268. Nacht – Eigenwilliges Naschwerk und Leopardenschlüpper für österreichische Experimental-Oboistinnen

Helge Schneider: "Ich bin kein Kirchist."

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Im April 2007 durfte ich mit Jochen Schmidt nach Sibirien reisen. Den Bericht darüber habe ich bisher bei der Chaussee der Enthusiasten vorgelesen, aber sonst noch nicht veröffentlicht. Es ist an der Zeit.

Сибирь занимает большую территорию I
Eigenwilliges Naschwerk und Leopardenschlüpper für österreichische Experimental-Oboistinnen

 

Man hatte die Hoffnung ja schon längst aufgegeben, dass sich ein Goethe-Institut-Knecht finden würde, der die Chaussee der Enthusiasten auf eine Lese-Tour nach Russland einladen würde. Dabei lag es ja auf der Hand: Kurze, leicht übersetzbare, aber anspruchsvolle Geschichten, vorgetragen von anmutigen Autoren, die aus ihrem Russland-Faible nie einen Hehl gemacht hatten, sondern ihn wie einen Pionierwimpel vor sich hertrugen. Was hatte ich nicht alles getan: Ich hatte dem Institut ein Chaussee-der-Enthusiasten-Buch und einen ganzen Stapel unserer Hefte geschickt, auf unsere erfolgreichen Auftritte in Amsterdam und Lille verwiesen, meine Scham überwunden und schlechten Gewissens eine von mir einmal verlassene Freundin wieder angerufen, von der ich wusste, dass sie jemanden kannte, der jemanden kannte, der im russischen Goethe-Institut arbeitete, wir hatten uns sogar nach einer Moskauer Straße benannt. Stattdessen setzte man in Moskau lieber darauf, Dichterinnen, die vor 10 Jahren mal bei einem Provinz-Poetry-Slam den dritten Platz belegt hatten, oder gar österreichische Experimental-Oboistinnen wieder und wieder ins Russenreich zu karren, weil das ja die anderen Goethe-Institute auch so praktizierten. Und so kam die E-Mail mit der Einladung nach Sibirien etwas unerwartet. Sie hatten den Zeitpunkt gut abgepasst. Ich war knapp unter Vierzig, und so konnten sie mich noch unter der Kategorie „Junger Schriftsteller“ ankündigen, aber dieses Etikett gilt in Deutschland vielleicht für jeden, bei dem man sich noch keine Gedanken machen muss, mit welchen Vorrichtungen man den Rollstuhl auf die Bühne gehievt kriegt.
Ich arbeitete an einer Übersetzung, trat viermal pro Woche auf, unterrichtete 2 Improvisationsheaterklassen, ermunterte meine an Frühschwangerschaftskotzerei leidende Schwester, und vertröstete meine Gefährtin Woche für Woche, Regale, Lampen, Lichtschalter, Vorhänge und Bilderrahmen anzubringen, die seit unserem Einzug vor 3 Monaten immer noch vorwurfsvoll im Korridor standen. Kein günstiger Zeitpunkt, um sich nach Sibirien zu verpissen. Aber Russland war ein Magnet für mich, es zog mich an und stieß mich ab. Ich hatte mich Anfang der 90er mit jungen Moskauer Punkbands befreundet, wir waren viermal auf die Krim gereist, ich hatte 1991 den Putsch gegen Gorbatschow live vom Fenster eines Freundes miterleben dürfen, und ebenso die Beschießung des Parlaments zwei Jahre später, ich hatte eine russische Patentochter, die ich fast nie sah, meine Mutter war in russischer Kriegsgefangenschaft entstanden, ich liebte russische Musik und das raue russische Essen, und ich verabscheute die „russische Seele“, die die russischen Rohlinge immer dann aus dem Sack ließen, wenn sie ihre Grobheit in Wodka ertränkt hatten, dann aber nicht etwa zärtlich wurden, sondern schlicht zur allergröbsten Grobheit nicht mehr in der Lage waren. Kurz gesagt: Ich musste nach Sibirien.
***
Als ich in der Abreisenacht rucksackbeladen und wegen eines Auftritts leicht verspätet, um 23.30 Uhr vom Bahnhof Treptower Park meinen Reise- und Lesebegleiter Jochen Schmidt auf dem Handy anrufe, damit er die Damen auf dem Flughafen davon abhalten möge, das Check In zu früh zu beenden, ich würde mich schon beeilen, wundere ich mich über die fehlenden Flughafen-Hall-Geräusche am anderen Ende der Leitung. Schmidt ist noch nicht einmal aus seiner Wohnung gegangen, und so bleibt es mir überlassen, die Damen auf dem Flughafen zur Verlängerung des Check In zu Jochens Gunsten überreden.
Wir sind die letzten Passagiere, bei der Sicherheits-Überprüfung nimmt man uns schon nicht mehr ernst und schäkert untereinander, nicht wissend, dass aufmerksame Schriftstellerohren die Metalldetektorpforte durchqueren. Der Dialog in diesem Setting zwischen der einen Politesse an der Durchleuchtmaschine und der anderen mit der ulkigen Detektorlupe könnte der Beginn eines Tarantino-Films sein:
„Wat willste denn da nach Thailand extra nô Hemden mitnehmen?“
„Na, een T-Shirt dô wenigstens!“
„Nö, da loofen wa dô alle nackee rum! Ne Zahnbürschte und ’n Leoparden-Schlüppa, dit muss reichen.“
„’n Leoparden-Schlüppa? Du hast ’n Leoparden-Schlüppa! Ick fasset nich!“
Wir müssen weiter, dürfen nicht mehr mitlauschen, aber im Geiste drehe ich den Film weiter: Nach uns letzten beiden Passagieren kommt noch der Sky-Marshall angehetzt, bei dem (wie immer) der Alarm piept. Er lässt (wie immer) einen flotten Spruch fallen, man kichert. Im Flugzeug stellt er sich heraus, dass der Sky-Marhall selber ein Entführer ist. Cut! Zeitsprung. Er wurde von seinem sadistischen SM-Partner dazu gezwungen. Cut! Der Pilot vertuscht seit Jahren seine starke Sehbehinderung, aber er hängt an dem Job wegen der nymphomanischen Stewardessen. Als der kriminelle Sky-Marshal droht, dem Piloten die Augen auszustechen, lacht der nur, da das für ihn ja keinen Unterschied mehr macht. Das Flugzeug landet nun immer wieder auf verschiedenen Flughäfen in aller Welt, kein Land fühlt sich zuständig, und kein Innenminister nirgends will die Befreiung der Geiseln unternehmen, da das Risiko zu klein ist, und man sich somit keine Lorbeeren als harter Bulle verdienen kann. Inzwischen ist der sadistische Partner des Sky-Marshalls in Thailand angekommen, wo er sich zu seiner eigenen Überraschung, nicht mit einer Thai-Prostituierten, sondern einer deutschen Touristin vergnügt, in die er sich verliebt hat. Sie belustigen sich im Swimmingpool des Hotels, doch als er sie dort für seine Sado-Spielchen ausnutzen will, wehrt sie sich. Am nächsten Morgen findet das Personal seine Leiche auf dem Grund des Swimmingpools. Sie stellen fest, dass er mit einem Leoparden-Schlüppa erwürgt wurde.
***
Wir heben ab, Jochen setzt sich seine Schlafmaske auf und klemmt sich Ohropax in die beiden dafür vorgesehenen Körperöffnungen. Mit diesen Utensilien, die für ihn so wichtig sind wie für Asthmatiker ihr Spray, eliminiert er zwei wichtige Wahrnehmungsformen, und glaubt irrigerweise, ihre Benutzung garantierten ihm Schlaf.
Um drei Uhr nachts wird das Frühstück serviert. Und während ich wieder einmal meine Knie abwechselnd in den Gang, in Jochens Magengrube und gegen die Rückenlehne meines Vordermanns platziere, frage ich mich, ob diese Nahrungsersatzverabreichung auf kurzen Flügen nicht lediglich dazu dient, die Fahrgäste bei Laune zu halten, da sie sich sonst wie Kinder benehmen: Ich muss mal, ich will was zu trinken, mir ist warm, ich muss mal, wann sind wir endlich da, nein der da hat angefangen, wieso darf ich mir denn keine Mütze aus dem Security-Prospekt basteln?
 

***

Die Prinzessin spricht zu einer Begleiterin

"Du hast mich aufgeheitert, Zubaida!"

Und so erkennt Alâ ed-Dîn, dass diese Zubaida seine Gattin ist, die doch eigentlich tot sein müsste.
Die Prinzessin fährt fort, Zubaida zu trösten, Alâ ed-Dîn sei

in dieser Kammer dort und hört, was wir reden."

Sie rennen auf einander zu und sinken ohnmächtig zu Boden. Es stellt sich heraus, dass eine im Dienst der Prinzessin stehende Dämonin in den Körper von Zubaida gefahren war und Zubaida auf diese Weise zur Prinzessin gelangte.

Deus ex machina.

Dieser Prinzessin war durch ihre Großmutter geweissagt worden, sie würde eines Tages Alâ ed-Dîn heiraten.
Alâ ed-Dîn geht auf das Angebot ein, vorausgesetzt, sie ist Muslimin. Das ist sie tatsächlich, denn sie

las die vier Bücher, die Tora, das Evangelium, die Psalmen und den Koran.

Das hat sie bekehrt. Zubaida nimmt das neuerliche Eheversprechen ihres Gatten klaglos hin.
Außerdem klärt ihn die Prinzessin über die Vorgänge in Bagdad seit seiner Abreise auf. Den fünfeckigen Zauberstein habe sie übrigens von ihrer Großmutter, und sie hatte ihn Alâ ed-Dîn zukommen lassen Der Kapitän war einer ihrer Verehrer, den sie losschickte, um Alâ ed-Dîn nach Genua zu holen. Ihr Vater wiederum hat eine große Angst vor Alexandriern, die er alle hinrichten lässt, da ihm durch seine Mutter geweissagt wurde, er würde durch einen Mann aus Alexandrien getötet.

Man ahnt schon, wer ihres Vaters Mörder sein wird.

Am Abend betäuben sie den König mit Wein und Bendsch, fesseln ihn und geben ihm

das Gegenmittel gegen Bendsch.

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267. Nacht – Angeostetwerden und Karl der Dicke

Text der Woche:

Wie ich mal vom ewigen Angeostetwerden die Nase voll hatte

Mal wieder auf den Fernsehturm gehen müsste man. Warum lässt man sich als Berliner den Aufenthalt in den hier doch in üppiger Zahl verteilten annehmbaren Sehenswürdigkeiten vermiesen durch die Gegenwart Bekannter dritten Grades, die meistens über eine Nervigkeitswucht ersten Grades verfügen? Ich war noch nie ohne Begleitung von Touristen oder Berlin-Neulingen am Brandenburger Tor oder auf eben auf dem Fernsehturm. Ich besitze gar keinen Fernseher mehr. Bekommt von dem Fernsehturm-Eintrittsgeld das Fernsehen womöglich etwas ab? Dann spare ich mir den schönen Ausblick. Nicht dass ich auch noch schuld bin an dem Dreck, der da produziert wird. Hinterher will wieder keiner etwas gewusst haben. Wenn mich dereinst meine Enkel fragen: Großvater, was hast du damals getan, gegen den TV-Wahn, dann werde ich mich outen müssen, auf dem Fernsehturm gewesen zu sein. Und mehr noch – dass ich selber ein Kulturschaffender gewesen bin, der diesen ganzen Wahnsinn mit am Laufen gehalten hat. Die Kulturindustrie wurde von den Herrschenden geschaffen, um am Abend das erstarrte Grinsen der Verkäuferinnen aufzulockern. Hoppla, da habe ich mich wohl ein bisschen veradornoisiert. Horkheimer, Adorno, Brecht, Eisler – die ganze deutsche 40er-Jahre-Emigranten-Truppe – sie alle waren deutsche Angepisstheit gewohnt und konnten sich nicht vorstellen, warum Verkäuferinnen freiwillig lächeln könnten. Sie versuchten, mit ihren Dramen, Gedichten und theoretischen Abhandlungen den amerikanischen Kapitalisten die Lächel-Maske vom Gesicht zu zerren, die Verhältnisse zu enthüllen. Doch die Amis zuckten nur mit den Schultern – das wussten sie schon lange, und lächelten trotzdem.
Die Oberlächler sind bekanntlich die Ost-Asiaten, die einen hierzulande Geborenen oft regelrecht wahnsinnig machen mit ihrer Lächlerei. Der West-Asiate hingegen wohnt im Iran und in Afghanistan und wirkt auf uns grimmig, weil wir in ihm den Islamisten vermuten, der er manchmal auch ist. Der Ex-Vietnamese Thich Nhat Hanh – einer der Chef-Lächler und auch im Westen populären Zen-Meister – meint, dass das Lächeln einerseits, wenn man glücklich ist, von selber komme. Andererseits könne man auch sein eigenes Glück herbeiprovozieren, einfach in dem man lächle. Die Mitteleuropäer – von schlechtem Wetter und einer leidenden Religions-Ikone geprägt, wollen immer nur heulen. Und wenn man einem von ihnen sagt: "Du bist lustig", nippt der an seinem Bier und sagt: "Bin ich nicht."

 

Jetzt sieht es so aus, als wolle ich Lächelei auf religiöse Ursachen zurückführen. Schnickschnack! Die größten Lächler leben auf den Philippinen und in Indonesien – Katholiken und Moslems also. Also was nun? Ist der Wohnort das entscheidende Kriterium, oder wirken die Asiaten womöglich nur so, als ob sie lächeln, und in Wirklichkeit haben sie nur ein breites Gesicht? Auf diese Rutschbahn, die direkt in die Rassistenvorhölle führt, möchte ich mich auch nicht setzen.
Auf eine Rutschbahn der etwas anderen Art hätte mich kürzlich beinahe ein Experiment geführt. Improvisationstheater, mit dem ich mich nun schon seit einigen Jahren beschäftige, macht sich die Klarheit einer einfachen Regel zunutze: "Sag einfach Ja." Dahinter steckt die Idee: Wer Nein sagt, gewinnt Sicherheit. Wer Ja sagt, gewinnt Abenteuer. Was geschieht nun, so mein Gedanke, wenn man mal eine Woche lang übermäßig oft bejaht statt verneint. Ein kleines Spiel mit mir selbst: Jasagen in Situationen, die ich sonst instinktiv verneinen würde. Erstaunt hat mich dabei eigentlich, wie selten ich Angebote verneine. Immerhin war ich netter als sonst, und zwar auch zu Grobianen und hatte Glück, dass mich meine Freundin nicht darum bat, ihre Putzarbeiten zu übernehmen. Und doch gab es ein Ansinnen, auf das ich trotz meines Experiments nicht einging: Einer Dame, von der ich auf einer Party eine halbe Stunde lang angeostet wurde, meinen Personalausweis zu zeigen, um die Echtheit meines Vornamens zu beweisen, da im Osten ihrer besoffenen Meinung nach dieser Name nicht existierte. Überhaupt muss die Anosterei ein Ende haben. Ich will:
– keine Komplimente dafür, dass ich aus dem Osten bin und schon gar nicht dafür dass man mir das ansieht
– keine Vorwürfe dafür, dass ich eine Band, einen Film, einen thüringischen Dichter oder Liedermacher nicht kenne, weil ich den doch kennen müsse, wenn ich aus dem Osten käme.
– nicht darüber belehrt werden, wie man dies oder jenes früher im Osten genannt habe und ob ich denn nun schon völlig verwestlicht sei, weil ich Führerschein sage
– nicht, dass man mir unterstellt, ich hätte gern "Als ich fortging" von Karussell gern gehört, das hätten wir doch alle gern gehört.
– nicht hören, die NVA sei doch eine lustige Truppe gewesen.
– nicht, dass man mir sagt, im Osten hätte keiner Ost-Jeans getragen, das sei peinlich gewesen.
Ich musste Ost-Jeans tragen, weil ich zu den wenigen Ostlern gehörte, die weder Westverwandte hatte noch Ostverwandte, die in der Partei waren. Weder hatte ich was mit der Opposition zu schaffen, noch ging ich drei Jahre zur Armee. Ich war nicht in der Kirche und trotzdem sangen wir zuhause nicht die Ost-Weihnachtslieder, sondern die religiösen. Ich war in der FDJ, aber nicht in der DSF. Ich habe nie Urlaub in Bulgarien gemacht. Ich war weder Fan von Kurt Demmler, noch von Stephan Krawczyk. Obwohl wir nur 300 Meter von der Hauptzentrale der Staatssicherheit wohnten, habe ich von deren Aktivitäten nie etwas mitbekommen. Ich bin einmal wegen Verdacht auf Republikflucht verhaftet worden, wäre aber trotz meines extremen DDR-Frusts nicht einmal im Herbst 89 auf die Idee gekommen zu flüchten.

***

Alâ ed-Dîns Laden indessen scheint weniger gut zu laufen:

Der hatte inzwischen alles verkauft.

Als besonders cleverer Händler wurde er uns auch nicht eingeführt.

Das Letzte, was ihm bleibt, ist ein geschliffener fünfeckiger Stein mit Zaubernamen und Zeichen. Reiben bringt hier allerdings gar nichts. Und so verkauft er das Ding einem europäischen Konsul.

Anscheinend war "Konsul" zeitweise im arabischen Raum eine allgemeine Bezeichnung für reiche Europäer.

Der Konsul bittet Alâ ed-Dîn, mit auf sein Schiff zu kommen, wo er das Geld aufbewahre. Dort betäubt er ihn mit Scherbett, in welches Bendsch gemixt wurde.
Das Schiff legt ab und der "Konsul" ist in Wahrheit ein Kapitän, der auf der Reise auch noch

ein Schiff mit vierzig muslimischen Kaufleuten

plündern lässt. Sie erreichen Genua.

Was wiederum ein Hinweis dafür sein könnte, dass es sich doch um einen Konsul handelt, da dies in Genua ein Titel von Staatsbediensteten war.

Der Kapitän/Konsul schenkt einer verschleierten Dame den Stein. Die vierzig muslimischen Kaufleute werden zum "König der Stadt" geführt.

Völlig unklar, wer hier gemeint ist. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Karl der Dicke(römischer Kaiser zur Zeit Harûn er-Raschids) als König von Genua bezeichnet wird. Wahrscheinlicher ist ein bürgerliches Stadtoberhaupt oder eben die reine Phantasie beim Zurechtspinnen dieser Geschichte.

Man fragt jeden der muslimischen Kaufleute, woher er komme. Und jeder antwortet:

"Aus Alexandrien."

Daraufhin lässt man sie köpfen.

Seltsam, dass sich niemand bemüht, die Antwort zu variieren. Auch Ala ed-Dîn nicht,

der auch hingerichtet werden soll, doch da greift eine Alte ein, die den König daran erinnert, er habe ihr einen Gefangenen zur Klosterarbeit versprochen. Der König überlässt ihr nun Alâ ed-Dîn, und dieser soll übermäßig Frondienste für die Kirche tun. Dies überlastet ihn dermaßen, dass er sich fast lieber hinrichten lassen will. Aber die Kloster-Chefin gibt ihm den Rat, mit einem Kreuzstab durch die Stadt zu ziehen und durch diese Autorität könne er reich und arm, hoch und niedrig zur Arbeit für die Kirche verdonnern.
Dies geht eine Weile gut. Eines Tages beurlaubt ihn die Alte, da die Tochter des Königs zur Kirche wallfahren möchte und ihr niemand im Wege stehen soll. Aber Ala ed-Dîn  verbirgt sich hinter einer Mauer, um die Prinzessin Husn Marjam zu beobachten. Er verliebt sich in sie.

Vergessen sind Zubaida und Jasmin. Letztere immerhin der Grund, warum er in dieser Situation steckt.
Als König von Genua wird nun "Johannes" genannt.… Weiterlesen

266. Nacht – Negativismus oder Granaten?

Robert M. Bramson rät, „schwierige Menschen“ weder zu ignorieren noch sie ändern zu wollen, sondern mit ihnen umzugehen. Er teilt sie ein in:

  • Die Feindlich-Agrressiven: Sherman Tanks, Scharfschützen, Granaten

  • Die Ich-weiß-alles-Experten

  • Nörgler

  • Negativisten

  • Die Unempfänglichen

  • Die Super-Angenehmen

  • Die Unentschiedenen

Und wie „schwierig“ bin ich?

***

Nachdem seine Mutter ihm dazu rät, bittet Aslân den Hauptmann Ahmed ed-Danaf Blutrache zu nehmen. Dieser wiederum rät Aslân dazu, an den Spielen zu Ehren des Kalifen teilzunehmen, eine tapfere Tat zu vollbringen und den Kalifen, falls dieser eine Bitte gewährt, um Blutrache zu bitten.
Aslân setzt diesen Rat in die Tat um. Seine tapfere Tat besteht darin, einen Spion, der den Spielball mit einem Schlegel dem Kalifen ins Gesicht schleudern will, zu Fall zu bringen. Um diesen Spion wird nicht viel Aufheben gemacht. Er gesteht, ein Ketzer zu sein und wird hingerichtet.
Der Erzdieb Ahmed Kamakîm wird verhaftet, und man findet die Juwelenlampe des Kalifen bei ihm. Auch dem Präfekten Emir Chalîd soll das Leben verkürzt werden, aber dieser kann sich herausreden, der Plan sei

zwischen der Alten und Ahmed Kamakîm und meiner Frau ausgeheckt

Er schiebt sogar seine eigene Frau vor!

Da legte Aslân Fürbitte ein,

da es immerhin der Präfekt war, der ihn aufzog.
Auch Ahmed ed-Danaf kommt ins Spiel und verkündet Harûn er-Raschîd, er wisse, wo sich Alâ ed-Dîn befinde:

„Bei deinem Haupte, meine Rede ist wahr!“

Auch nett: Beim Haupt des Gesprächspartners zu schwören.

Nun sagte der Kalif: „Ich befehle dir, ihn zu bringen.“

265. Nacht – Video Trainingslauf Tips

Trainingslauf durch den Plänterwald für den Berlin-Marathon 2008. Joggingtips zu

  • Schlüsselmitnahme

  • Starttempo

  • Hunden

  • Brennnesseln

  • Sowjetisches Ehrenmal

  • Plänterwald-Ganoven

  • Tempo-Erhöhung

Video zu lang? Zu verwackelt? Ja.

 

***

 

Ahmed ed-Danaf beschließt, Alâ ed-Dîn nach Alexandrien zu bringen:

"Das ist eine gesegnete Stadt, ihre Schwelle ist grün, und das Leben in ihr ist angenehm."

Sie verlassen die Stadt und begegnen außerhalb zwei jüdische Steuereintreiber des Kalifen, von denen Ahmed Danaf je hundert Dinare Schutzgeld fordert. Sie geben sie ihm,

danach erschlug Ahmed ed-Danaf die beiden, nahm die Mauleselinnen und bestieg die eine, während er Alâ ed-Dîn auf der anderen reiten ließ.

Dieser Mord erscheint völlig selbstverständlich und die Lakonie der Erwähnung ist eigentlich nur durch puren Judenhass zu erklären. Denn immerhin müsste Ahmed ed-Danaf davor zurückschrecken, Diener des Kalifen zu ermorden. Selbst die Beute rechtfertigt die Tötung nicht: Zwei Maulesel und zweihundert Dinare hätte Ahmed ed-Danaf sicher leicht selbst besorgen können.

Sie erreichen Ajâs und reisen von dort aus mit dem Schiff nach Alexandrien weiter. Auf dem dortigen Markt ersteigern sie einen Altwarenladen, und Alâ ed-Dîn wird so zum Händler,

"denn Allah der Erhabene hat den Handel gesegnet."

Als Ahmed ed-Danaf nach Bagdad zurückkehrt, wird er Zeuge einer Unterredung zwischen dem Kalifen und dem Wesir Dscha’far. Harun er-Raschîd will die Leiche des gehängten Alâ ed-Dîn sehen. Man geht zum Galgenfelde, und dem Kalif kommen Zweifel an der Identität des Toten, die Dscha’far auszuräumen versucht:

  • Die Leiche ist ja länger als Alâ ed-Dîn

  • "Ein Gehängter wird länger."

  • "Dieser da hat ein dunkles Antlitz."

  • Der Tod macht schwarz.

  • Auf den Fersen des Toten stehen die Namen der ersten beiden Kalifen 265

  • "Preis sei Allah, der die verborgenen Dinge kennt. Wir wissen nicht, ob dieser da Alâ ed-Dîn ist oder ein anderer."

Großmutter, warum hast du so große Augen?

Man verscharrt die Leiche und Alâ ed-Dîn gilt fürderhin als verschollen.
Ebenso verscharrt man Habzalam Bazzâza, der aus Liebeskummer stirbt. Jasmin aber bringt einen Knaben zur Welt, den sie Aslân nennt.

Sie säugte ihn zwei volle Jahre.

Zur Vorbeugung gegen Allergien wird derzeit für die ersten 6 Monate ausschließliches Ernähren durch Muttermilch empfohlen.

Als der Knabe laufen lernt, rennt er eines Tages davon und dem Polizeipräfekten in die Arme, der die Ähnlichkeit mit Alâ ed-Dîn erkennt. Er rät der Mutter aus Sicherheit für das Kind auf etwaige Nachfragen zu behaupten, es sei der Sohn des Präfekten.
Er lässt den Knaben beschneiden, lehrt ihn lesen, schreiben und den Koran auswendig lernen, das Kriegshandwerk, bis er mit vierzehn Jahren den Rang eines Emirs erreicht.
Eines Tages trifft dieser den Erzdieb Ahmed Kamâkim, der die gestohlene Juwelenlampe des Kalifen mit sich führt und ihm, ohne Namen zu nennen, die Geschichte des Diebstahls und des Todes von Habzalam Bazzâza und der Hinrichtung des falschen Diebs berichtet.
Auf dem Heimweg begegnet er Ahmed ed-Danaf.

Welch ein Zufall! Von diesem war ja jetzt vierzehn Jahre lang keine Rede mehr.

Nun berichtet seine Mutter Jasmin ihm die ganze Wahrheit.

 

 

 

265 D.h. Abu Bakr und Omar. Dies impliziert, der Tote sei Schiit, da Schiiten sich angeblich die Namen der ersten Kalifen auf die Fersen tätowieren lassen um auf ihnen herumtrampeln zu können.

 

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264. Nacht – Marathonvorbereitungen

Immer noch weiß ich nicht, ob ich wirklich am 28.9.08 den Marathon laufen soll. Wesentlich schlechter in Form als 2005 und 2006. (2007 konnte ich ja wegen der Zerrung gar nicht mitlaufen.) Den 30-km-Testlauf in 3:10 Stunden gelaufen. Da brauche ich mir für den Marathon kaum eine Zeit zu setzen, sondern kann froh sein, wenn ich durchhalte. Andererseits ist es auch Quatsch, von vornherein so defätistisch an die Sache zu gehen. Also werde ich mich wohl in der Nähe der 4:30-Stunden-Läufer aufhalten, solange ich es kann. 2005 haben diese mich kurz hinterm Wilden Eber abgehängt, 2006 auf dem Kurfürstendamm.
Ich melde mich ja überhaupt nur für den Marathon an, um einen Grund zu haben, regelmäßig laufen zu gehen, also könnte man sagen, dass ich ihn dann gar nicht mitzulaufen bräuchte. Aber dann wird mich das ja auch beim nächsten Mal nicht mehr motivieren. Eine Katze ohne Ende, die sich den Schwanz abbeißt.

***

Mit dem Firman des Kalifen ausgestattet durchsucht der Ex-Dieb und jetzige Hauptmann Ahmed Kamâkam die Häuser des Kalifen, Dscha’fars und die der anderen Statthalter und Kammerherren, bis er an Ala ed-Dîns Haus kommt, wo er zielgerichtet mit seinem Durchsuchungsstab die Marmorplatte zerstört, unter der er die Gegenstände versteckt hat.
Man nimmt Alâ ed-Dîn gefangen, sie

rissen ihm den Turban vom Haupte

und beschlagnahmen sein Vermögen, nicht ohne alles zu verzeichnen.
Jasmin, seine neue Frau, wird von Kamâkam dem Sohn des Präfekten zugeführt.

Sobald Habzalam Bazzâza sie erblickte, ward er wieder gesund, sprang rasch auf und wollte sich ihr hocherfreut nähern. Sie aber zog den Dolch aus ihrem Gürtel und rief: „Bleib mir fern! Sonst töte ich dich und mich!“ Da schrie seine Mutter Chatûn zu ihr: „Du Metze, lass meinen Sohn sein Verlangen an dir tun!“

Da sich Jasmin weiter verweigert, wird sie gezwungen, in härenen Gewändern Küchendienst zu leisten.
Alâ ed-Din indessen wird vor den Kalifen geführt, der in seiner Wut Einwände nicht gelten lässt und Alâ ed-Dîn zum Galgen fortschaffen lässt.

Es fragt sich, ob dies eine Geschichte ist, die auch zu Harûns Lebzeiten geschrieben wurde. Besonders weise scheint er nicht zu sein.

Ahmed ed-Danaf indessen, der Vater der verstorbenen Zubaida, der Gattin Alâ ed-Dins, erfährt durch den Wasserträger Hasan Schumân vom Schicksal Alâ ed-Dîns. Die beiden begeben sich zum Gefängnis und lassen sich einen Gefangenen, der Alâ ed-Dîn ähnlich sieht aushändigen. Sie kommen gerade noch rechtzeitig zur Hinrichtungsprozedur und handeln mit dem Henker den echten für den falschen Alâ ed-Dîn aus.

„Wir wollen Ismael durch den Widder loskaufen.“

Dies wird verständlich dadurch, dass im Islam Ismael (und nicht Isaak) von Abraham (Ibrahim) geopfert werden sollte.

Also nahm der Henker jenen Mann und hängte ihn an der Stelle Alâ ed-Dîns.

263. Nacht – Kurt Schwaens Miniaturen

Meine Lieblingsplatte zurzeit ist Kurt Schwaens späte Miniaturen.

Mit über 80 Jahren komponierte er ziemlich raffinierte kleine Klavierstücke, die andererseits voller Klarheit sind. Sehr tröstliche Musik.
Ich mochte Schwaens Musik schon immer recht gern, wenn ich über sie stolperte. Diese Platte war ein bewusster Risiko-Kauf. Großartig!

***

 

Man führt den Erzdieb vor den Kalifen, der ihn fragt, ob er bereut. Ja, macht er. Da aber die Fesseln laut Inschrift

nur auf der Bank des Leichenwäschers

gelöst werden dürfen, führt man ihn zum Leichenwäscher. Er betrinkt sich, und seine Mutter beauftragt ihn, den Tod von Alâ ed-Dîn herbeizuführen und dem Sohn der Präfektengattin die schöne Jasmin zuzuführen. Er willigt ein, es noch in dieser Nacht zu tun, denn in der ersten Nacht des Monats weilt der Kalif bei seiner Frau Zubaida, hinterlässt eine juwelenbesetzte Lampe und legt

den Rosenkranz, den Dolch und den königlichen Siegelring ab.

Bewaffnet mit Schwert und Fangkralle schleicht er sich durch eine Falltür des Saaldaches, betäubt die Eunuchen mit Bendsch und klaut die Wertsachen. Danach begibt er sich zum Hause Alâ ed-Dîns, welcher gerade mit seiner neuen Sklavin Hochzeit gefeiert und zu ihr eingegangen war. Der Erzdieb verbirgt das Eigentum des Kalifen unter einer Marmorplatte.
Als der Kalif seine Wertgegenstände nicht wiederfindet,

da ergrimmte er gewaltig; er legte das Gewand des Zornes an, das war ein rotes Gewand.

Anscheinend nur bildlich zu verstehen.

Der Kalif will nun den Polizeipräfekten hinrichten lassen, doch der neue Hauptmann und Ex-Ex-Erzdieb setzt sich für ihn ein und verspricht, sich auf die Suche zu machen, nicht ohne den Kalifenpalast und den Palast des Hauptmannes der Sechzig (Alâ ed-Dîn) zu durchsuchen.

262 einhalbte Nacht – Massenmord im Iran

Mal ein Wechsel der Tonart.
Schreibe hier seit über anderthalb Jahren Exzerpte über phantastische Märchen, aber lasse die Gegenwart der Region weitgehend außer acht.

Persien/Iran
Als sich 1982 die absoluten Hardliner in der iranischen Führungsclique durchgesetzt hatten, wurde keine Abweichung mehr geduldet. Selbst jene, die früher die Revolution unterstützt hatten, wurden nun verhaftet oder umgebracht. Tausende wurden unter absurden Anschuldigungen ins Evin-Gefängnis gesteckt und erlitten unglaubliche Folter.
Als sei das nicht genug, wurden sie 1988 noch einmal vor ein Tribunal gestellt, wo man ihnen Abtrünnigkeit vom Islam vorwarf. Beschuldigt zu werden bedeutete, verurteilt zu werden. Verurteilt zu werden bedeutete Tod.
Meine gute alte Freundin Lale Behzadi schrieb in der Online-Ausgabe der ZEIT einen anrührenden Artikel über den Tod ihres Vaters Manoutchehr Behzadi.
Einen Bericht über jene Zeit aus der Sicht seiner Frau, die aus der DDR in den Iran ging, findet sich auf Spiegel Online: „Du wirst sehen, Iran ist wunderschön!“
Im September jähren sich die bis heute unaufgeklärten Massenmorde zum zwanzigsten Mal.

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Keine Nacht heute.

262. Nacht – Gedicht, in dem ein Kuckuck auftaucht, aber nur als Symbol

Gedicht des Tages

Statt Kuckuck sagte ich Good-bye.

In einem kleinen Nestlein,
da wohnten einst drei Vöglein.
Zwei Amseln und ein Kuckuck,
gar drollig anzuschaun.

Der Kuckuck war geschlüpfet
aus einem Kuckuscks-Eie,
das seine Mutter legte
den Amseln in die Wohnung.

Sie fütterten ihn fleißig.
Instinkt ihr Kompass war.
Wärn Amseln Säugetiere,
sög Kuckuck aus den Zitzen.

Wir Menschen bémitléiden
die Amsel-Eltern gern,
denn ihre Liebe, scheint uns,
wird schamlos ausgenutzet.

Warum versetzen wir uns
nur ungern in den Kuckuck,
der ohne Amseln stürbe?
Wie kurzsichtig von uns!
*
Dies bedenkend schritt ich neulich
durch die U-Bahn-Unterführung,
als ich ein Akkordeon
mit Zigeuner sah.

Obwohl – man muss ja Sinti sagen.
Oder Roma. Kommt drauf an.
Davon wird die Músik aber
auch nicht angenehmer.

Abwärtsterzen deuteten
jenen Kuckucksruf an. „Hä?“
dachte ich, „ich hab doch
grad an Kuckucke gedacht!“

Doch um wieviel wuchs mein Staunen
als der greise Sinti plötzlich
ein gekochtes Ei verspeiste.
Ein Vogel hätt draus werden können!

Andrerseits besaß er keinen
gelben Schnabel wie die Amseln.
Vögeln nur gebühret diese
smarte Laune der Natur.

Als ich später mit dem Omni-
busse heimfuhr, da bemerkt‘ ich
keine weitren Gleichnisse,
denn ich hielt ein Nickerchen.

Fatalerweise fuhr ich deshalb
bis zum Busbahnhofe mit,
wo man meinen Omnibus
pflichtgemäß polierte.

Stämmig war der Busputzér.
Zierlich seine Buskollegin,
die, als ich sie fragte, wie
ich denn jetzt nach Hause käme,

ohne sich noch lang zu zieren,
mich nach Weißensee mitnahm,
wo sie ein Apartment hatte.
Ich zögerte nicht lange.

Und gleich einem Kuckucks-Ei
wurde ich von ihr bebrütet.
Öko-Futter fand ich reichlich
in ihrem Kühlschrank. Mnjam-mnjam!

Flügge wurd ich Stunden später.
Statt Kuckuck sagte ich Good-bye.
Und mit einer Kuckucksfeder
schrieb ich dies Gedicht.

Oder nicht.

***

Da Alâ ed-Dîn nicht zur Sklavin eingegangen war, lässt ihm der Kalif Harûn er-Raschîd vom Wesir Dscha’far eine neue Sklavin für zehntausend Dinar auf dem Sklavenmarkt kaufen. Die beiden begeben sich dorthin und ahnen nicht, dass auch der Polizeipräfekt beauftragt wurde, eine Sklavin zu kaufen, denn er und seine Frau haben einen hässlichen Sohn namens Habzalam Bazzâza 262, der

hatte noch nicht reiten gelernt.

In welchem Sinne?

Polizeipräfekt und Alâ ed-Dîn überbieten sich gegenseitig, als sie eine schöne Sklavin namens Jasmin entdecken.
Schließlich erhält Alâ ed-Dîn den Zuschlag, und Habzalam wird liebeskrank.

Wie [die Mutter] so in Trauer um ihren Sohn zu Hause saß, da trat plötzlich eine Alte zu ihr ein, die bekannt war als die Mutter des Erzdiebes Ahmed Kamâkim. Dieser Erzdieb pflegte mitten durch die Wand zu bohren und oben auf eine Mauer zu klimmen und die Schminke von den Augenwimpern zu stehlen.

Dieser Erzdieb war zuvor Wachhauptmann gewesen, ließ sich aber beim Klauen erwischen, wird zum Tode verurteilt, aber zu lebenslanger Haft begnadigt, auf seine Fesseln wird geschrieben:

„Bestimmt, bis zum Tode an ihm zu bleiben und erst auf der Bank des Leichenwäschers zu lösen.“

Die beiden Frauen gehen nun einen Deal ein: Chatûn, die Mutter des hässlichen Habzalam, legt bei ihrem Mann, dem Präfekten ein gutes Wort für den Erzdieb ein, und umgekehrt soll der Erzdieb dem Habzalam helfen.
Chatûn soll sich nun schöne Gewänder anlegen, und

„wenn er dann von dir verlangt, was die Männer von den Frauen verlangen, so versage dich ihm und sei ihm nicht zu Willen!“

Durch den Schwur der Scheidung soll sie ihm einen Wunsch abringen – die Freilassung des Erzdiebs.

262 deutsch: Schwarzbeule Dickwanst

261. Nacht – Hate Comments

Bemerkenswert: Mit dem am Dienstag hier geposteten kleinen, ziemlich albernen Video kann man die Emotionen der Amis auf die Spitze treiben. Wie kann ich es wagen zu behaupten, Waffen seien zum Töten gedacht! Die empörten Kommentare haben dazu geführt, dass eines meiner Videos erstmals auf Platz 1 einer Youtube-Statistik schoss: Das am heißesten diskutierte Video des Tages in Deutschland.

Auszüge aus den Kommentaren:

"There is no right to life if you can’t defend that life. Killers love defenseless victims!"

"I’m sorry your daddy raised you to be such the sissy that you have a fear of firearms and I suppose seeing Palin handle the cold steel makes you feel like even less of a man. Just vote for Obama like the other 50,000 gun fearing queers on the internet who eat up bandwith with these tired old Olbermann style commentaries."

"I may not like to hunt but I do realize that the second amendment is NECESSARY ino order for the citizens of the United States to defend themselves, and the Supreme Court decided the exact same thing."

***

Zum Trost für die verlorene Frau schenkt der Kalif Alâ ed-Dîn eine Sklavin namens Kût el-Kulûb, in dem er ihr samt Dienern und Eunuchen befiehlt, bei ihm einzuziehen. Alâ ed-Dîn, einigermaßen verwirrt, nickt den neuen Dienern zu, verspricht aber, niemals ihre Gemächer zu betreten, denn

"was des Herren war, darf nicht des Dieners sein."

Unklar: Damit könnte er praktisch jedes Geschenk des Kalifen zurückweisen.

Täglich "überweist" Alâ ed-Dîn ihr hundert Dinare.
Als der Wesir Dscha’far ihn fragt, ob er schon zu ihr eingegangen sei, antwortet er:

"Ich weiß weder, wie hoch noch wie breit sie ist."

Auch dem Kalifen gibt er diese Antwort, als dieser verkleidet, aber erkannt, sich nachts zu Alâ ed-Dîn begibt.

260. Nacht – Sarah Palin: Pro Gun + Pro Death

Mit zwanzig Ideen morgens aufgewacht, nachdem ich am Abend zuvor im Wikipedia-Artikel über Bipolarität gelesen hatte, dass sich in der Phase der Manie die Gedanken überschlagen…
Die scheinbar unaufwändigste versuche ich dann umzusetzen, aber dieser kleine billige hat mich doch mehrere Stunde gekostet. Ach was, ich will mich gar nicht beklagen.

 
Pro Death

***

Alâ ed-Dîns Aufstieg schreitet fort. Der Hauptmann der Sechzig stirbt kinderlos, und der Kalif macht ihn zu seinem Nachfolger und Erben:

"Begrab ihn in der Erde, und nimm alles was er an Sklaven, Sklavinnen und Dienern hinterlassen hat."
Darauf schwenkte er das Taschentuch.

Womit die Versammlung beendet ist.

Kurze Zeit darauf verlässt Zubaida, die Lautnerin, ihn nachts,

um ein Bedürfnis zu verrichten,

sie schreit kurz auf und stirbt.

Praktischerweise kurz nachdem er vom Schwiegervater offiziell anerkannt wurde.

Der Handlungsverlauf wird wieder einmal unübersichtlich. Eben dachte man noch, eigentlich sei mit der Hochzeit alles aus, aber anscheinend hatte Schehrezâd noch nicht genug vom Rumspinnen…

 … Weiterlesen

259. Nacht – Kindergarten Memories

Mein Kindergarten befand sich in einer Kleingartenanlage in Pankow: Ein doppelgeschossige Container-Baracke. Als ich diese vor kurzem aufsuchte, tat ich mir im Nachhinein leid. Klitzekleine, überheizte Räume für einen Haufen Kinder, ungesunde Luft. Immerhin eine große Wiese hinter dem "Gebäude".

 
Größere Kartenansicht

***

Während des Gesprächs geht der Kalif fort,

um ein Bedürfnis zu verrichten.

Währenddessen klärt Dscha’far Alâ ed-Din auf: Sie seien keine Derwische, sondern eben Harûn er-Raschîd, Dscha’far, Masrûr, Abu Nuwâs. Sein Vater hätte ja wohl in der kurzen Zeit keine Waren senden können.
Nach dessen Rückkehr unterwirft sich Alâ ed-Dîn dem Kalifen, man hört Zubaida, der Lautnerin, zu, deren

Saiten riefen: König David, du hast uns gespannt.

Der Kalif bestellt Alâ ed-Dîn für den nächsten Tag in die Regierungshalle. Dieser bringt ihm am nächsten Tag Geschenke mit und trägt einen öden Lob-Vierzeiler vor. Zum Lohn verleiht der Kalif Alâ ed-Dîn ein Ehrengewand und setzt ihn auf den Platz dessen Schwähers, der sich darüber beklagt. Harûn er-Raschîd:

"Ämter werden auf Zeit vergeben, nicht für das ganze Leben, du bist jetzt abgesetzt."

Das geht hier ruckzuck. Wie George W. Bush schon sagte: "If this were a dictatorship, it’d be a heck of a lot easier, just so long as I’m the dictator."

Man lässt verkünden:

"Allein Alâ ed-Dîn Abu esch-Schamât ist von jetzt an der Vorsteher der Kaufmannschaft! Man gehorche seinen Worten, und man achte seine Würde an allen Orten!"

Fragt sich nur, womit er das verdient hat. Seine Karawane hat er verloren, und zur Bewirtung der Derwische musste ihn seine Frau überreden. Weder moralische noch wirtschaftliche Kompetenz.

258. Nacht – Kindergarten-Memories

Kinder aus meiner Kindergartengruppe, deren Familiennamen ich vergessen habe:

  • Dimi

  • Kerstin

  • Katrin

  • Dirk

  • René

  • Dörte

  • Björn

Da es nicht ein einziges Foto von ihnen gibt und ich auch sonst mit niemandem über diese Erinnerungen spreche, halte ich die Erinnerungsleistung trotzdem für beachtlich.

***

Der Kalif übergibt einem abessinischen Sklaven
ein Becken und eine Kanne aus Gold, ferner auch (…) fünfzig Lasten

im Wert von je 1.000 Dinaren, die er Alâ ed-Dîn überbringen möge, mit der Nachricht, er – der Sklave – sei von Alâ ed-Dîns Vater geschickt worden.
Auch der Vater Zubaidas und ihr Vetter gehen zu Alâ ed-Dîn, um nun die Scheidung endgültig vollstrecken zu lassen.
Alâ ed-Dîn wartet indessen sorgenvoll, und staunt nicht schlecht, als nicht nur sein Schwäher vor der Tür steht, sondern

ferner bemerkte er auch einen abessinischen Sklaven von dunkler Hautfarbe, doch von gefälligem Aussehen, der auf einer Mauleselin ritt.

Man beachte die Relativierung des allgegenwärtigen Rassismus.

Der von Harun er-Raschîd gefälschte Brief lässt Alâ ed-Dîn in dem Glauben, die Waren kämen von seinem Vater, der ihm aus der Not helfen wolle.
Der ursprüngliche Gatte der Lautnerin Zubaida ist verständlicherweise betrübt,

legte sich krank in seinem Hause nieder und starb, da er zu Tode verwundet war.

Das ist nicht nötig, wenn es einem gelingt, sein Herz zu öffnen. Es muss ja nicht gerade ein Bienenhaus anhörensein.

Man sollte meinen, nun sei für Zubaida und Alâ ed-Dîn alles gut, aber nun beginnen die Streitereien.

(Alâ ed-Din:) „Schau, jene lügnerischen Derwische haben uns ein Versprechen gegeben und es gebrochen.“

Zubaida hält dagegen:

„Das Glück ist doch erst zu uns gekommen, als sie uns besuchten und sie legten uns doch jede Nacht hundert Dinare unter den Teppich.“

Das Unter-den-Teppich-Legen ist natürlich nur denkbar, wenn der Gebetsteppich regelmäßig gereinigt wird. Der Kalif könnte somit die Frömmigkeit des Paares überprüfen, das die Spende eben nur entdeckt, wenn der Teppich gereinigt wird.

Am selben Abend erscheinen die „Derwische“ und werden von Alâ ed-Dîn großmäulig begrüßt:

„Ah, willkommen, ihr Lügner! Tretet nur ein!“

257. Nacht – Lager Kalinin und Lesebühnen-Berufe

Kränkliche Kinder aus dem durch Tschernobyl verstrahlten Teil Weißrusslands werden von einer Privatorganisation nach Deutschland geholt. Passiert gern, oft, immer wieder. Löblich. Meist lernen sie nette Gastfamilien kennen, deutsches Futter, deutsches Fernsehen, deutsches Streiten und Vertragen, deutsche Musik.
Oder die Kinder werden abgeladen. Im ehemaligen Pionierlager Kalinin und sich und ihrer weißrussischen Betreuerin selbst überlassen. Achso, Spielzeug gibt’s natürlich auch: Ein Paar Stelzen.

In diesem Lager war ich auch, und zwar genau zwei Mal: 1983 und 1985. Weitere spätere Lesebühnenautoren dort: Jakob Hein, Andreas Kampa und Jochen Schmidt.

Typische Berufe und Studienrichtungen Berliner Lesebühnenautoren:

  • Germanistik (Fast die gesamte Frühschoppen-Crew hat ihr Germanistik-Studium abgebrochen, Thilo Bock, Jochen Schmidt, Ivo Smolak, Frank Sorge)

  • Taxifahrer (Micha Ebeling, Uli Hannemann)

  • Drucker (Ahne, Falko Hennig, Robert Naumann, Michael Stein†)

  • Informatik (Tube, Andreas Kampa, Jochen Schmidt)

***

Zubaida gibt Alâ ed-Dîn ein wenig Geld, damit dieser Kadi und Zeugen so bestechen kann, dass sie ihm wenigstens Aufschub gewähren.
Tatsächlich entscheidet der Kadi:

„Die Scheidung durch Zwang ist nach keiner muslimischen Rechtslehre erlaubt.“

Doch gesteht er dem Brautvater zu, die Morgengabe in Höhe von zehntausend Dinaren einzufordern.
Am Abend gesellt sich Alâ ed-Dîn wieder zu seiner neuen Braut und lässt sich von ihr Lieder vorsingen, zu denen sie sich auf der Laute begleitet, als vier Derwische an die Tür klopfen. Diese bitten wider Erwarten nicht um Essen, sondern nur darum, der Musik lauschen zu dürfen:

Wir wünschen nur, in Gesellschaft zu sein;
Denn am Essen erkennt man das Vieh allein.

Als sie vom Schicksal Alâ ed-Dîns erfahren, beschwichtigt ihn einer der Derwische, er sei Scheich des Klosters und könne durch eine Sammlung bei seinen Mönchen die geforderten zehntausend Dinare auftreiben.

Jene vier Derwische aber waren der Kalif Harûn er-Raschîd, der Wesir Dscha’far der Barmekide, Abu Nuwâs el-Hasan ibn Hâni 257 und Masrûr, der Träger des Schwertes der Rache.

Der Kalif legt, bevor sie sich verabschieden, hundert Dinar unter den Gebetsteppich. Zubaida findet sie am nächsten Morgen und kauft davon ein. Dasselbe wiederholt sich in den folgenden neun Nächten, und Alâ ed-Dîn gibt die Hoffnung auf den großen Batzen fast auf.

257 Abu Nuwâs wird an dieser Stelle zum ersten Mal in den Tausendundein Nächten als Begleiter er-Raschîds erwähnt.

256. Nacht – Kindergarten-Memories

Die Einzigen aus meinem Kindergarten, an die ich mich mit Vor- und Nachnamen erinnern kann:

  • Frank Malanka

  • Dana Maruschka

  • Kerstin Turban

Niemand davon auffindbar, weder im Telefonbuch, noch bei Google.

***

Es stellt sich heraus, dass der junge Mann die Tochter seines Onkels geheiratet hat, diese ihn aber nicht liebte. In einem unachtsamen Moment sprach er den dreifachen Eid der Scheidung, eine Gelegenheit, die er beim Schopfe packte. Da er sie aber erst wieder heiraten kann, wenn sie sich von einem anderen hat scheiden lassen, brauchen sie einen Mittelsmann (Muhallil), d.h. jemanden, der eine Scheinheirat eingeht. Sie haben ihn gefunden: Alâ ed-Dîn. Ein Vertrag wird aufgesetzt: Man wird ihm die Scheidung belohnen mit 3 mal tausend Dinaren in Gewändern, Maulesel und Gold. Andernfalls droht eine Konventionalstrafe von 10.000 Dinaren.
Der Alte informiert seine Tochter darüber, dass sie nun einen neuen Gatten hat. Die Wirtschafterin des Hauses wird beauftragt, die beiden einander madig zu machen, damit Alâ ed-Dîn nicht etwa auf die Idee kommt, die Ehe zu vollziehen. Und so erzählt sie den beiden, der jeweils andere sei aussätzig.
Nach dem Essen singt Alâ ed-Dîn die 36. Sure, und seine Frau Zubaida 256, hört seine Stimme,

und sie fand, dass seine Stimme so lieblich klang, wie wenn das Volk Davids Psalmen sang.

Bemerkenswert für 1001 Nacht: Positive Referenz an Juden.

Die beiden singen einander Lieder vor, erkennen, dass sie gesund sind und verlieben sich ineinander.

In ihm regte sich, was sein Vater ihm hinterlassen hatte; und er rief: "Deine Hilfe o Scheich Zacharias, o Vater der Adern!" Dann legte er seine Hände an ihre Seiten, setzte die Ader der Süße an das Tor der Schlucht, und drang ein, bis er zum Gittertor kam; er ging am Siegestor vorbei, und dann kam er auf den Montags, Dienstags-, Mittwochs- und Donnerstagsmarkt, er sah, dass der Teppich in seiner Größe der Estrade entsprach, und er schob den Deckel auf die Schachtel, bis er sie traf.

Die bisher bemerkenswerteste und rätselhafteste Beschreibug des Sexualaktes in 1001 Nacht.

Als er ihr am Morgen von seiner rechtlichen und finanziellen Kalamität berichtet, beruhigt sie ihn.

256 Die offenbar denselben Namen wie die Hauptfrau Harûn er-Raschîds trägt.

255. Nacht – Geburtstagskinder

Mit mir Geburtstag haben

***

Der Beduinenhäuptling Adschlân lässt seine Soldaten umkehren, um nach dem Führer der Karawane zu suchen. Tatsächlich finden sie ihn trotz seiner Blut-Tarnung. Man erhebt gegen ihn den Speer, doch ruft Abd el-Kadîr, den Heiligen, an, so dass der Speer umgelenkt wird

und Alâ ed-Dîn war gerettet. Dann machten sich die Araber mit den beladenen Maultieren auf und davon.

Unklar: Ließen sie ihn, da ihre Speere umgelenkt wurden, in Ruhe? Das Ganze erinnert auch an die von Gott umgelenkten Kugeln in Pulp Fiction:

 

Als Alâ ed-Dîn nach einer gewissen Zeit flieht, wird er wieder erspäht, und einer der Beduinen setzt ihm auf einer Stute nach. Alâ ed-Dîn versteckt sich in einem Brunnengehäuse, und als der Araber nach ihm sucht, wird er, als Alâ ed-Dîn die Schutzheilige Herrin Nafîsa anruft, von einem Skorpion gestochen.
Er lässt von ihm ab, und nach einer Weile erreicht der andere Teil der Karawane inklusive dem Schein-Moslem und Klemm-Homo Balchi die Tränke. Er hilft dem Überlebenden des Massakers, reist mit ihm nach Bagdad, kleidet ihn, bewirtet ihn, nur um abermals zu versuchen,

ihm einen Kuss zu rauben.

Alâ ed-Dîn wehrt ihn ab, aber el-Balchi versucht ihn zu überreden:

Nach Überlieferung von einem seiner Meister
Sprach Abu Bilâl, der Scheich, der uns mehr als andere gilt:
Wer liebt, wird durch Umarmen und Küssen nie geheilet
Von seinem Leid, – nein, nur wenn er den Trieb gestillt.

Es ist Nacht, und Alâ ed-Dîn flieht in eine Moschee. nach einer Weile hört er Schritte, und einer der zwei Männer (wenn man von den Sklaven, wie hier üblich, absieht), bittet seinen Oheim:

"Gib mir meine Base zurück."

Der Alte darauf wirft ihm vor:

"Hab ich dich nicht schon viele Mal zurückgehalten, während du die Scheidung gleich der Heiligen Schrift immer nur im Munde führst?"

Man entdeckt Alâ ed-Din, und dieser stellt sich den beiden vor.… Weiterlesen

254. Nacht – Mein Ebay

Mein Ebay am heutigen Tag:

587 Punkte, davon 1 negative und 2 neutrale Bewertungen

695 abgegebene Bewertungen. Da bin ich wohl fleißiger.

Auswahl von Käufen

  • 17.3.00: Keyboard Yamaha PSS-26

  • 9.7.01: CD Clifford Brown – Paris Session

  • 26.2.02: Samy Molcho: Pantomime Körpersprache

  • 12.4.02: Haarschneidemaschine

  • 6.3.03: Buch „Trümmerleben, Münchnerinnen“

  • 31.7.04: Geldkassette mit Hartgeldeinsatz

  • 4.10.05: Gitarren-Wandhalter

  • 27.11.05: Fünf Klammappen

  • 16.2.06: Cardia Designer Hemd weiß

  • 30.1.07: Kopie des Bilds von Monet: Wasserlilien

  • 28.2.08: DVD „The Oxbow Incident“

***

Die Karawane zieht macht nacheinander Halt in Aleppo, Damaskus und Bagdad. In jeder dieser Städte besitzt der heimliche Magier Mahmud el-Balchi Häuser. Und bei jeder Rast lädt er Alâ ed-Dîn zu einem Festmahl ein. Der Leiter der Karawane, ein Vertrauten seines Vaters, rät ihm jedes Mal ab, aber vor den Toren Bagdads lässt sich Alâ ed-Dîn auf die Einladung ein. Während des Essen versucht der Magier, Alâ ed-Dîn

einen Kuss zu rauben.

Dieser zuckt zurück, doch der Magier schlägt ihm vor,

„Wir wollen die Worte des Dichters auslegen:

Kannst du nicht zu mir kommen, nur ein Augenblickchen,

So lang wie ein Schäfchen gemolken, ein Ei gebraten wird,

Und, was an zartem Feinbrote dir nur zusagt, essen,

Und nehmen, was an silberner Münze dir entgegenklirrt,

Und ohne Müh ertragen, was dir behagen soll,

Ein Zöllchen oder ein Spännchen oder ein Händchen voll?“

Darauf wollte Mahmûd el-Balchi den Jüngling vergewaltigen.

Wie nun? Erst mit Lyrik verführen, dann vergewaltigen?

Alâ ed-Dîn wehrt sich mit dem Schwert und beschwert sich beim Karawanenführer:

„Der da ist ein Wüstling!“

Wüstling – auch ein Wort, dessen Verlust zu betrauern wäre.

Alâ ed-Dîn überredet den Karawanenführer, ohne el-Balchi und dessen Leute aufzubrechen, um noch vor Anbruch der Nacht Bagdad zu erreichen. Dieser rät ihm aus Sorge vor den Beduinen ab. Alâ ed-Dîn entgegnet:

„Du, Mann, bist du Diener oder Herr?“

Diese Sorglosigkeit kostet mehreren Menschen des Leben, denn in der Tat werden sie im Hundetal von der Bande des Beduinenführers Adschlân Abu Nâîb überfallen. Alâ ed-Dîn überlebt, indem er seine kostbaren Kleider auszieht und sich im Blut der Toten wälzt, damit er selber für tot gehalten wird.

253. Nacht – Wikipedia

Eine willkürliche und unvollständige Liste  von Wikipedia-Artikeln, bei denen ich mich aus Missionarseifer, Besserwisserei oder purer Schreibfreude genötigt sah, mitzuwirken:

In der englischsprachigen Wikipedia:

Und auf der Mosaik-Fan-Wiki-Seite

***

Alâ ed-Dîn überredet seine Mutter, ihm Geld, Sklaven und Waren zu geben, damit er nach Bagdad reisen könne:

"denn dort verdient man, für das, was man bei sich hat, das Doppelte."

Ein seltsames Verständnis von Wirtschaft und Handel.

Sein Vater, der ihn auf der Feier vermisst, kommt nach Hause und findet ihn bereit zu m Aufbruch. Er warnt ihn:

"Mein Sohn, Allah mache das Reisen in der Fremde zuschanden!"

Ebenfalls eine seltsame Haltung für einen Kaufmann.

Doch Alâ ed-Dîn droht ihm an, im Falle der Ablehnung

als Pilgrim durch die Welt

zu wandern. Der Vater erteilt ihm den Segen, warnt ihn aber vor dem Löwenbusch und dem Hundetal, wo der wegelagernde Beduine Adschlân hause. Man vertraut den Sohn dem Karawanenführer an, und flugs wird noch eine Grabesdecke für den sufischen Heiligen Abd el-Kâdir el-Dschilâni gekauft.

252. Nacht – My little history of Suchmaschinen

Beim Frühstück hört man ein Lied im Radio, Melodie und Stimme kommen einem bekannt vor. Aber wer mag das sein?

  • Kabellosen Laptop an.

  • W-LAN aktivieren.

  • Beliebige Liedzeile googeln.

  • Informationen über Eric Clapton bei Wikipedia erspähen. (Eric Clapton – auch so eine Halb-Bildungslücke, die ich wohl auch deshalb nie ganz schließen werde, weil ich scho einsehe, dass Clapton kein schlechter Musiker ist, er mich aber trotzdem langweilt.)

Aber wie lange hätte man vor 10-15 Jahren gebraucht, um sich diese Informationen zu beschaffen? Vor 15 Jahren hätte man wohl in die Bibliothek gemusst. Vor 10 Jahren hätte ich für die Liedzeile der Suchmaschine Webcrawler vertraut und dann versucht, Informationen über Clapton bei Yahoo! über die Kategoriensuche zu finden.

My little history of Suchmaschinen:

  • 1996-1997: Webcrawler und Yahoo!

  • 1998-1999: Lycos und Altavista

  • ab 1999: Google. In seltenen Fällen auch Altavista

***

Doch als die zweihundertundzweiundfünfzigste Nacht anbrach, sprach ihre Schwester Dinazâd zu ihr: "Schwester, erzähle uns deine Geschichte weiter, wenn du wach bist und noch nicht schläfst."

Lange nichts mehr von Dinazâd gehört. Warum muss sie gerade jetzt ihre Schwester ermahnen, fortzufahren? Bekanntlich ging Schehrimân zu Schehrezâd ein. Es könnte also sein, dass sie nun schon im 9. Monat schwanger und entsprechend erschöpft ist. Vielleicht hat sie sogar gerade ein Kind geboren, und Dinazâd bangt um ihr beider Leben. Wie auch immer – Schehrezâd fährt fort.

Alâ ed-Dîns Vater bereitet ein großes Gastmahl und deckt zwei Tische – einen für die Jünglinge, einen für die Männer:

"Wisse, der bartlose Jüngling scheut sich, mit den Männern zu essen."

Seltsame Tradition oder Scheu.

Die Jungen vergnügen sich. Die Alten reden

von Wissenschaft und von den Überlieferungen des Propheten. (…)
Unter ihnen war ein Kaufmann des Namens Mahmûd el-Balchi; der war nach außen hin ein Muslim, aber im Innern ein Magier.

Dies steht in bemerkenswertem Gegensatz zur vorigen Geschichte, in der ein bösartiger Magier nur das Glaubensbekenntnis zu sprechen braucht, und alle Missetaten werden ihm vergeben.

Dieser Magier verliebt sich in Alâ ed-Dîn und besticht die anderen Jünglinge mit kostbaren Gewändern, ihn zu überreden, den Magier auf einer Handelsreise zu begleiten.
Diese beginnen nun mit ihren Reiseerlebnissen zu prahlen, ziehen Alâ ed-Dîn auf und machen ihm den Mund wässrig, so dass dieser schließlich seinen Vater bittet, reisen zu dürfen.

 

251. Nacht – Matti und Bau

Mein Neffe Matti reagiert erstaunlich freudig auf Bau, den "Nüdlüchen Hund"

 

***

Erst von den Dienern erfährt Alâ ed-Dîn, dass sein Vater Vorsteher der Kaufmannsgilde ist,

"und er gilt als Fürst unter den Arabern."

Er gestattet es sogar seinen Sklaven, bis zum Wert von 900 Dinaren, Geschäfte ohne seine Zustimmung abzuschließen.

Sklaven als Prokuristen?

Alâ ed-Dîn bittet nun seine Mutter, seinen Vater umzustimmen, damit er gegenüber den anderen Händlern als Sohn seines Vaters angesehen werde und dadurch in den Genuss dieser Privilegien komme, falls sein Vater stürbe.
Der Vater ist einverstanden. Man ist und trinkt Scherbette. Als sie jedoch nach dem Bad zum Basar gehen, ernten sie misstrauische Blicke, und die Kaufleute wollen ihn absetzen, da sie glauben, er hege

unerlaubte Liebe und Neigung zu ihm.

Als er sie aufklärt, wünschen sie ihm Glück:

"Der Herr behüte die Wurzel und den Zweig!"

verlangen aber ein Geburtsfest für die Kollegen.… Weiterlesen

250. Nacht – Knickerbocker und Sportanzüge

Entdecke im Bücherschrank ein altes Benimmbuch von 1960, das ich, wenn ich mich recht entsinne, mal vorm Verrotten in einer Jugendherberge gerettet (man könnte auch sagen „gestohlen“) habe. Darin folgendes Foto:

Sportanzüge und Knickerbocker! Im RAW wäre die Autorin wohl in Ohnmacht gefallen:

  • Unterwäsche

  • Hunde (Wir haben noch keine Regelung dafür gefunden)

  • Filzhaare

  • Skihosen

  • Jeans

  • Joggingklamotten

Dagegen bisher erst einmal entdeckt: Das Abendkleid.

***

Da ihm die Frau bei Eheschließung vertraglich verboten hatte, sich eine Kebse oder Sklavin zu nehmen, ist Schams ed-Dîn nun doppelt verärgert:

„Die Ehe mit dir ist, als ob man auf einen Fels schlage.“

Doch sie gibt ihm die Schuld zurück:

„Dein Same ist zu dünn.“

Um seinen Samen zu verdicken, geht er einkaufen:

„bei Drogenhändlern!“

Auf dem Markt schickt man ihn von einem zum anderen und macht sich über ihn heimlich lustig, bis er zu einem Opiumraucher und Haschischesser namens Simsim (=“Sesam“) kommt. Die Gattin, welche, da sie schon 40 Jahre verheiratet sind, ja über 50 Jahre alt sein muss, braut aus verschiedenen Zutaten ein abenteuerliches Gesöff und der Schams ed-Dîn begattet sie noch in derselben Nacht.Den Sohn nennt man Ala ed-Dîn Abu esch-Schamât, er wird im Namen Mohammeds und Alis 250 gesegnet und mit Salz bestreut 250a.

Das Motiv, dass es den Eltern schwerfällt ein Kind zu bekommen, taucht mehrfach in den 1001 Nacht-Storys auf. Geradeso, als wolle man ordentlich Anlauf nehmen, um dem eigentlichen Geschehen Schwung zu verleihen oder um das Besondere des Protagonisten zu unterstreichen.Nicht zu vergessen: Schneewittchens Eltern hatten auch mit dem Zeugen Schwierigkeiten.

Sein Vater war um ihn wegen des bösen Blicks besorgt, und darum ließ er ihn in einem Gemache unter der Erde aufziehen.

Heutzutage hätte es der Vater mit einer solchen Begründung vor Gericht schwer. Hm – vor einem deutschen Gericht.

Man will den Knaben solange dort halten,

bis ihm der Bart sprosst.

Aber eines Tages lässt ein Sklave die Falltür offenstehen, und Alâ ed-Dîn flieht. Er betritt ein Zimmer, in dem seine Mutter gerade ihre Freundinnen empfängt, die über diesen spontanen Besuch eines weißen Mamluken empört sind, bis die Mutter sie aufklärt.

 

250 Vielleicht ein Hinweis auf die schiitische Herkunft der Story?
250a Zur Abwendung des bösen Blicks, mit dem man es in dieser Story anscheinend sehr genau nimmt.

249. Nacht – Elfentanz und Tortenschlacht

König el-Ghajûr nimmt nach vier Wochen seine Tochter Budûr wieder mit in seine Heimat. Ebenso el-Amdschad, den er zum Herrscher macht. El-As’ad wird zum Herrscher über die Ebenholzinseln, und Kamar ez-Zamân reist mit seinem Vater zurück nach Chalidân, wo er von nun an herrscht.

Unklar bleibt außerdem: Was geschieht mit Hajât en-Nufûs?

Ende

***

 

Da sprach der König: „Schehrezâd, dies ist wirklich eine ganz wundersame Geschichte!“ Doch sie erwiderte: „Hoher König, sie ist nicht wundersamer als

Die Geschichte von Alâ ed-Dîn Abu esch-Schamât

In Kairo lebt ein reicher Kaufmann namens Schams ed-Dîn, dessen Reichtümer uns Schehrezâd aufzählt.

Und er war Vorsteher der Kaufmannsgilde von Kairo.

Er ist mit seiner Frau schon vierzig Jahre verheiratet, doch sie können keine Kinder bekommen. Als er eines Tages die Söhne der anderen Kaufleute betrachtet, beneidet er diese.

Jener Tag aber war ein Freitag, und so ging der Kaufmann in das Badehaus und vollzog die Freitagswaschung.

In diesem Kontext anscheinend religiös besetzt, aber auch in deutschen Arbeiterfamilien kannte man das: Die Arbeitswoche war vorbei. Es wurde gebadet – erst die Kinder, dann die Mutter, am Schluss der Vater. So wie man auch beim Abwasch erst die Gläser, dann die Teller und am Schluss die Töpfe spült.

Meine Großeltern mussten immer noch extra einen großen Wassertopf zum Kochen aufsetzen, um in der großen Zinkwanne zu baden. Ein Badezimmer erschien ihnen als großer Luxus. Ich erinnere mich, dass, wenn mein Großvater uns besuchte, er es für völlig abwegig hielt, an einem anderen Tag als einem Freitag zu baden. Selbst im Urlaub. Aber auch in unserer Familie hielt sich die Tradition des Freitagsbads. Wir Kinder wurden zwar dreimal wöchentlich gebadet. Aber kein Freitag ohne Bad.

Elfentanz und Tortenschlacht

 

Bei uns wurde nicht geduscht, bei uns wurde gebadet. Zwei bis dreimal pro Woche, je nach Verschmutzungsgrad. Die Badetage waren flexibel, nur der Freitag war fix. Am Freitagsbad wurde nichtgerüttelt. Vielleicht ein Überbleibsel aus der proletarischen Tradition meiner Eltern, als Baden ein Topluxus war. Wurde beim Essen in den Familien darauf geachtet, dass das erste Stück und größte Fleisch der Vater bekam, dann die Mutter, die großen und am Schluss die kleinen Kinder, war es beim Baden andersrum: Erst stiegen die Kinder in die Wanne, an deren kleineren Körpern befand sich vermutlich wesentlich weniger Schmutz, dann die Mutter und am Ende der Vater, auf dessen Körper eine Schicht aus Schweiß, Ruß und Schmieröl lag.

Soweit zur Tradition des Freitags. Aber Freitag war bei uns nicht nur Bade-, sondern auch Lern- und Spaß-Tag. Meine ausführlichen Untersuchungen der Konsistenz von Badeschaum, der Einfangbarkeit von Furzblasen mit dem durchsichtigen Zahnputzbecher meiner Schwester, der Luftanhalte- und Seifenblasentest, der meditativen Betrachtung der Finger beim Schrumpeln, fanden spätestens 18.15 Uhr ein jähes Ende. Dann nämlich war die langweiligste Fernsehsendung aller Zeiten namens „Drehscheibe“ vorbei, und es blieben mir noch fünf Minuten, bis „Spaß“ anfing. „Spaß“ war der familieninterne Titel für eine wöchentliche ZDF-Zusammenstellung alter Stummfilme, die offiziell „Väter der Klamotte“ genannt wurde. In diesen fünf Minuten musste ich gewaschen und abgetrocknet sein und im Schlafanzug auf dem Sessel sitzen.

Das Intro war ein Reigen fulminanter Explosionen kindlichen Wahnwitzes: Eine Frau verliert beim Tanz ihren Rock und steht in Unterwäsche da, einer Ritterrüstung wird der Kopf abgeschossen, es wir geschielt, geschüttelt, gestürzt, geschlagen, Menschen fliegen durch die Luft, Flüssigkeiten und Sachbeschädigungen haben einen prominenten Platz in diesem Höllenkurzfilm, dessen Tempo und Schnittfrequenz die Musikvideoclips der 90er Jahre antizipiert. Der Text des Intro-Lieds, dessen Melodie Fröhlichkeit suggerierte und dessen alberne Instrumentierung signalisierte, jetzt komme etwas Ulkiges, bei dem gelacht werden dürfe, gab mir Rätsel auf. Bekannte Floskeln wie „Guten Abend, liebe Leut’“ wechselten sich ab mit einer Kaskade an Fremdwörtern wie „Motto“, „Kapriole“ und „Elfentanz“.

Teilweise thematisierte der Songtext genau das, was zu sehen war – eine Tortenschlacht, einen wilden Löwen. Aber wenn bei der Zeile „Schöne Frauen“ eine alte Transe gezeigt wurde, war selbst einem Fünfjährigen klar, dass das nicht ernstgemeint sein konnte. Bei „Kapriolen“ sah man einen sich in einem fort überschlagenden Radfahrer. Jahrelang waren Kapriolen für mich genau das: Sich in einem fort überschlagende Radfahrer. „Muskelpracht“ – ein Boxer spannt seinen Bizeps so sehr an, dass es aussieht, als röche er an seinem Boxhandschuh, ich glaubte jahrelang, dass das alle Boxer vor einem Kampf täten. Dass der Cowboy in der Zeile „Starke Helden“ mit seinem Revolver zittert, hielt ich auch für üblich unter Revolverhelden. Was ein Elfentanz (ich verstand immer Elfertanz) ist, blieb mir unklar, und statt „Vagabunden“ verstand ich „wohl verbunden“, was auch die beiden nebeneinander ruhenden Penner nahelegten.

Das sich verschiebende Drei-D-Gemälde gehört zu den besten Special Effects der Filmgeschichte, ich habe so etwas nie wieder gesehen.

Die Filme selbst dürften jedem Stummfilmliebhaber Tränen in die Augen getrieben haben, für Kinder waren sie genau die richtige Mischung aus Anarchie und Blödelei: Zunächst wurde alles ins ZDF-20-Minuten-Format gepresst und entsprechend beschnippelt. Was aber mit der Stummheit der Stummfilme tun? Im Fernsehen darf es per definitionem keine Stille geben, sonst weiß der Zuschauer nicht, ob sein Apparat eine Tonstörung hat. Und so kommentierte Hanns Dieter Hüsch jede Szene und verdoppelte das Gesehene: „Hups, Charley, das ging ins Auge!“ – „Dieses Gewicht hält keine Unterhose aus!“

Oder er verlieh den eigentlich stummen Akteuren eine Stimme: „Her mit dem Teller!“ – „Hier nimm die Torte!“ – „Nanu, der Bart ist angeklebt!“ – „Lieber angeklebt als angeschmiert!“

Die Musik des ZDF-Hauskomponisten Fred Strittmatter lud den Filmen eine dritte Ulkigkeitsebene auf, und zwar mit einer Kompositionstechnik, die man Mickymousing nennt und die Leopold Mozart in seinen Kinderkompositionen vorweggenommen hat: Rennt Micky die Treppe runter, vollführt die Musik dieselbe Bewegung, dasselbe bei Ohrfeigen, Ausrutschern, Sprüngen usw. Kein Gag darf unbemerkt bleiben, jede Derbheit muss unterstrichen werden.

Man lernte die Creme de la Creme der amerikanischen Slapstickfilme kennen: Charley Chase, Harold Lloyd, Charley Chaplin und den dicken Fatty Arbuckle, den wir nur „fette A-Backe“ nannten, schon klar, dass man im Fernsehen nicht „Arschbacke“ sagen durfte. Mein Liebling war schon damals Buster Keaton, der keine Miene verzog, wenn sich die Welt der Apparate gegen ihn verschwor.

Beim Abspann poltert ein Fettwanst durch den Kamin und ist mit Spaghetti oder einer schleimigen Suppe beschmaddert. Lächerlicherweise wird ihm von Hüsch dabei der Ruf „Schööön!“ untergelegt, wie übrigens jedem, der sich bei „Spaß“ mit irgendetwas bekleckerte. Und während ich quasi intuitiv die Bedeutung des Wortes Kapriolen lernte, glaubte ich hier, das Wort „schön“ habe noch eine andere, vielleicht anzügliche, nur Erwachsenen verständliche Bedeutung. Vielleicht verhörte ich mich ja auch, und die Schmadderopfer sagten gar nicht „schön“, sondern „Schöb“ oder „Schöm“ oder „schöl“.

Unmissverständlich war jedoch: „Gute Laune, gute Laune, gute Laune Tag und Nacht!“, gebadet, und gereinigt an Körper und Geist ging ich freitags um 19 Uhr gut gelaunt ins Bett.

 

Väter der Klamotte

 Guten Abend, liebe Gäste,
wir erfreuen euch aufs Beste.
Mit Klamotten, Komödianten,
die schon unsre Väter kannten.

Guten Abend, liebe Leut‘,
Lachen ist das Motto heut‘.
Tempo jetzt! Die Zeit verrinnt!
Vorhang auf! Der Spaß beginnt.

Schöne Frauen, wilde Löwen,
Elfentanz und Torten-Schlacht,
starke Helden, Vagabunden,
selten hat man so gelacht.

Süße Worte, Kapriolen,
Wasserstrahl und Muskel-Pracht
machen Spaß am Feierabend.
Gute Laune, gute Laune,
gute Laune, Tag und Nacht.

Tempo jetzt! Die Zeit verrinnt!
Vorhang auf! Der Spaß beginnt.

„Schööööön…“

 

Nach dem Bad

blickte er auf seinen Bart und sah, dass die weißen Haare darin die schwarzen bedeckten, und dachte daran, dass die weißen Haare Vorboten des Todes sind.

Zuhause tritt er den von seiner Frau gedeckten Tisch um und fährt sie an:

„Du bis die Ursache meines Kummers!“… Weiterlesen

248. Nacht

Lege einen Artikel über Musikinstrumente bei Mosapedia an, dem Wikipedia des Comics „Mosaik“. Wollte ursprünglich nur über die Zerstörung von Instrumenten bei Hannes Hegen schreiben, die ihm ganz offensichtlich regelrecht Freude gemacht hat. Beschränke mich auf die Amerika- und die Orient-Serie der Digedags, füge eventuell noch Adria- und Österreich-Serie der Abrafaxe hinzu.

**

El-Amdschad gibt sich seinem Großvater zu erkennen und berichtet ihm,

dass es der Königstochter Budûr und auch seinem Vater Kamar ez-Zamân wohlergehe.

Wie kommt er darauf?

El-Ghajûr verspricht, die Familie auszusöhnen.
Eine weitere Staubwolke steigt empor.
Der König meint inzwischen:

„Dies kann nur ein Tag des Segens sein.“


Karawanenstaubwolken heute

Tatsächlich ist es das Heer von den Ebenholzinseln inklusive Kamer ez-Zamân.

Es fragt sich, warum er überhaupt losgezogen ist, da er doch ein Haus der Trauer für seine totgeglaubten Söhne hat errichten lassen. Aber wir fragen auch nicht nach der

vierten Staubwolke, hinter der sich – wer hätte das gedacht – König Schehrimân verbirgt.

Auch dessen Reise ist etwas unklar, da er doch seinen Sohn Kamar ez-Zamân von wilden Tieren zerfleischt glaubt. Aber als Storytelling-Technik wollen wir das mal durchgehen lassen. Alle heraushängenden Strippen schnell (wenn auch etwas unmotiviert) zusammenbringen, Knoten rein, fertig:

Mardschâna und el-As’ad heiraten, und sie zieht zurück in ihre Heimat.

Man beachte: Ohne ihren Mann!

El-Amdschad heiratet Bustân, die Tochter des Bahrâm.
Kamar ez-Zamân reist mit seinen Söhnen zurück in die Ebenholzstadt.

247. Nacht –

Man könnte vermuten, dass Bahrâm nicht nur sein Leben retten, sondern sich – durch die Anspielung auf den hilfreichen Perser – eine hohe Stellung beim König beschaffen will. In dieser Hinsicht ähnelt seine Strategie durchaus der von Schehrezâd.

Während man sich nach der Geschichte noch angeregt weiter unterhält, naht eine Staubwolke, die natürlich nur von der siebten Kavallerie einem befeindeten Heer stammen kann.
El-Amdschad reitet auf das Heer zu und erfährt, dass es angeführt wird von Königin Mardschâna, die el-Amdschad auch gleich ein Ehrenkleid verleiht, als sie erfährt, dass ihr geliebter el-As’ad noch am Leben ist.
Kaum ist man mit Freuen fertig, naht eine zweite Heeres-Staubwolke, diesmal von el-Ghajûr, ihrem Großvater, dem Vater von Prinzessin Budûr.

Fragt sich, ob sie den überhaupt erkennen können.

246. Nacht – Obama, McCain, Hilton, Günter Gaus und Jochen Schmidt

Auch wenn ich mich hier vor kurzem etwas enttäuscht über die Berliner Rede Obamas geäußert habe, ist doch seltsam, wie grundlos jetzt auf ihn eingedroschen wird. Die Reporter Michael Jach, Henning Krumrey und Rainer Pörtner vom FOCUS sind sich nicht zu blöde, zu behaupten, in der ersten Reihe hätten Amerikaner mit Sonderausweis gestanden. Kompletter Quatsch! In den ersten Reihen standen zwar viele Amerikaner, aber ebenso Deutsche, Afrikaner, Europäer, Latinos usw. usf.. Alle mussten die gleichen Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen, mit Ausnahme der Reihe, in der ich stand: Wie in der Kaufhalle hatte ich den dümmsten Security-Mann erwischt, der behauptete, man dürfe keine Taschen mit reinnehmen. Der Hinweis, alle anderen Sicherheitsleute würden das anders handhaben und bei einer Taschenkontrolle belassen, wirkten nichts, der Mann drehte sich nicht einmal zur Seite um, um unsere Behauptung zu kontrollieren. Erst sein Chef, der nach 10 Minuten ankam, musste ihn erweichen. Und so kam ich, obwohl ich einer der ersten 50 war, nicht in die erste, sondern nur in die dritte Reihe.
Hübsch auch: Nachdem Britney Spears und Paris Hilton von McCain für eine Unter-die-Gürtellinie-Kampagne eingesetzt wurden, schießt Paris Hilton mit erstaunlich viel Selbstironie zurück.

Das Original von McCain:

Paris Hiltons Antwort

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Die pseudofiktive Geschichte der Schwester des Kalifen endet damit, dass der König das Liebespaar hinrichten lässt. Der Kalif antwortet darauf, dass jener König doch hätte Gnade walten lassen sollen, denn
1. das Paar liebte einander
2. sie genossen Gastrecht

3. muss der König sein Urteil über Untertanen mit Überlegung fällen – wieviel mehr aber in einer Sache, die ihn selber angeht.

Bindung des Herrschers an das Recht ist also in einer Despotie nur über die Tugend des Herrschers zu haben.
Diskussion vor 2 Wochen mit Ivo, Robert Weber, Jochen Schmidt über Demokratie. Jochen führt Günter Gaus ins Feld, der ein Jahr vor seinem Tod sich von der Demokratie lossagte. Die Haltung kennen wir von der Frankfurter Schule: Sich ins Elfenbeintürmchen zurückziehen und über die Welt den Kopf schütteln. Gaus bleibt aber die Antwort schuldig, was er denn sonst ist, wenn nicht Demokrat. Natürlich ist es bedenklich, wenn politische Stimmungen bei Anne Will (oder damals Christiansen) erzeugt werden, wenn das Fernsehen einem das politische Denken abnimmt. Aber die ästhetische Widerwärtigkeit dieser Veranstaltungen zeigt uns noch keine Alternative. Und wenn man Gaus‘ Artikel genau liest, kann man herauslesen, dass er zu sehr Demokrat ist, um heute Demokrat zu sein.

Die Schwester klärt ihn auf, und der Kalif „schenkt“ die Liebenden einander, den Perser aber ernennt er zu seinem Vertrauten.

Ob hier Bahrâm bereits mit seiner Geschichte selbst auf ein Pöstchen spekuliert?

Nach einer Woche Feierns kehren die beiden Liebenden nach Kufa zurück und leben dort glücklich,

bis Der zu ihnen kam, der die Freuden schweigen heißt und die Freundesbande zerreißt.… Weiterlesen

245. Nacht – Übernachten in den USA

US-Bundesstaaten, in denen ich übernachtet habe:

  • New York

  • Louisiana

  • Illinois

  • Massachusetts

  • Connecticut

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Ni’ma und Nu’m umarmen einander und sinken erwartungsgemäß ohnmächtig zu Boden. Die Schwester des Kalifen bestellt Wein und Speisen.

Die Becher kreisten bei ihnen hin und her, und bald kannten sie keine Sorge mehr.

Anders dagegen Wilhelm Busch über die „Fromme Helene“: „Es ist ein Brauch von Alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ So oder so wird dem Alkohol eine sorgentrübende Wirkung zuerkannt. Die Helene-Geschichte habe ich als Kind bestimmt zwanzig Mal gelesen, aber nie verstanden, im Gegensatz z.B. zu Knopp, den ich sehr mochte. Vielleicht mal das Busch-Album wieder besorgen und neu lesen.

Die beiden Liebenden singen Liebeslieder zur Laute.

Da plötzlich trat der Beherrscher der Gläubigen zu ihnen ein.

Besoffen und angeheitert vorm Kalifen – wer wollte das nicht.

Ni’ma, immer noch in Mädchenkleidern, gibt sich als Freundin Nu’ms aus. Der Kalif verspricht „ihr“ ein prächtiges Gemach.

… und prüft zum Glück, im Gegensatz zu seiner Schwester nicht ihre Mädchenbrüste.

Man amüsiert sich weiter, und gegen Mitternacht beginnt die Schwester des Kalifen, ihm eine „fiktive“ Geschichte über ein Liebespaar mit Namen Ni’ma und Nu’m zu erzählen.

244. Nacht – fremde europäische Länder

Europäische Länder, die ich noch nicht bereist habe:

  • Norwegen

  • Schweden

  • Island

  • Finnland

  • Dänemark

  • Estland

  • Lettland

  • Albanien

  • Moldawien

  • Serbien

  • Montenegro

  • Kosovo

  • Liechtenstein

  • Andorra

  • Monaco

  • Luxemburg

  • Rumänien

  • Bulgarien (1 x Flughafen)

  • Mazedonien

  • Kasachstan (wenn man den kleinen Zipfel dazurechnen will)

  • Irland

  • San Marino

  • Vatikanstadt

  • Slowenien

***

Die Alte kann den kastrierten Kammerherrn noch abwimmeln und Ni’ma macht sich auf den Weg, verzählt sich aber bei den Türen und landet in einem äußerst reich eingerichteten Zimmer.

Und als er so großen Reichtum schaute, wusste er nicht, was im Verborgenen für ihn geschrieben stand.

Eine Art Schicksalsbuch Gottes?

Es stellt sich heraus, dass das Zimmer der Schwester des Kalifen gehört. Diese tritt ein und fragt, wer denn das schöne Mädchen sei. Ni’ma antwortet aber mehrmals nicht. Sie wird zornig und

legte ihre Hand an Ni’mas Brust, und als sie fühlte, dass er keine Mädchenbrüste hatte, wollte sie ihm sein Gewand abnehmen.

Warum überhaupt diese Brust-Antatsch-Aktion? Wollte die Schwester des Kalifen dem fremden Mädchen Gewalt antun?

Ni’ma aber erzählt ihr seine Geschichte. Inzwischen gelangt die Alte ins Zimmer von Nu’m und man ist erschrocken, dass Ni’ma noch nicht eingetroffen ist. Doch die Schwester lädt die beiden zu sich aufs Zimmer und verspricht, alles in Ordnung zu bringen.

243. Nacht – Länder ohne Hauptstadt

Länder, die ich bereist habe, ohne ihre Hauptstadt gesehen zu haben:

  • Ukraine

  • Türkei

  • Thailand

  • Griechenland

  • Kanada

  • Schweiz

  • USA (von der kurzen Durchreise durch Washington abgesehen)

  • Kroatien

  • Frankreich

  • Indien

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Der Perser erklärt der Alten die Umstände. Die Alte tauscht abermals Nachrichten zwischen den beiden Liebenden aus.

Etwas redundant wie in der Geschichte von Schams en-Nahâr.

Mit List will sie ihn in den Kalifenpalast führen. Ni’ma wird als Frau verkleidet und sie lehrt ihn, auf Frauenart zu gehen:

„Schiebe die linke Schulter vor und nimm die rechte zurück und wiege die Hüften hin und her.“

Gesagt, getan. Doch der Kammerherr tritt ihnen entgegen.… Weiterlesen

242. Nacht – Such mich

Top Ten der Suchwörter für meine Seite ohne der/die/das

  1. Improtheater / Improvisationstheater

  2. Stubenfliege

  3. Berlin

  4. Richter

  5. Geschichten

  6. Dan

  7. Impro

  8. Bergsteigen

  9. Anfänger

  10. Sklavin

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Der Perser befragt die Alte außerdem nach der Herkunft und dem Alter Nu’ms.
Ni’ma mischt nun eine Medizin, schreibt einen Vierzeiler, den er in die Kiste dazulegt

und schrieb auf den Deckel in kufischer Schrift: „Ich bin Ni’ma ibn er-Rabî aus Kufa.“

Nu’m gesundet, als sie die Arznei trinkt und die Botschaft liest, was man sofort dem Kalifen berichtet.

Der sich sicherlich schon freut.

Als Ni’ma indessen die Botschaft liest, die ihm die Alte bringt, beginnt er zu weinen.

241. Nacht – Hauptstädte die ich sah

Hauptstädte, in denen ich war. Mit Jahreszahl meines ersten Besuchs sowie gegebenenfalls Relativierungen für Kürzestaufenthalte und Hauptstädte, die keine waren oder mehr sind:

Berlin (DDR)

Bonn 1991 (BRD)

Berlin (BRD)

Warschau 1979

Prag 1990

Budapest 1981

Sofia 1997 (nur auf dem Flughafen)

Wien 1998

Bratislava 1981 (zu CSSR-Zeiten)

Vilnius 1989 (zu SU-Zeiten)

Minsk 1989 (zu SU-Zeiten)

Brüssel 1992

Amsterdam 1991

Moskau 1990

London 1993

Paris 1993 (nur wenige Stunden zwischen Bahnhof und Autobahnabfahrt)

Valletta 2001

Rom 2000

Madrid 1995

Accra 1997

Lagos (nur auf dem Flughafen)

Sarajevo 1999

Teheran 1996

Washington 1997 (nur ein paar Minuten am Busstop)

Kairo 2004

Abu Dhabi 2004 (nur auf dem Flughafen)

Edinburgh 1993 (naja)

Peking 2008

Colombo 2004

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El-Haddschâdsch vertröstet Ni’ma:

"Wenn deine Sklavin nicht wiederkehrt, so gebe ich dir zehn Sklavinnen aus meinem Hause."

Wahrscheinlich erkennt Ni’ma schon hier die Verstrickung el-Haddschâdschs.

Sein Vater er-Rabî‘ bestärkt ihn in dieser Vermutung. Der zu diesem Zeitpunkt vierzehnjährige Ni’ma wird krank, und die Ärzte sagen:

"Es gibt kein Heilmittel für ihn außer der Sklavin."

Eines Tages erreicht ein kunstvoller persischer Arzt die Stadt Kufa,

von dem man ihm [dem Vater] sagte, dass er Heilkunst, Astrologie und Geomantie genau kenne.

Geomantie kennt ja heute kaum mehr einer. Und wenn, möchte man ihm vielleicht nicht unbedingt den kranken Sohn anvertrauen.

Diagnose:

"Dein Sohn leidet am Herzen."

Der Perser weiß sogar noch mehr über die Angebetete:

"Diese Sklavin ist jetzt entweder in Basra oder in Damaskus."

Mit Ni’ma sowie tausend Dinaren plus Pferden und Kamelen macht sich er Perser auf nach Aleppo. Dort werden sie nicht fündig und reisen weiter nach Damaskus. Sie eröffnen einen Laden und kommen überein, miteinander auf Persisch zu reden und sich als Vater und Sohn auszugeben.
Der Trick funktioniert. Der Perser heilt einige Kranke, und eines Tages kommt eine Alte auf einem Esel zu ihm, die vorgibt, eine kranke Tochter namens Nu’m zu haben…

240. Nacht

Die Gattin des Kalifen antwortet ihm auf die Nachricht der Ankunft einer neuen Sklavin: „Allah mehre seine Huld gegen dich!“

Unklar: Warum erzählt er ihr es überhaupt? Braucht er ihr Einverständnis? Ahnt er, dass sie verletzt sein könnte? Ist sie überhaupt verletzt?

Inzwischen geht die Schwester des Kalifen zu Nu’m, um sie auf ihren Bruder vorzubereiten. Nu’m erfährt zum ersten Mal, wo sie überhaupt ist:

„Fürwahr, die List, die man wider mich ersann, ist gelungen.“ (…) Dann trat auch der Beherrscher der Gläubigen zu ihr ein. (…) „Lüpfe den Schleier von deinem Antlitz.

Sie weigert sich, aber er verliebt sich schon in sie, nur beim Anblick der Handgelenke. Er verlässt sie, in der Hoffnung, sie werde sich ihm noch hingeben. Aber in der Folgezeit erkrankt Nu’m,

und ihre Schönheit schwand dahin.

Inzwischen kommt Ni’ma nach Hause und entdeckt, dass seine Frau und Sklavin entführt wurde. Von seiner Mutter erfährt er, was geschehen ist und beschwert sich beim Wachhauptmann, dem er droht, beim Kalifen Klage gegen ihn zu führen. Der Statthalter, bei dem sich Ni’ma ebenfalls beschwert, lässt den Wachhauptmann scheinbar nach der Sklavin und der Alten suchen.