(Ergänzung: Diese Gedanken habe ich bearbeitet und weiter ausgeführt im Buch “Improvisationstheater. Band 8: Gruppen, Geld und Management


Was bedeutet es, Improtheater zu spielen, wenn man überhaupt keine Gewinnabsicht damit verbindet?
Zunächst einmal ist es überhaupt keine Schande, als Amateur-Gruppe Improtheater zu spielen oder als Amateur in einer Improtheater-Gruppe zu spielen. Es sagt noch nicht allzu viel über die Qualität der Shows aus. Und es gibt außerdem Gruppen, in denen einige Spieler ihr Geld mit Improtheater verdienen und Spieler, die reine Amateure sind und es vielleicht sogar bleiben wollen. Amateure sind per definitionem Liebhaber ihrer Kunst. Im besten Falle spiegelt sich das auch auf der Bühne wider.
Um Amateur-Spieler oder Amateur-Gruppe zu sein oder zu bleiben, gibt es mehrere Gründe:

  • Die Liebe zum eigenen Job.
    Wenn du einen Beruf hast, der dich erfüllt und den du gern ausübst, der dir und deiner Familie ein gutes Auskommen beschert, dann gibt es doch keinen Grund, diesen aufzugeben, wenn du das mit den zeitlichen Anforderungen, die dein Hobby von dir verlangt, unter einen Hut bekommst.
  • Fehlende Rentabilität
    Wenn man in einer kleinen Stadt einmal pro Monat im Gemeindesaal vor fünfzig Zuschauern bei einem Eintritt von 10 Euro auftritt, dann kann man sich noch so Mühe geben und nach der Decke strecken, die Wahrscheinlichkeit, dass alle Spieler hier irgendwann davon leben werden, sind gering, solange man nicht Grundlegendes ändert.
  • Ungünstiger Markt
    Ein Dorf ist, wie eben beschrieben, ein ungünstiger Markt für Improtheater. Aber eine improgeschwängerte Stadt wie zum Beispiel Chicago ist es eventuell auch. Wenn hinter jeder Ecke ein Impro-Spieler lauert, der auf eine große Impro-Karriere wartet, dann ist die Konkurrenz einfach sehr, sehr hart. Der Vorteil der großen improsatten Städte ist natürlich, dass man leichter auf Gleichgesinnte stößt, mit denen man die eigene Vision durchsetzen kann. Aber dafür brauchst du ein glückliches Händchen und einen langen Atem.
  • Fehlende Risikobereitschaft
    Wenn man bereits einen Job hat, ist es unter Umständen eben auch ein recht hohes Risiko, sich völlig neu zu orientieren, selbst wenn die Aussichten gar nicht übel sind. Wenn man eine Weile Improtheater gespielt hat, unterrichtet, vielleicht auch schon die Fühler Richtung Businesstheater ausgestreckt hat, entwickelt man ein Gefühl dafür, was möglich ist. Man muss aber bereit sein, diesen Sprung zu wagen.
  • Fehlende Qualität
    Dies ist sicherlich ein heikler Punkt. Aber man muss darüber reden. Ich sehe immer wieder, wie sich Impro-Gruppen mit Werbung abrackern, Unsummen in bedruckte Streichholzhefte, Kugelschreiber und T-Shirts stecken, Workshops anbieten und sich Firmen anbieten. Und trotzdem bleiben sie stecken, weil sie nicht genügend an sich selbst arbeiten. Die traurige Nachricht lautet: Dass eine Show improvisiert ist, reicht als Distinktionsmerkmal nicht aus. „Alles ist improvisiert!“ ist keine Schlagzeile mehr. Es müssen noch eine Menge Aspekte dazukommen, die ich hier in anderen Blog-Einträgen schon diskutiert habe: Bühnenpräsenz, inhaltliche Relevanz, darstellerische und erzählerische Eleganz usw.
    Einige Mängel lassen sich auf der Bühne sicherlich mit Frische und Tempo überspielen. Und wenn die Werbung geschickt gemacht ist, funktioniert sie vielleicht sogar für eine Weile. Aber ein Zuschauer, der sich einmal gelangweilt hat, kommt so schnell nicht wieder.
Amateure und Profis (2) – Improtheater als Hobby und warum man Amateur bleibt
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