Feedbacks in Workshops sind eine höchst sensible Angelegenheit.
Es gibt Lehrer- und Schülertypen, die zu Feedback höchst unterschiedliche Auffassungen haben.
Da wären zunächst einmal Lehrer, die überhaupt kein Feedback geben. Sie füttern die Klasse mit Übungen und Games und vertrauen darauf, dass die Freude am Spiel sich durch gute Games ohnehin einstellt und sich durch die Freude am Spiel und dem Fokus des Games ohnehin ein Lerneffekt einstellt. Dieser Lehrertyp ist gut vereinbar mit Schülern, die das Ganze lediglich des Spaßes halber machen und solche, die zum langsamen und sanften Lernen neigen. Schüler, die aber rasch lernen wollen und die Feedback brauchen und wollen, fühlen sich bei solchen Lehrern oft unterfordert.
Dann gibt es Lehrer, die vor allem positives Feedback geben. Diese Lehrer finde ich besonders in Anfänger- und Mittelstufen-Kursen geeignet. Besonders Anfänger, die ein Problem damit haben, überhaupt aus sich herauszukommen, die mit mangelndem Selbstbewusstsein kämpfen und ihrer eigenen Stimme nicht vertrauen, kann mit der Methode der positiven Verstärkung enorm geholfen werden.
Und es gibt Lehrer, die Kritik äußern. Kritik ist ab einem bestimmten Niveau unerlässlich, wenn man irgendwie vorankommen will. Die Frage ist nur: Wie wird die Kritik geäußert? An welcher Stelle? Was genau wird kritisiert?
Man wird sich einig sein, dass eine „Falsch! Falsch! Falsch!“-Kritik überhaupt nichts bringt. Auch der Lehrer sollte sich darüber klar sein, dass es ein Richtig und Falsch in der Improvisation nicht gibt. Allenfalls gibt es zu feiernde „Fehler“ innerhalb eines Games (zum Beispiel wenn der Buchstabe im Buchstabenvermeidungsspiel fällt). Alles andere sind Effekte, die sich so oder so erzielen lassen. Man kann ausprobieren, was passiert, wenn man eine Szene positiv oder negativ anfängt. Man kann ausprobieren, was passiert, wenn einer der Spieler ab und zu blockiert. Bestimmte Impro-Muster tendieren zu bestimmten Effekten. Und so wird man feststellen, dass es einfacher ist, eine Szene zu entwickeln, wenn sie positiv startet. Das heißt aber nicht, dass es anders nicht möglich ist. Diese Kontingenz muss der Lehrer markieren oder zumindest im Bewusstsein der Schüler mitschwingen lassen: Wir probieren hier etwas aus. Wenn er das nicht tut, fühlt sich der Schüler nur noch als ausführende Marionette der Anweisungen eines unduldsamen Regisseurs.
Sehr schwierig ist es, eine Szene zu unterbrechen, die das zu übende Format sprengt oder in der die Aufgabe aus den Augen verloren geht, die aber dennoch irgendwie „im Flow“ ist. Hier reinzugrätschen oder gar den Schülern Formulierungen in den Mund zu legen, ist absolut kontraproduktiv. Die Szene sollte sanft und lobend angehalten (nicht unterbrochen) werden. (Eventuell kann man sie auch einfach für beendet erklären und einen Applaus einfordern.) Eventuell ist Sidecoaching möglich, allerdings müsste auch das möglichst sanft geschehen. Wenn man hier im Flow der Schüler atmet, kann man durchaus auch Anweisungen geben wie „Sag einfach Ja.“ oder „Beschütze sie.“ usw. Keinesfalls sollte man wie ein cholerischer Fußballtrainer seine Anweisungen reinbrüllen oder gar sie für die einzig mögliche Option halten.

Als Schüler sei man flexibel: Hole aus jedem Lehrer heraus, was möglich ist. Sei nicht zu scheu, deinem Lehrer Feedback zu geben. Egal, was für einen Namen er hat, ihr seid zwei erwachsene Menschen, die sich respektvoll gegenüber treten. So wie du ein Recht auf Feedback hast, so hat er auch eins.
Und auch: Wenn dir die Feedbacks und Aufgaben zu viel werden, gib Bescheid. Dafür sind Lehrer oft blind.

Feedback in Workshops
Markiert in:

8 Kommentare zu „Feedback in Workshops

  • 2015-11-02 um 07:33 Uhr
    Permalink

    Kritik wird von jedem anders aufgenommen, deswegen kläre ich gerne im Vorfeld ab wie ich kritisiere.
    Sidecoaching finde ich z.B. unheimlich effektiv, wenn es in der Szene klemmt, sorgt das aber anfangs meistens für Verwirrung, wenn ich einfach reinquatsche. Ich erkläre deswegen vor den ersten Übungen was Sidecoaching ist. Außerdem soll mir jeder mitteilen, wenn er mit dem Sidecoaching nicht klar kommt. Ich lasse es dann bei demjenigen weg, und wähle eine andere Form der Kritik.

    Antworten
  • 2015-11-04 um 12:50 Uhr
    Permalink

    Das ist so eine Sache mit dem Unterbrechen, manch Workshopleiter hat bei mir einen Vorschlag reingerufen, den ich zwei Sekunden selber bringen wollte. Die haben mir wohl nicht zugetraut, dass ich selber bestimmte Situationen auf der Bühne meistern kann.
    Aber was soll ein Trainer eigentlich einer Person raten, die permanent lahme Ideen auf die Bühne bringt? Dass sie mehr Fokus aufs Akzeptieren und Unterstützen legen soll?

    Antworten
  • 2015-11-04 um 13:22 Uhr
    Permalink

    Ich weiß nicht genau, was lahme Ideen sein sollen. Man assoziiert kräftig oder lahm. Man reagiert emotional oder unterspannt. Ideen werden oft überschätzt.

    Antworten
  • 2015-11-05 um 05:44 Uhr
    Permalink

    Das passiert tatsächlich, dass man manchmal zu früh unterbricht, oder etwas einsagt, was der Spieler selbst gerade sagen wollte. Aber deswegen kann man mir auch rückmelden, dass man Sidecoaching nicht so mag.

    Ich würde nicht sagen, dass Sidecoaching bedeutet, dass man dem Spieler etwas nicht zutraut.

    Ich sage meinen Leuten immer, dass, wenn sie einen Impuls haben, diesem auch sofort nachgehen sollen. Sie sollen nicht zögern, sonst ist der Moment vorbei.

    So handhabe ich das auch bei meinen Sidecoaching. Wenn ich den Impuls habe, sage ich etwas in die Szene. Das hat nichts mit dem zu tun der gerade spielt, sondern mit der Szene.

    Und was die lahmen Ideen betrifft: Ich glaube, Del Close hat mal gesagt, dass es nicht darauf ankommt, gute Ideen zu haben, sondern die beschissenen Ideen der anderen gut aussehen zu lassen.

    Wie definierst du lahme Idee? Hast du da ein Beispiel?
    Akzeptieren heißt in erster Linie nicht, eine Idee zu bringen, sondern eine vorhandene anzunehmen.

    Antworten
  • 2015-11-05 um 13:10 Uhr
    Permalink

    Eine lahme Idee ist für mich etwas, das eine Szene nicht in eine interessante Richtung lenkt. Etwas wo man als Zuschauer weder unterhalten, noch berührt wird. Wenn "Schorsch" und "Berta" am Herd kochen und es geht dabei nur um die Tomatensoße, dann berührt mich das absolut nicht.

    Antworten
  • 2015-11-05 um 13:20 Uhr
    Permalink

    Man muss den Sachen Gewicht geben, damit sie einen berühren. Es muss etwas davon abhängen. In deinem Beispiel hat Schorsch von mir aus die Soße immer verdorben. Berta setzt ihm ein Ultimatum. SIe zeigt ihm noch ein letztes Mal, wie man die Soße macht, damit sie so schmeckt wie von Oma.
    Wenn es ihm nicht gelingt, dann wird sie auf der Stelle ausziehen.
    Plötzlich hängt die Ehe von der Tomatensoße ab.

    Ich würde also immer Emotionen rein bringen und mir überlegen was Schlimmes passieren könnte.
    Bzw stelle ich mir die Frage: Was könnte für die Person ganz wichtig an der jetzigen Situation sein.

    Vielleicht hilft dir das ja ein wenig weiter.

    Antworten
  • 2016-01-02 um 20:38 Uhr
    Permalink

    Danke. Es ist tatsächlich nicht immer leicht, den passenden Lehrer zu finden. Daher ist der Tipp, einfach das beste daraus zu machen, ein sehr wichtiger und sehr richtiger.

    Antworten
  • 2021-09-14 um 09:54 Uhr
    Permalink

    @Florian: Da hast du Recht, so gehe ich auch mit „schwachen“ Angeboten um.
    In Workshops (oder auch Shows) kann es sein, dass zwei Spieler in der Spirale der Langeweile feststecken und einen Eingriff von außen brauchen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert