Vor Jahren hörte ich ein Konzert einer etwas in die Jahre gekommenen mittelmäßigen Jazz-Sängerin. Obwohl ich sie eigentlich mochte, konnte ich mit ihrer Art, Musik zu interpretieren überhaupt nichts anfangen. Nach dem Konzert kam eine Zuhörerin auf sie zu und lobte sie: „Toll! Man hört, dass du eine Jazz-Gesangsausbildung hast.“ Und zu meinem Erstaunen freute sich die Sängerin sogar über dieses lauwarme Lob. Mir aber wurde nun klar, was ich da vermisst hatte: Das persönliche Spielen mit der Musik, der Emotion und dem Text. Ja, ihrer Interpretation hörte man noch den Gesangslehrer an, der wie ein mahnender Geist neben ihr stand: „Nutze beim Singen auch die Resonanzräume der Nase. Schließe die Augen. Denke an die Blue Notes.“ Sie wollte Jazz richtig singen und vergaß dabei das Wichtigste: Man kann Jazz nicht richtig singen. Wenn man den Lehrer nicht hinter sich lässt, wird man nie frei spielen.

Jazz richtig singen
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