507.-510. Nacht

507.-510. Nacht

507. Nacht

(Fortsetzung von Die Geschichte von Dschanschâh
in Die Abenteuer Bulûkijas
in Die Geschichte der Schlangenkönigin)

Ein riesiger Vogel stürzt auf den in die Maultierhaut eingenähten Dschanschâh herab und trägt ihn auf einen Berg. Dschanschâh schlitzt das Fell auf, der Vogel fliegt, und Dschanschâh sieht um sich herum vertrocknete Leichen und Edelsteine.
Der Kaufmann verlangt von ihm, die Edelsteine herabzuwerfen, dann würde er ihm den Weg zeigen. Dschanschâh tut das, aber der Kaufmann reitet davon.

Im Märchen Der Edelsteinberg stopft sich der Held nun die Taschen voller Edelsteine, lässt sich von dem Adler ins Tal tragen und rächt sich am Kaufmann. Hier jedoch, wie so oft in den 1001 Nächten hat der Erzähler kein Bedürfnis, irgendwelche Klammern zu schließen, solange es nicht reine Anekdoten oder Witze sind. Es gibt keine Auflösung, keine Wiedereinführung, es sei denn durch die Rahmenhandlung, keine Moral der Geschichte, kein Lernen des Helden, keine moralische Prüfung. Die Aneinanderreihung seltsamer Abenteuer und Begebenheiten genügt.

Dschanschâh wartet drei Tage, dann wandert er zwei Monate lang. Dann gelangt er in ein Tal, in welchem er eine Burg entdeckt, wo ein Alter namens Scheich Nasr, der Herr der Vögel wartet und ihm verrät, dass Salomo ihm die Obhut über diese Burg anvertraut hat.

508. Nacht

Alle Jahre hält der Scheich Musterung über die Vögel. Er verspricht Dschanschâh, in den Vögeln anzuvertrauen, die ihn von diesem Berg Kâf fortbringen sollen. So verbringt Dschanschâh  eine Weile bei ihm. Und als der Tag der Vögel näherkommt, soll er die Zimmer der Burg begutachten.

Doch hüte dich, denundden Raum zu öffnen! Wenn du mir zuwiderhandelst und ihn doch öffnest, so wird dir nichts Gutes begegnen.

Sollte dies auch ein uneingelöstes Story-Versprechen sein wie bei der Superstute in der 494. Nacht, als sich Bulûkija einfach an das Versprechen hielt?

Siehe da, Dschanschâh  betritt tatsächlich diesen Raum.

Und er sah in ihm einen großen Teich, neben dem sich ein Pavillon befand, der aus Gold und Silber und Kristall erbaut war; seine Fenster waren mit Rubinen ausgelegt, und sein Boden war mit grünen Chrysolithen, Ballastrubinen und anderen Edelsteinen gepflastert, die marmorartig verästelt waren. Inmitten jenes Pavillons stand ein Springbrunnen, mit einem goldenen Becken voll Wassers, umgeben von allerlei Tieren und Vögeln, die aus Gold und Silber kunstvoll gearbeitet waren…

Ein Raum, der also eigentlich ein riesiger Garten ist.

509. Nacht

Dschanschâh schläft nach einer Weile bei dem in der Mitte des Raumes befindlichen Thron ein. Es nähern sich drei Vögel, die sich neben dem Teich niederlassen.

Daraufhin legten sie das Federkleid, das sie trugen, ab und wurden zu drei Mädchen, so schön wie Monde, die in der Welt nicht ihresgleichen hatten. Sie stiegen zum Teich hinab, schwammen in ihm munter und lachten. Als Dschanschâh sie erblickte, ward er bezaubert durch ihre Schönheit und Anmut und das Ebenmaß ihrer Gestalten.

In die jüngste von ihnen verliebt er sich.

Aber sie gab ihm zur Antwort: „Lass dies Gerede und zieh deiner Wege!“

Er freestylt:

„Im Garten erschien sie mir in ihren grünen Gewändern,
Den wallenden, und im Haare, das frei herab ihr hing.
Ich fragte sie; Wie heißt du? Sie sprach: Ich bin die Schöne,
Die in dem heißen Feuer der Liebe die Herzen fing.
Ich klagte ihr, was ich gelitten in meiner treuen Liebe.
Sie sprach: Du klagst dem Felsen und weißt doch nichts davon.
Da rief ich: Wenn dein Herz ein Felsen ist, so wisse,
Gott ließ aus Fels entspringen den allerklarsten Bronn.“

Dschanschâh fällt in eine Ohnmacht, in der er bleibt, während der alte Scheich mit den anderen Vögeln seine Rückreise bespricht.

510. Nacht

Der Scheich findet Dschanschâh. Nach den entsprechenden Vorwürfen gibt er ihm einen Rat: Sich beim nächsten Mal zu verstecken und einer von ihnen das Federkleid zu rauben.
Dafür muss er aber wieder ein Jahr warten, worauf sich Dschanschâh  einlässt.

Die sexuelle Gier ist nun wohl doch größer als die Heimatliebe.

 

495.-498. Nacht – Omikron und Beförderungs-Erschleichung

495.-498. Nacht – Omikron und Beförderungs-Erschleichung

Sobald die Nachricht über die Omikron-Variante heraus war, äußerten die Virus-Spezialisten, dies sei kein Grund zur Panik. Ich frage mich, wann die mal vor die Kameras treten und sagen: „Meine Damen und Herren! Wir bitten Sie jetzt alle, so richtig panisch zu werden.“
Ansonsten darf man sich durchaus freuen, dass der in Allgemeinwissen  und Popkultur eher unterrepräsentierte Buchstabe Omikron, der sich übrigens „O“ schreibt, auch mal im Rampenlicht steht.
Betrüblich in der letzten Woche: Nachdem ich jahrelang bei meinen abendlichen Fahrten eine mit meiner Frau geteilte Jahreskarte dabei hatte, haben wir sie im Frühjahr abgeschafft, fuhren viel Fahrrad und kauften die wenigen Tickets online. Prenzlauer Allee. Kontrolleure. Ich erkenne sie an ihrem Hochstatus schon beim Einsteigen – diese Haltung, die signalisiert „Der S-Bahn-Wagen gehört mir.“ Sie finden auch prompt ein paar Opfer, aber nicht genügend, um mir einen Zeitvorsprung zu verschaffen. Ich fummle hektisch an meinem Handy, aber der Gorilla brummt: „Ich sehe in der Scheibe, dass Sie versuchen, noch schnell ein Ticket zu kaufen.“ In meinen frühen Zwanzigern, als mir das ein, zwei Mal pro Jahr passierte, bin ich dann meistens mit ausgestiegen und weggerannt. Aber weder habe ich noch diese Schnelligkeit noch den hohen Leidensdruck. Und so steht mein Name jetzt in der Beförderungs-Erschleicher-Datei des VBB.

*

495. Nacht

(Fortsetzung von Die Geschichte der Schlangenkönigin)

Bevor die Schlangenkönigin die Geschichte von Bulûkija fortsetzen kann, bittet Hâsib Karîm ed-Dîn sie, ihn wieder an die Erdoberfläche zurückzuführen.

Bei diesem Narrativ könnte auch jedem anderen der Kragen platzen, und man muss sich wundern, dass Schehrezâd nicht um ihr Leben fürchtet.

Die Schlangenkönigin aber prophezeit, dass sobald Hâsib an die Oberfläche käme, er ins Badehaus gehen würde, dort die Waschung vornehmen, und dann wäre es um sie, die Schlangenkönigin, geschehen. Trotz seiner Schwüre, dies nicht zu tun, lässt sie sich nicht umstimmen, da Hâsib ein Sohn Adams sei, der den Bund mit Allah gebrochen habe. Zehn Tage weint er nun, bis er sich schließlich einkriegt und sie resigniert zum Weiterplaudern ermutigt:

„Erzähle mir, wie es Bulûkija erging…“

Bulûkija nimmt Abschied vom König und begegnet auf seinen weiteren Wanderungen den Erzengel Michael sowie vier Engel in Gestalt eines Menschen, eines Raubtieres, eines Vogels und eines Stieres hatte.

(Die Symbole der vier Evangelisten - auch Tetramorph)

Er wandert weiter und gelangt zum Berg Kâf.

Der Erzähler nimmt keinerlei Bezug darauf, dass Bulûkija hier schon mal war.

Auf diesem Berg trifft er, man kann es sich schon denken, wieder einen Engel, dessen Aufgabe es ist, auf Befehl Allahs Dürre oder Überfluss, Krieg oder Frieden zu schaffen.

496. Nacht

Der Engel erklärt weitere Mythen, unter anderem:

„Hinter dem Berge Kâf liegt noch ein Gebirge, das einen Weg von fünfhundert Jahren lang ist, und es besteht ganz aus Schnee und Eis. Dies Gebirge ist es, das die Hitze des Höllenfeuers von der Welt abwehrt.“

497. Nacht

Die Hölle, so ein weiterer Mythos, von dem der Engel erzählt, ist ein Pfand, das Allah der Schlange anvertraut hat:

„Öffne deinen Rachen!“ Und als das Ungeheuer seinen Schlund aufgetan hatte, senkte Allah die Hölle in seinen Bauch und sprach: ‚Bewahre die Hölle bis zum Tage der Auferstehung.'“

Wie wir aber von der Schlangenkönigin erfahren hatten, wohnen doch die Schlangen in der Hölle. Man hat fast den Eindruck, der Erzähler stellt all die Engels- und Höllenmythen nebeneinander, um ihre Inkompatibilität zu demonstrieren.

Bulûkija wandert weiter und trifft auf ein von zwei Wächtern behütetes Tor, das diese ihm nicht öffnen dürfen. Daraufhin bittet er Allah, ihm den Erzengel Gabriel zu senden, der das Tor öffnen möge.
Dies geschieht auch. Und hinter dem Tor befindet sich ein riesiges, von einer Bergkette umgebenes Meer. Auf den Spitzen dieser Berge sitzen, dreimal darfste raten,

Engel, deren Amt es war, zu lobpreisen und zu heiligen.

Er findet schließlich den Weg zum Meer, schmiert sich wieder die Füße mit der Kräutersalbe ein und begegnet anderen, die ebenfalls übers Meer wandeln. Es sind dies die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Verwundert wandert Bulûkija weiter.

498. Nacht

Auf der Wanderung begegnet Bulûkija nun einem weinenden Jüngling, der zwischen zwei Grabstätten sitzt.

Hâsib unterbricht die Schlangenkönigin abermals und bittet sie, ihn nach oben zu führen, was sie ihm abermals verwehrt. Er weint,

und alle Schlangen weinten um seinetwillen und begannen für ihn bei der Königin zu bitten. (…) Als nun Jamlîcha – denn also war die Schlangenkönigin geheißen – diese Bitte von ihm hörte, wandte sie sich zu Hâsib und ließ ihn schwören.

Nach über fünfzig Seiten erfahren wir nun ihren Namen, als würde er jetzt noch eine Rolle spielen.

Sie befiehlt einer Schlange, ihn nach oben zu bringen.

Aber als sie schon bei ihm war, um ihn hinauszuführen, sprach er doch noch zu der Schlangenkönigin: „Ich möchte, dass du mir die Geschichte des Jünglings erzählst, bei dem Bulûkija sich niedersetzte.“

Fortsetzung der 1001-Nacht-Lektüre 478.-479. Nacht


Vor ziemlich genau fünfzehn Jahren begann ich den Lektüre-Blog. Damals hatte ich mir vorgenommen, jeden Tag 20 Seiten aus den „Erzählungen aus den Tausendundein Nächten“ (Übersetzung von Enno Littmann in der sechsbändigen Insel-Ausgabe) zu lesen und launisch zu kommentieren. Meine Überlegung war die: Jeder Band umfasst ungefähr 800 Seiten, also insgesamt 4.800 Seiten insgesamt. Bei täglich 20 Seiten müsste ich nach acht Monaten fertig sein. Nach acht Monaten hatte ich aber erst drei Viertel des ersten Bandes geschafft. Ich rechnete: Wenn ich so weitermachte, würde ich beim Ende der Lektüre das stolze Alter von 43 Jahren erreicht haben. Ich musste mich also sputen.

Aber solche Mammut-Projekte, die ja nebenher zum „eigentlichen“ Schreiben, Improvisieren und Unterrichten laufen, tendieren dazu, auszulaufen. Vor allem hatte ich auch nicht beachtet, dass in den Tausendundein Nächten eine Menge „Füllmaterial“ steckt: Nicht enden wollende Abhandlungen darüber, welche Tugenden eine junge Frau haben sollte, Dutzende Anekdoten über die Gerechtigkeit Allahs, Variationen derselben Geschichte und so weiter. Mir war, als hätte jemand diese Passagen eingebaut, um meine Ausdauer zu testen. Nach und nach ließ die Energie nach.

Ich beendete:
– Die 21. Nacht am 31.1.2007
– Die 100. Nacht am 3.12.2007
– Die 200. Nacht am 12.7.2008
– Die 300. Nacht am 18.8.2010
– Die 400. Nacht am 24.10.2013
Und dann am 30.12.2014 war mit der 477. Nacht die Luft raus. Inzwischen war mein Sohn zur Welt gekommen und schon jedes Blättern in den luftigen Erzählungen waren Stunden, die ich nicht mit Kind oder mit wertvolleren Arbeitsprojekten verbrachte. Die Lektüre stand also unter enormem Rechtfertigungsvorbehalt.

Und da habe ich noch gar nicht von der Nischenhaftigkeit dieses Blogs gesprochen. Zum Zeitpunkt, da ich aufhörte, über die Tausendundein Nächte zu bloggen, hatte ich vielleicht dreißig einigermaßen regelmäßige Leser. (Dazu kamen monatlich noch zirka eintausend Zufallsleser, die durch spezielle Suchbegriffe – insbesondere „Sklaverei“, „Jungfrau“ und „Sexualität“ – auf meine Seite gestoßen waren und sie wahrscheinlich auch rasch wieder verließen.

Mittlerweile habe ich mir auch noch ein weiteres Extrem-Projekt auferlegt, das in seiner Nischenhaftigkeit vergleichbar ist: Ein auf zwölf Bände angelegtes Werk zum Thema „Improvisationstheater“, das ich im nächsten Jahr beendet haben wollte, was mich aber noch deutlich mehr Zeit kosten wird. In den ersten zwei Bänden hatte ich noch diesen sportlichen Zeitplan angegeben, auch um mich selbst unter Druck zu setzen. Das habe ich später nicht mehr getan – es wäre nur noch peinlich.

Hofstadters Gesetz besagt: Es dauert immer länger als du denkst, selbst wenn du Hofstadters Gesetz mit einberechnest.

Nebenbei musste übrigens der Blog zwei Mal umziehen, was einige Bilder zerstört und die Formatierung zerschossen hatte. Ich hatte vier verschiedene Schriftformatierungen: 1) Für meinen Text, 2) für Zitate aus dem Buch, 3) für Verse aus dem Buch und 4) für die Kommentare. Dies wiederherzustellen würde mindestens einen Monat dauern, aber wenigstens ein paar Fotos werde ich wieder hochladen.

Nun weigere ich mich aber, zu sterben, ohne die komplette Sammlung ausgelesen zu haben. Dafür sind sie doch zu gut. Und ich weiß, dass noch einige Leckerbissen auf mich warten. Also wage ich mich wieder heran und schiebe zwischen die Korrektur meines neusten („Schauspiel-Improvisation“) und dem Schreiben des folgenden Buchs („Storys Improvisieren“) wenigstens die Nächte 478 bis 719 (Ende des dritten Bandes und Band 4).
Auf geht’s.

478. Nacht

Nachdem die Christin geheilt ist, bittet sie:

„O Abu Ishâk, wann sollen wir nach dem Lande des Islam auswandern?“

Ich dachte, er hieße Sîdi Ibrahim el-Chauwâs. Sollte Abu Ishak Shami, der Sufi-Meister gemeint sein?

Und der Erzähler schloss mit den Worten: Nie habe ich einen Menschen gekannt, der fester als sie im Fasten und Gebet stand; sie harrte bei Allahs heiligem Haus sieben Jahr aus. Und nachdem sie aus diesem Leben geschieden, fand sie in mekkanischer Erde den Grabesfrieden.

Ist mit diesem heiligen Haus die Kaaba gemeint oder das Leben? Jedenfalls kann sie nicht besonders alt geworden sein.

*

Die Geschichte von dem Propheten und der göttlichen Gerechtigkeit

Einer der Propheten [welcher es ist, wird uns nicht mitgeteilt] lebt und betet auf einem Hügel und beobachtet, wie ein Reiter bei einem Brunnen absteigt, um zu trinken. Dabei lässt er versehentlich ein Goldsäckchen dort liegen und reitet fort. Es kommt ein zweiter Reiter, der das Säckchen an sich nimmt und verschwindet. Als drittes kommt ein armer Holzhauer an den Brunnen, der erste Reiter kehrt zurück, verdächtigt den Holzhauer des Raubes und tötet ihn. Der Prophet will einschreiten, doch Allah hält ihn zurück:

Kümmere du dich um deine Andacht; denn die Regierung der Welt ist nicht deine Sache! Wisse, der Vater dieses Reiters hatte tausend Dinare dem Vater des zweiten Mannes geraubt; deshalb habe ich dem Sohne über das Geld seines Vaters Macht gegeben. Der Holzhauer aber hatte den Vater dieses Reiters erschlagen; deshalb habe ich dem Sohne Gewalt gegeben, die Strafe zu vollziehen.“ Nun rief der Prophet: „Es gibt keinen Gott außer dir! Dir sei Preis, du kennst die verborgenen Dinge.“

Unabhängig von dem seltsamen Dreh der Geschichte, ist doch eigentlich interessant, dass Allah an seinen Propheten appelliert, sich aus Regierungsdingen herauszuhalten.

*

479. Nacht

Es folgt ein längeres Gedicht, das mit folgenden Zeilen, die Allah in den Mund gelegt werden, endet:

O mein Knecht, von solchem Grübeln musst du deinen Sinn befrein;
Manch Geheimnis, das dem Blick entzogen, birgt die Schöpfung mein.
Drum ergib dich meinem Willen, unterwirf dich meiner Kraft;
Denn mein Wille ist es, der das Gute und das Böse schafft.

Hat hier Littmann bei Goethe geborgt oder ist die Parallele zufällig? Im Faust ist es ja der Teufel, hier Allah, der behauptet, das Gute zu schaffen.

*

Die Geschichte von dem Nilfergen und dem Heiligen

Ein Nilferge (Fährmann über den Nil) hilft einem Alten nicht nur durch die Überfahrt, sondern auch dadurch, dass er ihn beköstigt. Daraufhin bittet ihn der Alte, ihn am folgenden Tag, da er, der Alte, sterben würde, zu bestatten und demjenigen, der ihn am Stadttor anspricht, Lederflasche und Gewand zu übergeben.
Der Ferge tut dies, wundert sich aber weniger über den Tod des Alten als vielmehr darüber, dass ein „Schelm“ die Habseligkeiten des Alten bekommen soll. Im Traum belehrt ihn Allah, dass alles so von ihm vorhergesehen war. Nach dem Aufwachen dichtet der Ferge spontan:

Wer liebt, darf beim Geliebten keine Wünsche haben.
Die Wahl ist dir versagt – o, dächtest du nur dran!
Will er dir gütig sein, dir deine Neigung zeigen,
Will er je von dir gehn, kein Tadel trifft ihn dann…

(Es folgen noch einige Zeilen.) Interessant ist aber, dass der im Gedicht erwähnte Geliebte natürlich Gott ist, gleichzeitig aber die Erwartungslosigkeit der Schlüssel zu jeder Liebes-Beziehung ist.

*
Die Geschichte von dem frommen Israeliten, der Weib und Kinder wiederfand

Wie die Lobesgeschichten über Israeliten ihren Weg in die Erzählungen, die ja nun gar nicht frei von Antijudaismus sind, gefunden haben, konnte ich nicht herausfinden.

Einem Juden, dessen Vater ihm auf dem Sterbebett bittet, nie bei Gott zu schwören, verliert seine materielle Habe, als angebliche Gläubiger seines verstorbenen Vaters ihn bis aufs Blut aussaugen. Ihm bleibt nichts übrig, als mit Weib und Söhnen zu fliehen, was mit einem recht hübschen Gedicht kommentiert wird:

O der du aus der Heimat fliehst aus Furcht vor Feindschaft:
Wer flüchtet, dem wird oft ein rasches Glück zuteil.
Sei nicht betrübt ob der Verbannung; oftmals findet
Der Fremdling, weit entfernt von seinem Heim, das Heil.
Denn müssten alle Perlen in den Muscheln wohnen,
So wäre ihre Stätte nicht in Königskronen.

Das Schiff aber geht unter, aber Vater, Mutter und die Söhne überleben und werden auf Planken in jeweils unterschiedliche Länder getrieben.

 

 

473. – 474. Nacht

473. Nacht

Als der Schmied sich bei der Frommen entschuldigt, spricht sie:

„Oh mein Gott, wie du jetzt meinen Wunsch an ihm erfüllt hast, so bitte ich dich, nimm meine Seele zu dir, denn du bist mächtig über alle Dinge.“

Die Verklärung des Todes nimmt im Islam und im Christentum seltsame Züge an. Können wir uns die Seelen-Vorstellung noch als Ausfluss der Todesangst erklären (endgültiger Tod kann nicht sein, weil er nicht sein darf), so nimmt diese Vorstellung vom Tod oft Züge der Sehnsucht an. Und warum auch nicht? Wenn das Leben im Paradies so viel schöner ist, was soll man dann hier? So werden Märtyrer gemacht.

*

Die Geschichte von dem frommen Israeliten und der Wolke

Einem frommen Juden hat Allah eine Wolke untertan gemacht, die ihm überallhin folgt und ihm dient, wenn er trinken oder sich waschen muss. Einmal aber war er

in seinem Eifer nachlässig und Allah hieß die Wolke von ihm enteilen.

Nachts hört er eine Stimme, die ihm befielt, bei einem

König in der Stadt Soundso

darum zu bitten, dass dieser für ihn bete.
Nach einigen Verzögerungen erhält er auch Zugang zum König und dessen Gemahlin, deren

Antlitz leuchtete wie der junge Mond; und sie trug ein Gewand aus Wolle und einen Schleier.

*

474. Nacht

Der König aber trägt nur ein einfaches Gewand aus Filz und betet in einem öden Gebäude, wo er auch aus Palmblättern mit seiner Frau, die auch seine Base ist, Matten flicht, die dann ein fünf Spannen (das sind ca. 1,20 Meter) hoher Sklave auf dem Markt verkauft und für den Erlös einfaches Essen erwirbt.
Nach dem Gebet funktioniert die Wolke wieder für den „Israeliten“, der berichtet:

„Alles, was ich seitdem im Namen der beiden von Allah dem Erhabenen erbitte, gewährt Er mir.“

Wenn es eine Vorherbestimmung gibt, wie kann man dann um etwas bitten, was einem Gott ohnehin gewährt? Theologen meinen, es ginge dabei darum, dass der Betende sich ändert. Aber dann bräuchte er ja nicht um etwas zu bitten.

*

Die Geschichte von dem muslimischen Helden und der Christin

Der Kalif Omar ibn el Chattâb rüstet ein muslimisches Heer wider die Ungläubigen in Damaskus. Zwei besonders tapfere Helden tun sich in der Belagerung hervor. Einer der beiden findet den Märtyrertod, der andere gerät in Gefangenschaft.

469., 470., 471., 472. Nacht – Pullach, Sonnenblumen, Chi und Che

Pullach, Sonnenblumen, Chi und Che

Und wieder muss ich eine Nachricht in die Rubrik „Meldungen, die ich nicht verstehe“ einordnen. „BND-Mann spioniert für CIA“. Ja, dachten denn die Chefs des BND, der junge Mann würde seinem Verein in Pullach bei München treu bleiben, nur weil er dort das Spionage-Handwerk einst erlernte? Ein Blick in die Welt des Fußballs hätte geholfen zu verstehen, dass man als Profi seit den späten 70ern dem Verein dient, der einem am meisten bietet. Für die Fußballer sind das Real Madrid, AC Mailand, Arsenal London, FC Barcelona und Bayern München. Für die Spione die CIA und die NSA. Auch hier fallen nach und nach die traditionellen psychologischen Grenzen altmodisch-patriotischer Treue.
Und so fordert der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff: Ab heute wird zurückspioniert. Schockenhoff, der Spionage-Experte, weiß als Alkoholsüchtiger, wie man schummelt. Nach einer Auto-Scooter-mäßigen Schlängellinien-Fahrt in seinem Mercedes, rammte er mehrere Fahrzeuge und beging Fahrerflucht. Als man ihn später zuhause aufsuchte und seinen Blutalkohol maß, stellte der Blutalkoholtester eine Konzentration von 2,3 Promille fest. Schockendorf, der Schlaue, wie man ihn seither vermutlich nennt, behauptete, höchstens ein Glas Weißwein vorher getrunken und eine Flasche Rotwein entkorkt zu haben. Zuhause aber habe er sich nach seinem Schnee-Schnee-Schnee-Schnee-Walzer-Drive vor lauter Scham sinnlos besoffen.
Im Juristendeutsch nennt man dieses schamlose Schutzverhalten „Nachtrunk“. Nachtrunk kann man beispielsweise auch anwenden, wenn man in betrunkenem Zustand von der Polizei herausgewunken wird: Man greift in die Jackentasche, holt den Flachmann raus und grüßt: „Guten Abend, Herr Wachtmeister, ich wollte hier sowieso parken. Und Prost übrigens.“ Dann leert man die halbvolle Flasche und behauptet später, sie sei voll gewesen. Man kommt bei solch einem Verhalten mit einer leichten Ordnungsstrafe weg. Und ich wette, dass spätestens wenn Kloppsköppe wie Schockenhoff dies tun, jeder noch so liberal gesinnte Richter das Prinzip „in dubio pro reo“ verfluchen wird.
Das Verfahren, mit dem man – ehrliche Angaben vorausgesetzt – den Nachtrunk abziehen und den Alkoholgehalt im Blut feststellen kann, wurde von Professor Erik Widmark entwickelt, der die nach ihm benannte Widmarkformel

aufstellte.
Sein ganzes Berufsleben widmete sich Widmark der Erforschung dieses Themas, und diese Formel bringt sein Lebenswerk auf den Punkt, so wie Einsteins E= m*c2 , die ja als die Krönung aller Formeln gilt und angeblich schwer zu verstehen. Wobei ich behaupte, dass sie mir doch irgendwie einleuchtender vorkommt als das bereits erwähnte
.
Wenn man Widmarks Werk angemessen ehren will, sollte man sich nicht mit solchen Advokaten-Tricks wie „Nachtrunk“ und „Im Zweifel für den Angeklagten“ herausreden können. Und ehren muss man diesen schwedischen Chemiker auf jeden Fall, wird doch seine Biografie durch zwei unschöne Jahreszahlen umklammert; denn genau wie Hitler wurde er 1889 geboren und starb im Jahr 1945 sogar am selben Tag wie dieser Nichttrinker, der im FAZ-Magazin-Fragebogen unter „Welche historische Persönlichkeit verachten Sie am meisten“ von den meisten Promi-Ausfüllenden mit vorhersehbarer Regelmäßigkeit genannt wurde, nämlich am 30. April.
Überhaupt lag im April 1889 nicht nur Hitlers Mutter in den Wehen, sondern auch die vom späteren Mini-Schnurrbarerfinder Charlie Chaplin und den Nazis Glücks und Salazar.
Geboren wurde 1889 im Übrigen auch der Eiffelturm in Paris, wenn mir die Freiheit gelassen wird, die Fertigstellung eines Gebäudes als Geburt zu bezeichnen. Die Pariser waren über das Monstrum entsetzter als die Berliner über die Bebauungspläne des Tempelhofer Feldes. Sie starteten eine Unterschriftenkampagne, um das damals höchste Gebäude der Welt wieder abreißen zu lassen. Und wenn die Franzosen es mit der Demokratie genau nähmen, müsste man den Eiffelturm im Nachhinein abreißen, aus Respekt für den plebiszitären Willen der Ururgroßeltern. Vielleicht lässt man ihn ja nur deshalb stehen, weil sonst sämtliche in Paris spielenden Liebesfilme neu gedreht werden müssten.
An seinen im Jahr 1888 gemalten Bildern „Fünf Sonnenblumen in der Vase“, „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“ und „Drei Sonnenblumen in der Vase“, hatte sich Vincent Van Gogh offenbar dermaßen aufgegeilt, dass er im Sommer 1889 noch einmal „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“, dann „Zwölf Sonnenblumen in der Vase“ und noch ein letztes Mal „Fünfzehn Sonnenblumen in der Vase“ hinterherschob. Der finanzielle Erfolg gab ihm leider erst post mortem recht.
Obwohl ich dem Spätimpressionismus gegenüber durchaus aufgeschlossen gegenüber stehe, fällt bei mir eine mentale Klappe, sobald Van Gogh seinen Tuschkasten öffnet. Ich könnte sagen, dass mich dieser Kommapointilismus in den Wahnsinn triebe, in Wirklichkeit hat es wahrscheinlich mit einem frühkindlichen Trauma zu tun. Als ich drei Jahre alt war, hing das deprimierende „Caféterrasse am Abend“ schräg gegenüber meinem Kinderbett. Allenthalben heißt es, das Ölgemälde zeige die Verlorenheit des Individuums in der nur scheinbar warmen Gesellschaft – wollten mich meine Eltern schon so früh auf die Kälte der Gesellschaft vorbereiten? Merci, Papa et Maman.

Warum aber stürzte sich Vincent ausgerechnet auf Sonnenblumen? Waren sie für den armen Maler billiger zu haben als etwa Tulpen? Oder hatte er selbst einen kleinen Sonnenblumengarten, um zum Beispiel Sonnenblumenöl zu pressen, welches einerseits sehr mild und schmackhaft ist, aber andererseits wegen seines niedrigen Siede- und Rauchpunkts nicht zum Frittieren benutzt werden darf. Unwahrscheinlich hingegen, dass er von der im ostslawischen Raum praktizierten Sonnenblumenölkur gehört hatte, welche heutzutage in gesundheits-esoterischen Kreisen ein Schattendasein unter den Entschlackungskuren fristet.
Den aus der Metallurgie und der Dampflok-Technologie stammende Begriff der Entschlackung führte übrigens Otto Buchinger nach dem Ersten Weltkrieg in die Ernährungsphysiologie ein und verschwurbelt damit noch nach seinem Tod bis heute die Köpfe vieler sich um ihr Gedärm Sorgender. Vielleicht war ihm die Verschwurbeltheit sozusagen in die Wiege gelegt, so war er erst ein großer Kriegsbefürworter und wurde später zu einem der wenigen deutschen Quaker, einer zwar pazifistischen aber ansonsten recht wirren US-amerikanischen Sekte, deren zweitgrößte Community übrigens in Bolivien beheimatet ist.
Nach Bolivien exportierten die Nordamerikaner aber nicht nur ihre kuriosen Religionen, sondern auch Putsche und Konterrevolution, und im Jahr 1969 ließ die CIA im bolivianischen Dschungel den Guerillero Che Guevara ermorden. Was hätten sie mit dem BND-Mann gemacht, wenn er sich geweigert hätte?

***

469. Nacht

Als der fromme Jude, den die Muslimin verführen will, ihre Absichten mitbekommt, geht er aufs Dach (angeblich um zu beten) und stürzt sich von dort in die Tiefe. Aber Engel halten seinen Fall, und ihm geschieht nichts Böses.

470. Nacht

Die Frau des treuen Mannes wird für seine Gottesfurcht mit von Allah herbeigezaubertem Brot im Ofen und einem plötzlich durchs Dach des Hauses fallenden Rubin belohnt. Im Traum sieht sie den Sessel ihres Mannes im Paradies, dem der Rubin fehlt. Und sie sagt ihrem Mann:

„Lieber Mann, bete zu deinem Herrn, er möge diesen Rubin an seinen Ort zurückkehren lassen; es ist leichter, in den wenigen Tagen auf Erden Hunger und Armut ertragen zu müssen, als ein Loch in deinem Sessel unter den Gerechten zu wissen.“

Nach dem Gebet des Mannes steigt der Rubin wieder zum Himmel auf.

Reduktion Allahs auf eine Art Weihnachtsmann, der den artigen Erwachsenen ihre Wünsche erfüllt.

*

Die Geschichte von El-Haddschâdsch und dem frommen Manne

El-Haddschâdsch ibn Jûsuf eth-Thakafi lässt „einen von den Vornehmen“ in einen Kerker sperren.

Wer "die Vornehmen" sein sollen, bleibt unklar.

Anscheinend will El-Haddschâdsch ihn verhungern lassen, doch der Gefangene betet zu Gott, und am nächsten Tag ist die Zelle leer. Der Kerkermeister in Angst, nun zum Tode verurteilt zu werden, nimmt von seinen Angehörigen Abschied, legt sich Spezereien auf, nimmt ein Leichentuch unter den Arm und tritt vor El-Haddschâdsch.

*

471. Nacht

El-Haddschâdsch klärt den Kerkermeister auf:

„Weißt du denn nicht, dass Der, den er nannte, als du anwesend warst, ihn befreite, während du abwesend warst?“

*

Die Geschichte von dem Schmied, der das Feuer anfassen konnte

Ein frommer Mann hört von einem Schmied, der das Feuer anfassen kann und sucht diesen auf. Er beobachtet ihn und bittet ihn, über Nacht bleiben zu dürfen.
Da aber der Gast den Wirt nicht zum Gebete aufstehen sah, noch sonst irgendein Zeichen besonderer Frömmigkeit auf ihm bemerkte, so sagte er sich: „Vielleicht verbirgt er sich vor mir.“
Als er ihn auch an den folgenden Tagen keine außergewöhnlichen, sondern nur die „verdienstlichen“ Handlungen ausführen sieht, stellt er ihn zur Rede, und der Schmied berichtet, dass er einst eine Frau zu verführen versuchte, diese aber keusch blieb. Auch als sie Hunger litt und er sie mit Essen zu erpressen versuchte, blieb sie standhaft.

„Der Tod ist besser für mich als die Strafe Allahs des Erhabenen.“

Heißt das, Allah würde sie strafen, wenn sie vor Hunger sich prostituieren würde?

*

472. Nacht

Nach mehreren Tagen kommt der Schmied zur Besinnung, und ihm wird klar, was er getan hat. Er bereut im Gebet und gibt der Frau die Speise.
Als die Frau sein Reuegebet hört, betet sie:

„O, mein Gott, wenn dieser die Wahrheit spricht, so lasse das Feuer in dieser Welt und im Jenseits ihm nichts anhaben. Denn du hast über alle Dinge Macht, und wenn du erhören willst, so ist es vollbracht.“

Am selben Tag fällt ihm eine brennende Kohle auf den Leib, und sie konnte ihm nichts anhaben.

Michael Hartmann, Kranzgeld und ASV-Trainingsanzüge, 467.-468. Nacht

Michael Hartmann, Kranzgeld und ASV-Trainingsanzüge

In die seltene Rubrik „Nachrichten, die ich nicht verstehe“, ordnete ich am dritten Juli unwillig die Meldung ein, beim SPD-Bundestags-Abgeordneten Michael Hartmann sei nach einer Hausdurchsuchung kein Crystal Meth gefunden. Sie liest sich wie eine Fake-Nachricht. „Hausdurchsuchung in Kindertagesstätte: Keine chemischen Kampfstoffe gefunden.“ oder eine Nicht-Nachricht: „Angela Merkel schon wieder nicht schwarzgefahren.“
Die Hartmann-Meldungen sind lang, die Hartmann-Meldungen sind breit, warum auch nicht, der Leser hat Zeit, möchte ich einen alten Klospruch abwandeln; aber trotz Länge und Breite erfährt der willige Medienrezipient nicht, warum man sich von einer Wohnungsdurchsuchung bei SPD-Bundestags-Abgeordneten verspricht, Crystal Meth zu finden? War Hartmanns Haut durch die mit dem Konsum dieser Droge einhergehenen Talgdrüsenentzündung auffallend picklig geworden? Hat man bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert und vermutet nun, dass er dem Beispiel des Antihelden Walter White folgen und diese Droge zuhause produzieren würde, um für die Nachkommen vorzusorgen?
Ausgerechnet Michael Hartmann, der für einen harten Kurs gegenüber selbst weichen Drogen eintritt, wie man erfährt, wenn man gugelt, um etwas über einen Abgeordneten zu erfahren, von dem man noch nie etwas gehört hat. Jetzt hat Michael Hartmann seine Warholschen fifteen minutes of fame, aber nicht durch etwas Spektakuläres wie ein Crystal Meth Labor, sondern durch das Nichtvorhandensein eines solchen. Schwer zu sagen, welche Art von Ruhm einem da lieber wäre.
Hartmann ist, wie man lesen muss, auch Mitglied des Stiftungsrats des Hohen Doms zu Mainz, einem derart alten Dom, dass sich niemand mehr erinnern kann, wann er gebaut wurde und dessen neun Glocken nur dann gleichzeitig läuten, wenn katholische Mega-Events wie Pontifikalämter und Hochfeste anstehen. Bei Pontifikalrequien hingegen läuten die ersten acht Glocken, bei Pontifkalvespern die Glocken 1, 3, 5, 6, 7 und 8.
Vermutlich werden sich außer mir viele Nicht-Katholiken und eventuell sogar eine ganze Reihe Katholiken fragen, was denn ein Pontifikalamt sei, wem es dient, ob man es essen kann und ob man seine Straßenschuhe anbehalten darf. Ich muss erfahren, dass dieser Begriff in der katholischen Kirche eine Heilige Messe bezeichnet, der ein Priester vorsteht, der zum Tragen der Pontifikalien berechtigt ist. Vielen Dank für diese Definition, liebe Wikipedianer. Sie erinnert mich an die Tautologien mathematischer Definitionen, die mich in meiner Teenagerzeit, von der Wahnvorstellung, einmal Mathematiker zu werden, kurierten, etwa: „Ein Vektor ist ein Element eines Vektorraums, das zu anderen Vektoren addiert und mit Zahlen, die als Skalare bezeichnet werden, multipliziert werden kann.“
Aber ich bin nicht faul und binge auch noch „Pontifikalienträger“. Dieser darf, im Gegensatz zu uns gewöhnlichen Sterblichen, die keine Pontifikalien tragen, zum Beispiel Jungfrauen weihen, die geweiht werden, weil sie Jungfrauen bleiben, und zwar nicht weil sie keinen abgekriegt haben, sondern weil sie ihre Jungfräulichkeit der Kirche gewidmet haben.
Die Jungfräulichkeit hat bekanntlich in Deutschland im Laufe der letzten 1.000 Jahre immer mehr an sozialer Relevanz verloren, und das sollte man begrüßen, wenn nicht sogar in unregelmäßigen Abständen zelebrieren. Einen Meilenstein der lobenswerten Jungfräulichkeitsprofanisierung setzte die rotgrüne Koalition unter Gerhard Schröder. Eigentlich kann und sollte man die Täter und Mitläufer dieser Bande für all das politische Übel, das sie angerichtet hat, immer wieder schelten und sie scheeler Blicke würdigen, wenn sie sich einem auf Sichtweite nähern. Doch bei aller Scheel-Blick-Würdigung darf man nicht vergessen, dass erst diese Regierung es im Jahr 1998 fertiggebracht hat, den Paragraph 1300 des BGB zu streichen, nach welchem Männern, die ihre Verlobte deflorierten, sie dann aber nicht heirateten, die Zahlung eines sogenannten Kranzgeldes drohte. Wie, so frage ich mich, lief in einem solchen Prozess eigentlich die Beweisführung, wenn etwa der Deflorierer seine Beteiligung an der Hymenzerstörung abstritt und seiner Widersacherin unterstellte, die Deflorierung unter Zuhilfenahme eines Massagestabes, eines Mittelfingers oder einer handelsüblichen Gurke selbst vorgenommen zu haben?
In Sachen sexueller Revolution war ja die DDR dem Westen oft voraus. Der laxe Umgang in Sachen Nudismus, die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und Homosexualität sowie die Freiheit der Frauen, ihren Gatten nicht um Erlaubnis fragen zu müssen, wenn sie eine Erwerbsarbeit aufnehmen wollten, können als Beispiele ebenso herhalten wie der Umstand, dass der Kranzgeld-Paragraph bereits 1957 gestrichen wurde.
Ein ereignisreiches Jahr für den ersten Arbeiter- und Bauernstaat. (Ich habe mich übrigens immer wieder gefragt, was der entscheidende Unterschied zwischen einem Arbeiterstaat und einem Bauernstaat sei, bzw. zu welchen Anteilen die beiden Komponenten Arbeiter und Bauer die DDR zu einem Arbeiter- und Bauernstaat werden ließen. Ist das wie bei Nuss-Nougat-Creme? Die Nüsse sind die Hauptzutat, und dann erst das Nougat? Die ikonografische Glorifizierung des an der Maschine mit groben Fäusten werkelnden Proleten, der auch am 1. Mai stolz seine Stahlgießerschürze trägt, und dagegen das eher Peinlich-Berührtsein vor dem Auftreten eines Schweinestallbauern spricht für diese Reihenfolge. Aber auch in der Nuss-Nougat-Creme ist der Hauptanteil eigentlich Zucker, so wie im Politbüro dann auch die Bürokraten das Heft in der Hand hielten. Der einzige Bauer war eigentlich der sich als Dachdecker ausgebende Honecker. Exkurs Ende.)
Nicht nur wurde 1957 der Kranzgeldparagraph in der DDR abgeschafft, der Osten schlug der BRD eine Konföderation vor, und am 28. April wurde der Deutsche Turn- und Sportbund gegründet, der in 17 Bezirks-Unterorganisationen untergliedert war, obwohl die DDR eigentlich nur 15 Bezirke hatte. Die restlichen beiden waren der Stasi-eigene Club Dynamo und der Armee-Sportverein dessen ekelhaft-braune Trainingsjacken uns noch heute auf der Straße begrüßen, wenn sich hirnlose Hipster dieses Kleidungsstück, welches einst in der Freizeit überambitionierten NVA-Majoren oder resignierten Sportlehrern vorbehalten war, überziehen, und dessen extreme Hässlichkeit sich geschmeidig in die ansonstene Uneleganz des gemeinen Hipsters einfügt, dessen Anziehsachen-Beschaffung folgenden sich Prinzipien unterwirft:
– Farben müssen sich möglichst beißen und das Ugliest oft he last 100 years versammeln, etwa Neongrün, Stuhlgangsbraun und Rentnerbeige.
– Jacken, Hosen, Taschen alles drei Nummern zu klein, und mindestens so, dass man sich nicht mehr bequem darin bewegen kann.
– Alles, was man der Körper selbst produziert oder man am Körper manipulieren kann – Haare, Fingernägel, Bart, Tätowierungen und Ohrlöcher – so entsetzlich groß, dass Anfassen sich von selbst verbietet.
Ein Ohrloch zu einem Riesen-Fleischtunnel auszuweiten, bedarf einer Menge Geduld, da man pro Monat immer nur ein bis zwei Millimeter erweitern darf. Wenn ich einen Mann mit Kleinstfleischtunnel erblicke, möchte ich ihm zurufen: „Halte ein! Du wirst das Ausmaß des Fremdschämens, das deine Kinder beim Erreichen der Pubertät einst ohnehin in deiner Gegenwart verspüren werden, verachtfachen. Und wenn dir das als Argument nicht genügt, so sei dir gesagt, dass sich die unangenehme Geruchsbildung der sich im Ohrloch bildenden Talgdrüsen mit jedem Millimeter Durchmesser verschärft und, wenn man einschlägigen Berichten Glauben schenken darf, sehr an Untenrum erinnert. Verklebte Talgdrüsen und damit einhergehender Geruch – ein Problem, das wir notabene auch bei Crystal-Meth-Konsumenten beobachten können. Brachte Hartmann die Polizisten vielleicht durch fortwährende Müffelei auf seine Spur?

***

467. Nacht

Zu ihrem Unglück schwimmt einer der Seeleute zu ihrer Planke und bedrängt sie:

„Bei Allah, schon als du noch auf dem Schiffe warst, gelüstete mich nach dir; jetzt aber, wo ich bei dir bin, lass mich meinen Willen an dir tun, sonst werfe ich dich allhier ins Meer.“

Schließlich wirft er nicht sie, sondern das Kind ins Meer. Auf ein Stoßgebet hin, erscheint ein Ungeheuer, das ihn von der Planke mitreißt.
Nach einem Tag trifft sie auf ein Schiff, das sie aufnimmt und dessen Besatzung auch das Kind vom Rücken des Ungeheuers geborgen hat.

Der Erzähler berichtet, er habe der Frau, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, Geld geben wollen.

Aber sie rief: „Weg damit, du Tor! Sagte ich dir nicht, wie Er gnädig spendet und in seiner Huld alles zum Guten wendet? Soll ich Wohltaten von jemand anders annehmen als von Ihm?“

Sehr eigenwillig. Wie erhält sie Nahrung, wenn nicht von Menschen oder eigener Arbeit? Gott als eine Art Weihnachtsmann?

*

Die Geschichte von dem frommen Negersklaven

Mâlik ibn Dinâr berichtet, in Basra sei einst der Regen ausgeblieben, und er und seine Gefährten gingen zu einer Gebetskapelle, wo sie einen Schwarzen mit seltsamen Körperlichen Merkmalen beten sehen. Er

betete zwei Rak’as, und beide Male war seine Haltung beim Stehen und Verneigen genau die gleiche.

Ist das erstrebenswert im Islam?

Nachdem der Schwarze Gott „bei deiner Liebe zu mir“ um Regen gebeten hat, fängt es an zu strömen

wie aus offenen Wasserschläuchen.

*

468. Nacht

Mâlik ibn Dinâr wirft dem Schwarzen Überheblichkeit vor:

„Du hast gesagt: Bei deiner Liebe zu mir. Woher weißt du denn, dass Allah dich liebt.

Der entgegnet:

„Wende dich hinweg von mir, o du, dem sein Seelenheil nichts gilt! Wo war ich etwa, als Er mir die Kraft gab, Seine Einheit zu bekennen, und mich mit der Kenntnis Seines Wesens begnadete? Meinst du vielleicht, er hätte mir die Kraft dazu verliehen, wenn Er mich nicht liebte?“

So sehr das Ganze auf eine weitere Frömmelei-Geschichte hinausläuft, so ist doch dieser Punkt bemerkenswert: Ein missgestalteter schwarzer Sklave wirft Mâlik ibn Dinâr, einem direkten Jünger Mohammeds fehlendes Vertrauen in Gott vor und beschämt ihn so.

Am nächsten Tag geht Mâlik ibn Dinâr zum Sklavenhändler, um den Sklaven zu kaufen, da er von ihm begeistert ist. Der Händler überlässt ihn für zwanzig Dinare mit der Bemerkung, er sei

„ein unseliger, unbrauchbarer Bursche, der die ganze Nacht hindurch nichts anderes tut als weinen und bei Tage nichts als bereuen.“

Mâlik ibn Dinâr eröffnet ihm:

„Nur deshalb habe ich dich gekauft, damit ich selber dir diene.“

Der Sklave jammert, dass nun sein inniges Verhältnis zu Gott bloßgestellt sei und wünscht sich den Tod, der auch sofort eintritt.

„Als ich in sein Antlitz schaute, lächelte er. Da war auch die schwarze Farbe der weißen gewichen, und sein Antlitz erstrahlte und wurde hell.“

*

Die Geschichte vom frommen Manne unter den Kindern Israel

Ein Jude und seine Frau fristen ihr armes Leben mit Korbflechten. Abends zieht er los, um die geflochtenen Fächer und Tablette zu verhökern.

Da kam er bei der Tür eines der Kinder dieser Welt, eines wohlhabenden und angesehenen Mannes vorbei.

Mit "dieser Welt" ist, so muss man wohl annehmen, die muslimische Welt gemeint.

Die Bewohnerin des Hauses aber verliebt sich in ihren Mann, und da ihr Gatte nicht da ist, versucht sie, ihn mit List zu sich hereinzulocken.

Sharing Economy – Eine Verteidigung – 466. Nacht

Erwiderung zu Tilman Baumgärtels „Teile und verdiene“

In der ZEIT vom 26.6.2014 nimmt Tilman Baumgärtel Unternehmen und Apps der „Sharing Economy“ unter die Lupe. Der allgemeinen Begeisterung von Nachhaltigkeit, partizipativem Wirtschaften und neuen Beziehungen stellt er sieben grundlegende Kritikpunkte gegenüber. Grundsätzlich kritisiert Baumgärtel, dass die neuen Produkte ihre Versprechen nicht halten, vielmehr unterliefen sie Rechtsvorschriften, kämen nur Reichen zugute und seien auch sonst irgendwie unmoralisch.
Eine Erwiderung Punkt für Punkt.
1. „Unternehmen unterlaufen Arbeitsstandards und Rechtsvorschriften“. Baumgärtel beschreibt das Problem am Beispiel von Mitfahr-Apps, deren Fahrer keinen Personenbeförderungsschein haben und deren rechtliche Konstruktion irgendwie fragwürdig sei. Baumgärtel scheint es entgangen zu sein, dass es Mitfahrzentralen schon seit Jahrzehnten gibt, und sogar eine ausgefeilte Rechtsprechung zur Problematik. Mitfahrgelegenheiten unterliegen rechtlichen Vorschriften. Dasselbe gilt für Ich-koche-für-dich-mit-Apps und Ich-leih-dir-meine-Bohrmaschine-Angeboten. Selbst wenn es Rechtslücken geben sollte (was bei der Fülle der Angebote durchaus anzunehmen ist), warum sollte man warten, bis die Lücke vom Gesetzgeber geschlossen würde? Das Internet selber ist in Rechtslücken gewachsen. Nach dieser Logik hätten wir in Deutschland immer noch kein Internet.
2. „Firmen bereichern sich an dem, was andere anbieten“
Formal gesehen hat Baumgärtel recht, aber wie sollte es anders gehen? Auch ein App-Entwickler muss bezahlt werden. Es stimmt, dass einige Unternehmen enorm gewachsen sind. (Letztlich kann man Ebay als einen der ersten Shared-Economy-Giganten bezeichnen.) Und es steht ja auch jedem frei, diese Vermittlungsdienste gratis anzubieten. Aber damit ist eben auch ein gewisser organisatorischer Aufwand und ein unternehmerisches Risiko verbunden.
3. „Es entsteht ein neues Prekariat aus Tagelöhnern“
Ich könnte Baumgärtel zumindest in seiner semantischen Kritik zustimmen, dass die Bezeichnung „Micro Entrepeneur“, den TaskRabbit für die Ikea-Regal-Zusammenschrauber und Einkäufe-Besorger gefunden hat, ein unangenehmer Euphemismus ist. Aber entsteht hier wirklich ein „neues Prekariat“? Dafür müsste man sich natürlich genauer anschauen, wer hier seine Dienste anbietet. Baumgärtel vermutet hier wahrscheinlich nicht zu Unrecht Arbeitslose, Studenten, Rentner und Hausfrauen, die er „bemitleidenswert“ nennt. Nehmen wir die Studenten. Als Student wäre ich in gewissen Zeiten froh gewesen, zu den Umzugs-Jobs der studentischen Arbeitsvermittlung eine Alternative gehabt zu haben. Ist denn die Lage irgendeines Arbeitslosen oder eines Studenten dadurch weniger prekär, dass sie dem um die Ecke wohnenden Lehrer mit zwei linken Händen das Ikea-Bett nicht zusammenschrauben? Aber Baumgärtel bezeichnet dieses Prekariat als „neu“. Sollte also ein Prekariat entstehen, wo vorher noch keines war? Wie soll man sich das vorstellen? Ikea muss seine im teuren Montage-Service angestellten Beschäftigten entlassen, die sich nun mit TaskRabbit über Wasser halten müssen? Vielmehr wird es doch wohl so sein, dass den prekär sich durchwurschtelnden Studenten, Künstlern, Rentnern ein paar Optionen mehr als bisher zur Verfügung stehen. Und wenn eine Rentner (was haben eigentlich die Hausfrauen in dieser Aufzählung verloren?) einen nützlichen Zusatz-Job findet – warum nicht? Bringt ihn das in die prekäre Situation? Und wenn wir schon bei Service sind – schlechter als einer Friseurin in einem „echten“ Angestellten-Verhältnis kann es einem ja kaum noch gehen. Es entstünde, so Baumgärtel am Beispiel von Putzkräften, „eine Schattenwirtschaft, die wenig mit dem ursprünglichen Ziel der Sharing Economy zu tun hat, ungenutzte Ressourcen durch gleichberechtigten Tausch zwischen Anbietern produktiv zu machen“. Das klingt wie das Jammern eines Fans, der die alten Platten seiner Band besser findet. Wer sagt denn, was das „ursprüngliche“ Ziel gewesen sei? Wer wirklich einen Tausch im Sinne von „Ich streiche deine Wände, wenn du auf mein Kind aufpasst“, im Kopf hat, begibt sich in Phantasie-Welten, die nicht einmal in der familiären Wirklichkeit Anschluss finden. Wenn das böse Geld zu irgendwas Nutze ist, dann ja wohl dafür, dass man nicht mit seinem geernteten Apfel warten muss, bis jemand vorbeikommt, der das begehrte Ei anbietet.
4. „Die Tauschwirtschaft nützt vor allem jenen, die selbst haben und besitzen.“
Am Beispiel der befristeten Wohnungs-Untervermietung zeigt Baumgärtel, dass in den USA ausgerechnet diejenigen mehr verdienen, die bessere Wohnungen anbieten (können). Und das findet er „verblüffend“. Aber was genau ist daran verblüffend? Wäre es nicht umgekehrt erstaunlich, wenn der Vermieter einer runtergekommenen Einraumwohnung in einer Gegend mit hoher Kriminalität mehr Geld verdienen würde als sein Pendant im Nobel-Viertel. Man kann und soll Segregation von Stadtvierteln kritisieren und bekämpfen. Aber in der Sharing Economy ist wohl der falsche Platz dafür. Wundert sich Baumgärtel auch darüber, dass er in Hotels und Herbergen der Londoner Innenstadt mehr zahlen muss als in Hackney oder Acton?
5. „Aus idealistischen Ideen wurden renditeorientierte Geschäftsmodelle“. Der fiese Google-Konzern habe gezeigt, dass „idealistische Ideen“ ins Böse kippen können. Und das drohe nun auch Plattformen wie couchsurfing.org. Tatsächlich ist aus couchsurfing.org ein großes Unternehmen geworden. Aber kurioserweise erzielt gerade diese Plattform bislang noch gar keine Einnahmen.
Tatsächlich erwähnt Baumgärtel auch die eigentliche Streitfrage, nämlich wem eigentlich die Rechte an den Quellcodes gehören, die gemeinschaftlich erschaffen wurden. Tatsächlich nähern wir uns da den Problemen des Übergangs zu einem renditeorientierten Unternehmen. Die Frage ist aber dennoch, ob dieser Übergang schlecht sein muss. Wer sagt, dass die „idealistischen Ideale“ auch eine bessere Wirklichkeit erzeugen? Auch Google, das von Anfang an gewinnorientiert arbeitete, hat sein hübsches Motto „Sei nicht böse!“ bis heute nicht aufgegeben.
Als sich Mitte der 90er Jahre die Mitfahrzentralen langsam durchsetzten, sank die Bereitschaft der Autofahrer drastisch, Anhalter mitzunehmen. Wie habe ich mich geärgert! Aber ich musste doch einsehen, dass ich für wenig Geld doch recht viel gewann: Nämlich die Planbarkeit der Reise und die Sicherheit zu wissen, zu wem man ins Auto steigt.
6. „Vertrauen wird ersetzt durch Kontrolle“
Baumgärtel beklagt hier, dass „die kommunitaristischen Werte, die die Sharing Economy propagierte“ im Schwinden begriffen ist, da Bewertungssysteme eingeführt würden, Haftpflichtversicherungen notwendig werden usw. Ja wie nun? Einerseits wird das Unterlaufen rechtlicher Bestimmungen beklagt, solange der Branchenzweig noch klein ist, und andererseits will man die rechtliche Absicherung auch nicht haben? Der Blick auf die krassen Einzelfälle (Betrug bei Handelsplattformen, Gewalt bei Mitwohngelegenheiten), die ja gerade erst zu rechtlichen Anpassungen führten, versperrt aber auch den Blick darauf, dass z.B. eine Plattform wie Ebay (die Baumgärtel seltsamerweise überhaupt nicht als erfolgreichstes Beispiel der Sharing Economy erwähnt) nach wie vor in großem Maße auf einer guten Balance von Vertrauen und Kontrolle beruht.
7. „Menschliche Beziehungen werden zur Ware“
„Die Tauschwirtschaft“, so schreibt Baumgärtel, „ermutigt uns dazu unser ganzes Leben als Kapital zu betrachten. (…) Aktivitäten, die auch einem guten Zweck dienen könnten – Handarbeiten für den Adventsbasar der Kirchengemeinde, Einkaufen für die gehbehinderte Nachbarin -, erscheinen in der Sharing Economy auf einmal als unrentabler Zeitvertreib.“
Was für Beispiele! Sollte der Adventsbasar der Kirche nicht einmal Geld einbringen? Ist nicht die Handarbeit für den Basar schon Handeln im Sinne ökonomisierter Rationalität? (Die sich allerdings teilweise traditionell dermaßen verselbständigt hat, dass niemand mehr fragt, ob jemand die in stundenlanger Arbeit gehäkelten Topflappen oder die ollen Bücher vom Dachboden jemand auch kauft.) Wer seiner gehbehinderten Nachbarin hilft, wird doch von den Optionen der Sharing Economy nicht davon abgehalten. Eher ist anzunehmen, dass hilfsbereite Menschen eben mehr in der Sharing Economy aktiv sind, als die, denen das nur als Kokolores erscheint.

466. Nacht

Der Bruder, der die fromme Frau des Juden hatte steinigen lassen, wird vom Krebs im Gesicht befallen;

die Frau, die sie geschlagen hatte, erkrankte am Aussatz, und der Schelm ward vom Siechtum heimgesucht.

Dem Richter wird nach seiner Rückkehr erzählt, seine Frau sei verstorben. Sie ist aber inzwischen ist in ihrer Zelle zu einer berühmten frommen Weisen geworden, bei der man um Rat sucht. Den drei Erkrankten wird ebenfalls geraten, sich an sie zu wenden.
Als die drei vor sie treten, sagt sie zu ihnen:

„Ihr Leute da, ihr werdet nicht eher von euren Leiden erlöst werden, als bis ihr eure Sünden bekennt.“

Erwartungsgemäß tun sie das auch.

Und alsbald ließ Gott, der Allgewaltige und Glorreiche, sie genesen.

Auch ihr Mann erkennt sie wieder.

Der Bruder des Richters aber und der Schelm und die Frau baten um Vergebung; und nachdem sie ihnen verziehen hatte, widmeten sich alle an jener Stätte dort der Anbetung Gottes und dem Dienst der frommen Frau, bis der Tod sie schied.

Diese Geschichte ist doch recht bemerkenswert, da die Juden hier nicht verächtlich gemacht, sondern sogar als fromm und gottesfürchtig beschrieben werden.

*

Die Geschichte von dem schiffsbrüchigen Weibe

Einer von den Nachkommen des Propheten erzählte

Durch diese Rahmung soll der Geschichte wohl mehr Glaubwürdigkeit verliehen werden.

Er trifft eines Nachts beim Spaziergang um die Kaaba eine klagende Frau, neben der ein schlafender Knabe liegt. Sie berichtet, dass sie vor einer Weile an diesen Ort wallfahren wollte und schwanger war. Das Schiff, auf dem sie sich befand, geriet aber in einen Sturm, und sie rettet sich auf eine Schiffsplanke, auf der sie das Kind gebiert.

„Als es nun auf meinem Schoße lag und die Wellen mich peitschten“ –,
Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann und hielt in der verstatteten Rede an.

462., 463., 464., 465. Nacht

462. Nacht

Schehrezâd wiederholt die letzte Sequenz der Geschichte:

Nun staune, o König, über die Beredsamkeit dieser Sklavin, über ihr reiches Wissen, ihren Verstand und ihre vollendete Bildung in allen Wissenschaften und den Künsten! Und bedenke auch die Großmut des Beherrschers der Gläubigen Harûn er-Raschîd. (…) Wo fände man wohl nach dem Abassidenkalifen noch solche Freigebigkeit? Die Barmherzigkeit Allahs walte über sie alle jederzeit.

Aber wir wissen schon jetzt, dass König Schehrijâr noch weitere 539 Nächte brauchen wird, um den Wink zu verstehen oder verstehen zu wollen: Beredsame Sklavin! Großmütiger Herrscher! Mein Gott, so schwer ist das doch nicht!

*

Ferner wird erzählt

Die Geschichte von dem Engel des Todes vor dem reichen König und vor dem frommen Manne

Einer von den Herrschern der Vorzeit

gemeint ist wohl die vorislamische Zeit

reitet in großem Prunk aus, stolz und übermütig. Ein alter Mann in zerrissener Kleidung nähert sich ihm und legt die Hand an seine Zügel:

„Ich bin der Engel des Todes; ich will deine Seele holen!“

Eine Frist sich zu verabschieden, gewährt ihm der Tod nicht.
Einem Frommen hingegen, der mit der Welt in Einklang lebt, gewährt er die Bitte, noch einmal beten zu dürfen.

Auch das kann eigentlich - so kurz nach der letzten Geschichte - als Warnung an König Schehrijâr verstanden werden.

*

Die Geschichte vom Engel des Todes vor dem reichen König

Nachdem ein König riesige Güter angehäuft hat, versammelt er seine Angehörigen und Diener zu einem Mahl, denn jetzt könne er sich endlich seines Wohls erfreuen.

*

463. Nacht

Auch hier tritt der Engel des Todes hinzu, und auch hier wird eine letzte Frist oder eine Ersatzperson verweigert:

„Ich bin nur deinetwegen gekommen, um dich zu trennen von den Gütern, die du gesammelt und aufgespeichert hast“

Daraufhin verflucht der König seinen Reichtum.

Nun antwortet der Reichtum (sic!)

„Warum verfluchest du mich? Verfluche dich selber! Allah (…) gab mich in deine Hand, auf dass du dir durch mich eine Wegzehrung schüfest für dein Leben im Jenseits und von mir den Armen und Bedürftigen und Elenden Almosen gäbest…“

Und so stirbt der König, ohne von den Speisen gekostet zu haben.

*

Die Geschichte vom Engel des Todes und dem König der Kinder Israel

Ein jüdischer König sitzt auf dem Thron und auch hier erscheint ein hässlicher Mann, der sich als der Engel des Todes entpuppt:

„Ich bin es, der die Freuden schweigen heißt und der die Freundesbande zerreißt.“

Die Formel, mit der hier so viele Erzählungen enden; ähnlich unserem "und wenn sie nicht gestorben sind..."

Der jüdische König bittet um eine Frist,

„damit ich das Geld, das in meinen Schatzkammern ist, seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgeben kann!“ (…)
„Weit gefehlt! Das ist dir nicht mehr möglich.“

*

464. Nacht

„Du gehst zu dem Zorne des Allgewaltigen ein.“ (…) Da erhob sich ein Getöse unter dem Volk seines Reiches, die Stimmen erklangen, und Weinen und Schreien erschollen.

An dieser Stelle gibt es seltsamerweise zwei Bleistift-Markierungen in meiner Ausgabe, die (so vermute ich zumindest) nicht von mir stammen, die aber auch kurios sind: „Weinen und Schreien“ mit gewelltem Unterstrich und Fragezeichen an der Seite. Was ist so unverständlich oder fraglich an dieser Passage?

*

Die Geschichte von Iskandar Dhû erl-Karnain und dem genügsamen König

Mit „Iskandar Dhû el-Karnain“ wird hier Alexander der Große bezeichnet.


„Alexander, der Zweigehörnte“

Auf seinen Reisen kommt Iskandar Dhû erl-Karnain an einem sehr armen Volk vorbei, das sich von „Gräsern und Kräutern“ ernährt und seine Toten direkt vor den Toren der Stadt beerdigt und die Gräber vom Staub befreit.
Iskandar befragt den König, warum sie das so täten. Dieser antwortet, so

„schwindet auch die Liebe zur irdischen Welt aus unseren Herzen, und wir werden nicht durch sie von dem Dienste unseres Herrn, des Erhabenen abgelenkt.“

Auf die Frage nach dem Veganismus, bekommt er die bemerkenswerte Antwort:

„Weil wir es verabscheuen, unsere Leiber zu Gräbern von Tieren zu machen.“

Das Angebot Iskandars, sein Wesir zu werden, lehnt der König des armen Volkes ab:

„Weil alle Menschen deine Feinde sind um deines Reichtums und des Besitzes willen, der dir verliehen war; alle aber sind in Wahrheit meine Freunde wegen der Genügsamkeit und meiner Armut, dieweil ich keinen Besitz habe und auch nichts Irdisches begehre; danach trage ich kein Verlangen.“

*

Die Geschichte von dem gerechten König Anuscharwân

Anuscharwân lässt in seinem Königreich verbreiten, er sei krank und könne nur durch einen alten Lehmziegel aus einem zerfallenen Dorfe gerettet werden. Man findet keinen, und Anuscharwân ist zufrieden.

„Da (…) ein jeder Ort bewohnt ist, so steht es gut um das Reich, die beste Ordnung herrscht in allen Dingen, und so konnte die Kultur es zur höchsten Vollkommenheit bringen.“

*

465. Nacht

Schehrezâd fährt, nachdem die Anekdote eigentlich schon beendet ist fort, Schehrijâr zu belehren.

Wisse drum, o König – so fuhr Schehrezâd fort – dass (…) es unzweifelhaft wahr ist, was die Gelehrten verkünden und wir in den Aussprüchen der Weisen finden, nämlich: die Religion hängt vom König ab, der König von den Truppen, die Truppen vom Staatsschatze, der Staatsschatz von der Wohlfahrt des Landes, und die Wohlfahrt des Landes von der gerechten Behandlung des Untertanenstandes…

*

Die Geschichte von dem jüdischen Richter und seinem frommen Weibe

Ein Richter reist auf Pilgerfahrt nach Jerusalem und vertraut seinem Bruder auch seine Frau an, der sie, sobald der Richter fort ist, zum Ehebruch nötigen will. Sie wehrt sich, und er bezichtigt sie mit bestochenen Zeugen, Ehebruch getrieben zu haben.

Dieses Muster ist doch teilweise heute noch bekannt.

Man steinigt sie, aber ein barmherziger Wandersmann hört nachts das Stöhnen der Frau, die die Steinigung überlebt hat, nimmt sie zu sich und seiner Familie und pflegt sie gesund. Er gibt ihr sein Kind, damit sie sich nächtens seiner annehme. Doch eines Nachts schleicht sich ein „Schelm“ ein, um sie zu verführen. Als sie sich weigert, will er sie erstechen, trifft aber aus Versehen das Kind.
Die Mutter des Kindes verdächtigt die Frau des Richters des Kindsmordes und versucht, sie zu erschlagen, diese kann aber flüchten.
Auf ihrem Weg kommt sie in ein Dorf, wo man einen Mann an einem Baum gekreuzigt hat. Sie bietet die wenigen Dirhems, die sie bei sich trägt als Lösegeld an. Er wird abgenommen und sie heilt ihn.

Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.

394. Nacht – Meine Besserwissereien

Ich war ein Besser-Ossi
oder Onkel Hain kommt

Ob meine Besserwisserei angeboren oder anerzogen ist, weiß ich nicht. Nature or Nurture – die alte Frage. Da ich meine Eltern schon als kleines Kind damit nervte, sie in kleinen Dingen des alltäglichen Lebens zu korrigieren, muss es wohl in den Genen liegen oder vielleicht an einer Mutation der Muttermilch. Die moralphilosophische Fachwelt streitet ja darüber, ob Besserwisserei der Todsünde des Hochmut zuzurechnen sei. Dagegen spräche, dass es einem ja nur um die Sache geht: Den Fortschritt, die Wahrheit. Man möchte seine Menschen nicht in der Düsternis der Dummheit zurücklassen. So gesehen ist jedes Lehrbuch, überhaupt jedes wissenschaftliche Werk eine besserwisserische Anmaßung. Andererseits bohrt der Besserwissende in der Wunde des Schlechterwissenden. Er nervt den Nichtwissenwollenden, vor allem aber verbessert der Besserwissen in Situationen, die kein Belehren verlangen. Dies zu erkennen ist aber für den Besserwisser fast unmöglich, da es für ihn nichts Dringenderes gibt als die Richtigstellung eines Irrtums, und sei es die Korrektur eines Kommafehlers. Es kostete mich große Mühe zu lernen, mir wenigstens in zwischenmenschlichen Schlüsselsituationen auf die Zunge zu beißen. Vielleicht erkannte ich es mit Anfang 20, als mir meine Freundin beim schönsten Vorspiel zuflüsterte: "Du brauchst heute kein Kondom überziehen."
"Überzuziehen!"
"Was?"
"Es heißt, ‚Du brauchst heute kein Kondom überzuziehen.‘ Wer brauchen ohne zu gebraucht, ist nicht zu gebrauchen."
Ja, ja. Für diese Freundin war ich auch bald nicht mehr zu gebrauchen.
Aber zu lernen, die Angemessenheit der Belehr-Situation zu berücksichtigen, war für mich ein langer dornenreicher Weg – die Dornen dieses Wegs waren meine Besserwis-sereien und die Verletzungen zogen nicht nur die von mir Belehrten sich zu, sondern letztlich immer ich.
Meine ersten Opfer waren meine Kindergarten-Freunde, die ich mit frisch zusammengelesenem unnützem Wissen beballerte: "Welcher Frühblüher bekommt die Blüten vor den Blättern?" Nicht nur kannte die richtige Antwort "Der echte Seidelbast" natürlich niemand, die meisten wussten nicht einmal, was Frühblüher sind, und eine erstaunlich große Minderheit kannte nicht einmal den Unterschied zwischen Blüten und Blättern. Gut waren natürlich auch Fragen, die ich zwar nicht verstand, aber deren Antwort ich wusste: "Was ist die Muttersubstanz von Radium?"
So lernte ich mit fünf Jahren, dass es nicht viel bringt, sich schlauer zu fühlen, wenn die Konsequenz kommunikative Ausgrenzung lautet. Meine nächsten Opfer waren die Lehrer, und das zwölf Jahre lang. Ich wusste nicht alles besser, aber vieles. Talentierte Lehrer nutzten meine Fragen, um den Unterricht zu dynamisieren, während die weniger talentierten jedes Mal verunsichert waren, ob ihr am besten mitarbeitende Schüler, wenn er sich meldete, eine gute Antwort oder eine provokante Frage parat hielt.
Auch in schriftlichen Arbeiten testete ich regelmäßig die Lehrergrenzen aus. Diktat gegen Ende der ersten Klasse: "Onkel Hein kommt" lautete die Überschrift. Ich war in jener Zeit fasziniert von Zwielauten und Umlauten jeglicher Art. Onkel Hein kommt? Soso, das würde mir Frau H. bei der Korrektur nachweisen müssen, dass sie "Hein" so ausgesprochen hatte, dass man ihn nicht mit "ai" schreiben könnte. Andererseits wäre "Heyn" auch nicht schlecht, vielleicht sogar noch provokanter? Ich beließ es bei Hain. Frau H. lobte mich später sogar – ein Bärendienst an der Bildung meines Charakters, in dem es sich der Dünkel bereits gemütlich gemacht hatte. Dieselbe Frau H. ging ebenso ruhig darüber hinweg, dass ich in Mathearbeiten die Variablen nicht x oder y nannte, so wie es andere Kinder taten, sondern diese ausnahmslos mit den Umlauten ä, ö und ü, sowie gelegentlich auch mit ß bezeichnete.
Weniger starknervig war Frau H.s Nachfolgerin, Frau B., die in der sechsten Klasse, es ging im Geographie-Unterricht gerade um Industrie-Gebiete in Polen, mehrere Korrekturvorschläge zur Unterstreich-Form von Überschriften und Zwischenüberschriften ertragen musste. Ihre Stimme tremolierte bereits, als sie meinen unerbetenen Vortrag zum Thema "Zahlen als Unterpunkte. Warum man nicht 2.), sondern entweder 2. oder 2) schreibt" unterbrach, um zum öden Industriethema und der Werft- und Hafenstadt Gdansk zurückzukehren. Ich blätterte in meinem Buch, während B. an der Tafel säuselte und das auf ihrer A5-Karteikarte vorgemalte Tafelbild abmalte. Die Klasse schläferte träumerisch so vor sich hin. Eine kleine Zwischenfrage zum Aufmuntern: "Für den Export welcher Rohstoffe braucht denn Polen den Hafen?" Niemand meldete sich, ich schaute zum Tafelbild. Dort stand Gdanst! Mit T! Für alle sichtbar. Sollte ich wieder mal schlauer sein als die Lehrerin? Dies zu demonstrieren, durfte ich mir nicht entgehen lassen. Ich meldete mich. Frau B. musterte mich scharf: Würde ich wieder provozieren? Ich fühlte mich unschuldig und im Recht, und so muss mein Blick völlig unschuldig gewirkt haben, als ich, nachdem Frau B. mir zunickte: "Ja, Dan?" die Antwort gab: "Gdansk wird aber mit K geschrieben." Nie wieder habe ich B. dermaßen ausflippen sehen: "Das ist ein K. Ein K!!" Sie übermalte das T zum K und echauffierte sich über die gesamte Klasse. Warum habe man ihr, der jungen Absolventin in dieser Schule die trägste Klasse von allen gegeben, in der der Einzige, der überhaupt Energie genug habe, um den Arm zu heben, sich mit der Korrektur unwichtiger Nebensächlichkeiten beschäftige. Auf den Hinweis, dass Orthographie keine unwichtige Nebensächlichkeit sei, holte sie mich als Strafe zur mündlichen Leistungskontrolle an die Tafel. Mit dem aktuellen Stoff – "Industrie in den RGW-Staaten" – konnte sie mich nicht drankriegen, und so stocherte sie in vergangenen Themen herum: Faltengebirge, Glaziale Serie, Oberrheingraben. Die Pausenklingel dröhnte. B. suchte weiter nach Schwachstellen. Fünf Minuten später gab sie auf: "Pause!", und gab mir verdrossen die Eins. Es fühlte sich gut an, Recht behalten zu haben, aber mir war klar: Man hatte mich auf dem Kieker. Die ganze Schulzeit über. An der Uni war ich schon vorsichtiger. Aber trotzdem hielt meine Besserwisserei an: Meine Beziehungen litten darunter. Und sicherlich auch meine Gesundheit. Denn noch kannte ich nicht die Regel, dass die Gastronomie zu den Bereichen zählt, in denen Kritik sich leicht als Bumerang erweist. Den Kellnern ist es wohl einigermaßen egal, ob sie einen Teller ein oder dreimal durchs Lokal tragen müssen. Köche aber reagieren wie beleidigte Pianisten, wenn man ihre Kunst infrage stellt. Bemerkungen wie "Die Bechamelsoße am Spargel ist viel zu dick." oder "Rosmarin passt aber nicht an Geflügel" bringen Köche auf die Palme. Und erst spät erfuhr ich, dass sich diese Küchen-Lamas rächen, indem sie einem die Soße des neuservierten Essens ordentlich mit Eigen-Aule einspeicheln. Auch ein Cartoon des Derbzeichners Werner Brösel bindet meine Zunge wenn’s ans Kritisieren von Restaurant-Gerichten geht: Wir sehen einen Schiffskoch, der freudig sein entblößtes Glied über eine Pfanne hält und darunter den Zweizeiler: "Der Koch in der Kombüse/verfeinert das Gemüse."
Ich habe gelernt, und habe gelernt zu schweigen, wenn ich falsch bedruckte Speisekarten oder orthographisch verhunzte Ladenschilder sehe. Ich zügle mein Maul, wenn Freunde ihr Geld für schützende Kristalle, "belebtes Wasser" und ähnlich geldschneiderischen Schrott ausgeben. Ich achte auf den passenden Ort und die passende Zeit, um auf die Lügen der Homöopathie aufmerksam zu machen. 381 Millionen Euro pro Jahr in Deutschland für Globuli aufgrund einer Hokuspokus-These, für deren Beweis jedem der Physik-Nobelpreis zuerkannt würde, deren Belege allesamt subjektiver Natur sind und deren Effekt genauso durch Wasserschlucken reproduzierbar wären. (Ich kann mich schon wieder nicht halten…)
Aber es gibt eine schöne Spielwiese für Leute wie mich: Immer wieder bestaunen Feuilletonisten die Arbeit und den Antrieb der Wikipedianer. Wie kann eine selbstorganisierte Enzyklopädie funktionieren? Wo nehmen die Macher die Zeit und den Ehrgeiz her? Hier ist die Lösung: Besserwisserei. Ich kann keinen Wikipedia-Artikel lesen, ohne Kommafehler zu korrigieren. Bei Behauptungen, die mir unwahrscheinlich erscheinen, schlage ich mir Stunden um die Ohren, um sie zu veri- oder falsifizieren, selbst wenn mich das Thema an sich nur peripher interessiert. So wurde im deutschen Artikel zum Italo-Amerikanischen Schlagersänger Al Martino behauptet, er sei in den 60ern nach England geflohen, weil er von einem Mafioso namens Luca Brasi verfolgt worden sei. Luca Brasi ist aber der Name eines Knochenbrechers im 70er-Jahre Film "Der Pate", bei dem Al Martino eine Nebenrolle hatte. Hier schien mir etwas durcheinandergebracht worden zu sein. Mehrere Tage verbrachte ich mit der Recherche, bis ich auf ein Zitat in der Augsburger Allgemeinen stieß, das einen amerikanischen Zeitschriften-Artikel falsch übersetzt hatte, der wiederum sehr frei mit der Vita Al Martinos spielte. Ich strich in der Wikipedia einen Halbsatz und mich durchfuhr ein mentaler Orgasmus. Vor einem halben Jahr bin ich wegen meines Fleißes in der deutschen Wikipedia zum Sichter befördert worden. Wiki-Sichter! Seidelbast! Gdansk! Rosmarin! Bechamel! Brauchen nur mit zu! Globuli. Und Onkel Hain! Onkel Hain kommt!

***

Der Mann berichtet den zusammengerufenen Leuten, was geschehen war, woraufhin die Frau den lebenden Fisch präsentiert, der ihn Lügen straft.

Dann erklärten sie ihn für irrsinnig und sperrten ihn ein und lachten ihn obendrein aus. Er aber begann in Tränen auszubrechen und hub an, diese beiden Verse zu sprechen:

Die Alte hat im Schlechten schon hohen Rang erklommen.
Und Zeugen der Gemeinheit stehen in ihrem Gesicht.
Wenn unrein, kuppelt sie; wenn rein, bricht sie die Ehe;
Sie lebt, indem sie kuppelt und auch die Ehe bricht.

***

Die Geschichte von der Weiberlist

In Bagdad geht eine "Tochter der Fröhlichkeit" am Laden eines schönen Jünglings vorbei, über dessen Tür die Worte stehen:

"Es gibt keine List als die List der Männer; denn sie übertrifft die List der Frauen."

Dies reizt sie, ihm das Gegenteil zu beweisen. Am nächsten Tag kommt sie in seinen Laden, vorgeblich, um Stoff zu kaufen. Dann spricht sie zu ihm:

"Sieh doch mal, wie schön ich von Wuchs und Gestalt bin! Kannst du einen Fehl entdecken?" (…) "Nein, meine Herrin."

Daraufhin entblößt sie ihren Busen und ihre Arme.

"Was veranlasst dich, meine Herrin, mir diese schönen Glieder und diese liebliche Gestalt zu zeigen? (…)

Die weiße Wange wird vom Haar umrahmt
Und ist verborgen in der schwarzen Pracht.
Die Wange gleicht dem hellen Tageslicht,
Das Haar ist gleichsam wie die finstre Nacht."

Daraufhin erzählt sie ihm, ihr Vater, der Großkadi verhöhne sie und sage ihr ständig, sie sei hässlicher als die Sklavinnen und bräuchte deshalb keine feinen Kleider. Sie nimmt Abschied von ihm, und

in seinem Herzen regte sich eine tausendfache Sehnsucht.

Er begibt sich zum Kadi und hält um die Hand dessen Tochter an.

"Herzlich willkommen", erwiderte der Kadi, "aber meine Tochter taugt nicht für deinesgleichen, mein Freund."

Doch der Jüngling beharrt darauf, und so wird noch vor Ort der Brautpreis ausgehandelt und die Eheurkunde aufgesetzt. Drei tage später findet die Hochzeit statt.

Als er aber den Schleier von ihrem Antlitz hob und das Kopftuch zurückschlug, da entdeckte er eine ekelhafte, hässliche Gestalt und ein mit allen Fehlern behaftetes Wesen. Und nun bereute er, als ihm die Reue nichts mehr nutzte. (…) Und er ruhte bei seiner Gattin wider Willen.

Ob der Vollzug nachgeprüft wurde? Oder sich der Kadi auf die Aussage seiner Tochter verließ?

Er wird nun von seinen Freunden verspottet. Und als er wieder in seinem Laden sitzt, kommt die junge Frau wieder und bietet ihm an, ihm zu helfen, sofern er die Inschrift über der Tür verändere. Dies tut er:

Es gibt keine List als die List der Frauen; denn ihre List ist die größte.

Sie rät ihm, Trommler und Tänzer zu bezahlen, damit sie ihn am nächsten Tag vorm Gerichtshof des Kadis bejubelten und ihm sagten: ‚Zum Segen, Vetter! Unsere Seele freut sich über das, was du getan hast.‘ Dann möge er ihnen Dirhems zuwerfen.

"Ja, der Rat ist gut", antwortete er.

Weiß er schon, worauf das hinausläuft? Ich hier noch nicht.

Er tut, wie ihm geheißen, und der Kadi wird erbleicht, da die Trommler behaupten, sie seien durch die Heirat als Vettern nun Verwandte des Kadis geworden.

"Weißt du nicht, hoher Herr, dass ich auch zu dieser Zunft gehöre?"

"Allah verhüte, dass dies Ding sich vollende! Wie sollte es erlaubt sein, dass die Tochter des Kadis der Gläubigen bei einem Mann e verbleibe, der zu den Tänzern gehört und niedriger Herkunft ist? Bei Allah, wenn du dich nicht im Augenblicke von ihr scheidest, so lasse ich dich peitschen und auf immer bis zu deinem Tode ins Gefängnis werfen. (…) Du bist ja unreiner als ein Hund oder ein Schwein." (…)
"Sei besonnen, o Gebieter! Denn Allah ist besonnen! Ich könnte mich von meiner Frau nicht scheiden, wenn du mir auch das Königreich Irak schenktest!"

Der Kadi behält seine Drohung bei, und der Jüngling spricht die Scheidung aus. Er kehrt zurück in den Laden und heiratet die listige Jungfrau.

 

***

Die Geschichte von der frommen Israelitin und den beiden bösen Alten

Eine fromme Israelitin wird von zwei Alten bei der Waschung hinterm Gebethaus beobachtet und erpresst, sie möge ihnen zu Willen sein. Sie widersteht, und so veleumden die beiden Alten sie, sie hätte Ehebruch betrieben. Drei Tage steht sie am Pranger, dann soll sie gesteinigt werden. Aber der zwölfjährige Daniel, der spätere Prophet, verhört die beiden Alten getrennt, und sie machen widersprüchliche Angaben zum Tatort.

Da sendete Allah der Erhabene plötzlich einen rächenden Blitz vom Himmel und verbrannte die beiden Alten.

Warum tut er das erst, als deren Schuld durch Daniel bereits bewiesen ist?

Dies war das erste Wunder des Propheten Daniel – auf ihm ruhe Heil.

Diese Geschichte aus alttestamentarischer Zeit wirkt sonderbar deplatziert an dieser Stelle.

***

 

Die Geschichte von Dscha’far dem Barmekiden und dem alten Beduinen

Harûn er-Raschîd geht mit Dscha’far, Abu Nuwâs und dem Tischgenossen Abu Jakûb aus. Da entdecken sie in der Steppe einen Alten.

346. – 356. Nacht

Nestbau nennt man das jetzt wohl. Seit meinem zwanzigsten Lebensjahr immer aus Kompromissen zwischen Geldbeutel, Ererbtem und Ansätzen eigenen Geschmacks lebend. Die Wohnung ist ja groß genug, aber das Verrücken der tatsächlichen Möbel ist doch etwas anderes als das Hin und Herschieben von Schnipseln auf Millimeterpapier. Umso schlimmer, wenn man sich andauernd sorgen muss, dass etwas kaputtgeht, wovon man bei den schwedischen Möbeln ja ohnehin schon ausgeht, aber dass der in der Annahme, Altes sei stabiler, gekaufte Antikschrank das labilste aller Gegenstände ist, kann einen schon zum Weinen bringen. Im Moment besteht der einzige Grund, dass ich ihn nicht weiterverkaufe, darin, dass Uli für mich bis tief ins Brandenburgische mit mir und einer Robbe gefahren ist. Nachts.
Wie machen das eigentlich die Vögel bei ihren Nestern? Das hat denen doch auch keiner gezeigt.

**

Ähnlich wie der Hauptmann von Bulak stellt sich nun auch bei Hauptmann von Kûs heraus, dass er mit Zinn, Kupfer und Glaswaren betrogen wurde.

Mit dieser Pointe erscheint die Erzählung eigentlich nur als Variation der anderen.

***

Die Geschichte von Ibrahim ibn el-Mahdi und dem Kaufmanne

Der Kalif el-Mamûn bittet seinen OnkelIbrahim ibn el-Mahdi:

"Erzähle uns das Wunderbarste, das du je erlebt hast."

Es folgt die Geschichte. Ibrahim geht eines Tages spazieren und gelangt an einen Ort, wo es nach Speisen riecht,.

Wie ich nun zufällig den Blick hob, entdeckte ich ein Gitterfenster und hinter ihm eine Hand und ein Handgelenk, wie ich es noch nie gesehen hatte.

Einen zufällig vorbeikommenden Schneider fragt er nach dem Eigentümer des Hauses.

Er heißt Soundso, Sohn des Soundso, und er verkehrt nur mit Kaufherren.

Und als auch noch zwei hohe Gäste im Begriffe, sind heranzureiten, fragt er den Schneider auch nach deren Namen. Mit diesen Informationen behauptet er gegenüber den beiden Kaufleuten, den Hauseigentümer zu kennen. Zu dritt gehen sie ins Haus, und der Hausherr glaubt wiederum, Ibrahim sei ein Freund der beiden Kaufleute. Die vier beginnen ein Wetttrinken. Schließlich tritt eine schöne Sklavin ein.

Und sie griff zur Laute, begann zu singen und ließ dies Lied erklingen:

Ist’s denn nicht wunderbar, dass ein Haus uns umschließet,
Und dass du mir nicht nahst, dein Mund kein Wörtlein sagt?
Die Augen melden nur der Seelen heimlich Sehnen;
Sie künden, wie die heiße Glut an Herzen nagt.
Und blicke geben Zeichen, Augenbrauen nicken,
Und Lider brechen, während Hände Grüße schicken.

Dies kann unser Gast natürlich nur als Zeichen verstehen. Er provoziert sie:

"Dir fehlt noch etwas, Mädchen!"

Sie wirft die Laute fort, und er singt, als eine neue Laute gebracht wird, ein Lied, das ihr sein Erkennen signalisiert. Dem Hausherrn wird nun klar, dass er es mit einem höheren Herrn zu tun hat und fragt nach seinem Namen.

Wegen der Fähigkeit zum Saitenspiel?

Sowie er meinen Namen erfuhr, sprang er auf.

*

347. Nacht

Die Sängerin ist aber noch nicht die Sklavin "mit dem Handgelenk". Man lässt alle Sklavinnen kommen, aber die, welche Ibrahim sucht, ist nicht darunter. Jetzt wird’s heikel; denn die einzigen verbliebenen Frauen sind Schwester und Weib des Kaufmanns. Die Schwester ist’s.

Zum Glück, muss man wohl sagen…

Die Hochzeit wird mit zwanzigtausend Goldstücken Morgengabe und den Kaufleuten als Trauzeugen geschlossen.

Und bei deinem Leben, o Beherrscher der Gläubigen, er sandte sie mir mit einer so großen Ausstattung, dass unser Haus trotz seiner Größe sie kaum fassen konnte.

***

Die Geschichte von der Frau, die dem Armen den Almosen gab

Ein König verbietet in seinem Reich das Almosengeben bei der Strafandrohung des Handabschlagens.

Er kann wohl kaum muslimisch sein, da hier das Almosengeben eine derfünf Säulen des gottgefälligen Lebens ist.

An das Haus einer Frau kommt ein Bettler und bittet um Almosen.

*

348. Nacht

Wie es so kommt: Sie gibt ihm zwei Brote, der König erfährt davon und lässt ihr die Hände abschlagen.
Als sich der König nach einer Weile vermählen will, berichtet ihm seine Mutter:

"Unter meinen Sklavinnen ist ein Weib wie kein schöneres gefunden werden kann; doch sie hat einen großen Fehler." – "Als er fragte: "Was ist denn das?", erwiderte sie: "Ihr sind die Hände abgeschlagen."

Tatsächlich heiratet er sie, doch die anderen Frauen des Königs werden neidisch auf sie und verleumden sie als Ehebrecherin, woraufhin er das arme Weib von seiner Mutter in die Wüste schicken lässt. Sie wandert

mit dem Knäblein auf der Schulter.

Von dem zuvor keine Rede ist.

Als sie sich beim Trinken am Bach überbeugt, fällt das Kind hinein.

Da kamen plötzlich zwei Männer vorbei, die angesichts ihres Kummers für sie beten. Und ruckizucki hat sie sowohl Hände als auch Knäblein wieder.

"Wir sind deine beiden Brote, die du dem Bettler geschenkt hast. Das Almosen war ja der Grund, dass deine Hände abgeschlagen wurden. Doch nun lobe Allah den Erhabenen, der dir deine Hände und dein Kind zurückgegeben hat!"

In ihrer Botschaft: Vertraue auf Gott! erinnert die Geschichte an eine Mischung aus Allerleirauh und Hiob.

***

Die Geschichte von dem frommen Israeliten

Unter den Kindern Israels lebte einmal ein frommer Mann.

Ein bemerkenswerter Anfang. Bislang war in den 1001 Nächten nur wenig Gutes über Juden zu lesen.

Dieser Mann ist Baumwollspinner und seine Erlöse aus dem Verkauf des Garn genügen irgendwann nicht mehr.

Nun besaßen sie noch einen geborstenen Holznapf und einen Krug.

Diese hofft er, verkaufen zu können.

Während er so im Basar dastand, kam zufällig ein Mann an ihm vorbei, der einen Fisch trug.

*

349. Nacht

Der Fisch stinkt und ist aufgedunsen, aber sie gehen trotzdem den Handel ein. Angewidert macht sich die Familie daran, den Fisch aufzuschneiden. Darin aber finden sie eine Perle.

Das meldeten sie dem Ältesten, und der sprach: "Schaut nach! Wenn sie durchbohrt ist, so gehört sie einem anderen Menschen; ist sie aber noch undurchbohrt, so ist sie eine Gnadengabe, die euch Gott der Erhabene schenkt."

Tatsächlich ist sie undurchbohrt. Der Baumwollspinner erhält dafür siebzigtausend Dirhems und gibt einem Bettler die Hälfte davon. Dieser erwidert:

"Behalte dein Geld, nimm es wieder. Gott gesegne es dir. Wisse, ich bin ein Bote Gottes, er hat mich zu dir gesandt, um dich zu prüfen!" Nun rief der Israelit: "Gott sei Lob und Preis!" Und er lebte immerdar mit den Seinen in aller Lebensfreude, bis er starb.

Anscheinend kommen wir nun von der Hauptmann-Schelmen-Reihe zu den Almosen-Anekdoten.

***

Die Geschichte von Abu Hassan ez-Zijâdi und dem Manne aus Chorasân

Abu Hassan ez-Zijâdi berichtet.

Ob dieser Abu Hassan ez-Zijâdi eine historisch reale Person ist, erfahren wir nicht.

Als er in Not gerät und Bäcker und Krämer bereits bei ihm seine Schulden eintreiben wollen, kehrt ein Pilger aus Chorasân bei ihm ein, der zehntausend Dirhems bei ihm lagern will. Kehre er nicht mit der Karawane zurück, so möge er das Geld behalten.

Ich aber ließ die Geschäftsleute kommen und bezahlte alle meine Schulden.

Die Geschichte wird ihr von Schehrezâd unterbrochen, und nach meinen bisherigen Erfahrungen ist alles möglich: Die Veruntreuung wird bestraft oder verziehen oder gar noch durch das Schicksal belohnt.

*

350. Nacht

Tatsächlich gibt Abu Hassan ez-Zijâdi das Geld aus:

"Bis er zurückkehrt, wird Allah uns schon etwas von seiner Gnade zuteil werden lassen." Aber kaum war ein Tag verronnen, da kam der Diener wieder zu mir herein und meldete: "Dein Freund aus Chorasân steht an der Tür."

Eine kurze Pilgerfahrt war das wohl.

Grund: Der Vater ist gestorben. Er vertröstet den Pilger, er müsse das Geld erst holen, verschwindet aber nachts auf seinem Maultier und reitet ziellos durch Bagdad. Eine Menge fragt ihn, ob er Abu Hassan ez-Zijâdi kenne.

"Der bin ich", antwortete ich ihnen.

Man bringt ihn zum Kalifen el-Mamûn, und jetzt erfahren wir, dass er

einer von den Rechtsgelehrten und von den Kennern der Überlieferungen

ist. El-Mamûn gesteht, in der Nacht von einer Traumstimme geplagt worden zu sein, die ihm sagte:

"Hilf Abu Hassan ez-Zijâdi!"

Der Kalif schenkt ihm dreißigtausend Dirhems. Abu Hassan ez-Zijâdi will nun die zehntausend an den Chorasânier zurückgeben, doch dieser erlässt ihm die Summe, als er die Geschichte vernommen hat.

*

351. Nacht

Am nächsten Tag erhält er

Die Urkunde der Bestallung als Kadi für den Westbezirk der heiligen Stadt Medina vom Tor des Friedens.

***

Die Geschichte vom Armen und seinen Freunden in der Not

Ein Mann gerät in Bedrängnis, leiht sich von seinen Freunden fünfhundert Dinare und beginnt Handel als Juwelier.

Wie er dort in dem Laden saß, kamen drei Männer zu ihm und fragten ihn nach seinem Vater. (…) "Hat er denn keine Nachkommen hinterlassen?"

Klingt fast wie die drei Weisen aus dem Morgenlande.

Sie sagen, sie hätten den Vater gekannt und von ihm Geld geliehen, dass sie ihm nun zurückgeben wollten. Er will seine Schuld, doch der Freund erlässt ihm die Schuld und gibt ihm einen Brief mit auf den Weg, den er aber erst zuhause öffnen soll.

Die Männer, die dir nahten, die waren von den Meinen:
Mein Vater, Vetter, Oheim, er Salih Alis Sohn.
Und was du bar verkauftest, das kaufte meine Mutter;
Das Geld und die Juwelen sandt ich dir all zum Lohn.
Nicht um dich zu verletzen, bin ich so verfahren:
Ich wollte die Gefahr der Schande dir ersparen.

***

Die Geschichte von dem reichen Manne, der verarmte und dann wieder reich wurde

Ein reicher Mann aus Bagdad verliert sein Geld,

und er konnte sein Dasein nur durch schwere Arbeit fristen.

In der aktuellen Ausgabe des Philosophie Magazin wird ausgiebig diskutiert "Macht Arbeit glücklich"? Darin finde ich eine Stelle von Aristoteles, in der es heißt: "Als eine banausische Arbeit… hat man jene aufzufassen, die den Körper oder die Seele oder den Intellekt der Freigeborenen zum Umgang mit der Tugend und deren Ausübung untauglich macht. Darum nennen wir alle Handwerke banausisch, die den Körper in eine schlechte Verfassung bringen, und ebenso die Lohnarbeit. Denn sie machen das Denken unruhig und niedrig." Dies ist ein Gedanke, den der 2007 verstorbeneMichael Stein in seinem Gebet gegen die Arbeit so formuliert hat:

Arbeit, Geissel der Menschheit.
Verflucht seist du bis ans Ende aller Tage.
Du, die du uns Elend bringst und Not.
Uns zu Krüppeln machst und zu Idioten.
Und schlechte Laune schaffst und unnütz Zwietracht säst.
Uns den Tag raubst und die Nacht.
Verflucht seist du!
Verflucht!
In Ewigkeit.
Amen.

**

Im Traum weist ihm eine Stimme, sein Glück läge in Kairo. Er reist tatsächlich dorthin und legt sich in der Nähe einer Moschee schlafen. Im Haus nebenan wird eingebrochen, man verhaftet ihn als vermeintlichen Dieb, prügelt ihn und wirft ihn ins Gefängnis. Dem Wachhauptmann, der ihn befragt, erzählt er die Geschichte seines Traums. Der Hauptmann lacht ihn daraufhin aus,

so dass man seine Backenzähne sehen konnte,

das wäre ja ein schönes Glück gewesen. Er selber habe dreimal im Traum ein Haus in Bagdad gesehen, in der und der Straße, wo ein Schatz vergraben sei, aber sei klug und würde nie auf solche Träume etwas geben. Er entlässt ihn.

Und dies ist vielleicht eine der fiesesten Unterbrechungen Schehrezâds.

*

352. Nacht

Natürlich findet er den Schatz und ist ein gemachter Mann.

Ein starker Mythos mit einer guten Klammer, was ja sonst nicht so sehr die Stärke dieser Erzählungen ausmacht.

 

***

Die Geschichte von dem Kalifen El-Mutawakkil und der Sklavin Mahbuba

Unter den Hunderten Sklavinnen des KalifenEl-Mutawakkil ala-llâh befindet sich eine Mulattin aus Basra;

die übertraf alle an Schönheit und Lieblichkeit, Anmut und Zierlichkeit.

Eines Tages überwirft er sich mit ihr und verbietet allen, mit ihr zu sprechen. Doch schon bald träumt er, sich mit ihr versöhnt zu haben, und eine Dienerin flüstert ihm zu, Gesang aus ihrem Zimmer vernommen zu haben. Durch ihr Lied wird ihm klar, dass sie denselben Traum wie er gehabt haben muss.

Von den Armuts- und Almosenanekdoten also zu den Traumgeschichten.

Die beiden versöhnen sich.

Versöhnung in Leibeigenschaft!

*

353. Nacht

Als El-Mutawakkil stirbt, ist die Sklavin Mahbûba die einzige, die ihn nicht vergisst. Als sie schließlich auch stirbt, wird sie neben ihm begraben.

Und seine Frau?

***

Die Geschichte von Wardân dem Fleischer mit der Frau und dem Bären

Bei Wardân, einem Kairoer Fleischer kauft eine Frau jeden Tag ein Schaf für zweieinhalb Dinare und lässt es von seinem Diener forttragen, der ihm berichtet, sie würde außerdem auch bei anderen Händlern

Zukost zum Fleisch, ferner Früchte und Kerzen, und (…) bei einem Christenkerl zwei Flaschen Wein.

Dies alles müsse er zum Garten des Wesirs tragen, woraufhin ihm die Augen verbunden würden, man ihn weiter führe und er alles abstelle, bis man ihn zurück führe. Am nächsten Tag folgt der der Fleischer Wardân dem Träger und der Dame.

354. Nacht

Wardân sieht, dass Träger und Dame keinesfalls, wie man annehmen könnte, in den Garten des Wesirs gehen, sondern in eine Steinwüste, dort in eine Höhle, die unter einer Falltür aus Messing versteckt ist. Die Dame entlässt den Träger, während sich Wardân hinter einem Fenster versteckt. Er sieht, dass sie all das Essen für einen Bären zubereitet, dem sie sich schließlich hingibt:

Sie gewährte ihm das Beste, was den Menschenkindern gehört.

So kann man es natürlich auch ausdrücken.

Als die beiden

es zehnmal getan hatten,

legen sie sich zum Schlafen nieder und Wardân schlachtet den Bären.

Interessantes Detail: In Ägyptengibt es überhaupt keine Bären.

Als sie erwacht, ist sie erbost und macht ihm ein Angebot.

*

355. Nacht

"Willst du auf das hören, was ich dir sage und dadurch gerettet werden und bis zum Ende deiner Tage in Reichtum leben? Oder willst du mir zuwiderhandeln und dadurch dich ins Verderben stürzen?"

Die Bedingung lautet:

"Töte mich!"

Nach einigem Hin und Her willigt er ein

und sie fuhr hinab zum Fluche Allahs und der Engel und aller Menschen.

Noch in der Wüste wird er von zehn Männern überrascht, die sich als Gesandte des Kalifenel-Hâkim bi-amri-llâh erweisen.

Eine seltsame Begegnung, den gerade dieser Kalif (den die Drusen später als Gott verehrten) führte ein striktes Alkoholverbot auch gegen die Christen ein. Und wie wir oben erfahren haben, kaufte der Träger Wein bei einem "Christenkerl". Was weiß ich sonst ohne Wikipedia von den Drusen? Dass sie im Libanon leben und ihre Milizen von einem Mann mit dem schönen Namen Dschumblat geführt wurden. Nachschlagen zeigt, dass in ihrer Religion das Konzept von Parallelwelten eine große Rolle spielt.

Man kehrt samt Kalif zurück zur Höhle und Wardân darf so viel vom Schatz behalten, wie er mitnehmen kann. Er eröffnet einen neuen Laden im Basar.

Dieser Basar aber ist noch bis auf diesen Tag vorhanden, und er ist bekannt als Wardâns Basar.

***

Die Geschichte von der Prinzessin und dem Affen

Die Tochter eines Sultans ist in einen Schwarzen verliebt, der ihr das Mädchentum nimmt.

Und sie entbrannte in solcher Lust, dass sie die Trennung von ihm nicht eine Stunde ertragen konnte.

Wieder eine schöne Rassismusspielart. Der Schwarze ist bedrohlich, weil er die Lust im Mädchen weckt. Aber es kommt noch besser:

Ein Affenführer kommt am Palast vorbei. Sie zwinkert diesem zu, er befreit sich und klettert zu ihr empor. Fortan lebt er in ihrem Zimmer, trinkt, isst und schläft mit ihr.

*

356. Nacht

Die Tochter erfährt von den Mordplänen ihres Vaters, verkleidet sich als Mamluk und flieht nach Kairo, wo sie täglich bei einem Fleischer Fleisch kauft, was diesem seltsam vorkommt.

Dem Leser auch. Es wirkt wie eine Variation der vorigen Geschichte.

Auch dieser Fleischer tötet das Tier. Aber diesmal nicht die Frau, sondern nimmt sie mit zu einem alten Weib. Diese bereitet ein Gebräu aus Essig undSpeichelwurz, dessen Dampf der Frau in den Unterleib steigt, woraufhin ein schwarzer und ein gelber Wurm herausfallen.

Die Alte sprach aber: "Der eine ist durch die Lust mit dem Neger entstanden, der andere durch die Lust mit dem Affen."

Schlimmer geht’s wohl kaum.

 

269. Nacht d)

Was ich mal mochte, jetzt aber nicht mehr

  • Vollmilchschokolade

  • Beethoven

  • Fernsehen überhaupt und Talkshows im Speziellen

  • Recht behalten

  • Auf Rockkonzerte gehen

  • Otto Waalkes

 Was ich mal nicht mochte, jetzt aber schon

  • Ingwer

  • Tanztheater

  • Goethe

  • Mozart

  • Ein Telefon besitzen

  • Yoga

  • Soziologische Systemtheorie und Konstruktivismus

 Was ich mal nicht mochte, jetzt aber immer noch nicht

  • Tocotronic

  • Fisch

  • Orgelfugen

  • Samt

  • Kalt duschen

  • Fußballgucken

  • Walt-Disney-Comics

Was ich mal mochte, jetzt komischerweise immer noch

  • Boney M.

  • Honig

  • Früh aufstehen

  • atonale Musik von Hanns Eisler

  • Texte meiner Kollegen der Chaussee der Enthusiasten

  • Zaubertricks

***

Alâ ed-Dîn hört auf seine Mutter, schmeißt Ring und Lampe weg. Ende der Geschichte.

Alâ ed-Dîn besteht darauf, die Lampe zu behalten. In den folgenden Tagen leben sie vom Verkauf der Schüsseln, deren Wert Alâ ed-Dîn nicht kennt. Er nimmt eine nach der anderen zum Basar, und verkauft sie einem Juden,

der gemeiner war als der Teufel.

Für jede Schüssel erhält er einen Dinar und der Jude flucht insgeheim, dass er ihm

nicht einen Dreier gegeben hatte.


Dreier 17. Jh. (Abb. Numispedia)

 


Golddinar 5. Jh. (Abb. Numispedia)

Scheint eine seltsame Übersetzung aus dem Französischen zu sein. Denn der Dreier als Kleinmünze war nur in Norddeutschland gebräuchlich, nicht aber in Frankreich. In China schon gar nicht.

Nachdem die zehn Schüsseln und auch noch der Tisch verkauft sind, rubbelt Alâ ed-Dîn wieder an der Lampe, alles wiederholt sich. Nach dem Verbrauch der Lebensmittel will er wieder die Schüsseln verkaufen, wird aber von einem muslimischen Händler abgefangen, der ihn darüber aufklärt, dass

den Juden das Gut der Muslime, die den einigen Allah, den Erhabenen verehren, als erlaubte Beute gilt.

Man beachte, dass diese antisemitischen Zeilen vom Franzosen Galland verfasst wurden.

Der muslimische Händler gibt ihm siebzig Dinar pro Schüssel, und Alâ ed-Dîn lernt nun auf dem Basar das Handeln, verkehrt auch unter Juwelieren und erfährt so, dass die Steine, die er aus der Höhle geholt hatte, keine Glasmurmeln sind, sondern Edelsteine.
Eines Tages läuft ein Ausrufer durch die Straßen der Stadt und befiehlt allen, sich zu verbergen,

denn die Herrin Badr el-Budûr, die Tochter des Sultans will sich ins Bad begeben. Jeder, der diesen Befehl übertritt, wird mit dem Tode bestraft werden.

Wie lange war wohl die Prinzessin nicht mehr baden?

Um sie zu beobachten, versteckt sich Alâ ed-Dîn hinter der Tür des Badehauses.

Wer streute Zauberschminke wohl auf die Blicke ihr
Und pflückte Rosenblüten wohl von der Wange ihr?
Ein nächtlich Dunkel ziert der Haare schwarze Pracht,
Doch ihrer Stirne Licht erhellt die finstre Nacht.

Die ersten Verse in dieser Erzählung. Man beachte den Primreim der ersten beiden Zeilen.

Alâ ed-Dîn kehrt heim, legt sich nieder und wird liebeskrank.

265. Nacht – Video Trainingslauf Tips

Trainingslauf durch den Plänterwald für den Berlin-Marathon 2008. Joggingtips zu

  • Schlüsselmitnahme

  • Starttempo

  • Hunden

  • Brennnesseln

  • Sowjetisches Ehrenmal

  • Plänterwald-Ganoven

  • Tempo-Erhöhung

Video zu lang? Zu verwackelt? Ja.

 

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Ahmed ed-Danaf beschließt, Alâ ed-Dîn nach Alexandrien zu bringen:

"Das ist eine gesegnete Stadt, ihre Schwelle ist grün, und das Leben in ihr ist angenehm."

Sie verlassen die Stadt und begegnen außerhalb zwei jüdische Steuereintreiber des Kalifen, von denen Ahmed Danaf je hundert Dinare Schutzgeld fordert. Sie geben sie ihm,

danach erschlug Ahmed ed-Danaf die beiden, nahm die Mauleselinnen und bestieg die eine, während er Alâ ed-Dîn auf der anderen reiten ließ.

Dieser Mord erscheint völlig selbstverständlich und die Lakonie der Erwähnung ist eigentlich nur durch puren Judenhass zu erklären. Denn immerhin müsste Ahmed ed-Danaf davor zurückschrecken, Diener des Kalifen zu ermorden. Selbst die Beute rechtfertigt die Tötung nicht: Zwei Maulesel und zweihundert Dinare hätte Ahmed ed-Danaf sicher leicht selbst besorgen können.

Sie erreichen Ajâs und reisen von dort aus mit dem Schiff nach Alexandrien weiter. Auf dem dortigen Markt ersteigern sie einen Altwarenladen, und Alâ ed-Dîn wird so zum Händler,

"denn Allah der Erhabene hat den Handel gesegnet."

Als Ahmed ed-Danaf nach Bagdad zurückkehrt, wird er Zeuge einer Unterredung zwischen dem Kalifen und dem Wesir Dscha’far. Harun er-Raschîd will die Leiche des gehängten Alâ ed-Dîn sehen. Man geht zum Galgenfelde, und dem Kalif kommen Zweifel an der Identität des Toten, die Dscha’far auszuräumen versucht:

  • Die Leiche ist ja länger als Alâ ed-Dîn

  • "Ein Gehängter wird länger."

  • "Dieser da hat ein dunkles Antlitz."

  • Der Tod macht schwarz.

  • Auf den Fersen des Toten stehen die Namen der ersten beiden Kalifen 265

  • "Preis sei Allah, der die verborgenen Dinge kennt. Wir wissen nicht, ob dieser da Alâ ed-Dîn ist oder ein anderer."

Großmutter, warum hast du so große Augen?

Man verscharrt die Leiche und Alâ ed-Dîn gilt fürderhin als verschollen.
Ebenso verscharrt man Habzalam Bazzâza, der aus Liebeskummer stirbt. Jasmin aber bringt einen Knaben zur Welt, den sie Aslân nennt.

Sie säugte ihn zwei volle Jahre.

Zur Vorbeugung gegen Allergien wird derzeit für die ersten 6 Monate ausschließliches Ernähren durch Muttermilch empfohlen.

Als der Knabe laufen lernt, rennt er eines Tages davon und dem Polizeipräfekten in die Arme, der die Ähnlichkeit mit Alâ ed-Dîn erkennt. Er rät der Mutter aus Sicherheit für das Kind auf etwaige Nachfragen zu behaupten, es sei der Sohn des Präfekten.
Er lässt den Knaben beschneiden, lehrt ihn lesen, schreiben und den Koran auswendig lernen, das Kriegshandwerk, bis er mit vierzehn Jahren den Rang eines Emirs erreicht.
Eines Tages trifft dieser den Erzdieb Ahmed Kamâkim, der die gestohlene Juwelenlampe des Kalifen mit sich führt und ihm, ohne Namen zu nennen, die Geschichte des Diebstahls und des Todes von Habzalam Bazzâza und der Hinrichtung des falschen Diebs berichtet.
Auf dem Heimweg begegnet er Ahmed ed-Danaf.

Welch ein Zufall! Von diesem war ja jetzt vierzehn Jahre lang keine Rede mehr.

Nun berichtet seine Mutter Jasmin ihm die ganze Wahrheit.

 

 

 

265 D.h. Abu Bakr und Omar. Dies impliziert, der Tote sei Schiit, da Schiiten sich angeblich die Namen der ersten Kalifen auf die Fersen tätowieren lassen um auf ihnen herumtrampeln zu können.

 

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256. Nacht – Kindergarten-Memories

Die Einzigen aus meinem Kindergarten, an die ich mich mit Vor- und Nachnamen erinnern kann:

  • Frank Malanka

  • Dana Maruschka

  • Kerstin Turban

Niemand davon auffindbar, weder im Telefonbuch, noch bei Google.

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Es stellt sich heraus, dass der junge Mann die Tochter seines Onkels geheiratet hat, diese ihn aber nicht liebte. In einem unachtsamen Moment sprach er den dreifachen Eid der Scheidung, eine Gelegenheit, die er beim Schopfe packte. Da er sie aber erst wieder heiraten kann, wenn sie sich von einem anderen hat scheiden lassen, brauchen sie einen Mittelsmann (Muhallil), d.h. jemanden, der eine Scheinheirat eingeht. Sie haben ihn gefunden: Alâ ed-Dîn. Ein Vertrag wird aufgesetzt: Man wird ihm die Scheidung belohnen mit 3 mal tausend Dinaren in Gewändern, Maulesel und Gold. Andernfalls droht eine Konventionalstrafe von 10.000 Dinaren.
Der Alte informiert seine Tochter darüber, dass sie nun einen neuen Gatten hat. Die Wirtschafterin des Hauses wird beauftragt, die beiden einander madig zu machen, damit Alâ ed-Dîn nicht etwa auf die Idee kommt, die Ehe zu vollziehen. Und so erzählt sie den beiden, der jeweils andere sei aussätzig.
Nach dem Essen singt Alâ ed-Dîn die 36. Sure, und seine Frau Zubaida 256, hört seine Stimme,

und sie fand, dass seine Stimme so lieblich klang, wie wenn das Volk Davids Psalmen sang.

Bemerkenswert für 1001 Nacht: Positive Referenz an Juden.

Die beiden singen einander Lieder vor, erkennen, dass sie gesund sind und verlieben sich ineinander.

In ihm regte sich, was sein Vater ihm hinterlassen hatte; und er rief: "Deine Hilfe o Scheich Zacharias, o Vater der Adern!" Dann legte er seine Hände an ihre Seiten, setzte die Ader der Süße an das Tor der Schlucht, und drang ein, bis er zum Gittertor kam; er ging am Siegestor vorbei, und dann kam er auf den Montags, Dienstags-, Mittwochs- und Donnerstagsmarkt, er sah, dass der Teppich in seiner Größe der Estrade entsprach, und er schob den Deckel auf die Schachtel, bis er sie traf.

Die bisher bemerkenswerteste und rätselhafteste Beschreibug des Sexualaktes in 1001 Nacht.

Als er ihr am Morgen von seiner rechtlichen und finanziellen Kalamität berichtet, beruhigt sie ihn.

256 Die offenbar denselben Namen wie die Hauptfrau Harûn er-Raschîds trägt.