Drei Regeln des Duos Joko & Klaas

(Vorbemerkung: Ich werde anscheinend immer mehr bei Medien und Technik zum Spät-Adaptierer. Um Podcasts habe ich immer einen großen Bogen gemacht, und nun bin ich ganz gefangen von Baywatch Berlin, ein Podcast den ich rückwärts höre. Inzwischen bin ich beim Oktober 2020 angekommen. Er ist wunderbar improvisiert, mit genau dem richtigen Mix aus Fokus und Abgedrehtheit, den wir in den besten Momenten auch bei der Chaussee der Enthusiasten hatten. Ende der Vorbemerkung)

Klaas verrät die drei Regeln des Duos Joko & Klaas:
1. Ein-Mann-Veto: Man macht nichts gemeinsam, was einer nicht will.
2. „Alabama“: Das Safe-Word für abgefahrene Aktionen.
3. Keine Verbesserungsvorschläge. Diese Regel bezieht sich, wenn ich es richtig verstanden habe, darauf, sich bei Fernsehproduktionen auf die Rolle des Performers zu beschränken und sich nicht in die Arbeitsbereiche einzumischen, die andere professionell betreuen, selbst wenn man genau sieht, dass man das beim nächsten Mal des besseren Effekts halber anders aufziehen müsste.

TV Series

I believe that most tv series style improv shows don’t work, because the show lacks an audience that returns on a regular basis to watch at least every second show. Also, the characters don’t change. In order to overcome that lack, you need a basic situation that provides enough tension to draw comedy from. However, it doesn’t work as a long form improv drama. For that you have to have (a) pivotal character(s). Everyone in the team needs to know where the story is, what has happened, etc. The story tends to fade away.

Vince Gilligan: „TV is historically good at keeping its characters in a self imposed stasis so that shows can go on for years or even decades. (…) When I realized this, the logical next step was to think, how can I do a show in which the fundamental drive is toward change?“

Lead character vs side character

(starting at 1:45)
“The lead character can make choices that come out of their own psychology, and not out of the pressures of their world around them so much. Whereas the side characters or secondary characters are very much reacting oftentimes to the plot for the lead character’s choices. So, in “Breaking Bad”, when Walter White is supposed to return that sports car and he goes on a joy ride and just fucks it up… I mean, that choice of plot is completely justified and perfect and says a lot about him and fits and is also fun. But he doesn’t need…”
“It’s not advancing the story?”
”He can just return the car. And nobody would go: ‘Wait, shouldn’t he be on a joy ride?‘ (…) It’s a choice that is not dictated by anything but by the person’s character.”

„Die Hauptfigur kann Entscheidungen aus ihrer eigenen Psychologie her treffen und ist nicht so sehr abhängig von den Anforderungen der Welt, die sie umgibt. Hingegen reagieren die Nebenfiguren sehr oft auf den Plot für die Hauptfigur. In ‚Breaking Bad‘, wenn Walter White das Sportauto zurückgeben soll und er unternimmt eine Spritztour und ruiniert das Auto… Also, diese Plot-Entscheidung ist völlig gerechtfertigt und perfekt und sagt viel über ihn aus und es passt und macht außerdem Spaß. Aber er muss nicht unbedingt…“
„Es treibt die Story nicht voran?“
„Ja. Er kann einfach den Wagen zurückgeben. Und keiner würde sagen: „Moment mal, müsste er jetzt nicht eine Spritztour unternehmen? (…) Es ist eine Entscheidung, die durch nichts diktiert wird außer durch den Charakter dieser Person.“

Improtheater als Sensation oder Selbstverständlichkeit?

„So was haben Sie noch nicht gesehen! So was werden Sie nie wieder sehen! Denn alles, was auf dieser Bühne geschieht, entsteht in diesem Moment. Ob Krimi oder Oper, ob Märchen oder Shakespeare-Drama – wir schütteln alles aus dem Ärmel! Ein Feuerwerk an Premieren! Ein Blumenstrauß berührender und zwerchfellerschütternder Szenen…“
Kommt dir das bekannt vor? Im Moment, da ich dies schreibe, ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht mal so gering, dass deine Improgruppe so oder ähnlich für sich wirbt. Seit über dreißig Jahren wird Improtheater in Deutschland gespielt, es wird in Volkshochschulen und Manager-Seminaren improvisiert, es gibt in fast jeder deutschen Großstadt mindestens eine regelmäßig auftretende Impro-Gruppe, es gibt Impro-Formate im deutschen Fernsehen. Sollen wir in einer Zeit, in der Improtheater längst aus der Nische herausgefunden hat, es immer noch ankündigen, als käme der Feuerschlucker ins Städtchen?

Ricky Gervais: Make your own favorite show. (Mach deine eigene Lieblings-Show)

„You got to know, you’re doing it for you. And I always did do that with The Office. (…) Some people hated the Christmas specials and The Extras. I know they did. But we didn’t do it for them. We did it for me and Steve, and like-minded people. (…) Me and Steve made our favorite sitcom.“ „Du musst wissen, dass du es für dich selber machst. Und das habe ich mit The Office auch immer so gehandhabt. (…) Ich weiß, manche Leute haben die Christmas Specials und The Extras gehasst. Aber für die habe ich das auch nicht gemacht. Steve und ich haben es für uns gemacht und für Leute, die so denken wie wir. Wir haben unsere Lieblings-Sitcom erschaffen.“… Weiterlesen

Ricky Gervais – Jokes, taboos and the right not to be offended. (Witze, Tabus und Beleidigt sein)

„No-one has the right not to be offended. And don’t forget, just because you’re offended, it doesn’t mean you’re in the right. (…) There’s nothing you shouldn’t joke about. It depends what the joke is. Comedy comes from a good or a bad place. (…) When you see my stand-up, on the face of it I’m looking at taboo subjects. But they’re to get me into a position. They’re to get the audience to a place they haven’t been before. I think a comedian’s job isn’t just to make people laugh. I think, it’s to make people think.“

„Niemand hat das Recht, nicht beleidigt zu werden. Und Sie dürfen nicht vergessen: Nur weil man beleidigt ist, heißt das nicht, dass man Recht hat. (…) Es gibt nichts, worüber man keine Witze machen darf. Es kommt darauf an, was es für ein Witz ist. Comedy kommt aus einer guten oder einer schlechten Ecke. Meine kommt aus einer guten Ecke. Oberflächlich gesehen betrachte ich in meinen Stand-Ups Tabu-Themen. Aber die sind nur dafür da, um mich in eine bestimmte Position zu bringen. Sie sind dafür da, um das Publikum dorthin zu bringen, wo es noch nie war. Ich glaube, die Aufgabe eines Komikers besteht nicht nur darin, die Leute zum Lachen zu bringen, sondern sie zum Denken zu bringen.“

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Richtigmacher

Christine Lemke Matwey in der ZEIT über das Ende von Wetten, dass…
Gottschalk habe das richtige Maß an Anarchie in einer eigentlich biederen Sendung verkörpert und macht das an einem Vergleich fest: Bei einer verlorenen Saalwette wurde Gottschalk komplett in Senf getunkt. Das Mikrofon hielt er fest in der Hand. Knapp fünf Jahre später verliert Lanz eine Saalwette und wird in Schokolade getunkt (ob sie da einen Strafen-Ausdenker im ZDF angestellt hatten, dem die Ideen ausgingen?). Und im Gegensatz zu Gottschalk gibt Lanz das Mikrofon der Wettpatin. Bloß nichts kaputtmachen. Bloß alles richtig machen.
Lanz ist ein Richtigmacher, und hatte deshalb keine Chance.
„Ein Volk von Richtigmachern will keinen Richtigmacher vorgesetzt bekommen, das hätte das ZDF bei den alten Griechen ebenso lernen können wie aus der TV-Geschichte.

Showmaster-Tugenden

Im Fernsehen wird unterschieden zwischen Talkshow-Mastern, Quizshow-Mastern und Unterhaltungsshow-Mastern.

  • Die Grundtugenden des Talkshow-Masters sind Zuhören, Zusammenfassen, Gespräche lenken.
  • Die Grundtugenden des Quizshow-Masters sind Knappheit und Klarheit.
  • Die Grundtugenden des Unterhaltungsshow-Masters sind Spritzigkeit, Überraschung, Schlagfertigkeit.

Unser armer Improtheater-Moderator braucht all diese Fähigkeiten gleichzeitig.

„Durchgedreht“

Der ca. sechste Versuch, Improtheater ins Fernsehen zu bringen, ist wieder einmal völlig misslungen. Dafür können wir fünf Gründe nennen:

  1. Jörg Tadeusz als Moderator ist eine intellektuelle und geschmackliche Zumutung. In keinem Augenblick interessiert er sich für das, was er macht, worüber er spricht oder mit wem er spricht. Das gilt für „Die Profis“ auf Radio Eins, seine Talkshow, den von ihm moderierten Poetry Slam, und es wäre ein Wunder, wenn er sich nur ein bisschen mehr als absolut notwendig mit Improtheater beschäftigt hätte. Das Schlimmste aber: Tadeusz hat keinen Humor. Lasst ihn meinetwegen Schlager-Wunschsendungen moderieren.
  2. Die Sendung wird in Köln produziert. Das ist schon fast eine Garantie für billigsten Ich-setze-mir-eine-Perücke-auf-und-dann-lacht-das-Publikum-schon-Humor.
  3. „Durchgedreht“ versucht, Improtheater einen politischen Dreh zu geben. Das ist an sich löblich, da gerade diese Kombi hierzulande fehlt. Nun könnte man die Möglichkeit des Improtheater nutzen, wirklich tagesaktuell auf die Themen einzugehen und der Sache wirklich Biss zu geben. Stattdessen Genre-Replay-Softporno zwischen Obama und Merkel. Bruhaha.
  4. Die Schauspieler. Man setzt auf Parodisten und den allgegenwärtigen Hoecker. Was es bräuchte: Intelligente, humorvolle, schlagfertige Schauspieler.
  5. Und überhaupt!

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Die zehn Comedy-Regeln

Aus Scott Sedita: „The Eight Characters of Comedy“

  1. Wähle eine spezifische Figur mit spezifischen Merkmalen.
  2. Häng dich voll in deine Figur rein.
  3. Gute Comedy hat ihre Wurzeln in Schmerz und Konflikt.
  4. Füge kein Wort hinzu, ändere nichts, lass nichts weg; und folge der Interpunktion.
  5. In der Comedy wird nicht geflüstert. Sprich laut und deutlich.
  6. Halte das Tempo.
  7. Finde den Witz.
  8. Halte fürs (Zuschauer-)Lachen inne.
  9. Wenn ein Witz fällt, unterlasse körperliche Bewegung.
  10. Hab Spaß.

Man denke nach und übernehme, was passt. Erläuterung zu Punkt 9: Physische Bewegung ist immer auffällig und bindet Aufmerksamkeit, sie verwässert also den Gag.

Unwichtigkeit von Plots

Ricky Gervais erklärt, dass sie schon auf eigene Faust eine 20-Minuten-Folge von „The Office“ vorproduizert hatten: „Wenn wir ihnen das Skript gegeben hätten, läge das jetzt in einer Schublade. Und zwar verständlicherweise; denn es gab keine Witze. Ich denke, es 20 % gingen nur um Schweigen. Es gab keine berühmten Leute, keine Plots. Aber als sie [die Leute von der BBC] es sahen, wussten sie, was wir meinten.“

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