Übung Storytelling

Kinotrailer spielen, inklusive der Einsprecher, Titelzeilen, schnelle Brüche usw. Man sei so spezifisch wie möglich und orientiere sich an modernen Trailern. Es schärft die Wahrnehmung für Kino-Genres: Wie sehen Action-Filme, Horror, Sci-Fi usw. wirklich aus, statt nur Klischees in unseren Köpfen abzurufen. Das Übel, dass die Trailer oft die Story in 40 Sekunden erzählen, gerät uns zum Vorteil: Schnelle Schnitte, Gegensätze, Brüche, statt abgespulte, voraussehbare Handlungen.

Prunk und Beschränkung

Fast zur Obsession ist es bei Max Goldt geworden, die scheinbare Selbstverständlichkeit, Kunst lebe durch Beschränkung, durch Weglassen, infragezustellen: Kunst lebe durch Prunk. Ein schöner Gedanke. Allerdings hat auch jeder Prunk seine Beschränkung. Auch Goldts Prunk, sei es in den Katz-Cartoons, sei es in seinen Aufsätzen. Schon der Erzählton ist Beschränkung. Sie sollte aber für den Künstler natürlich zum blinden Fleck werden, damit er umso freier den Prunk erstrahlen lassen kann.

Germans and rules

“So when you are working with games or heavily structured improvisation, the Europeans are really quick to pick up on that and to really be able to do it within the structure. When you get into sort of looser forms like the Harold or things. like that, at least unstructured Harold, it is a lot harder to get them to cut loose to sort of be free form. It is very difficult sometimes. But there is a desire on the Europeans’ part, particularly the Germans, who tend to sort of be about rules, to really adopt that. I think that is one of the things that really appeals to them about improvisation and long program improvisation in particular the desire to be free, free of these rules and still be able to tell a story, whereas in America or in the United States in particular, it is the opposite.”
Randy Dixon
http://ir.lib.sfu.ca/retrieve/2104/etd1733.pdf

164. Nacht

Am nächsten Morgen kommt ein Mann zum Haus des Juweliers, der behauptet, seine Geschichte zu kennen und Abhilfe schaffen zu können, wenn er ihm nur folge. Dies tut er. Man geht zu einem Haus, dessen Tür verschlossen ist, dann weiter zu einem anderen Ort, bis man aufs offene Feld kommt und dann zu einem Fluss.

Im Improvisationstheater erleben wir immer wieder, dass geschlossene Türen, Tore und Fenster etabliert werden, wenn die Handlung aufgehalten wird, quasi eine Art Blockieren des Handlungsfortschritts. Ein Boot – es ist offenbar derselbe Fährmann wie zu Beginn – rudert die beiden zum anderen Ufer. Der Mann führt den Juwelier in eine Gasse, öffnet dort eine Tür und die beiden betreten eine Halle. Der Juwelier – inzwischen äußerst müde – muss erkennen, bei Räubern gelandet zu sein.

"Ja, wir sind es, die gestern nacht deine Habe geraubt und deinen Freund mit der, die bei ihm sang, entführt haben." Da rief ich: "Allah lasse seinen Schleier tief über euch herabfallen."

Jetzt wäre es gut zu wissen, was Allahs Schleier ist.

Der Juwelier enthüllt die Identität von Schams en-Nahâr und Ali ibn Bakkâr.

Sie gingen hin, und entschuldigten sich bei den beiden.

Nette Räuber. Könnten direkt einem bundesdeutschen Kinderbuch entsprungen sein.

Sie entlassen die Gefangenen und geben dem Juwelier sogar einen Teil des Geraubten zurück.

Da ward mein Herz beruhigt; doch sie spalteten sich in zwei Parteien, die einen waren für mich, die anderen wider mich.

Man kann jetzt schon sagen, dass das für den Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr spielt.

Sie lassen sich vom Fährmann übersetzen, dort werden sie von Wachsoldaten festgenommen, und die Ausrede, sie seien Sänger, zieht nicht. Erst Schams en-Nahâr muss dem Hauptmann etwas ins Ohr flüstern. Man führt sie zum Kalifenpalast, der Juwelier und Ali ibn Bakkâr dürfen nach Hause.

163. Nacht

Die Sklavin kommt abermals zum Juwelier, diesmal um ihm mitzuteilen, dass der Kalif den Palast verlassen hat, und die beiden Liebenden zusammengeführt werden könnten. Der Juwelier bietet daraufhin seine Zweitwohnung an. Tatsächlich schafft er, alles dorthin,

was die Gelegenheit erforderte, prächtige Gefäße und Teppiche; ich ließ Geschirr aus Porzellan und Glas, aus Silber und Gold dorthin bringen und rüstete alles, was an Speise und Trank nötig war.

Wer würde das heute schon für zwei eher entfernt Bekannte tun? Warum hier wieder Ich-Form des Juweliers?

Es kommt nun endlich zum Treffen, und man müsste schon ein schlechter Leser sein, wenn man nicht erriete, dass die beiden bei ihrer Umarmung in Ohnmacht fallen.
Man singt zur Laute Lieder, bis eine Sklavin mit der Meldung eintritt, das Haus sei umstellt, man müsse fliehen. Dem Juwelier, der glaubt, die Wache des Kalifen sei ihnen auf die Schliche gekommen, gelingt die Flucht übers Dach zu seinem Nachbarn, der ihm am nächsten Morgen berichtet, Räuber hätten das Haus geplündert und die Gäste erschlagen.

Dieser Dreh kommt nun ein bisschen deus-ex-machina-mäßig daher, aber besser solche Action als gar keine.

162. Nacht

Schams en-Nahâr verschwindet, und der Juwelier macht sich auf zu Ali ibn-Bakkâr, um ihm von den neusten Ereignissen zu berichten und ihm für eine Vereinigung der beiden, seine Zweitwohnung anzubieten.

Wäre ich an König Schehrijârs Stelle, hätte Schehrezâd nun so langsam allen Grund, um ihr Leben zu bangen.

161. Nacht

Auf seinem Weg von dem leidenden Ali ibn-Bakkâr findet der Juwelier einen Brief, der der Sklavin, die als Botin der Schams en-Nahâr arbeitet, aus der Tasche gefallen war. Briefe werden getauscht, es wird in Ohnmacht gefallen und geweint. Der Juwelier erklärt sich der Sklavin gegenüber bereit, den Boten zu spielen. Dafür, so die Sklavin, müsse aber Vertrauen zwischen ihm und Schams en-Nahâr hergestellt werden. Sie bittet ihn in den Palast des Kalifen. Der Juwelier fürchtet sich aber, keine angemessene Ausrede zu haben, sollte er entdeckt werden. Er bietet sein eigenes Haus an. Schams en-Nahâr kommt tatsächlich, man tauscht Nettigkeiten aus, und der Juwelier berichtet von el-Hasans Abreise und davon, dass er für weitere Treffen noch ein weiteres Haus zur Verfügung hätte.

Unendlich schwerer und quälender als die Pein der Liebenden ist die Lektüre dieser Story. Ständig werden irgendwelche unnützen Figuren in die Handlung eingeführt, die das Ganze nur langatmiger und weitschweifiger erscheinen lassen: Wozu wird el-Hasan durch den Juwelier ersetzt? Warum muss der jetzt noch eine weitere Wohnung anbieten? Warum ist dieses ganze Botengetue überhaupt notwendig, wo doch Schams en-Nahâr offenbar relativ problemlos den Kalifenpalast verlassen und betreten kann? Alles, um möglichst viele Liebesgedichte unterzubringen?

159. Nacht

Die ständigen Botschaftertätigkeiten zwischen den beiden Liebenden und Bakkârs andauernde Ohnmachtsanfälle beginnen Abu el-Hasân zu nerven:

"Wie wäre es erst, wenn du ein Mädchen liebtest, das Abneigung gegen dich hätte und dich verriete, so dass dein Geheimnis offenbar würde?" Da war – so erzählte Abu el-Hasan – Alî ibn-Bakkâr zufrieden mit meinen Worten; und er war durch sie beruhigt, und dankte mir dafür.

Woher auf einmal die Ich-Perspektive el-Hasans?

El-Hasan schmiedet eine List. Er klagt einem Freund sein Leid und behauptet, aus Furcht, als Kuppler verurteilt zu werden, nach Basra zu reisen, was er tatsächlich auch tut.
Als Heulsuse ibn-Bakkâr von el-Hasans Freund dies erfährt, nostalgiert nun den vergangenen Heul-Zeiten nach:

Einst pflegte ich zu weinen um vergangene Freuden,
Als meine Freunde all an meiner Seite weilten.
Doch heute hat mein Schicksal sie von mir geschieden;
nun weine ich um die, so meine Liebe teilten.