Haus eines Reichen gehen und durch Dienst etwas erwerben, wovon wir beide leben können." (…) Er entgegnete: "Das verhüte Gott! Du wirst ins Elend geraten."

Spricht hier die Erfahrung, dass man durch Arbeit nicht reich wird oder sieht es der Bruder als Schande an, dass seine Schwester als Frau arbeiten muss oder weil sie adlig ist?

Tatsächlich kehrt die Schwester zwei Tage lang nicht wieder. Zitternd steht er auf, um auf dem Basar etwas zu erbetteln. Sein Anblick rührt die Kaufleute, sie spenden ihm Nahrung. Und als er zusammenbricht, gibt man einem Kameltreiber Geld, damit dieser ihn nach Damaskus brächte.

Heißt das, in Jerusalem gibt es keine Spitäler?

Der Kameltreiber nimmt das Geld, doch hält er den Kranken nicht für reisefähig und wirft ihn auf den Misthaufen hinter en Badehaus. Dessen Heizer hält Dau el-Makân zunächst für einen Drogensüchtigen:

"Na ja, so’n Kerl wie du frisst Opium und wirft sich dann hin, wo es gerade trifft." Doch als er ihm ins Gesicht blickte und seine bartlosen Wangen und seine Schönheit und Anmut sah, da hatte er Mitleid mit ihm und erkannte, dass er ein kranker Fremder war."

Er nimmt ihn zu sich auf,

denn der Prophet – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – hat befohlen, den Fremdling zu ehren, vor allem, wenn der Fremdling krank ist."

Langsam geht es Dau el-Makân besser.