“Es hat mich schon immer fasziniert, dass bei Shakespeare mehr als bei jedem anderen Autor, mehr als bei jedem anderen Auto – anders selbst als bei Dante, Goethe, Cervantes -, die Charaktere sich verwandeln, während sie ihren Gedanken zuhören, und dass sie selber von dieser Verwandlung überrascht werden. Die Figuren erfinden sich ständig neu. Sie sind auf die eine oder andere Weise mit sich unzufrieden, daher ihr Wille zur Veränderung. Auf diese Weise entsteht ein Macbeth, ein Egmont (Was macht der in dieser Liste – DR), ein King Lear. Man könnte sagen, sie haben die Autorenschaft übernommen, Shakespeare musste nur noch mitschreiben.”
“Es gibt diese Ansicht, dass Shakespeare (…) humanistische Werte vertrat. Aber es ist kein Zufall, dass alle großen Figuren – Falstaff, Hamlet, Shylock, Macbeth, King Lear, Edgar in King Lear, Kleopatra – Nihilisten waren.”
“Es gibt im Faust keine Personen. Faust ist keine Person, Mephisto nicht, Gretchen nicht. Der Unterschied zwischen Goethe und Shakespeare ist derselbe wie zwischen Shakespeare und Christopher Marlowe oder Ben Jonson, beides brillante Autoren, aber sie geben uns keine Menschen, sondern nur Karikaturen. (…) Moliére kommt Shakespeare am nächsten – hat etwas zwölf Personen. Shakespeare hat mehr als hundert bedeutende Figuren geschaffen und etwa tausend Nebenfiguren, und jede von ihnen spricht individuell, handelt individuell, klingt anders, ist anders als all die anderen.”
(Alle Zitate Harold Blum im Interview mit Susanne Meyer in DIE ZEIT)

(Harold Blum wurde bekannt durch sein Buch “Shakespeare: Invention of the Human”)

Harold Bloom über Shakespeares Figuren
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