Es half alles nichts – eine komplett naive Lesart der Sammlung konnte ich mir sowieso nicht erhalten – , und so habe ich mich nun ein wenig eingehender mit der Sammlung der "Erzählungen aus den Tausendundein Nächten" beschäftigt, um wenigstens eine gewisse Orientierung zu behalten. Die meisten der im heutigen Standard enthaltenen Erzählungen wurden von Galland hinzugefügt, der im 17. Jahrhundert eine Handschrift fand. Strittig ist offenbar bis heute, ob "1001" wörtlich oder symbolisch zu verstehen war. Auf jeden Fall brach die Handschrift beiGalland  nach der 282. Nacht ab. Da Galland keine weiteren Teile fand, ergänzte er die Sammlung um weitere Geschichten aus dem Orient, vor allem sind hier die populären Aladin, Sindbad und Ali Baba zu nennen. Nun habe ich mir auch die neuere und am Original dichtere Übersetzung der ursprünglich erhaltenen Ausgabe von Claudia Ott besorgt, aber leider habe ich in diesem Blog den größten Teil dieses Textes hier schon erfasst. Werde also weiterhin auf die Übersetzung von Enno Littman stützen und nur in den übrigen Fällen ggf. auf die Vers-Übertragungen von
Claudia Ott
  zurückgreifen.

***

Und auch diese Geschichte ist nicht in der ursprünglichen Galland-Sammlung enthalten, sondern eigentlich ein selbständiger Roman. Wann genau er eingefügt wurde, lässt sich anscheinend noch nicht eruieren.

Trotz der immanenten Provokation der Worte und der wogenden Hüften der Maid, reißt sich Scharkân zusammen. Das Kloster ist reich und geschmackssicher eingerichtet. Auf einem mit Seidenstoffen belegten Thron soll Scharkân Platz nehmen. Während sie sich zurückzieht, wird Scharkân von den Dienerinnen bewirtet. Seine Gedanken schweifen zum Heer und zu den Ermahnungen seines Vaters.

Es fehlt mir nicht an Festigkeit, allein
Ich bin verwirrt und weiß nicht aus noch ein.
Nähm’ einer von mir meine Leidenschaft,
Ich würd gesund durch meine eigne Kraft.
Mein Herz ist, ach, vom Liebeswahn betroffen –
Auf Gott nur kann in meiner Not ich hoffen.

Wie er diese Verse gesprochen hatte, siehe, da kam ihm ein wunderbar schöner Reigen entgegen: mehr als zwanzig Mädchen, Mondsicheln gleich; die umgaben jene Maid wie die Sterne den vollen Mond und hüteten sie. Ihr Kleid war aus Brokat, wie er für Könige passt; um den Leib trug sie einen feingewebten Gürtel, der mit vielerlei Edelsteinen besetzt war und sie eng umgab, so dass ihre Hüften hervortraten; die glichen einem kristallenen Hügel unter einem silbernen Schaft, über dem die Brüste wie ein Granatapfelpaar prangten. (…)
Sie aber sah ihn lange an und immer wieder, bis sie ihrer Sache sicher war und ihn erkannt hatte.

Womit natürlich nicht das sexuelle "erkannt" gemeint ist, sondern bei ihr fällt der Groschen, dass sie es mit Scharkân höchstpersönlich zu tun hat.

Doch sie beruhigt ihn:

"Du bist mein Gast. Brot und Salz haben uns verbunden; so stehst du unter meinem Schutz und Schirm und kannst dir sicher sein."

Brot und Salz  auch hier als Zeichen der Gastfreundschaft.

Sie scherzte mit ihm, bis seine Besorgnis wich und er einsah, dass sie ihn in der vorigen Nacht getötet hätte, wenn sie das hätte tun wollen.

Und wie bringt eine Christin einen Moslem um den Verstand? Richtig – mit Alkohol!

Und sie trank weiter mit ihm, und schenkte ihm ein, bis er die Besinnung verlor.

48. Nacht
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