Der Sklave, der Adschîb betreuen sollte, bestreitet, überhaupt die Garküche betreten zu haben. Doch man gibt ihm zu essen, und als er nicht herunterkriegt, ist das Indiz genug, dass er schon gegessen habe. Man prügelt das Geständnis aus ihm heraus.
Würden Strafermittlungen heutzutage vielleicht auf ähnliche Weise laufen, wenn nicht Fingerabdruck- und DNA-Analyse zur Verfügung stünden?
Da die Mutter immer noch sauer ist darüber, dass angeblich ein hergelaufener Garkoch die Granatapfelkerne genauso gut zubereiten könne, wie sie selbst, muss der Sklave eine Probe herbeischaffen. Hasan
füllte die Schüssel, nahm sie und tat noch etwas Moschus und Rosenwasser daran.
Als die Mutter davon probiert, sinkt sie in Ohnmacht, denn sie erkennt, dass ihr Sohn der Zubereiter gewesen sein muss,
"ich habe ihn gelehrt, sie zu kochen."
Speisen, an denen ich meinen Vater erkennen würde:
– Spaghetti fortissimo (von im selbst erfundenes Rezept mit außerordentlich scharf gewürzter Spaghettisoße)
– Pflaumenkuchen
Allerdings war meines Vaters Sohn nie an der Kochtradition interessiert. "Hähnchen mit Granatapfelsoße" oder "mit Schafskäse überbackene Auberginen an Safranreis" oder "panierte Kohlrabi an gepfeffertem Kartoffelpüree" sind meine Spezialgerichte, die ich mir aber selbst erarbeiten musste.
Der Wesir von Kairo lässt Hasan festnehmen und mit des Damaszener Statthalters Genehmigung die Garküche abreißen. Um ihn zu testen wirft man ihm absurderweise vor, die Granatäpfelkerne ohne Pfeffer zubereitet zu haben. Man sperrt ihn in eine Kiste, die auf ein Kamel geladen wird. Die Reise führt sie über Kamra* und das Kairoer Quartier er-Raidanije, und jedes Mal wird er befragt, ob er die Granatapfelkerne wirklich zubereitet habe.
Der Wesir gab den Befehl, den Bedr ed-Dîn Hasan aus der Kiste zu nehmen, ließ einen Zimmermann holen und sagte zu ihm: "Macht mir eine Holzfigur für diesen Burschen!" Da rief Bedr ed-Dîn Hasan aus: "Und was willst du damit tun?"
(Verlorengegangene Praxis:)
"Ich will dich an dieser Figur aufhängen und daran festnageln lassen, und dann will ich dich in der Stadt herumführen."
Doch all das dient nur dazu, Hasan zu prüfen und ihm einen Streich zu spielen. Der Wesir befiehlt seiner Tochter Sitt el-Husn, ihr Brautgemach wieder wie damals vor zehn Jahren herzurichten und Hasan mit den Worten: "Du bist mir lange ausgeblieben auf dem Abtritt!" zu empfangen. Turban und Hose werden an die alte Stelle plaziert. Den schlafenden Hasan legt man in die Halle. Als er erwacht glaubt er:
"Ich wandle wahrhaftig in den Irrgängen von Träumen."
Sitt el-Husn zu ihm:
"Allah behüte dich, und sein Name umschirme dich!"
Element magischen Denkens. Während der Gott der Juden nicht beim Namen genannt werden darf, ist es hier bereits Allahs Name, dem Kräfte zugeschrieben werden. Oder setzt Sitt el-Husn Gott und seinen Namen gleich?
Am nächsten Morgen schließt ihn der Wesir in seine Arme, und auch Sohn und Mutter dürfen Hasan herzen (natürlich nicht, ohne dass dies ohne das Rezitieren von Versen geschehen würde).
Dem Sultan überbringt man die Kunde, er lernt Hasan kennen, der sich mit einem Einschleim-Gedicht den Weg in des Sultans Herzen bahnt. Um die gute Erziehung zu prüfen, fragt dieser ihn aber noch:
"Weißt du etwas zum Preise des Mals auf der Wange?"
Hasan pariert mit drei Oden an das Wangenmal, und kennt darüberhinaus sämtliche Bedeutungen des Wortes "Mal".
Der Sultan scheint da wohl ein kleines Problem ins rechte Licht rücken zu wollen.
Drittes Gedicht Hasans:
O du, auf dessen Wange ein wunderlieblich Mal
Dem Moschuskorne gleichet auf einem Rubinstein,
Gewähre mir, zu dir zu kommen, und sei nicht hart,
O du sehnlichster Wunsch, du Speise des Herzens mein!
Eine clevere Frage schließt sich an:
"Verstehst du die Schönheit zu beschreiben?" "Gewiss", erwiderte Bedr ed-Dîn Hasan, "die Schönheit besteht im Glanz des Gesichtes, in der Helle der Haut, in der Wohlgestalt der Nase, in dem süßen Blick der Augen, in der Schönheit des Mundes, in der Feinheit er Rede, in der zierlichen Schlankheit des Leibes und der Vollkomenheit aller schönen Eigenschaften. Aber die Vollendung der Schönheit liegt im Haar."
Eine etwas tautologische Antwort, will mir scheinen. Schönheit ist, was schön ist.
Selbst die Frage, warum das Sprichwort besagt, Schuraih sei schlauer als der Fuchs, weiß Hasan mit einer passenden Anekdote zu beantworten, woraufhin er mit einem Posten, einem Ehrenkleid und einem Sold beloht wird, den er noch am darauffolgenden Tag mit einer derart einschleimenden Hexameter-Ode zu erhöhen weiß, dass einem der Sultan leid tun kann, wenn er solche Oden nötig hat.
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Harun er-Raschîd (man erinnere sich: wir befinden uns noch immer in der Erzählung von den drei Äpfeln) lässt die Geschichte mit goldener Tinte notieren, lässt den Sklaven frei, gewährt dem Jüngling einen Sold und schenkt ihm ein paar Sklavinnen.
Ende der Geschichte.
Die Geschichte des Buckligen
In China kehrt ein Schneider mit seiner Frau des Nachts von einer öffentlichen Vergnügung heim. Sie begegnen auf dem Weg einem Buckligen,
dessen Anblick den Betrübten zum Lachen brachte, und den Sorgen der Traurigen ein Ende machte.
Man weiß nicht, ob man die chinesischen Behinderten ob des hartbandagierten Humors ihrer Landsleute bemitleiden oder die nichtbehinderten Chinesen ob der Einfachheit ihrer Fähigkeit, gute Laune wiederherzustellen, beneiden soll.
Weil er so ein Gute-Laune-Bringer ist, nehmen sie ihn mit nach Hause, und fordern ihn dort auf, einen Fisch
"mit einem einzigen Haps herunterzuschlingen." (…) Aber es war eine dicke Gräte darin, die blieb ihm im Halse stecken, und da seine Stunde gekommen war, so starb er.
Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann…
Hat der Schneider nun ein Problem, oder ist der Tod des Buckligen für ihn der Gipfel an Humor?
***
* Unklar, was für ein Kamra gemeint ist. Bei aller Überreibung in dieser Geschichte werden sie ja wohl von Damaskus über das im heutigen Pakistan gelegene Kamra nach Kairo reisen. Das hieße wohl, eine Reise von 600 km um 5.000 km zu verlängern.