Relativierung

Ich habe am 25.1. vielleicht etwas dogmatisch die Hierarchie gepostet:
Körper -Atem -Emotion -Narrativ
Eigentlich würde ich nach einigem Überlgen, wenn schon hierarchisch, den Atem noch vor der körperlichen Bewegung ansetzen.
Aber es geht natürlich auch alles umgekehrt. Die Hierarchie aber vereinfacht es, lässt uns am ehesten ins Spielen kommen statt in die vorhersehbare Berechnung.
Wir berühren hier den sensiblen Bereich des Entscheidens. Ich kann natürlich auch Entscheidungen treffen und tue es auch. Aber wen ich mit Partnern improvisiere, kann ich narrativ allenfalls Optionen erkennen oder dynamisch verstärken. Denn der Partner kann mit seinem Angebot wieder alles umwerfen. (Hoffentlich tut er es auch, möchte ich eigentlich hinzufügen.) Wenn ich aber die erzählerischen Optionen wahrnehme und vielleicht auch Timing genügend trainiert habe, dann kann ich physische Entscheidungen treffen oder Atementscheidungen, die wiederum eine gewisse Unsicherheit einführen und gleichzeitig für glaubwürdige Bühnenpräsenz sorgen.… Weiterlesen

Sich berühren lassen

“Teflon-Spieler” lassen alles an sich abprallen. Emotionale Reaktionen sind ebenso unwahrscheinlich wie inhaltliche Fortführung. Es wird alles kleingeredet und auf Erbsengröße gebracht.
Wir müssen an das emotionale Gedächtnis herankommen. Stell dir vor, du bist es, der gerade verlassen wird.
Ist das nicht Stanislawski? Ja. Gut, dann tragen wir das ein unter “Geklaute Gedanken”.

Körper, Atem, Story

Carol Hazenfield bestätigt meine Auffassung, derzufolge die Story dem Körper folgt, nicht umgekehrt. Aber ich sehe den Atem auch als entscheidenden Mittler an. Wenn der nicht dabei ist, glaube ich den Figuren nicht. Sie bleiben bestenfalls in der ironischen Distanz hängen. Der Atem führt zur emotionalen Glaubwürdigkeit, die den Spieler selbst vorantreibt.
Schematisch also:
Körper -Atem -Emotion -Narrativ… Weiterlesen

Selbstfesselung durch Rollen

Die Spielerin Y. tendierte dazu, geh- und sehbehinderte Omas zu spielen. Auch eine Form der Selbstfesselung. Der Blick- und Bewegungsradius wird eingeschränkt. Offenbar versucht unsere Körper-Seele-Apparat auf diese Weise Sicherheit zu erlangen. Für die Impro nicht gerade förderlich, werden doch auf diese Weise die Möglichkeiten beachtlich reduziert. (Die Ironie der Geschichte: Y. warf ihren Mitspielern vor, diese würden sie ständig als Oma etablieren.)

Schulenpopulen

Manchmal wird so getan, als sei eine Impro-Schule eine zwingende Notwendigkeit, um gut improvisieren oder Improtheater spielen zu können. Großartige Improvisierer wie Helge Schneider oder das Pärchen Dean Martin/Jerry Lewis beweisen das Gegenteil. Dasselbe gilt für Schauspiel. Schauspielschulen werden manchmal auf seltsame Weise fetischisiert. Natürlich haben sie ihren Wert. Talente aber lernen überall. Gute Schulen sind vielleicht ein effizienter Weg des Lernens. Sie sind aber keinesfalls, wie manchmal getan wird, eine Garantie für gute Leistung. Ein Schüler von XY zu sein, sagt überhaupt nichts. Selbst eine renommierte Schauspielschule abgeschlossen zu haben, beweist ja nur, dass man ein paar Prüfungen bestanden hat. Tatsächlich kann man sogar in manchen Impro-Biografien lesen, wie es jemand für qualitätsrelevant zu halten scheint, einen Kurs bei Keith Johnstone abgeschlossen zu haben. Arme Künstlerseele.

Tarantino über Robert De Niro in “Raging Bull”

“Es ist bemerkenswert, dass zu der Zeit, als er sich Gewicht zulegte, seinem Fett nicht die Gelegenheit dazu gab, seine Darstellung zu formen. De Niro hat das nicht als Trick benutzt, nach dem Motto: ‘Oh, jetzt sind wir aber beeindruckt!’ oder ‘Oh, guck mal wie dick der aussieht!’ Und man muss sagen, es gibt eine Menge Schauspieler, die die Äußerlichkeiten die Arbeit machen lassen, das schmutzige Haar, die Lederjacke oder der Zahnstocher im Mund müssen die Arbeit erledigen. De Niro drückt sich nicht um die Arbeit.”
ca. ab 5:30 Min.

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Bühnenwirkung

Intensität zwischen Improspielern entsteht zweifellos durch Augenkontakt. Allerdings scheinen die Spieler im Allgemeinen die Wirkung nach außen überzubewerten. Zwei Figuren, die sich ansehen, haben nach außen wenig Wirkung. Im Gegensatz dazu: Eine Figur, die von der anderen angestarrt (oder auch angehimmelt, beäugt usw.) wird und selbst Richtung Publikum blickt.
Andererseits wirkt der Blick ins Publikum oft eitel und aufgesetzt. Hier eine gute Balance zu finden ist eine schwere Aufgabe.