(Ergänzung: Diese Gedanken habe ich bearbeitet und weiter ausgeführt im Buch „Improvisationstheater. Band 8: Gruppen, Geld und Management„
Die klare Antwort lautet: Kommt drauf an.
Es kommt drauf an, in welchem Kontext du improvisierst, vor welchen Zuschauern, ob Geld bezahlt wird, wie du dich anpreist und wie du wahrgenommen werden möchtest.
Nehmen wir folgendes Szenario: Ihr improvisiert seit ein paar Monaten in abendlichen Proben mit Freunden aus reiner Freude. Und nun werden drei von euch gefragt, ob ihr auf der Geburtstagsparty einer Kommilitonin zwei, drei kleine Games aufführen möchtet. Niemand wird von euch in einer solchen Situation superduperprofessionelles Auftreten erwarten. Selbst eine kleine Verspätung wird man bei einem derart niedrigschwelligen Auftritt zwar persönlich verantworten müssen, aber nicht mit einem Berufs-Ethos in Konflikt kommen. Nichtsdestotrotz kann es auch hier nicht schaden, sich in professionellem Verhalten zumindest zu üben. Man muss nicht eine kleine Party mit einer Riesen-Gala verwechseln, aber wenn man beabsichtigt, vielleicht öfters aufzutreten, sind solche Fingerübungen nicht das Schlechteste.
Denn dass man als Amateur ganz ohne eine gewisse professionelle Einstellung aus-kommt, wäre eine Fehlannahme! Wenn ihr in einer Impro-Gruppe spielt, die auf längere Sicht angelegt ist, braucht ihr professionelle Formen und Umgangsweisen. In dem Mo-ment, wo ihr vor zahlendem Publikum auftretet, darf das Publikum auch eine gewisse Erwartung an Mindeststandards haben.
Und schließlich habt ihr auch eine Verantwortung vor euch selber. Denn die Ansprüche an die Qualität einer Show sind unabhängig davon, ob ihr vom Improvisieren leben könnt. Sie sind auch unabhängig davon, ob die Zuschauer viel oder wenig Geld bezahlen. Und sie sind ebenfalls unabhängig davon, ob ihr an dieser konkreten Show verdient oder nicht. (Letzteres gilt im Übrigen auch für Profis!) Warum sollte man keine Energie in eine Impro-Show stecken! Gerade wenn man nicht davon lebt, sondern nur zum Spaß improvisiert, muss man doch das Bestmögliche aus dieser unbezahlten oder geringvergüteten Zeit machen.
Amateure und Profis (3) – Braucht der Amateur eine „professionelle Haltung“?